05-29-2025, 06:37 PM
Er riss das Lenkrad herum, aber es war zu spät, mit voller Wucht traf das entgegenkommende Auto die Beifahrerseite. Miriam war sofort tot, Charlie hingeben starb langsam. Unter großen Schmerzen sah er wie seiner Frau das Blut an der Lippe entlangfloß.
Dann überkam auch ihn der graue Nebel, der sich langsam in ein tiefes Schwarz verwandelte.
Tommy war gerade vierzehn geworden, als seine Eltern bei diesem schweren Verkehrsunfall ums Leben kamen. Alle Verwandten glaubten sie müssten sich nun rührend um den Kleinen kümmern, doch nur einer war dabei der es ernst mit ihm meinte.
Onkel Henry, der Bruder seiner Mutter, war auch zum gesetzlichen Vormund bestimmt worden. Dieser übernahm auch das kleine Antiquitätengeschäft der Cumminghams.
* *
Das alles war jetzt dreizehn Jahre her, inzwischen war Tommy Cummingham ein hochgewachsener Mann geworden, blondes, kurzes Haar die immer seine blauen Augen einwenig verdeckten. Und mit seiner sportlichen Figur konnte er sich überall blicken lassen.
Tommy hatte sich mit dem geerbten Geld das Dachgeschoss des alten Londoner Hauses in der St. John’s Street zu einer kleinen Wohnung ausgebaut.
Er hatte die Schule glänzend bestanden, ein Studium absolviert und sich zu einem bekannten Londoner Modefotografen gemausert.
Durch seinen Geschmack an Formen und Farben des Berufes wegen, fiel es ihm auch nicht schwer seine Junggesellenwohnung geschmackvoll aus zustatten. Er ließ das hohe Gebälg in vier Zimmer umbauen.
Eine kleine Küche die er fast nie benutzte, weil er so selten Zuhause war, ein Bad in dessen gusseisernen Wanne er oft stundenlang verweilen konnte, was allerdings ja auch nicht oft vorkam. Das große Zimmer war in Wohnzimmer und Essecke unterteilt.
Über eine kleine Wendeltreppe gelangt man ins Schlafzimmer auf der Empore. In warmen Farbtönen und stilvollen Möbeln hatte sich Tommy eine Oase der Ruhe geschaffen, in der er sich immer wieder gerne zurückzog.
Durch den Ersatz der einen Giebelmauer in ein großes dreieckiges Fenster wirkte natürlich alles viel größer. Wenn es herrliches Wetter war, hatte man hatte man hier eine schöne Aussicht auf ganzen Stadtteil.
* *
Doch dies war wieder einer jener Tage an denen sich London ganz und gar in Nebel verhüllte. Tommy lag noch in seinem Bett und überlegte sich ob er nicht lieber liegen bleiben sollte, doch er hatte sich gestern für heute viel vorgenommen, daß er seinen Entschluss liegen zu bleiben verwarf.
Er lief die kleine Wendeltreppe herunter Richtung Bad, als er ein kratzendes Geräusch an seiner Wohnungstür vernahm.
Es konnte niemand anderes sein als seine Retrieverhündin Astra sein. Das Winseln bedeutete, daß sie Gassi gehen wollte und es eilig hatte raus zukommen. Er lief zu der Wohnungstür und öffnete. Astra sprang mit einem Satz herein, so daß Tommy fast das Gleichgewicht verlor.
„Astra altes Mädchen, kannst du es mal wieder nicht abwarten raus zukommen, warte kurz ich muß mir nur noch schnell was anziehen.“
Er stieg in seine Jeans zog sich eine Jacke über und griff nach der Leine Es war recht kühl draußen, und Tommy beschloss nicht die große Runde über die St. Paul´s Kathedrale zu laufen, sondern nur einmal um den Block.
Zuhause angekommen, entledigte er sich seiner Klamotten, stellte Astra ihr Futter und Wasserschale hin, und machte sich auf den Weg ins Bad.
Als er gerade unter das angenehme heiße Wasser der Dusche seinen Körper einseifte, klingelte das Telefon.
So ein Mist dachte sich Tommy drehte die Dusche ab und warf sich während er zu Telefon lief einen Bademantel über.
„Cummingham“.
„Hi hier is Pierre, was machst du gerade?“, kam es aus dem Hörer.
„Ich bilde hier gerade ne große Wasserlache auf dem Boden“, gab Tommy zur Antwort.
„Läufst du aus?“, Pierre konnte sich das Lachen am Telefon nicht verkneifen.
„Haha, ich stand grad noch eben unter der Dusche und dort werde ich auch wieder hingehen, du kannst dich ja später wieder melden. „
„Soll ich nicht kommen um dir den Rücken einseifen?“, fragte Pierre verschmitzt.
Tommy lachte laut auf.
„Nein, nein, du willst doch was ganz anderes einseifen.“
* *
Pierre war einer seiner Topmodelle, einer der Sorte, um den sich Fotografen rissen. Er war ein schlank gebauter junger Mann Anfang Zwanzig, aber er sah jünger aus. Seine dicken schwarzen Locken waren aus seiner hohen Stirn zurückgekämmt und seine dunklen Augen unter schrägstehenden Brauen gaben seinen Gesicht ein etwas fremdes, beinah teuflisches Aussehen.
Man mußte ihn schon eine Weile kennen, bevor man heraus fand, daß dies Aussehen eine glatte Lüge über das Wesen von Pierre war. Manche aber fanden es nie heraus.
„Natürlich kannst du rüber kommen, aber bist du da bist, bin ich gestriegelt und angezogen, aber du kannst ja zum Frühstück vorbei kommen. Also, bis dann. Tschau.“
Tommy legte den Hörer auf und wandte sich gerade dem Bad zu, als der tiefe Gong der Türglocke ertönte. Und wie sollte es anders sein, da stand Pierre vor der Tür.
„Wie hast du das schon wieder so schnell geschafft?“, fragte Tommy erstaunt.
„Hast du noch nie was von der Erfindung namens Handy gehört, ich stehe schon die ganze Zeit auf der Treppe draußen.“
„Na komm schon rein mir wird’s langsam kalt ich hab nichts darunter an“, sagte Tommy und nahm Pierre in den Arm und drückte ihn.
Pierre lies seine Hände nach unten wandern,
„Einen knackigen Arsch hast du immer noch, muß ich schon sagen“, meinte Pierre und grinste teuflisch.
„Lass das, ich geh jetzt duschen und du kannst in der Zwischenzeit den Kaffee machen“, sagte Tommy und löste die Umarmung
Nach dem Duschen lief Tommy in sein Schlafzimmer und zog sich an.
* *
Die Zwei frühstücken in aller Ruhe und erzählten sich dies oder jenes, eben den Klatsch aus der Branche und amüsierten sich herzlich darüber.
„Bist du mit deine eigenen Auto da oder soll ich dich mit in die City nehmen?“, fragte Tommy.
„Oh Tommy da wäre toll, ich bin nämlich heut morgen zu dir gelaufen und ich habe keine Lust den ganzen Weg zurück zu laufen“, antwortete Pierre
„Na das würde dir aber nicht schaden, ich sehe da ein paar Fettpölsterchen, die da nicht hingehören.“
„Wo hab ich Fett sitzen guck mich an, kein Gramm zuviel an mir.“
Tommy begann zu lachen, es freute ihn immer wieder wenn er Pierre aufziehen konnte. Sie räumten ab zogen sich etwas über, und liefen die Treppe hinunter, wo sich der alte Laden befand.
„Morgen Onkel Henry, ist die Lieferung mit der alten Truhe schon gekommen?“
„Morgen mein Junge, guten Morgen Pierre, nein aber der Lieferant hat versprochen er soll heut Mittag eintreffen.“
Sein Onkel war alt geworden und verheiratet war er auch nicht. Über den Verlust seiner Schwester war er nie ganz richtig weggekommen obwohl er das Tommy nie zeigte.
„Okay Onkel Henry, ich muß weg. Ich bin heut Mittag nicht zum Lunch da“, sagte Tommy beim verlassen des Ladens.
„In Ordnung mein Junge, Tschüss ihr beiden habt einen schönen Tag.“
* *
Beide trabten hinaus zu Tommys Range Rover. Sie stiegen ein und mit einem leisen Surren zog der Diesel langsam an.
„Warum fährst du so langsam?“, fragte Pierre.
„Ich mußte gerade an Christin denken, sie rief mich gestern an, sie hätte von irgendeinem Notar eine schriftliche Mitteilung bekommen, daß sie etwas geerbt hätte. Ich solle doch heute morgen früh vorbeikommen“, gab Tommy zur Antwort.
„Nimmst du mich mit, ich hab heut frei – keine Aufträge. Ich habe Christin schon seit.. warte…ja seit der Fotosession in Soho nicht mehr gesehen.“
„Gibt es da nicht vielleicht einen anderen Grund?“
„Thomas Edward Cummingham, du denkst aber auch immer das Schlechteste von mir.“
„Das würde mir zu denken geben.“
Lachend hielt Tommy vor der Wohnung von Christin in der New Kent Road an. Beide stiegen sie aus und liefen in das haus, wo Christin ihre Wohnung besaß.
* *
„Mensch Pierre dich habe ich ja schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, du siehst wie immer blendend aus“, sagte Christin nach dem sie die Wohnungstür geöffnet hatte.
„Man tut was man kann“, antwortete Pierre und strich sich eingebildet durch die Haare.
„Hallo Tommy, danke für dein kommen“, begrüßte Christin Tommy und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Und ich geh wieder leer aus“, Pierre zog einen Schmollmund.
Christin lachte und gab ihm in einer stürmischen Umarmung auch einen Kuss.
„Kommt doch rein, meine Mutter ist auch schon da.“
„Deine Mutter? Ich dachte du hast keinen Kontakt mehr zu ihr“, fragte Tommy erstaunt.
„Doch wir haben Kontakt, aber wir telefonieren meist eigentlich nur, weil es von Dorchester, wo sie lebt, hierher für Besuche zu weit ist, aber kommt erst mal rein ich will euch meiner Mutter vorstellen“, antwortete Christin und schloß hinter den beiden die Tür.
„Mutter das ist Tommy Cummingham und Pierre Fromboise ich hab dir schon von ihnen erzählt.“
Eine etwas älter wirkende Frau stand von ihrem Stuhl auf und kam auf die Drei zu.
„Das ist aber nett, daß ich sie beide auch mal kennen lerne, Christin hat mir schon einiges von ihnen erzählt.“
„Ich hoffe nur Gutes“, sagte Pierre dem es sichtlich peinlich war, was man an seinem rotem Kopf deutlich sehen konnte.
„Guten Morgen Miss Stonehagen, es freut mich ebenfalls sie kennen zu lernen“, sagte Tommy und gab artig die Hand. Alle setzten sich an den kleinen Tisch am Fenster, wo Christin jedem Tee einschenkte.
* *
„Warum ich dich hergebeten habe, könntest du uns zum Notar begleiten und dort auf uns warten?“, fragte Christin, an Tommy gewandt.
„Tue ich gerne, wenn dir es nichts ausmacht das Pierre mitkommt, denn ich glaube den bekomme ich heut eh nicht so schnell los“, sagte Tommy und schaute lächelnd zu Pierre.
„Auch gut dann hab ich ja genug Unterstützung dabei“, kam es von Christin.
„Eine Erbschaft ist doch nicht so schlimm?“, meinte Pierre mit einem fraglichen Gesichtsausdruck.
„Naja, wenn man weiß von wem die Erbschaft kommt, kann es auch unangenehm sein“, gab Christins Mutter von sich.
Tommy schaute Christin an, „dass musst du mir jetzt aber genauer erklären.“
„Später, wenn alles rum ist und ich weiß was ich genau geerbt habe“, meinte Christin.
„Du hast geerbt? Und deine Mutter?“, fragte Pierre.
„Tja das ist es eben, meine Tochter ist als Alleinerbe eingesetzt, meine Gegenwart bei dieser Sache verstehe ich auch nicht“, entgegnete Miss Stonehagen und nahm auf dem Sofa Platz.
„Wo wohnt denn der Notar, welche Strasse?“, fragte Tommy.
„Moment ich schau noch mal nach …… in der Bayswater Road“, gab Christin von sich.
„Man, das ist eine sehr vornehme Gegend direkt am Hyde Park, das muß ja schon eine größere Erbschaft sein, wenn der Notar seine Kanzlei dort unterhält“, meinte Pierre.
„Ist es auch“, sagte Christin in leisen Ton.
„Mir ist gar nicht wohl bei der ganzen Sache“, sprach Miss Stonehagen ebenso leise.
„Kinder was ist denn mit euch los, ich weiß eine Erbschaft ist immer mit einem Todesfall verbunden ist, aber ihr macht um das Erbe so ein Geheimnis, ich versteh das nicht“, sprach Pierre.
„Das ist auch schwer zu verstehen Pierre, wenn man nicht die Hintergründe kennt. Aber ich erkläre es gern euch beiden sonst gebt ihr eh keine Ruhe“, und Christin setzte sich zu ihrer Mutter.
„Also ganz von Anfang an, Stonehagen ist der Mädchenname meiner Mutter, den sie nach dem Tod meines Vaters wieder angenommen hat. Mit dem richtigen Familiennamen, also der Name meines Vaters war Earl von Ballater. Und Ballater liegt in Schottland Nähe Aberdeen.“
„Das würde ja heißen du und deine Mutter wären eine Lady Ballater?“, warf Tommy ein.
„Ganz recht wir haben den Titel Lady, worüber wir aber keineswegs Stolz sind.“
„Man fasst es nicht, da kenne ich Christin schon eine Ewigkeit und jetzt stellt sich heraus, das sie von blauen Blut ist. Wahnsinn“, sagte Pierre.
„Ach Pierre das ist doch nicht so wichtig“, entgegnete Christin.
Tommy stand auf und lief zum Fenster, „und was hat das jetzt mit der Erbschaft bei der Kanzlei am High Park zutun?“
„Ich denke meine Tochter wird das ganze Anwesen bei Ballater und die Ländereien erben. Was anderes kann ich mir nicht vorstellen, da der Verstorbene keinerlei Nachkommen und außer uns keinerlei Verwandtschaft besitzt“, meinte Christins Mutter.
„Mutter lass gut sein, ich weiß nicht, ich trau diesem alten Tunichtgut nicht über den Weg.“
„Jetzt verstehe ich gar nichts mehr, “ sagte Pierre mit einem total fassungslosen Gesichtsausdruck.
„Da müßtet ihr doch euch freuen, wenn wirklich eine solche Erbschaft ansteht.“
Christins Blicke wanderten zu ihrer Mutter.
„Pierre, das ist nicht so leicht, wenn du die Vorgeschichte kennst verstehst du vielleicht. Der Verstorbene ist, ich meine war der Bruder meines Vaters und durch eine Testamentsfälschung, die wir ihm nie nachweisen konnten, eignete er sich sämtlichen Besitz an und ließ meinen Vater, der eigentliche rechtmäßige Erbe weil er der Ältere von beiden war, leer ausgehen. Mein Vater hat dies nie verwunden und ist vor lauter Kram gestorben.“
Christins Mutter standen die Tränen in den Augen, Tommy stand auf und reichte ihr ein Papiertaschentuch.
„Es tut mir leid aber ich habe den Tod meines Mannes nie richtig überwunden, und der Hass auf meinen Schwager Stuart ist in den letzten Jahren nicht weniger geworden, er hat uns alles genommen was uns lieb und teuer war. Wir mussten noch einmal von ganz vorne anfangen.“
„Kennt Ihr das Anwesen überhaupt?“, wollte Pierre wissen.
„Natürlich kennen wir es, ich wurde dort geboren und habe dort die ersten vier Jahre meines Lebens verbracht. Als Kind war das für mich unverständlich warum ich da nicht mehr spielen konnte, und wir in eine entfernte Stadt zogen. Aber seither war nie wieder jemand von uns dort.“
Christin trank einen Schluck ihres Tees und sprach langsam weiter.
„Es wurde bei uns nicht mehr darüber gesprochen und so geriet es auch langsam bei mir in Vergessenheit und meine glückliche Kindheit habe ich meiner Mutter zu verdanken. Erst seit drei Tagen ist dies alles wieder auftaucht, als der Brief von der Kanzlei kam.“
Tommy kniete sich vor Christin.
„Was immer auch kommen mag Christin ich bin für dich da, jederzeit“, sagte er leise zu ihr.
„Vergesst mich nicht, auf mich könnt ihr auch zählen““, baute sich Pierre stolz auf.
Nun mußte auch Miss Stonehagen lachen und nach der zweiten Tasse Tee ging es allen wieder viel besser.
* *
Nach einem ausgiebigen Mittagessen beim Italiener um die Ecke, fuhren alle vier in die Bayswater Road. Vor der Tür der Kanzlei verabschiedeten sie sich voneinander und Tommy und Pierre machten einen ausgiebigen Sparziergang im Hyde Park um das Long Water herum.
„Na, was macht die Liebe Pierre schon eine neue Flamme gefunden?“, fragte Tommy.
„Ach hör auf, du redest gerade so, als hätte ich mit jedem Mann in London ein Verhältnis gehabt. Es gibt eh nur einen, dem ich treu ergeben bin und das bist immer noch du!“
„Immer noch der gleiche Pierre wie ich ihn kenne. Du hast dich kein bisschen verändert. Es sind jetzt schon drei Jahre her, daß wir uns im Guten getrennt haben und du gibst immer noch nicht auf. Irgendwann wird dir schon der Richtige über den Weg laufen“, sagte Tommy und starrte geradeaus.
„Und du, bist doch auch noch solo?“, kam es von Pierre.
„Das wird auch noch lange so bleiben befürchte ich, der Mann der mich so akzeptiert wie ich bin, meinen Beruf, meine Lebensweise, dass sind alles Dinge, die nicht so leicht zu verdauen sind.“
„Setzt du deine Erwartungen nicht ein bisschen hoch an, du bist viel zu streng mit dir Tommy, so kann das nicht weiter gehen. Ich hab wegen dir schon lange ein ungutes Gefühl, ja ich hab Angst um dich. Über kurz oder lang bleibst du auf der Strecke, machst dich nur selber runter. Das merkt man bei jedem Fotoshooting, an allem und jedem hast du was aus zusetzen, nie bist du zufrieden mit einer Einstellung, dort noch ein bisschen höher, den Kopf noch weiter nach hinten, ab und zu sieht es so aus als quälst du deine Fotomodelle gerne. Und dann bist du ewig auf Reisen heute New York morgen Hongkong, daß hält doch kein normaler Mensch aus…….“
Pierre verstummte. Tommy hatte die ganze Zeit zu Boden geschaut.
„Du hast ja Recht, aber ich weiß auch nicht warum, wenn ich mich in meine Arbeit stürze, bleibt keine Zeit zum Nachdenken und zum Grübeln“, sagte“, sagte Tommy fast nicht hörbar.
„Das habe ich an deinem letzten Bildband schon gemerkt.“
„Du hast es gesehen, wie fandest du es?“
„Natürlich habe ich es mir gekauft. Es ist wunderschön wie alle deine Bildbände, aber dieses steckte so voll Sehnsüchten, es war den Bildern deutlich anzumerken, Tommy, das du auf der Suche bist. Die ganze Ausdrucksweise der Gesichter und dann noch diese weiten einladenden Landschaften.“
Pierre hatte recht, Tommy wusste schon lange, daß er mit der jetzigen Situation nicht zufrieden war. Die Einsamkeit, die Leere in seinem Herzen brachte ihn fast um. Er jagte von einem Termin zum anderen und lebte mehr aus seinem Koffer, und war nur noch selten Zuhause.
Es war ihm bekannt, daß es so nicht mehr weiter gehen konnte. Wie Pierre eben schon sagte, auf kurz oder lang blieb er auf der Strecke. Er wusste es aber selbst, hatte er keinerlei Ahnung, wie er sich aus diesem Loch selbst heraus ziehen sollte.
Schweigend lief er neben Pierre her und hatte nicht mal gemerkt, daß ihm Tränen die Wangen herunter liefen.
„Nimm mein Taschentuch, ich kann nicht mit ansehen wie du heulst, sonst kommen mir auch noch die Tränen denn ich ertragen es nicht dich leiden zu sehen. Ich mußte dir das einfach mal sagen, auch wenn du es nicht hören willst“, sprach Piere.
„Du hast ja recht Pierre. Ich weiß selber, daß etwas nicht stimmt, aber ich weiß auch nicht wie ich dieses Problem in den Griff bekommen soll.“
„Du solltest dich doch vielleicht mal mehr umsehen, es laufen überall so viele Single herum, da müsste doch irgendetwas für dich dabei sein.“
Jetzt musste Tommy lachen.
„Du würdest mich doch mit jedem verkuppeln.“
„Ja würde ich, nur allein deswegen um dich wieder lachen zu sehen. Ich möchte wieder diese glücklich blauen Augen strahlen sehen, in die ich mich von Anfang an so verliebt habe…..“
Pierres Stimme versagte.
„Du bist so ein lieber Freund, bin so froh das ich dich habe“, erwiderte Tommy und hängte sich bei Pierre ein.
Nach ungefähr einer Stunde trafen sie sich wieder mit den zwei Damen in einem nahegelegenen Cafe.
„Christin ist dir nicht gut, du bist ganz schön blass um die Nase,“ fragte Pierre besorgt.
„Da bin ich wohl nicht alleine, wenn ich Tommys roten Augen sehe, weiß ich das die letzte Stunde bei euch auch nicht gerade berauschend war.“
Tommy sah auf.
„Nicht so schlimm, ich bin von einem guten Freund nur zurecht gestutzt worden, das war an der Zeit aber gehört jetzt nicht hierher.“
„Tommy, du fängst mit dem Blocken schon wieder an, fang wieder an zu leben“, sagte Pierre ärgerlich.
„Da muss Pierre recht geben, auch mir ist das schon seit längerem aufgefallen, daß du wie ein irres kleines Männchen herumläufst und deine Leute damit schikanierst“, kam es von Christin.
„Christin“, kam es von Christins Mutter scharf.
„Ach lass mal Mutter, Tommy, Pierre und ich sind jetzt schon solange gut befreundet, das man ab und wann Kritik äußern kann, ohne das gleich die Welt unter geht.“
„Na wenn du meinst Christin. Ich kenne das nicht, den Umgang den ihr miteinander pflegt daß ist mir fremd. Zu meiner Zeit hatte man zwar auch gute Freunde, aber das Privatleben blieb eben privat. Bei euch jungen Leuten sieht das immer so leicht und …. unbeschwert aus.“
„Miss Stonehagen, das ist nicht so leicht wie es aussieht“, unterbrach Pierre Christins Mutter, „an Freundschaften muss man arbeiten sie pflegen. Nur so kann man das Vertrauen erhalten und behalten das man unter Freunden genießt.“
Pierre schaute nacheinander in Christins und Tommys Augen, die ihm das eben Gesagte mit einem Lächeln bestätigten.
„So jetzt habe ich aber Hunger, bestellt ihr schon mal den Tee und ich werde mir mal die tolle Auslage in der Theke anschauen“, meinte Pierre.
„Auslage? Eher doch den jungen Mann dahinter,“ warf Tommy ein. Pierre rollte mit den Augen und verschwand.
* *
„Darf ich euch alle heute Abend zum Essen einladen?“, fragte Tommy.
„Du sagtest doch heute morgen du hättest noch soviel Arbeit“, unterbrach Christin Tommy.
„Wie Pierre schon vorhin sagte ich soll anfangen zu Leben und was gäbe es nicht da besseres als ein Dinner mit seinen besten Freunden.“
Christins Mutter stellt ihre Tasse Tee ab.
„Es ehrt mich, daß sie mich zu ihren Freunden zählen lieber Tommy, aber ich denke ich bin da doch einwenig fehl am Platz.“
„Miss Stonehagen…“
„Sagen sie ruhig Margreth zu mir Tommy.“
„Also …. Margreth, sie haben in den letzten Stunden über mich und Pierre soviel erfahren ohne das was sie ohnehin von Christin“, er schaute lächelnd zu Christin, „sicherlich schon erfahren haben, daß ich finde sie gehören schon dazu, in unseren kleinen erlesenen Kreis von Freunden.“
„Wenn das so ist, nehme ich die Einladung gerne an, aber bitte nicht in eines der sündhaft teuren Restaurants hier ich habe dafür nicht mal was rechtes an zuziehen.“
„Mutter, dass wäre sicher kein Problem mit den Klamotten, aber ich denke eher, daß Tommy uns zu sich nach Hause einladen wollte, denn er ist ein kleiner begnadeter Koch.“
Nickend stimmte Tommy ihr zu.
„Dann bin ich mal gespannt auf das Essen, wenn meine Tochter so von ihren Kochkünsten vor schwärmt.“
Inzwischen näherte sich Pierre dem Tisch mit einem total überladenen Teller an Naschereien und setzte sich auf seinen Stuhl.
„Das alles willst du essen, denk einwenig an deine Figur, sonst kannst du Bilder für Elefantenmode machen lassen“, sagte Christin lachend.
„Menno ich konnte nicht widerstehen…..“, sagte Pierre und stopfte sich das erste Sahnetörtchen in den Mund.
„Ich glaube eher du bist dem jungen Mann hinter der Theke erlegen, der dir den Teller so voll geladen hat“, amüsierte sich Tommy.
„Du musst aber auch zugeben er sieht auch wirklich süß aus,“ entgegnete Pierre und nahm sich schon ein weiteres Törtchen vor.
Alle fingen an zu lachen und genossen ihren Tee.
* *
Nach dem Zahlen verabredeten sie die Zeit für das abendliche Dinner. Tommy fuhr alle nach Hause, bevor er noch ein paar Besorgungen für das Essen erledigte. Danach beeilte er sich um genügend Zeit für die Zubereitung zu haben.
Daheim angekommen stellte er den Proviant auf der Theke seiner Küche ab, warf seine Jacke auf den Sessel und suchte in seiner CD-Sammlung nach passender Musik. Er legte sie ein und drehte die Anlage auf mittlere Lautstärke.
Den Esstisch zog er genau in die Mitte des Raumes, stellte die vier Stühle dazu und wandte sich dem Schrank zu. Er entschied sich für den lindgrünen langen Läufer und breitete ihn über den Tisch aus. Auf beiden Seiten hing der Läufer fast bis zum Boden.
Mit dem edlen weißen Porzellan aus einer deutschen Manufaktur und die glatten langstieligen Gläser deckte er phantasievoll den Tisch. Mit den mitgebrachten Blumen gab er den Tisch den letzten Pfiff. Als letztes stellte er eine alte dicke Kerze darauf.
In der Küche ausgebreitet lagen inzwischen alle Lebensmittel die er für sein Essen brauchte. Er begann damit die Kräuter zu waschen, die er später für seine Kräutercremesuppe benötigte. Er schüttete die Sahne in einen Topf und ließ sie bei geringer Hitze heiß werden, gab die Kräuter dazu und pürierte sie bis alles zu einer sämigen grünen Brühe wurde.
Mit etwas Mehl im Wasser aufgelöst, band er die Suppe ab. Mit Salz, Pfeffer und etwas Knoblauch verfeinerte er den Geschmack. Da das Fleisch etwas länger im Ofen garen mußte, nahm er sich dies als nächstes vor.
Er stellte eine Pfanne auf den Herd und lies sie heiß werden. Das gewürzte Stück Fleisch wurde er in einwenig Olivenöl scharf anbraten. Er gab Zwiebeln und Karotten dazu und goss das Ganze mit Rotwein auf. Danach schob er den Topf in den Ofen.
Die Kartoffeln waren inzwischen weich gekocht. Er schüttete das Wasser ab und goss einwenig Milch hinzu. Tommy gab etwas Muskat, Salz und Pfeffer dazu um es danach mit dem Pürierstab zu einem feinen Kartoffelbrei zu verarbeiten.
Tommy war froh, daß er sich seine Küche so modern einrichtete. Ohne Mühe konnte er in kürzester Zeit ein zauberhaftes Essen zaubern. Als Nachtisch hatte sich gebackene Äpfel mit Vanilleeis ausgesucht. Er schälte die Äpfel, entkernte sie und legte sie in ein eingefettetes Blech.
Er tat ein wenig Butter in eine Schüssel gab Zucker und grob gemahlene Haselnüsse dazu, um dann alles danach mit einem Schneebesen zu vermischen. Diese Mischung füllte er in die Löcher der Äpfel, wo sich vorher das Kerngehäuse befand. Tommy übergoss jeden Apfel mit ein wenig Cognac und streute Zucker darüber.
Er nahm das Blech und schob es bei mittlerer Hitze in den zweiten Ofen. Nachdem er sich gerade frisch gemacht hatte, begann Astra an zu knurren und lief schwanzwedelnd zur Wohnungstür. Da ertönte auch schon der Gong der Tür.
Tommy schaute noch mal in den Spiegel zog sein Hemd zurecht und öffnete die Wohnungstür.
„Mensch Tommy, da strömt ein wohltuender Geruch die Treppe herunter, mir läuft das Wasser im Mund zusammen“, sagte Pierre und begrüßte Tommy mit einem Kuss auf die Wange.
„Pierre ist gierig wie immer hast du auch genug gekocht Tommy, daß es für uns alle reicht?“, fragte Christin, die hinter Pierre die Wohnung betrat.
Margret bewunderte Tommys schöne Wohnung und auch den geschmackvoll gedeckten Tisch. Lange saßen sie da unterhielten sich über Mode und Zukunftsprojekte und genossen in vollen Zügen das Essen.
„Also Tommy, ich muß meiner Tochter recht geben. Das Mahl war ausgezeichnet und kann sich mit jedem Restaurant messen.“
Tommy ein wenig rot geworden bedankte sich und setzte noch ein Kaffee auf. Christin und Pierre räumten den Tisch ab und trugen alles in die Küche. Währenddessen sah sich Margreth in der Wohnung um, und am meisten beeindruckten sie die Fotografien an den Wänden.
„Tommy sind alle Bilder hier von ihnen?“
„Ja Margreth, sind alle von mir.“
„Das sind sehr ausdrucksstarke Bilder finde ich, man spürt was sie bewegt hat diese Bilder zu machen.“
„Mutter ich wusste gar nicht, daß du so ein großes Kunstverständnis hast.“
„Kind, du weißt vieles noch nicht von mir.“
* *
„Apropos nicht wissen, ihr habt überhaupt nichts von der Testamentseröffnung erzählt,“ warf Pierre ein.
„Da lässt sich auch nicht so leicht darüber reden Pierre“, entgegnete Christin.
„Ich habe den ganzen Besitz geerbt mit dem großen Herrenhaus, dem Anwesen und den Ländereien und einem kleinen Rätsel.“
An Pierre machte sich die steigende Neugier bemerkbar.
„Großes Herrenhaus? Das möchte ich mal sehen. So was habe ich noch nie von innen gesehen.“
Tommy kam mit dem Kaffee aus der Küche und wandte sich an Christin.
„Einem kleinen Rätsel? Hört sich interessant an, erzähl bitte mehr davon.“
„Nachdem der Notar uns über die Besitzverhältnisse aufgeklärt hat meine Mutter hat übrigens Wohnrecht auf Lebenszeit bekommen, übergab er mir noch einen persönliche Brief meines Onkels adressiert direkt an mich. Ich weiß nicht woher er meine jetzige Adresse her hat, aber ich denke bei dieser Kanzlei gibt es viele Möglichkeiten.“
„Und was steht in diesem Brief drin?“, fragte Tommy.
„Moment ich kann ihn euch vorlesen, ich hab ihn in meiner Handtasche, ….hier ist er, also hört genau zu:
Ballater 13 Mai 1997
Liebe Christin,
ich weiß, daß du dich wahrscheinlich nicht mehr an mich erinnern kannst, aber mir ist klar, daß du dich wunderst, warum ich gerade dir das ganze Vermögen vermacht habe. Mit deiner Mutter Margreth habe ich mich vor Jahren verfeindet und über den Tod deines Vaters war ich genauso verbittert wie ihr beiden, obwohl deine Mutter bestimmt jetzt das Gegenteil behauptet.
Das ich deinen Vater indirekt enteignete hatte seine Gründe, die du sicherlich auch heute noch nicht verstehen würdest, aber glaube mir es war nur zu eurem Besten.
Ich muß ein bisschen weiter ausholen, damit du mein Handeln vielleicht doch verstehst. Einer deiner Urahnen hatte sich auf eine unsägliche Weise im Übermaß Reichtum angeschafft.
Dieses Geheimnis wurde von Generation zu Generation weiter gegeben. Nun hatte dein Ururgroßvater im ersten Weltkrieg eine Heidenangst, das dieses Vermögen durch den Krieg komplett verloren gehen würde und versteckte es.
Damit es nicht gleich gefunden werden konnte, auch von den Nachkommen nicht, beschrieb er das Versteck in einem Rätsel, daß bis heute noch niemand gelöst hat, zudem fehlt einer der wichtigsten Pergamentrollen.
Eine undichte Stelle im Haus verriet dennoch das Geheimnis und so war die Suche nach dem Familienschatz der Ballater geboren. Es hat schon einige Todesfälle gegeben, und zur Zeit als dein Vater das Erbe antreten wollte gab es wieder eine Gruppierung die deinem Vater nach dem Leben trachtete.
So beschloss ich das Ruder selbst in die Hand zu nehmen, und fälschte das Testament. Ich wollte lediglich deinen Vater aus der Schussbahn bringen und nicht nur ihn sondern deine Mutter und dich auch. Du mit deine süßen vier Jahren der Stolz deines Vaters. Die Gruppe wurde festgenommen und ich hatte vor euch wieder zurück zu holen, aber da dein Vater bereits schwerkrank im Krankenhaus und man konnte nichts mehr für ihn tun.
Richte bitte nicht über mich, denn der Tod meines Bruders der auf mir lastet, war Strafe genug. Das Anwesen dir zu vermachen, ist eine kleine Wiedergutmachung obwohl es deine Vater nicht mehr zurück bringen kann.
Dein Onkel Stuart
Earl von Ballater
„So jetzt wisst ihr genauso viel, wie ich.“
Ein langes Schweigen folgte nach diesem vorgelesenen Brief.
„Und was hast du jetzt vor?“, fragte Tommy der als erstes die Schweigen brach.
„Ich weiß es noch nicht genau, aber ich werde Ende das Monats meine Mutter nehmen und mit ihr hinfahren. Ich möchte doch zumindest noch mal sehen, wo ich als kleines Kind gespielt habe.“
Tommy stand auf und lief zu seinem alten Sekretär und zog seinen Planer aus dem Fach.
„Christin ich hätte da einen Vorschlag.“
„Raus damit ich bin schon gespannt.“
„Ich hab dir doch erzählt, daß ich doch diesen Auftrag eines französischen Modehauses bekommen habe. Sie möchten, das ich ihre Mode fotografiere und das Ganze in Schottland.“
„Oh ich weiß worauf du hinaus willst.“
„Ja…., wir, daß heißt wenn du und Pierre einverstanden seid, könnte gemeinsam nach Ballater fahren. Den Auftrag erledigen und nebenher auch noch dir zur Seite stehen.“
„Also ich bin dabei, es fällt mir nicht schwer mich für das Ende des Monats frei zu machen, Tommy. Und außerdem dürfte ich endlich wieder mit dir zusammen arbeiten,“ sprach Pierre und ein breites Grinsen erhellte sein Gesicht.
„Langsam Pierre, Christin muß erst mal zustimmen. Einen Urlaub würde mir jedenfalls gut tun, auch wenn dabei ein wenig Arbeit anfällt.“
Christin sah ihre Mutter an und man merkte ihr deutlich an, daß es in ihrem Kopf arbeitete.
„Also Christin, ich finde du solltest Tommy das Angebot nicht ausschlagen, zudem würde ich das erstemal auch was über deine Beruf mitbekommen,“ sagte Margreth und legte den Arm um ihre Tochter.
„Margreth“, Tommy setzte sich wieder neben sie, „ich hätte da noch eine Überraschung für sie. Die Kollektion ist nicht nur für uns Jüngere gedacht, sondern auch für das ältere Semester. Hätte sie nicht Lust auch mit zumachen, ich kann ihnen versprechen es wird sehr interessant und natürlich springt auch was für sie dabei heraus, das Modehaus ist sehr großzügig.“
Christin fing an zu Lachen, stand auf und fiel Tommy um den Hals.
„Das alles würdest du für mich tun? Ich kann das gar nicht fassen, was du gerade eben von dir gegeben hast.“
„Es war mein Ernst, und außerdem für gute Freunde bin ich immer da, egal in welcher Lage sie sich gerade befinden.“
„Hört, hört“, Pierre war von seinem Stuhl aufgesprungen
„Das ist mein alter Tommy wie ich ihn kenne. Und wenn ich recht hinschaue kann ich da ein gewisses Funkeln in deinen Augen erkennen.“
Christin schaute Tommy fragend an.
„Das verlangt nach einer Umarmung, Christin mach Platz jetzt bin ich dran.“
Natürlich blieb es nicht bei der Umarmung, sondern Pierre mußte Tommy gleich noch einen Kuss geben.
„Also“, sprach Tommy, wieder zu Atem gekommen, „dann ist das abgemacht. Ich kümmere mich um alles und bringe alles zu Laufen. Aber Pierre eine Bitte hätte ich noch, wenn du dir das nächste mal Sorgen um mich machst, warte nicht mehr so lange wie jetzt, sondern sage es mir gleich, okay?“
„Okay, das habe ich vernommen.“
* *
In den nächsten zwei Wochen lief Tommy zu Hochtouren auf, er erkannte sich fast selber nicht mehr. Endlich hatte er was worauf er sich freuen konnte. Er gab die Maße nach Paris durch, damit diese gerade rechtzeitig zur Abfahrt, die Kleidung schicken konnte.
Er ging mit Margreth zum Friseur und verpasste ihr einen neuen Look, aber ohne ihre Natürlichkeit zu verändern. Als der Termin der Abreise näher rückte, fing er an das Auto und den Hänger mit seiner Ausrüstung zu beladen.
Auch die Klamotten aus Paris trafen endlich ein und so konnte der Tour nach Schottland nichts mehr im Wege stehen.
„Ach Tommy, hättest du fünf Minuten Zeit für mich und könntest zu mir in den laden kommen“, rief sein Onkel Henry von der Hintertür des alten Hauses.
„Natürlich Henry, einen Moment ich komme gleich zu dir.“
Er schloß den Rover ab, und lief ins Haus zum Laden.
„Komm her Junge ich möchte dir noch etwas zeigen, bevor ihr nach Schottland fahrt.“
„Was denn? Mach es bitte nicht so spannend.“
„Mein Kollege in Stonehaven hat mir doch die alte Truhe versprochen, und vorhin wurde sie geliefert.“
„Und was ist so besonderes an der Truhe?“
„Sieh selbst. Ist das nicht das Wappen der Earls von Ballater?“
„Mensch du hast Recht es gleicht dem, daß uns Christin gezeigt hat.“
„Und das ist noch nicht alles. Beim Säubern habe ich ein kleines Geheimfach entdeckt. Diese Pergamentrolle war darin versteckt. Ich kann nichts damit anfangen, es sind irgendwelche Verse. Aber irgendwie kommt es mir so vor, als würden mehrere Seiten davon fehlen. Der Großteil ist in Latein geschrieben, nur wenn es um Ortsangaben geht ist es in unserer Sprache verfasst. Ich habe versucht es ein wenig zu übersetzten, aber ich bin nicht weit gekommen. Irgendetwas mit Steinen und vergangenem. Ich dachte du könntest damit was anfangen, da Latein eins deiner Lieblingsfächer war.““
Tommy lachte laut auf
„Henry, das ist schon ein paar Jahre her mit Latein. Aber weil du sie in dieser bestimmten Truhe gefunden hast, macht sie erst interessant. Ich hab dir doch von dem Testament erzählt, welches Christin erhalten hat und da geht es um ein Rätsel über einen Familienschatz, und da steht etwas von einer fehlenden Pergamentrolle. Es wäre zwar ein solcher Zufall, wenn das die Gesuchte wäre, aber du glaubst nicht wie uns das bestimmt weiterhelfen würde. Wie bist du eigentlich an diese Truhe gekommen?“
„Wie gesagt habe ich sie von meinem Kollegen günstig erstanden, weil sie angeblich bei ihm ein Ladenhüter wäre und er meinte in London hätte ich bestimmt mehr Glück, diese Truhe an den Mann zu kriegen.“
„Und wie ist er an das Ding gekommen, es stammt sicherlich aus dem Familienbesitz der Ballater?“
„Er erzählte mir er habe sie ersteigert. Dem Gutsherrn hatte es ziemlich erwischt, anscheinend an der Börse verspekuliert. Und um den Besitz zu retten, hat er mehrere kostbare Möbelstücke veräußert um das Gut zu retten.“
„Tu mir bitte den Gefallen und halte sie noch zurück, vielleicht möchte sie Christin wieder ersteigern. Und falls du noch mehr Sachen mit dem Siegel der Familie auftreiben kannst dann mache es bitte.“
„In Ordnung Tommy, ich werde mich umhören, kann dir aber nichts versprechen. Und Junge sei vorsichtig, melde dich bitte bei mir, wenn ihr da oben angekommen seid.“
„Ja Henry mache ich, und versprich mir Astra bitte nicht so viel Süßes zu geben, auch wenn sie noch so bettelt.“
„Okay Tommy.“
Beide Männer nahmen sich in den Arm und drückten sich zum Abschied noch mal kräftig.
* *
Tommy saß im Auto und schaute nachdenklich das Pergament an, wenn das wirklich das richtige Papier wäre…. aber egal jetzt mußte er erst einmal seine Mitfahrer abholen. Er startet den Rover und mit einem Ruck setzte sich der Wagen in Bewegung.
In der New Kent Road angekommen, winkte ihm Christin bereits entgegen umringt mit einem Meer von Koffern. Er schob sich in die Parklücke, was mit dem Hänger gar nicht so einfach war.
„Sind das alle Koffer, oder kommt da noch mehr dazu?“, fragte Tommy grinsend.
„Alle? Das sind doch nicht viel, aber ich kann dich beruhigen es sind alle.“
„Dann ist ja gut, denn ich weiß ja nicht wie viel unser Prinz Pierre wieder mitnehmen will, du kennst ihn doch“, und beide fingen laut an zu lachen.
„Ihr beide seid heut morgen aber sehr gut aufgelegt, das kann ja nur eine heitere Fahrt werden.“
Margreth war aus dem Haus gekommen und stand nun vor den beiden. In den letzten zwei Wochen hatte sie sich total verändert. Sie schien jünger geworden zusein, ein paar Sorgenfalten weniger im Gesicht.
„Margreth steig du zu mir nach vorne ein, deine Tochter und Pierre haben hinten genug Platz“, und Tommy hob ihr die Beifahrertür auf.
* *
Sie durchquerten halb London, überfuhren die Themse bei der Vauxhall Bridge um zur Fullham Road zu gelangen wo sich Pierres Wohnsitz befand.
„Mein Gott ihr seid schon da? Da muß ich mich jetzt aber beeilen.“
Pierre schien gerade aus der Dusche zukommen, denn sein lockiges Haar hing noch tropfend an ihm herunter.
Tommy nahm seine Taschen und wandte sich zu Pierre.
„Du, ich trage schon mal dein Gepäck herunter, und verstaue es, hast du noch mehr?“
„Nur noch meine Schminkkoffer, den bringe ich dann selbst herunter.“
„“Ich bin immer noch der Meinung Pierre, den hast du nicht nötig.“
Pierre schmunzelte und gab Tommy einen Kuss auf die Wange.
„Danke lieb von dir.“
Tommy verstaute alles und warte vor dem Auto, als Pierre aus dem Haus gestürzt kam.
„Ich hab so schnell gemacht, wie ich konnte“, zu Christin, die ihm aus dem offenen Wagenfenster zu lächelte.
„Ich weiß Pierre, du bist ja so bekannt für deine Pünktlichkeit.“
* *
Noch einmal durchfuhr Tommy London, merklich langsamer denn der Stadtverkehr hatte deutlich zugenommen, schließlich fuhren jetzt die meisten in ihr Büro oder zur Arbeit. Aus der Stadt heraus, ordnete sich Tommy auf der E15 Richtung Newcastle ein.
Es war eine gemütliche Fahrt quer durch England, vorbei an Cambridge und Nottingham. Hinter der Abfahrt York wurde es ruhiger auf der Autobahn und Tommy hielt Ausschau, wo sie einen gepflegten Lunch einnehmen konnten.
An einer kleinen Raststätte hielt Tommy den Wagen an und alle strecken erst mal ihre steifen Glieder.
„“Mensch Leute, ich hab ja was total vergessen euch zu erzählen“, kam es plötzlich von Tommy.
Und Tommy erzählte den dreien was sich am Morgen Zuhause bei im zu getragen hatte. Nachdem sie gegessen hatten, beugten sie sich alle über das Papier.
„Das kann ja keiner lesen,“ meinte Pierre enttäuscht.
„Hast ja oft genug andere Sachen gemacht als auf zu passen im Unterricht. Na egal, lasst uns weiterfahren, wir haben noch ein Stück vor uns. Ich möchte heute Abend nicht zu spät in Newcastle ankommen. Dort habe ich zwei Zimmer reserviert, damit wir morgen frisch gestärkt weiter fahren können“, meinte Tommy und stand auf.
Tommy zahlte die Rechnung, während die anderen schon zum Wagen voraus gingen. Und weiter ging es Richtung Norden, vorbei an Middlesbrough und Sunderland. Gegen neun steuert Tommy das Gefährt auf den Parkplatz der Pension.
Ein alte Frau öffnete die Tür und wies ihnen ihre Zimmer zu. Nach einem kleinem Mahl verabschiedeten sie sich von einander und gingen in ihre Zimmer.
„Eine ganze Nacht mit dir allein in einem Zimmer wie aufregend“, meinte Pierre frech grinsend.
Tommy hatte sich inzwischen ausgezogen und sich auf das Bett geworfen.
„Pierre hör auf mit dem kindisch sein, mach dich endlich fertig und komm ins Bett.“
„Hast du es so eilig?“, fragte Pierre.
„Ach Quatsch, ich möchte endlich schlafen, wir müssen morgen früh raus, denn wir haben erst ein wenig mehr als die Hälfte der Strecke zurückgelegt.“
„Bist du ein Spielverderber“, sagte Pierre und zog sich ebenfalls aus.
Nachdem er sich gewaschen hatte, kam er ins Bett und Tommy löschte das Licht. Aber Tommy konnte nicht einschlafen. Zu viele Gedanken rasten ihm durch dem Kopf und machten ihm zu schaffen. Da lag wohl einer der hübschesten Jungen neben ihm im Bett, den er immer noch liebte.
Ja er liebte Pierre! Erst als sie sich damals getrennt hatten, erkannte Tommy wie sehr er ihn brauchte und sich nach ihm sehnte. Aber die ewigen Streits ohne jeglichen Grund, die fortwährenden Eifersuchtsdramen von Pierre all das war ihm einfach zuviel geworden, er konnte es nicht mehr ertragen. Und in wie weit sich Pierre in den letzten drei Jahren verändert hatte, konnte er nicht beurteilen. Und die Kurzbesuche, mit denen Pierre ihn ab und zu überfiel, brachten über die Lage auch keinen rechten Aufschluss.
Bisher hatte er es vermieden, mehr als einen geschäftlichen Kontakt zu halten. Nun lag Pierre neben ihm auf der Decke und sein Atem war tief und gleichmäßig. Im Mondschein der durch das Fenster drang, schimmerte seine nackte Haut.
Tommy war von der Schönheit Pierres immer wieder aufs neue angetan. Seine Männlichkeit hatte sich merklich ausgeweitet, seine Gesichtszüge waren kantiger, doch irgendwie weicher geworden, die Muskeln viel ausgeprägter und vom Rest war Tommy sowieso fasziniert.
Lächelnd erinnerte er sich an die heißen Nächte mit ihm zurück, aber er mußte sich zwingen nicht weiter darüber nach zu denken, da ihn diese Gedankengänge nicht kalt liehen. Er wusste nicht was er machen sollte.
Seine Liebe gestehen und dann so weiter machen wie es geendet hat. Nein dazu hatte er keine Lust und auch nicht die Nerven. Der Wunschtraum eines gemeinsamen Lebens würde einer bleiben. Doch was, wenn sich Pierre wirklich geändert hat?
Er wirkte jetzt oftmals so viel erwachsener. Ohne es aus zu probieren, konnte er auch nicht wissen, ob es funktionierte. Hin und her gerissen kuschelte er sich unter die Bettdecke und viel in einen tiefen unruhigen Schlaf.
„He Kleiner aufwachen.“
Tommy schlug die Augen auf und sah direkt in Pierres Augen. Sein Arm tat weh und er konnte die Ursache hierfür schnell sehen. Pierre schien wohl die ganze Nacht auf seinen Arm gelegen zu haben. Tommy richtete sich auf zog Pierre zu sich heran und gab ihm einen langen innigen Kuss.
„Hoppla, jetzt versteh ich gar nichts mehr Tommy.“
„Da gibt’s auch nichts zu verstehen“, und Tommy stand auf und verschwand im Bad.
Pierre saß immer noch auf dem Bett und wusste nicht, was er davon halten sollte. Das eben war so ein hingebungsvoller Kuss gewesen, er verstand die Welt nicht mehr. Er zog sich wortlos an und wartete bis Tommy fertig war.
Am Frühstückstisch trafen sie die beide Damen, die es sich bereits schmecken liehen.
„Na ihr beiden, gut geschlafen?“
Als Christin die Blicke von Tommy sah, bemerkte sie, das sie gerade in ein Fettnäpfchen getreten war, und vermied es noch weiter zu fragen.
„Ich hab geschlafen wie ein junger Gott“, hachzte Pierre.
„Und geschnarcht wie ein alter Bär“, hängte Tommy an.
Alle lachten und Christin vergaß wegen dem grimmigen Gesicht zu fragen. Wieder im Auto, machten sie sich auf den letzten Teil der Strecke Richtung Aberdeen. In Edinburgh aßen sie zu Mittag, als dann endlich das Wetter schöner wurde.
Die erste Sonne seit ein paar Tagen. Mittlerweile waren sie von der E15 runter und fuhren die Landstraße Richtung Aberdeen, und bei Montrose lasen sie das erstemal Ballater. Tommy bog links ab in die kleine Nebenstraße Richtung Ballater.
Die Aussicht war traumhaft schön. Rechts und Links erstrecken sich die Highlands – Natur pur, unberührt, wild und unbeschreiblich weit. Im Wagen war es inzwischen ruhig geworden. Jeder sah aus dem Fenster und lies das Gesehene auf sich ein wirken.
„Da noch 26 km, dann sind wir da,“ meinte Tommy.
Deutlich war Christins schwerer Atemzug zuhören. Margreth nahm die Hand der Tochter in die Ihrige und drückte sie fest. Sie schauten sich in die Augen und Christin erkannte, daß ihrer Mutter die Tränen kamen.
Nun standen sie an der Einfahrt des Anwesens. Das schmiedeeiserne Tor umrahmt von einem Steinbogen stand offen. Tommy legte den Gang ein und ließ den Wagen langsam anrollen. Sie durchfuhren eine lange Allee eingereiht von großen alten Buchen, die bereits anfingen ihr Herbstlaub zu tragen.
Auf beiden Seiten lagen riesige Rasenflächen mit einzelnen kleinen Teichen, hier und da verschiedene Bäume deren alter schon schwer zu schätzen waren. Nach ein paar Biegungen lichteten sich die Bäume und das alte Herrenhaus kam zum Vorschein.
„Nun wisst ihr, warum ich damals nach dem Notar so weiß im Gesicht war, das alles gehört nun mir……“, sagte Christin leise in die Stille des Wagens, wo lediglich das leise Surren des Diesels zuhören war.
„Mann o Mann, da brat´ mir doch einer nen Elch, so groß habe ich mir das nicht vorgestellt,“ meinte Pierre und drückte sich regelrecht die Nase an der Scheibe platt.
Tommy hielt den Wagen genau vor der großen alten Eichentür und stellte den Motor ab. Sofort öffnete sich die Tür und zwei Diener kamen zu Wagen und öffneten den Damen die Tür. Als Christin aus dem Rover stieg, kam eine alte weißhaarige Frau herbei gelaufen.
„Madge, bist du es wirklich, arbeitest du noch immer hier,“ rief Margreth von der anderen Seite des Autos, nachdem auch sie ausgestiegen war.
„Oh Lady Ballater, sie sind es wirklich, ich dachte nicht, daß ich sie hier je wieder sehen würde.“
Beide Frauen fielen sich in die Arme und drückten sich herzlich.
„Madge, wir haben uns damals geeinigt, daß du Margreth zu mir sagst, und das soll auch so bleiben. Und darf ich dir vorstellen, daß ist die kleine Christin, mit der du stundenlang im Park gespielt hast.“
Christin stand steif da und bekam kein Wort heraus. Zu überwältigend war dieser erste Eindruck.
„Christin, ich muss zugeben ich habe dich oder muß ich schon „Sie“ sagen nicht erkannt“
„Sie dürfen ruhig Du sagen Madge“, stammelte Christin.
„Ich kann mich noch sehr genau erinnere nur ihr Haar das war damals noch schwarz.“
Auch Christin umarmte die alte Frau ebenfalls innig. Pierre und Tommy waren ebenfalls ausgestiegen. Pierre half den Diener das Gepäck auszuladen und Tommy koppelte den Hänger ab und schob ihn auf die Seite.
„Mister, sie können ihren Wagen von James in die Garage fahren lassen“, sagte Madge zu Tommy.
Margreth kam hinzu.
„Ach Madge darf ich dir unsere zwei jungen Männer vorstellen, das ist Thomas Cummingham ein Modefotograf aus London und Pierre Fromboise aus Frankreich, lebt aber auch in London und übt wie Christin den Beruf des Modells aus. Beides sind gute Freunde der Familie“, und Margreth zwinkerte lächelnd Tommy zu.
„Ich grüße die zwei Herren, obwohl ich zugeben muss, das ich sie Mister Fromboise schon kenne.“
„Mich kennen?“, antwortete Pierre verlegen.
„Ja auch wir in Schottland liegen nicht so abseits um irgendwelche Modejournale zu bekommen und in einigen davon habe ich sie schon gesehen“, erwiderte Madge.
Pierre nickte verlegen, denn er wusste nicht was er darauf antworten sollte.
„So Bob, führe die Herrschaften auf ihre Zimmer und bringe mit dem jungen Stallburschen dann das Gepäck nach oben.“
„Geht in Ordnung Miss Madge“, und Bob geleite die Vier zum Eingang.
Nach dem Eintreten blieben sie erneut stehen. Eine mächtige Eingangshalle tat sich vor ihnen auf. Tommy schaute mit dem Augen eines Fotografen und erkannte herrliche Motive für seinen Fotoauftrag. Gegenüber hing ein großes, altes Gemälde, daß sich bis zur Decke erstreckte, umrahmt von einem golden, kunstvoll verzierten Stuckrahmen der am oberen Rand mit einer Krone endete.
Darunter befand sich eine Kommode auf der eine goldene Uhr und zwei dazu passende Kerzenständer standen. An beiden Seiten des Bildes verliefen Treppen in das obere Stockwerk.
„Darf ich die Herrschaften hier herauf bitten?“, alle folgten Bob die linke Treppe rauf.
„Dass darf ja nicht war sein, daß ist ja noch mein altes Zimmer und nichts hat sich darin verändert,“ sagte Margreth als Bob die Tür zu ihrem Zimmer öffnete.
* *
An Tommys Tür klopfte es.
„Herein“, sagte Tommy.
Pierre kam ins Zimmer.
„Und ich dachte ich habe die Hochzeitssuite bekommen, aber wenn ich dein Zimmer sehe…“
„Neidisch?“, lachte Tommy.
„Naja, dafür habe ich einen herrlichen Ausblick auf den Park“, und lief zu den Fenstern und sah hinaus. Draußen lagen die Stallungen und dahinter ein großer See mit einer winzigen Insel. Darauf stand ein weißer Pavillon.
„Hätt ich mir ja denken können, daß du auch noch den schöneren Ausblick hast.“
„Wieso?“, fragte Tommy, kam zu Fenster und schaute hinunter.
„Ach du meinst wegen dem schnuckeligen Stallburschen der da unten gerade sein Hemd aus zieht.“
„Wo, lass mich auch sehen… man sieht der gut aus, sag ja, du hast die bessere Aussicht, ich hab nur nen alten Gärtner vorm Fenster.“
Tommy musste laut lachen.
„Vielleicht kannst du ja mit dem da unten anbandeln.“
Pierre verdreht die Augen und ging schnurr stracks aus dem Zimmer.
„He Pierre nicht beleidigt sein…“
„Und warum, du ziehst mich doch immer auf. Auch ich hab Gefühle falls du es vergisst.“
Abrupt war das Lächeln aus Tommys Gesicht verschwunden.
„Sorry Pierre, das wollt ich nicht, ich …“
Tommy senkte seinen Blick.
„Was ich, sag es mir.“
Pierre war mittlerweile wieder zu Tommy herangetreten.
„Ich liebe… ich kann es nicht lass mir noch einwenig Zeit, Pierre, bitte!“
„Nein Tommy du hast jetzt angefangen und nun beende es auch. Sag was du sagen wolltest, ich will es hören!“
„Was willst du hören, he, daß ich dich immer noch liebe und ich mich fast nach dir verzerre.“
Tommys Tonfall war mittlerweile sehr scharf geworden.
„Dass ich deswegen durch die Hölle marschiere und es mir nicht eingestehen will, daß ich ohne dich nicht sein kann.“
Tommy drehte sich weg und begann zu weinen. Die Tür ging auf und Christin kam herein.
„Was ist denn hier los, kann mir das jemand vielleicht erklären?“
„Nichts ist…“, sagte Tommy barsch.
Pierre schaute Christin und machte eine beruhigen Geste mit der Hand. Danach ging er zu Tommy und stellte sich hinter seinen Rücken und legte sanft seine Hand auf die Schulter, dabei verspürte er ein leichtes Zucken, daß Tommys Körper durchlief.
„He Tommy, warum bist du nicht früher damit heraus gerückt? Ich war doch immer für dich da.“
„Meinst du, mir ist das leicht gefallen, den Abstand zu dir zu halten in den vergangen Jahren. Ich konnte einfach damals nicht mehr, diese Streitereien, Dramen ich bin zu so was nicht geschaffen…“
Tommy hat sich umgedreht und Pierre und Christin konnte sein Gesicht sehen. Dicke Tränen rannen über sein Gesicht, sein ganzer Körper bebte vor Aufregung. Christin trat heran und nahm seine Hand.
„Und deswegen hast du dich das letzte ganze Jahr so in Arbeit gestürzt um das nicht zeigen zu müssen?“, fragte sie mit leiser Stimme.
„Was hättest du an meiner Stelle getan, den einzigsten Kerl den du liebst – den ganzen Tag Streit. Ja ich liebe Pierre mehr als mein Leben, aber ich bin nicht bereit das fort zuführen, womit wir damals aufgehört haben.“
„Halt ganz langsam Tommy.“
Pierre nahm Tommys Gesicht zwischen die Hände und wischte die Tränen weg.
„Zum ersten damals war damals ich war einundzwanzig und hatte viel Flausen im Kopf.“
„Und jetzt…?“
„Tommy lass mich ausreden. Es war alles neu für mich, der Job und du und alles was außen herum alles stürmte auf mich ein wie eine Bombe. Kannst du dir vielleicht vorstellen, daß mich das vielleicht überforderte?“
Pierre sah Tommy eindringlich in die Augen.
„Und zweitens Tommy, vielleicht hast du es ja auch schon selber gemerkt, ich bin älter geworden und bin lang genug dabei jetzt um einiges aus zuhalten. Und vor allem, ich liebe dich auch Thomas, ich habe dich nie aufgegeben. Meine Männergeschichten sind alles nur Erfindungen von anderen, denn ich war dir die letzten drei Jahre wirklich treu und das sollte dir Liebesbeweis genug sein.“
Tommy erschütterte ein weiterer Weinkrampf und Pierre nahm ihn in den Arm.
„Ja, lass es raus. Lass alles raus was sich angestaut hat.“
Christin verließ leise das Zimmer, denn sie wollte die beiden nicht mehr stören. Fünf Minuten später klopfte es an ihrer Tür. Sie ging hin, öffnete und Pierre stand vor ihr.
„Kann ich ein wenig zu dir rein kommen?“
„Aber natürlich, setz dich doch.“
„Danke, ich hab Tommy ins Bett gesteckt und er ist eben vor Müdigkeit eingeschlafen.“
„In den Schlaf geweint…, ich hab auch nicht daran gedacht das die Fahrt vielleicht zu anstrengend für ihn wäre und wenn ich bedenke, daß er das alles schon lange mit sich herum trägt.“
„Ist jetzt egal Christin, jetzt ist alles raus und ich lasse ihm genügend Zeit sich an die neue Situation zu gewöhnen. Mehr möchte ich nicht tun, nicht daß er das Gefühl bekommt, daß ich ihn zu was drängen möchte.“
„Du liebst ihn ebenfalls immer noch.“
„Natürlich liebe ich Tommy, ich habe nie damit aufgehört.“
„Ist schon gut Pierre, aber geh nun zurück, damit du da bist wenn er auf wacht.“
* *
Tommy lag in diesem großen französischen Bett und schlief fest. Das alles war jetzt wirklich zu viel für ihn gewesen, das war sein erster Schuss vor den Bug. Dieser kleine Anfall von Schwäche war ihm Zeichen genug, daß er nicht so weiter gehen würde.
Total erschöpft ist er mit diesem Gedanken eingeschlafen. Er spürte mollige Wärme um sich herum, und als er langsam zu sich kam, merkte er das sein Gesicht aufs Pierres Brust befand, und dessen Arm eng um ihn geschlungen war.
„Na mein großer, bist du endlich wieder da?“
Pierre strich ihm zärtlich über das Gesicht und wurde mit einem Lächeln auf Tommys Mund belohnt.
„So Tommy und nun höre genau zu. Bitte sag mir sofort wenn ich dich nerve, beleidige, bedränge oder was auch immer, nur sprich mit mir. Bitte sag mir alles was dich bedrückt. Lass mich an deinen Gefühlen und Gedanken teilhaben und schließ mich nicht aus, denn nur so haben wir zwei eine Zukunft, denke ich.“
Tommy richtete sein Kopf einwenig auf und schaute Pierre direkt in die Augen.
„Du machst dir im Ernst Gedanken über eine gemeinsame Zukunft?“
„Natürlich Tommy, ich liebe dich, ich will mein Leben mit dir verbringen. Meine Geheimnisse mit dir teilen, einfach alles teilen was es gibt in einer Partnerschaft. Auch wenn wir uns durch unsere Jobs des öfteren nicht sehen werden, ja ich will mit dir zusammen sein.“
Tommy musste schlucken und wieder merkte er das Nass in seinen Augen.
„Und vor allem ich will dich zu nichts drängen, worüber du dir selber nicht im klaren bist. Du bist du, etwas besonderes ja etwas ganz besonderes, und ich will an deinem Leben teilhaben, bei dir sein, egal wie deine Verfassung ist. Ich will einfach immer für dich da sein.“
Tommy legte sein Kopf wieder nieder und begann leise zu reden.“
„Dass ist das, was ich mir immer gewünscht habe… jemand der für mich da ist und für den ich da sein kann. Ich liebe dich Pierre.“
Tommy drehte sich und gab Pierre ein Kuss, worauf dieser ihn noch fester in den Arm nahm.
„So und jetzt gehst du duschen, ziehst dir was anderes an und kommst runter zu Dinner, die anderen warten schon auf uns.“
* *
Tommy lief die Treppe herunter und schaute sich die Gemälde an den Wände dabei an. Schon hörte er das Gelächter aus einer der unteren Räumen. Er öffnete langsam die Tür und trat ein. Christin und Pierre standen da und schauten ihn an. Margreth nahm ein weiteres Champagnerglas und gab es Tommy.
„Ich finde wir sollten das jetzt ein wenig feiern“, und stieß mit den dreien an.
„Grund genug haben wir ja“, meinte Pierre, legte seinen Arm um Tommy, der das mit einen zarten Lächeln auf seinen Lippen erwiderte.
„Also Kinder mir wer recht, wenn ihr beiden du und Margreth zu mir sagen würdet, denn ich habe irgendwie das Gefühl, daß ich zwei Söhne dazu bekommen habe.“
Tommy und Pierre bedankten sich herzlich bei ihr.
Das Essen wurde aufgetragen und sie begaben sich zu Tisch. Während des Essens versuchte Tommy ihnen zu erklären, was für Fotomotive er sich vorgestellt hat. Die Damen waren sehr davon begeistert, als er ihnen erzählte, daß er wunderschöne Abendkleider dabei hätte.
Nach dem Essen zogen sich die Vier in die Bibliothek zurück.
„Ach Tommy ich hab inzwischen die Pergamentrollen gefunden, sie waren ihm Familiensafe und die, die du mir gegeben hast passt genau dazu. Ich habe sie schon ein wenig übersetzt“, sagte Christin.
„Und über was handelt das Rätsel nun?“, wollte Pierre wissen.
„Das weiß ich selbst nicht so richtig, ich muß erst mal schlau aus diesen Reimversen werden…..“
Christin vertiefte sich wieder in die alten Schriftstücke.
„Da denkst du man hat ein interessantes Leben als Modell, reist um die ganze Welt und dann nach einer Erbschaft kommen solche Sachen wie Familienschatz und andere Dinge heraus,“ warf Tommy kopfschüttelnd ein und ging zur Bar und schenkte sich einen Scotch ein.
„Gibst du mir auch einen, ich könnte jetzt auch was vertragen“, sagte Christins Mutter, die es sich im großen Ohrensessel bequem gemacht hatte.
Pierre legte noch ein paar Holzstücke in den offenen Kamin und außerdem Prasseln und Knistern des Feuers, war im Augenblick im Zimmer nichts zu hören. Jeder für sich selbst, machte sich seine Gedanken über das was alles vorgefallen war.
Christin vertieft in ihre Papiere, Tommy stand am Fenster und lies seinen Blick nach draußen wandern und Pierre, angelehnt am Kaminsims, schaute den Flammen zu wie sie offensichtlich auf dem Holz wild umher tanzten.
„Lasst uns ins Bett gehen Kinder, es ist spät geworden“, sprach Christins Mutter und erhob sich schwerfällig aus ihrem Sessel und ging auf die Tür zu.
„Mutter du hast recht, wir sind alle recht müde und morgen können wir uns frisch gestärkt an die Tat machen.“
Christin gab Tommy und Pierre einen gute Nachtkuss auf die Wange und verließ ebenso das Zimmer.
„So jetzt sind nur noch wir beide übrig“, sagte Pierre schelmisch zu Tommy.
„Na und, ich wird mich jedenfalls auch in die Kiste schmeißen, weil ich morgen wieder fit sein muß, die Landschaftsaufnahmen müssen noch in den Kasten und dazu brauche ich offene und klare Augen“, sagte Tommy und trabte davon.
Im Rausgehen drehte er sich noch einmal um.
„Aber mein Zimmer werde ich nicht verschließen, nie wieder“, und schloß dann die Tür hinter sich.
Pierre dagegen, nun ganz alleine im Zimmer, setzte sich in einen der großen Sessel direkt vor den Kamin und starrte ins Feuer.
„Er hat sich endlich entschieden“, stammelt Pierre vor sich hin und nippte noch einmal an seinem Glas, bevor auch er aufstand, das Licht löschte, und sich auf den Weg zu Tommys Zimmer machte.
* *
Tommy war früh aufgestanden und obwohl er sich nach dieser herrlichen Nacht nur schwer von Pierre trennen konnte, es ging eben nicht anderst.. Er lag immer noch tief schlafend auf Tommys Bett, sehr verführerisch nur halb mit dem Laken bedeckt.
Nach den sich Tommy angezogen hatte, kniete er zu Pierre und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn, worauf dieser die Augen öffnete.
„Müssen wir schon aufstehen, ich bin noch so müde“, murmelte er.
„Nein mein Kleiner, bleibe ruhig noch liegen. Ich dagegen bin dann für eine Weile an der frischen Luft. Also bis später, wir sehen uns dann.“
Aber das hörte Pierre schon nicht mehr, er war wieder in die tiefe Welt des Schlafes versunken.
Mit der Spiegelreflexkamera und verschiedenen Objektiven machte sich Tommy auf den Weg. Er lief quer durch den Park, um danach die ersten kleinen Anhöhen zu erklimmen, die sich hinter dem Anwesen befanden.
Am dritten Hügel blieb er stehen, und ließ den Blick über die Landschaft schweifen. Weite, grüne Wiesen taten sich vor ihm auf, an deren Halmen man sehen konnte wie der Wind mit ihnen spielte. Kleine winzige Farbtupfen deuteten darauf hin, daß es noch ein paar Blumen gab, die ihre kräftigen Farben der schwachen Herbstsonne entgegen strecken.
Vereinzelt standen auch Büsche, meist bei kleinen Felsengruppen, aber Bäume waren hier keine zusehen. Es war wie eine andere Welt, wenn man aus dem Park heraus trat und auf diese offen Fläche kam. An einem größeren Steinhügel blieb er stehen.
Hier schien früher eine Mauer gestanden zu haben, und mehrere große Steine lagen darin verstreut, überwuchert von wild rankenden Pflanzen, die Tommy noch nie gesehen hat.
„Da liegen die alten Ballaters begraben, daß war der Familienfriedhof.“
Tommy für erschrocken herum und der alte Gärtner aus dem Park stand hinter ihm.
„Entschuldigen sie junger Herr, ich wollte sie nicht erschrecken. Aber ich drehe immer eine Runde bevor ich im Park anfange zu arbeiten.“
„Ist nicht schlimm, ich rechnete eigentlich mit keinem hier draußen.“
Tommy streckte die Hand aus.
„Mein Name ist Thomas Cummingham.“
„Ich heiße Emilio.“
„Klingt nicht wie ein Name von hier.“
„Ja meine Mutter war Italienerin, daher der Name.“
„Und warum ist das alles hier so verwildert?“
„Weil ich das Verbot hatte, mich darum zu kümmern, weil der Earl böse war auf seine Urahnen, wegen diesen lächerlichen Familienschatzes.“
„Lächerlich?“
„Ja lächerlich oder glauben sie junger Herr, das es diesen Schatz wirklich gibt?“
Tommy wollte dem alten Mann von den Papieren nichts sagen, vielleicht auch aus guten Grund, man weiß ja nie bei Fremden.
„Habe da mir noch keine Meinung drüber gebildet, ich werde jetzt weiter gehen um noch ein paar Schnappschüsse zu schießen. Vielen Dank für die Geschichte Emilio.“
Der Gärtner nickte ihm zu und machte sich auf den Rückweg. Tommy sah ihm lange nach, bevor er sich selber weiter bewegte. Komischer Kauz, dachte sich Tommy und suchte weiter nach passenden Motiven.
* *
Nach einer Weile hörte er ein Rauschen und folgte diesem Geräusch. Nach ein paar großen Büschen tat sich ein kleiner See auf. Das Rauschen kam von einem Wasserfall, der sich an der Stirnseite des Sees befand. Er nahm seine Kamera und schaute durch, ob es ein gutes Motiv wäre.
Tommy traute seinen Augen nicht, da stand der Stallbursche splitterfaser nackt und den Fall und genoss anscheinend die tosenden Wassermassen. Ganz selbst verständlich drückte Tommy auf den Auslöser seiner Kamera und fotografierte diesen Jüngling.
Seine dunklen lockigen Haar hingen lang über seine Schulter und verdeckten ein wenig den breiten braungebrannten Rücken. Man könnte fast meinen, diesen Körper hatte Michelangelo geschaffen. So eben und perfekt in der Linie wie es Tommy selten gesehen hatte.
Da drehte sich der Jüngling um, und Tommy mußte nach Luft schnappen. Was er da vor die Linse bekam war nicht von schlechten Eltern, erste Sahne. Ihm fiel Pierre, ein ob er ihm die Bilder überhaupt zeigen sollte.
Doch er wollte ehrlich bleiben, wenn er die Negative entwickelt hatte, würde er ihm sie zeigen. Nach dieser Liebeserklärung gestern würde sie eh zwischen ihnen einiges ändern, daß hatte Tommy sich fest vorgenommen.
„Hallo junger Herr, wollen sie nicht zu mir kommen, daß Wasser ist herrlich.“
Tommy ließ vor Schreck fast die Kamera fallen, Mist er hatte ihn entdeckt. Etwas unbeholfen rief er zurück.
„Nein ich glaube nicht, das Wasser ist mir zu kalt.“
„Ach kommen sie, ich stehe hier jeden Morgen.“
„Vielleicht ein andermal“, und Tommy machte sich schleunigst aus dem Staub.
Schnell war er den Weg zurück gelaufen den er gekommen war, aber der Stahlbursche haftete ihm immer noch im Kopf.
* *
„Da bist du ja endlich“, sagte Pierre und begrüßte Tommy mit einem flüchtigen Kuss.
„Was mehr ist nicht drin nach heut nacht?“, meinte lächelnd Tommy.
„Du kannst ruhig mehr haben wenn du willst“, und Pierre drückte ihn aufs Bett und küsste ihn nach allen Regeln der Kunst.
„Du Pierre kannst du mir nachher helfen“, sagte Tommy noch einwenig außer Puste.
„Bei was denn?“
„Beim entwickeln der Bilder, die ich vorhin geschossen habe. Mir ist da was vor die Linse gekommen, daß solltest du dir vielleicht anschauen.“
„Machen wir, aber erst nach dem Frühstück Christin und Margreth warten sicher schon, obwohl du jetzt meine Neugierde geweckt hast.“
Beide beeilten sich in den grünen Salon zu kommen, wo die Mahlzeiten eingenommen wurden. Warum man ausgerechnet ihm diesen Namen gab verstand Tommy nicht. Lediglich eine Schmuckdose, die auf dem Kaminsims stand, enthielt diese Farbe, sonst war rein gar nichts in grün gehalten, so sehr Tommy sich auch bemühte er fand nichts in diesem Farbton in diesem Zimmer.
Er entschloss sich später Madge zu fragen.
„Da seid ihr ja endlich, wir wollten grad ohne euch anfangen“, sagte Christin.
Tommy ging zu den Damen und begrüßte beide mit einem Handkuss.
„Man wie vornehm da wird ich doch glatt rot“, und Christin begann laut zu lachen an.
„Reich mir doch bitte den Bacon rüber“, sagte Pierre, der seinen Teller schon recht voll geladen hatte.
Tommy schaute erstaunt.
„Ist das nicht ein bisschen viel, ich will ja nicht…“
„Immer wenn ich… Sport getrieben habe, muss ich meinen Hunger stillen.“
„Welchen Sport?“, fragte Margreth.
Tommy und Pierre schauten sich verliebt an und fingen an zu grinsen.
„Mutter es gibt Dinge, die sollten an Tisch unausgesprochen bleiben“, kam es von Christin.
Und nun fingen alle Vier laut an zu lachen.
„Es freut mich, die Herrschaften so vergnügt zu sehen.“
Madge war mit einer Kanne Kaffee lautlos herein getreten.
„Darf ich noch jemand nach schenken?“, fragte sie leise.
„Ja, mir bitte Madge“, sagte Tommy und hob ihr die Tasse hin.
„Darf ich sie etwas fragen Madge?“, begann Tommy.
„Ja natürlich Mister Cummingham.“
„Warum wird dieses Zimmer grüner Salon genannt?“
„Nicht wegen den Möbeln wie ihnen sicherlich schon aufgefallen ist. Draußen vor dem Fenster befindet sich ein Seerosenbecken und das ist in einem kräftigen Grün gestrichen. Und immer wenn im Sommer und Herbst die Sonne drauf scheint, dann spiegelt sich das Wasser hier in diesem Zimmer und lässt es grün erscheinen.“
„Eine einfache Erklärung, auf die natürlich niemand kommt, wenn man es noch nicht gesehen hat,“ meinte Tommy und stellte endlich wieder seine Tasse hin die er die ganze Zeit gehalten hatte.
* *
Nach dem Frühstück erkundigte Tommy sich wo er seine Bilder entwickeln könnte. Bob führte ihn in das Kellergewölbe und wies im ein Zimmer ohne Fenster. Das ist genau das richtige für mich, dachte sich Tommy. Tommy ging zu seinem Anhänger und trug die benötigten Dinge zum entwickeln in den Keller.
„Kann ich ihnen helfen Sir?“
Tommy drehte sich erschrocken um, vor ihm stand der Stallbursche.
„Möchte ja schließlich sehen was, für tolle Bilder sie geschossen haben.“
Tommy wurde rot im Gesicht.
„Ich heiße übrigens Marc.“
Tommy immer noch total sprachlos, drückte ihm die Flaschen mit dem Entwickler in die Hand.
„Danke sehr nett, kann jede Hilfe gebrauchen“, stammelt Tommy der langsam seine Fassung wieder fand. Marc war wirklich eine Augenweite. Schwarze Haare und eine Topfigur und die niedlichsten brauen Augen die es gab, wie Tommy fand.
„Wo soll das Zeug denn hin?“
„In den Keller.“
„Okay, ich folge ihnen.“
Als alles im Keller war, begann Tommy die Geräte aufzubauen. Marc stand neben ihm und schaute interessiert zu.
„Ach Tommy da bis…oh du hast Besuch?“
Pierre war herein gekommen.
„Ähm.. das ist Marc der … Stallbursche“, stammelte Tommy.
„Das sehe ich, dann bin ich mal gespannt was für Bilder du geschossen hast.“
Tommy war froh das der Raum schon abgedunkelt war, sonst hätte jeder seinen hochroten Kopf gesehen.
Als das erste Bild mit Marc zu Vorschein kam, war dieser ganz entzückte.
„Hast du dir mal Gedanken gemacht, wie es mit einer Modellkarriere wäre, Marc?“, fragte Pierre.
Marc sah Pierre entgeistert an.
„Ich, nein bestimmt nicht. Die sehen doch alle viel besser aus, in den Hochglanzmagazinen“, sprach Marc.
„Doch ich meine es ernst. Du siehst wirklich gut aus, du könntest einigen Konkurrenz machen.“
„Und wie soll ich das anstellen? Hier in dieser Einöde wo soll ich da Fotos von mir her kriegen?“
„Naja, da wären ja schon einmal ein Paar. Sehr interessante sogar, wie ich finde“, meinte Pierre mit einem Lächeln.
Pierre nahm das Bild in die Hand, dass Marc von vorne zeigte.
„Und außerdem hast du hier den besten Modefotografen aus England hier stehen.“
Tommy drehte sich um.
„Pierre mach mal halb lang, übertreibst du nicht ein bisschen?“
„Sie sind Modefotograf?“, fragte Marc mit leuchtenden Augen.
„Ja bin ich und wenn du willst kann ich dir ja ein paar Adressen geben, an die du dich wenden kannst, falls du wirklich Interesse an einem Fotoshooting hast.“
„Der Meister hat gesprochen, Mensch Tommy mit einem Empfehlungsschreiben von dir wäre er doch echt besser dran“, sagte Pierre.
„Du hast ja Recht Pierre. Auch ich finde, daß unser Freund hier eine tolle Ausstrahlung, mal sehen was ich tun kann.“
„Marc hat doch ungefähr meine Größe, meinst du nicht das ihm einige meiner Anzüge passen, die du für mich mitgenommen hast.“
„Du hast recht, dann könnte passen.“
Marc stand nichts sagend neben den beiden und trauten seinen Ohren nicht.
„Also Marc, wenn du Zeit hast komm nach dem Mittagessen hinter das Haus, da machen wir die ersten Bilder“, sagte Tommy und verließ das Zimmer.
„Meint der das ehrlich, Mister?“, fragte Marc Pierre.
„Ja, meint er, Tommy spaßt mit so was nie. Ach übrigens ich heiße Pierre, und kannst ruhig du sagen bin ja ungefähr in deinem Alter.“
„Dass steht mir als Bediensteter eigentlich nicht zu“, kam es von Marc.
„Hab dich nicht so, Madge wird dir nicht gleich den Kopf herunter machen.“
„Danke Pierre, sehr nett von dir, wie kann ich das je wieder gutmachen…“
Ich wüsste schon was, dachte Pierre und setzte sein freches Lächeln auf.
* *
Tommy war oben in seinem Zimmer, um die Dresses für den Mittag heraus zulegen. Da das Wetter heute noch zu heben schien, entschloss er sich, die Kollektion im Landhausstil zu nehmen. Für die Herren hatte er attraktive Zopfpullover in verschiedenen Formen und Farben und passend dazu verschiedene Cord und Lederhosen.
In schlichten Braun und Grüntönen waren Hosen oder Röcke, Jacken und Blusen farblich abgestimmt für die zwei Damen dabei. Dieser Landhausstil war in diesem Herbst wohl wieder der absolute Renner, dachte Tommy.
Er hatte sich natürlich auch die Kollektionen anderer Häuser angeschaut und der Trend schien auf diese urgemütlichen Klamotten hinaus zulaufen. Er ließ, durch einen der Diener nach Pierre und Marc schicken, weil er vor dem Essen noch eine kurze Kleiderprobe für angebracht hielt.
Ungefähr wusste er zwar schon, wem er was anziehen wollte, aber die reale Kontrolle war ihm doch am liebsten.
Es klopfte an der Tür und Marc trat herein.
„Sie haben nach mir rufen lassen Sir.“
„Als erstes, ja hab ich, und als zweites mein Name is Tommy und lass bitte das Sir weg, das stört mich kolossal, hört sich irgendwie so altbacken an.“
„Geht in Ordnung S.. Tommy.“
„Da komm ich wohl genau richtig“, Pierre war ein getreten.
„Zu was richtig?“, sagte Tommy und sah ihm direkt in die Augen.
„Ähm…..ja, ich….“
„Lass mal Pierre, is ja egal. Würdest du die Sachen anprobieren die ich da auf der Kommode für dich bereit gelegt habe? Und Marc tu mir den Gefallen und zieh endlich die Stallklamotten aus, mein Zimmer riecht jetzt schon nach Stall. Ach ja, bei der Gelegenheit kannst du ja auch gleich duschen, denn nach der Anprobe wirst du mit uns zu Mittag essen.“
Mark wurde rot.
„Und was soll ich dann anziehen?“
„Die Sachen, die ich für dich herausgesucht habe, sind für die Fotos sie liegen alle auf dem Bett, müssten dir von der Größe her alle passen“, sagte Tommy.
„Das ist schon klar, aber was soll ich zum Lunch anziehen?“, fragte Marc.
Da fiel Pierre ins Gespräch ein.
„Da wir ja die gleiche Größe haben kannst du was von mir haben, meine Koffer sind mal wieder viel zu voll, ich geh rüber, suche etwas aus und bringe es dann.“
„Okay, dann kann ich ja beruhigt duschen gehen.“
Tommy wies ihm die Tür des Bades und folgte ihm.
„Kannst alles benutzen was da steht, und da in dem kleinen Koffer sind jede Menge verschiedener Proben die ich von Kosmetikfirmen geschenkt bekommen habe.“
„Ich muss ihnen noch mal danken Sir.“
„Marc, das heißt Tommy und du, verstanden und jetzt geh duschen, ich hab noch ein bisschen zu tun.“
Als er das Bad verließ, kam gerade Pierre herein, mit ein paar Klamotten über Arm und schwarzen Schuhen in der Hand.
„Was meinst du, würde ihm das stehen, Tommy?“, fragte er.
„Dem würde ein Kartoffelsack stehen, so gut wie er aussieht, hast doch die Bilder gesehen, oder?“, kam die Gegenfrage von Tommy.
„Apropos Bilder könnte ich das eine haben,“ sagte Pierre und fing an zu lachen.
„Du kleiner Mistkerl, für was brauchst du das Bild, du hast ja jetzt mich“, meinte Tommy gespielt empört
„Hab ich das?“, das Lachen war von Pierres Gesicht verschwunden.
Ernste falten legten sich auf seine Stirn.
„Ich will dich zu nichts drängen Tommy, das weißt du.“
„Das machst du nicht Pierre, wirklich nicht, aber ich brauche ein wenig Zeit um mich an diese neue Situation zu gewöhnen.“
„Heißt das…?“
„Ja, ich will mit dir zusammen leben, ich wünsch mir das jetzt schon solange. Ich muß auch zugeben, das ich mir ab und zu in London größere Wohnungen angeschaut habe oder über einen Umbau meiner Wohnung nach gedacht habe, daß sie für zwei Personen reicht. Uns zwei!“
„Oh Tommy, du machst mich zum glücklichsten Menschen der Welt!“, meinte Pierre, lief zu Tommy und nahm ihn in den Arm um ihn fest zudrücken.
„Ich will ja bei eurer Zweisamkeit nicht stören, aber ich fange allmählich an zu frieren, kann mir jemand was zum an ziehen geben?“
Marc stand nur mit einem Handtuch um die Hüften umwickelt in der Badetür. Er hatte was von einem griechischen Gott. Seine Muskulatur war sehr ausgeprägt und Pierre mußte kräftig schlucken.
„Dich hab ja ganz vergessen.“
Tommy ging zum Bett, nahm ein paar Kleidungsstücke und reichte diese Marc.
„So probier mal an, will sehen wie dich das kleidet.“
Marc nahm das Handtuch ab, und griff nach dem von Pierre mitgebrachten Slip.
Tommy traute seinen Augen nicht, Marc stand total nackt neben ihm und Tommy mußte sich eingestehen, daß Marc sich nicht verstecken brauchte. Auch Pierre blieb das nicht verborgen, der sich gerade, wegen der Anprobe auch aller Kleidungsstücke entledigt hatte.
Marc bemerkte, daß er von den beiden anderen so antaxiert wurde.
„Sorry, dass ihr euch vorhin so innig in den Armen gelegen habt und nun Pierres geilen Body sehe, kann ich nicht einfach wegstecken, das erregt mich auch,“ sagte Marc und sein Gesicht färbte sich in ein tiefes Rot.
„Mensch Marc, daß macht doch nichts, wir sind doch unter uns, wir werden schon nicht über dich herfallen“, sagte Pierre um die Spannung im Raum zu lösen.
„Schade“, stammelt Marc leise.
Pierre schaute auf.
„Hört, hört jetzt wird’s interessant,“ und schaute dabei Tommy an.
„Was soll das heißen? Schade? Na?“, fragte Tommy und ging auf Marc zu.
„Muss ehrlich zugeben das ich noch nie….. mit einem anderen Mann geschlafen hab, daß mir jetzt richtig peinlich ist.“
Tommy hob sein Kopf hoch, so daß er ihm in die Augen schauen konnte.
„Und was soll daran schlimm sein?“
Tommy schaute fragend Pierre an, der gleich verstand was Tommy fragend wollte, und nickte zustimmend. Tommy nahm Marc in den Arm und gab ihm einen langen sinnlichen Kuss auf den Mund. Pierre näherte sich von hinten und streichelte Marcs Rücken.
* *
„Wo die Jungs heut wieder bleiben, ich hab so ein Hunger“, Christin nippte an ihrem Wein.
„Sei doch nicht so ungeduldig Christin, sie werden sich gleich kommen, aber sag mal warum liegt da ein fünftes Gedeck?“ frage Christins Mutter.
„Ich weiß es nicht, hab mir darüber noch gar keine Gedanken gemacht. Aha, da scheinen sie zu kommen ich höre Gelächter und Stimmen, die Treppe herunterkommen“, sagte Christin.
Die Tür ging auf und Tommy und Pierre kamen mit dem Stallburschen herein gelaufen.
„Christin und Margreth darf ich euch vorstellen, das ist Marc ein Neuzugang, er wird uns heute Mittag kräftig bei der Fotosaison unterstützen“, sagte Pierre und setzte sich zu Christin.
„Und wer übernimmt jetzt eigentlich deine Tätigkeiten im Stall?“, wollte Christin wissen.
„Oh, das ist kein Problem ich hätte sowieso ab morgen für zwei Wochen frei gehabt“, kam es von Marc.
„Da haben wir ja Glück gehabt, das wir dich noch vorher entdeckt haben“, lächelte Pierre.
Pierre schaute Tommy an.
„Wir? Den Mark hab ja wohl ich entdeckt, das hier mal klarstellt“, kam es von Pierre.
„Entschuldigung Pierre, du hast ihn natürlich entdeckt“, sagte Tommy und mußte schmunzeln.
Tommy erklärte den Vieren, wie er sich den Ablauf des Mittags vorstellt. Er wurde, von dem Essen das herein getragen wurde, unterbrochen.
„Also liebe Madge, wenn das genauso wieder gut schmeckt wie es duftet, werde ich hier bestimmt noch ein paar Pfund zunehmen“, meinte Christin.
Auf Madge´s Gesicht zeichnete sich ein Lächeln.
„Du brauchst ja nicht so viel essen, Christin“, meinte Pierre und legte sein freches Grinsen auf.
„Jetzt hör aber auf, ich esse doch hier nicht viel, im Gegensatz von dir, du ist ja mittlerweile für zwei.“
„Es schmeckt ja auch hervorragend, und außerdem sind Modells mit ausgeprägter Figur immer mehr gefragt, als irgend so ein Hungerknochen, von denen es genug gibt.“
Tommy sah ihn an.
„Ja aber auch keine Modell mit dicken Bäuchen.“
Alle fingen herzhaft an zu lachen und begannen zu essen. Nur Pierre schaute sehr böse zu Tommy, der wiederum einen Kuss zu ihm schickte, dass Pierre das Böse sein schwer fiel. Tommy wandte sich zu Christin.
„Was mir grad einfällt, wie weit bist du eigentlich mit der Übersetzung der alten Papiere voran gekommen?“, fragte Tommy.
„Ach hör auf, entweder habe ich schon zulange kein Latein mehr gehabt, oder der Verfasser konnte es nicht und hat gravierende Fehler rein geschmuggelt. Ich bin fast fertig, aber irgendwie hab ich das Gefühl es fehlt etwas, oder passt nicht zusammen, weil es überhaupt keinen Sinn macht. Vor dem Tee heute Mittag werde ich es fertig übersetzen, und wir können uns ja dann darüber unterhalten“, antworte Christin.
„Okay mach das, und ich mach mich jetzt auf und befördere meine Kamera und andere Dinge nach draußen, das wir nachher gleich anfangen können“, sagte Tommy und erhob sich.
„Ich helfe dir gleich“, sagte Pierre, der schmatzend seinen Yorkshirepudding auslöffelte.
* *
Tommy hatte sich eine schöne Stelle im Park ausgesucht. Eine kleine Gruppe von alten Buchen standen hinter einem großen Findling, der sich majestätisch gegen den Himmel streckte. Er begann mit Marcs Einzelaufnahmen.
Marc mußte sich auf den Stein legen und verträumt in verschiedenen Posen in den Himmel schauen. Marc fand es interessant, dagegen er das häufige umziehen der Kleidung als anstrengend empfand. Die zwei Damen ließ er auf einem Kiesweg laufen, Margreth trug ein Korb mit wunderschönen herbstlichen Blumen bei sich, die farblich auf ihre Kleidung abgestimmt war.
Dann ließ er Pierre und Marc, angelehnt an einer Eiche eine Unterhaltung führen, und fotografiere sie aus verschiedenen Perspektiven. Von allen Vieren folgten dann im Anschluss einige Aufnahmen, wie sie sich gegenseitig über einen kleinen Bachlauf halfen, der sich durch das ganze Anwesen zog.
Dabei rutsche Pierre aus und stand mit einem Fuß im Wasser. Sofort brachen alle in Gelächter aus, nur Pierre fing wie wild an zu fluchen.
„Aber Mister Fromboise, wo bleibt ihr Anstand, hier sind Damen zugegen“, sagte Tommy und bog sich vor lachen.
Als sie sich alle ein wenig beruhigt hatten, schlug Tommy vor für heute Schluss zumachen, sieben Filme seien verknippst und das Licht sei ja jetzt auch nicht mehr so optimal. Alle waren einverstanden und halfen die Sachen einzusammeln, um sie wieder ins Haus zutragen.
Margreth lief zu Tommy.
„Also Tommy ich muß schon sagen, soviel Spass wie heute hatte ich schon lange nicht mehr. So langsam verstehe ich meine Tochter, warum sie diesen Beruf ausübt.“
„Wenn du glaubst Mutter, das es immer so einfach abläuft, hast du dich getäuscht. Heute war halt alles ideal, und Tommy hat uns ja auch prima eingewiesen, daß ist nicht immer so.“
„Stimmt Margreth, ich muß deiner Tochter recht geben, oftmals verschwindet die Sonne, oder ein Modell folgt nicht den Anweisungen, weil es denkt es besser zu wissen, oder die Farben der Kleidung harmoniert einfach nicht mit der Umgebung. Manchmal sind es winzige Details, die eine ganze Fotoserie zu nickte machen, weil es beim fotografieren nicht aufgefallen ist“, sagte Tommy.
„Aber trotzdem war es schön, wie gesagt es war ein schöner Mittag. Treffen wir uns nachher alle zum Tee?“, fragte Margreth.
Alle bejahten die Frage und gingen in ihre Zimmer. Tommy begab sich gleich in den Keller, um schon mit dem Entwickeln an zu fangen. Er war zu neugierig wie die Fotografien geworden sind. Marc war mit Pierre gegangen, um sich Ratschläge über Kleidungen ein zu holen, damit er wusste, wonach er bei dem nächsten Shoppen Ausschau halten sollte.
Christin machte sich gleich an die alten Pergamente und fasste alles was sie übersetzt hat auf einem Blatt zusammen. Margreth dagegen lief zur Küche. Sie klopfte an der schweren Eichentür und trat ein.
* *
„Aber Margreth, warum klopfst du denn an?“, sagte Madge und stellte eine Kanne Tee auf den Tisch.
„Ich wollte dich nicht erschrecken“, erwiderte Margreth und setze sich an den Personaltisch.
Bob kam herein und holte das Geschirr für den Fünfuhrtee. Er versuchte es lautlos aus dem Schrank zu nehmen, was ihm aber deutlich misslang. Polternd flog ein Kuchenteller auf den Boden und zerbrach in viele Stücke.
„Mensch Bob, pass doch ein bisschen auf, bald haben wir kein Geschirr mehr, wenn du so weiter machst“, sagte Madge und bückte sich um die Scherben auf zu heben.
Bob, dem es sichtlich peinlich war, sagte kein Wort und versuchte so schnell wie möglich, die Scherben zu beseitigen.
„Ich habe eine Frage an dich Margreth“, und Madge setze sich zu ihr an den Tisch.
„Willst du nicht wieder hier einziehen? Es gehört ja jetzt deiner Tochter, und das Anwesen steht gut da. Der eingesetzte Verwalter erwirtschaftet genug Geld, daß sich Christin nicht drum sorgen müsste, das Anwesen zu verlieren.“
„Ich weiß nicht recht, natürlich ist mir der Gedanke schon durch Kopf gehen lassen, als mir Christin das erstemal von der Erbschaft erzählte. Aber ich weiß nicht ob ich mich daran gewöhnen könnte, wieder hier zu leben. Zu viele schmerzliche Erinnerung werden wieder wach, die Entbehrungen danach, der Neuanfang und auch der Tod meines Mannes Charles.“
„Es muss schlimm für dich gewesen sein, der Tod deines Mannes und dann noch die Kleine alleine groß zu ziehen.“
„Stimmt ich hatte niemand an den ich mich wenden konnte und von Stuart meinem lieben Schwager wollte ich keine Hilfe, dazu war mein Stolz einfach zu groß. Aber Christin hat mir viele schöne Stunden bereitet.“
„Du hast es aber geschafft, die Kleine ist eine so wunderschöne Frau geworden. Überlege es dir mit dem Umziehen, ich denke einfach auch daran, daß du zu Hause, oft alleine bist und hier hättest du immer Gesellschaft. Kennst du Violett noch, die Tochter des Warenlagerhalters, sie wohnt auf dem Nachbargrundstück. Und seit sie Witwe ist, verbringt sie viele Mittage bei mir, sie müsste in deinem Alter sein“, sagte Madge.
„Wäre ja schon reizvoll hier wieder zu leben, aber dann bin ich doch soweit weg von Christin, die in London lebt.“
„Du kannst mit dem Zug nach London fahren, oder wenn du es eilig hast mit dem Flugzeug von Aberdeen nach London brausen, in der heutigen zeit sind das alles keine Entfernungen mehr.“
„Lass mir Zeit Madge, ich werde mir das genau überlegen, wir sind ja noch ein bisschen hier.“
Margreth stand auf und verließ die Küche. Madge sah ihr besorgt nach und machte sich kopfschüttelnd wieder an ihre Küchenarbeit.
* *
Tommy hatte inzwischen drei der sieben Filme entwickelt. Mit einer Lupe betrachtete er genau jedes einzelne Bild der Serie, und war zufrieden mit dem was er produziert hatte. Jetzt war es nur noch daran, die Auftraggeber von den Bilder zu überzeugen, aber darüber machte sich Tommy keine Sorgen, bis jetzt wurden ihm alle Fotoserien abgekauft, die er erstellt hatte.
Mehr Gedanken machte er sich über das Zusammenleben mit Pierre. Sollte er wirklich den Schritt wagen, es noch einmal zu versuchen. Es würde sein ganzes Leben ändern, denn er war es mittlerweile gewohnt sich alleine durchzuboxen.
Aber ein Leben zu zweit, die Sehnsucht danach war einfach zu groß. Er hatte es satt, zu Parties immer alleine zu erscheinen, während andere eng umschlungen mit ihren Partnern kamen. Das ewige Generve, was er sei immer noch solo.
Es gab so viele Dinge, die dafür sprachen, eine Beziehung wieder ein zugehen. Nur eines dagegen, seine Angst.
* *
„Wo Tommy denn bleibt er kommt noch zu spät zum Tee“, sagte Christin und schaute auf die Wanduhr.
Die Tür ging auf und Tommy kam herein geeilt. In diesem Augenblick fing die Uhr an zuschlagen.
„Bin ja noch pünktlich. Wollt nur noch ein paar Bilder entwickeln und hab euch paar mitgebracht“, sagte Tommy-
„Toll Tommy zeig her“, sagte Pierre und riss ihm die Bilder aus der Hand.
„Wow! Tommy ich bin immer wieder fasziniert, wie du es schaffst, es so in Bilder umzusetzen, daß es so, wie soll ich sagen… mir fällt kein anderer Ausdruck als geil ein.“
Christin und Marc waren aufgestanden und zu Pierre gegangen. Alle waren sie so in die Bilder vertieft, daß niemand die Bitte von Margreth beachtete.
„Kinder könnt ihr euch bitte wieder hinsetzen.“
Erst als sie es energischer sagte, sahen sie auf und setzten sich auf ihren Platz zurück.
„Ich habe mich entschlossen, eigentlich hat mich auch Madge davon überzeugt, wieder hier her zu ziehen.“
Einen Augenblick lang hätte man eine Stecknadel fallen hören können, so leise war es im Raum.
„Und wenn du nichts dagegen hast, Christin, würde ich gerne die Wohnung in Dorchester verkaufen.“
„Ich muss dir ehrlich sagen, daß ich mir darüber auch Gedanken gemacht habe, und ich freue mich, dass du dich so entschieden hast“, meinte Christin.
„Du hast dich aber sehr schnell entschieden“, sagte Madge, die gerade die Tür herein kam.
„Ja Madge, du hast mich überzeugt und zwar mit einem Wort. Einsamkeit. Christin und ich telefonierten zwar fast täglich miteinander, aber ständig ist sie unterwegs und hat keine Zeit. Und wenn ich hier wäre, wie du schon sagtest, hätte ich dauernd Gesellschaft. Und was Christin angeht, sie hat dann ein richtiges Zuhause, wo sie wann immer sie will, heimkehren kann.“
Christin stand auf und umarmte ihre Mutter.
„Du hast die richtige Entscheidung getroffen Mutter glaub mir.“
Bei einer weiteren Tasse Tee unterhielten sie sich über die Zukunftspläne von Margreth, bis Tommy einfiel daß sie heute sich ja noch um etwas anderes kümmern wollten. Zudem hatte er auch ein Entschluss gefasst, nachdem er sich das Wort Einsamkeit durch den Kopf gehen ließ.
„Das war eine gute Idee von dir Marc, unsere Nachforschungen hier in der Bibliothek abzuhalten.“
„Danke Christin, dachte nur daran, wo man am besten Rätsel lösen kann, da fiel mir das hier auf Anhieb ein, wegen der vielen Bücher.“
„Christin, kannst du mir sagen, was das für Namen sind auf der Liste?“, fragte Tommy.
„Schau Tommy auf diesem Pergament stehen diese Namen nicht in Latein. Ich habe sie in der Reihenfolge heraus geschrieben, wie sie dort standen“, antwortete Christin.
„Caithness – Sutherland – Ross&Cromarty – Inverness – Nairnshire – Moray – Banff – Aberdeen – Kincardine – Argyll. Und was soll der Ausdruck Kopfstadt darunter?“ wollte Pierre wissen.
Christin nahm das Pergament in die Hand.
„Schau hier das Wort für Kopf und hier für Stadt.“
Tommy musste grinsen.
„Christin das ist nicht das Wort für Kopf, sondern für Haupt, also heißt es Hauptstadt.“
„Und was bringt uns das jetzt weiter mit der Hauptstadt?“, wollte Pierre wissen.
Die Tür ging auf und Margreth kam beladen mit einem Tablett herein.
„Ich habe Madge davon überzeugt, daß ihr heute die Bibliothek nicht mehr so schnell verlassen werdet, da hat sie euch ein Tablett voll Sandwichs gemacht. Und für einen guten Rotwein habe ich gesorgt, ich geh nur noch mal schnell Gläser holen.“
Sie stellte das Tablett auf den Tisch ab, wobei ihre Blicke über die Liste glitten.
„Was hat es denn mit den Grafschaften auf sich?“, fragte sie.
„Welche Grafschaften meinst du Mutter?“, kam es von Christin.
„Die auf der Liste, daß sind alles Grafschaften aus unserer Gegend.“
„Hier in der Gegend?“, wollte Marc wissen.
„Ja ich kenne Aberdeen, Banff, und Inverness, aber daß die Grafschaften sein sollen, wusste ich nicht“, meinte Marc weiter.
„Sind sie auch nicht mehr Kinder, aber das könnt ihr sowieso nicht wissen, 1975 schlossen sich diese Grafschaften zur Region Highlands zusammen, wobei das Gebiet durch den Glen Mor getrennt wird. Das Gebiet in dem wir her uns befinden, seht selbst hier auf der Landkarte“, mit einem Finger wies sie auf ein Gebiet neben Aberdeen.
„Nennt man Grampain oder Grampain Mountains, dessen höchster Berg mit 1343 m sich Ben Nevis nennt.“
„Aber hallo, Mutter woher weißt du das alles?“
„Kind du vergisst, daß ich hier aufgewachsen bin und zudem mußte ich in meiner Abschlussarbeit eben über diese Grafschaften schreiben, so was vergisst man nicht so schnell.“
„Kinder ich verschwinde noch mal kurz um die Gläser zu holen, bin gleich da und helfe euch“, und verschwand durch die Tür.
„Hauptstädte“, rief Pierre laut in die Menge.
„Pierre kannst du vielleicht sagen, was du meinst“, sagte Tommy.
„Aber natürlich. Jede Grafschaft hatte so was wie eine Hauptstadt, man nannte sie früher zwar anders, aber die müssten doch heute auch noch existieren, so wie Aberdeen.“
„Haben wir hier nicht ein Buch, wo so etwas drin stehen könnte?“, sagte Christin und drehte sich zu den Bücherregalen.
Alle liefen hinüber und begannen Buchtitel zu lesen. Pierre brummte vor sich hin.
Tommy sah ihn an.
„Was ist denn mit dir los, Pierre?“
„Seht ihr nicht, wie viele Bücher hier stehen, daß kann ja ewig dauern.“
„Denke ich nicht“, meldete sich Marc von der oberen Galerie.
„Schaut mal hier „Alte Grafschaften“, genau was wir jetzt brauchen.“
Marc kam die Wendeltreppe herunter gelaufen und alle setzen sich wieder um den runden Tisch.
„Und nach was suchen wir jetzt genau?“, wollte Christin wissen.
Pierre zog die Liste zu sich.
„Wir suchen jetzt alle sogenannten Hauptstädte dieser Grafschaften heraus.“ „
„Und was soll uns das bringen?“, fragte Christin verwundert.
„Das weiß ich jetzt auch noch nicht, muß ich eingestehen, aber vielleicht finden wir was, wenn es vor uns auf dem Blatt steht.“
Marc nahm sich die Liste.
„Also drei Städte haben wir ja schon, das ist Aberdeen, Inverness und Banff, jetzt müssen wir nur noch den Rest herauskriegen.“
Tommy öffnete das Buch, und schaute nach dem Goslar.
„Was steht als erstes da?“
„Caithness“, sagte Marc.
„Aha, Caithness, was steht denn hier. Ehemalige Grafschaft von Nordschottland mit der Hauptstadt Wick.“
„Das ist hier oben“, sagte Christin und zeigte auf die Landkarte.
Pierre fertigte ein ungefähre Skizze von Nordschottland an, und malte einen Punkt auf der oberen Seite und schrieb Wick dazu.
„Als nächstes kommt Sutherland“, sagte Tommy.
„Moment… hier steht Hauptstadt Denoch“, kam es von Marc.
„Das ist hier.“
Und Pierre malte wieder einen Punkt und schrieb diesmal Denoch daneben.
„Ross&Cromarty?”
„Dingwall.”
„Inverness ist Inverness, das ist klar. Nairnshire?”
„Nairn!“
„Und Moray?“
„Elgin.”
„Dann kommt Banff und Aberdeen. Kincardine?“
„Stonehaven hier steht.“
„Und zu guter letzt, Argyll?“
„Lochgilphead.“
„Wo liegt den das?“, wollte Christin wissen.
Alle beugten sich über die Karte. Tommy nahm das Buch.
„Da steht südwestlicher Teil von Schottland.“
„Da ist es“, Marc wies mit dem Finger auf die Karte, „hier bei Glasgow steht es.“
Pierre hatte alle Städte eingetragen und mit Punkten versehen. Piere kratzte sich am Kopf und grübelte.
„Wenn man… wenn man alle Punkte miteinander verbindet“, Pierre fuhr langsam von Punkt zu Punkt, „dann er gibt es ein Zeichen.“
„Ein Zeichen?“, sagte Christin und runzelte ihre Stirn, „dass sieht mir eher wie der Buchstabe „S“ aus.“
„Du hast recht Christin““, meinte Tommy und nahm alle Pergamente in die Hand.
„Wenn alle Seiten einen Buchstaben ergeben, bekommen wir ein Lösungswort“, sprach Tommy weiter.
„Ach herrje, wenn wir für alle Rätsel so lange brauchen wie für dieses, sitzen wir ja noch ewig“, meinte Pierre und lies sich wieder in seine Stuhl fallen.
„Das würde ich nicht sagen Pierre, wie gesagt habe ich alle Seiten übersetzt“, Christin nahm Tommy die Papiere aus der Hand.
„Beim Zweiten ist mir aufgefallen, daß das „T““ so komisch geschrieben wurde, nicht im Schreibstil der anderen Buchstaben. Und auf der Vierten Seite das gleiche, nur das es sich hier um das „N““ handelt. Zu den anderen kann ich nichts sagen.“
Tommy nahm die dritte Rolle in die Hand.
„Und über was handelt dieser Text?“
Christin nahm ihr Block zu Hilfe.
„Einen Moment, ja da steht es, da geht es hauptsächlich um Formen, Kreise und runde Dinge.“
„Kreisrund?“, Tommy nahm sein Blatt.
„Dann schreib ich mal ein kreisrundes „O“ hier rein. S T O N … und der letzte Buchstaben fehlt, aber nach meiner Meinung heißt das Stone, es gibt gar keine andere Möglichkeit.“
„Stone“, Pierre fing an zu lachen, „jetzt sind wir soweit wie vorher.“
„Du, Christin wo ist das sechste Pergament, daß ich dir mitgebracht habe und du glaubtest es wäre das Mittelstück.“
Christin hob alles hoch, konnte es aber nicht finden“, ich glaube, daß liegt noch in meinem Zimmer, warte ich hole es schnell.“
Christin lief zur Tür und lief hinaus.
„Also Jungs, ich weiß ja nicht wie es euch geht, aber ich habe mordsmäßig Hunger“, sagte Pierre und griff sich ein Sandwich von der Platte.
Marc hob sich den Magen
„Du hast recht. Merke erst jetzt, wie mir der Magen rumpelt.“
Marc und Tommy nahmen sich auch ein Sandwich und bissen genüsslich hinein. Christin kam die Treppe herunter und lief in die Bibliothek.
„Ihr seid mir ja die Rechten, mich schuften lassen, und ihr haut euch die Mägen voll. Habt ihr mir wenigstens etwas übrig gelassen?“
Marc hob die Platte hoch.
„Es sind genügend da, hast die freie Auswahl.“
„Lass mir aber die mit dem Fisch darauf, die sind so herrlich salzig“, sagte Pierre und griff nach dem nächsten Sandwich.
„Salzig?“, meinte Tommy.
„Da wird man doch nur durstig davon. Apropos Durst wollte deine Mutter nicht gleich, mit Gläsern, wieder da sein?“
Tommy und Christin sahen sich an und legten ihr Essen auf den Tisch. Beide liefen sie zur Tür in die Vorhalle.
„Ich gehe in die Küche und du gehst in den Livingroom, da habe ich auch eine Vitrine mit Gläsern gesehen“, sagte Tommy und lief Richtung Küche davon.
* *
Christin öffnete die Tür und schaute in den Raum hinein. Auf dem Stuhl neben der Vitrine saß ihre Mutter mit einem Buch in der Hand.
„Mutter?“
Ihre Mutter schaute auf, und Christin sah das sie weinte.
„Mutter, was ist denn geschehen?“
„Ich habe hier dieses Album gefunden, es ist voll mit Bilder von deinem Vater.“
Christin nahm das Album in die Hand und überflog mehrere Seiten.
„Er fehlt mir so Christin, wie sehr wünschte ich, er könnte all das hier miterleben.“
Christin nahm ihre Mutter tröstend in den Arm und strich ihr über das Haar.
„Er wäre sicher stolz auf dich gewesen, daß du dich entschieden hast wieder hierher zuziehen, da bin ich mir ganz sicher.“
Tommy hat die kurze Unterhaltung von der Tür aus mitbekommen. Er sah auch die Tränen bei Christin fließen. Langsam schloß er die Tür hinter sich, die zwei Frauen sollten jetzt für sich alleine sein. Er lief zurück in die Bibliothek und schloß hinters sich die Tür.
„Also Jungs wenn ihr jetzt nichts dagegen hab, verschieben wir die Rätselstunde auf morgen.“
„Wieso, was ist denn?“ wollte Pierre wissen.
„Naja die beiden haben ein ernstes Gespräch und ich denke, daß wir sie heut Abend nicht mehr zu Gesicht bekommen werden“, sagte Tommy.
„Also gut, brechen wir ab. Wenn ich ehrlich bin, könnte ich eine Runde Schlaf gebrauchen, ich bin so müde“, meinte Pierre.
Marc stand auf.
„Ich schließe mich dir an Pierre. Ich gehe auch zu Bett. War ja ein richtig aufregender Tag heute.“
Pierre gab Tommy noch ein Kuss und verließ mit Marc das Zimmer. Tommy löschte sämtliche Lichter und folgte ihnen.
* *
Vor Pierres Tür blieb Tommy stehen und klopfte. Schon fast ausgezogen, öffnete Piere seine Tür.
„Ich weiß, das du müde bist. Aber dürfte ich noch ein wenig zu dir rein kommen, ich hätte dir gerne was gesagt.“
„Für dich Tommy, nehme ich mir gerne Zeit, daß weißt du doch, auch wenn ich grade Hundemüde bin, komm rein!“
Beide setzen sich auf das Bett von Pierre.
„Ich …wollte dir eigentlich nur sagen, daß ich mich entschieden habe. Ich möchte wieder mit dir zusammen sein.“
Pierre begann zu lächeln.
„Ist dir das jetzt so schwer gefallen. Wenn ich ehrlich bin, warte ich schon seit drei Jahren auf diesen Satz. Ich bin so überglücklich und Tommy…“
Eine kleine Pause entstand.
„Ich liebe dich Tommy!“
Tommy fiel Pierre um den Hals und zog ihn ganz fest an sich.
„Und wie soll unser gemeinsames Glück in der Zukunft aussehen?“, fragte Pierre.
„Wenn du willst nehmen wir uns eine gemeinsame größere Wohnung.“
„Nein Tommy, das will ich nicht, in deiner Wohnung fühle ich mich so wohl, wenn es dir nichts ausmacht möchte ich zu dir ziehen. Du hast ja schon mal den Gedanken gehegt umzubauen, da könntest du die Speicherkammer hinter deinem Schlafzimmer ausbauen, was hältst du von dem Gedanken?“
„Auf die Idee hätte ich selber kommen können. Wäre ein tolles Schrankzimmer für unser Klamotten und all die anderen Dinge die wir so haben. Wenn wir zurück kommen werde ich gleich den Architekten anrufen, das es so schnell wie möglich umgesetzt wird.“
„Mein Tommy ist am planen. Wenn du jetzt deine Augen sehen könntest, dieses strahlende Blau.“
„Das ist alleine dein Verdienst Pierre.“
„Und du bist dir wirklich sicher, daß ich zu dir ziehen soll?“
„Ja Pierre, so sicher wie noch nie in meinem Leben. Ich will dich bei mir haben, für dich da sein. Will deine Gegenwart spüren, dich spüren. Anders möchte ich jetzt nicht weiterleben. Sonst geh ich den Bach runter, wie du es schon so treffend bemerkt hast. Ich brauche dich Pierre.“
„Ich brauche dich auch Tommy, wollte nie mein Leben ohne dich führen. Meine Liebe zu dir ist in all den Jahren nur noch stärker geworden. Das ist der Grund, warum ich es so lange ausgehalten habe und ich auf diesen Augenblick warten konnte ohne verrückt zu werden.“
Tommy strich Pierre zärtlich über die Wange und zog ihn für einen Kuss zu sich.
„Ich liebe dich auch Pierre, lass mich bitte nie wieder alleine.“
„So schnell wirst du mich jetzt nicht mehr los. Das schwöre ich dir!“
„Wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich morgen Abend einwenig mit den anderen zusammen feiern.
„Nein, habe ich nichts dagegen. Ich denke Christin wird sich freuen uns wieder vereint zu sehen.“
„Das denke ich auch. Und was machen wir mit Marc?“
Pierre sah Tommy fragend an.
„Wie, was machen wir mit Marc.“
„Vielleicht ist dir entgangen, daß der Junge binnen kürzester Zeit, sich in dich verknallt hat.“
„Ach Gottchen, nicht das noch. Ich will ihm doch nicht das Herz brechen.“
„Musst du aber, dein Herz gehört jemandem anderen.“
„Ich weiß es gehört alleine dir!“
„Du, da fällt mir was ein. Deine Wohnung wird doch frei, du könntest ihm sie doch vermieten. Das er weiterhin Lust hat, hier als Stallbursche zu arbeiten, kann ich mir nicht vorstellen. Der Junge war beim Fotografieren so mit Herz und Seele dabei, er ist ein richtiges Naturtalent.“
„Du hast recht, so werden wir es machen, wir haben ja eh gesagt, wir wollen uns um ihn kümmern, da haben wir in London, wenn er in unserer Nähe Wohnt die besten Möglichkeiten dazu. Ich finde, wir sollten ihm den Vorschlag morgen unterbreiten. Ich weiß ja nicht mal, ob er damit einverstanden ist.“
„Da mach ich mir keine Sorgen darüber, bei so einem verlockenden Angebot kann keiner nein sagen.“
„Da muss ich dir recht geben.“
„So lieber Pierre, jetzt kannst du dich hinlegen, ich gehe dann in mein Zimmer.“
„Du Tommy?“
„Ja, was ist ?“
„Bleibe hier, mein Bett ist groß genug für zwei.“
Tommy mittlerweile aufgestanden.
„Wenn du meinst, dann bleibe ich gerne.“
Und Pierre zog Tommy an seiner Gürtelschnalle zu sich aufs Bett.
* *
Zur gleichen Zeit bei Christin und ihrer Mutter.
„Mutter, erzähl mir von Vater, nicht so wie ich ihn kenne sondern vor meiner Zeit. Wie hast du ihn kennengelernt, daß hast du mir all die Jahre nicht erzählt.“
„Oh ist das lange her. Dein Vater war damals schon ein stattlicher Mann, alle sagten wen den mal kriegte, hatte Glück.“
„Die Glückliche warst du!“
„Ja, aber nicht gleich von Anfang an. Es war eines dieser tollen Herbstfeste, die wie jedes Jahr nach der Ernte gefeiert wurden. Entweder es fand direkt in Ballater auf dem großen Platz statt, oder es wurde hier auf dem Grundstück im Park gefeiert, es war das größte gesellschaftliche Ereignis hier.“
„Und da hast du Vater dann kennengelernt?“
„Ja und nein, aber jetzt langsam, alles der Reihe nach. Also wenn die Ballater – Brüder das Fest veranstalteten, wusste vorher niemand, was es geben würde. Dieses Jahr war es dann ein riesiges Kettenkarussell, daß die Brüder gemietet hatten. Es waren auch Verwandte aus der Grafschaft Caithness da, und eine Cousine war ständig mit deinem Vater zusammen. Niemand wusste ob Charles und Mayfloor nun zusammen waren, oder gar verlobt.“
Christin legte das Album zur Seite und lauschte den Worten ihrer Mutter.
„Bis mir das Missgeschick mit dem Essen passierte. Ich war zu den Stallungen gegangen, wo das Zelt mit den Speisen stand. Es war ein riesiges Buffet, mit allem was ein Herz begehrt. Ich nahm mir also einen Teller, und lud mir den Teller randvoll.“
„Heute bist du aber bescheidener“, meinte Christin und lächelte.
„Ja und mit dem Teller und einem Glas Bowle drehte ich mich dann Richtung Ausgang, und dabei stieß ich mit deinem Vater zusammen. Das Essen klatsche an seinen Tweedanzug und fiel auf den Boden und seinen Schuhen. Ich sah hoch errötet in seine tiefbraune Augen, die durch seine wildes, volles Haar fast verdeckt wurden.“
„Was hat er denn gesagt?“
„Gar nichts. Er fing einfach an zu lachen. Ich stand völlig beschämt vor ihm und er hatte nichts besseres zu tun, als lauthals zu lachen. Ich war im ersten Augenblick wie vor den Kopf gestoßen und wusste nicht, was ich sagen wollte. Er meinte darauf ich solle nicht so belämmert schauen, daß könne ja jedem mal passieren.“
Christin musste jetzt ebenfalls lachen, als sie sich diese bildlich vorstellte.
„Er sagte er ziehe sich schnell um, aber ich solle hier auf ihn warten. Die Dienerschaft hatte die Spuren meines Malheurs schnell beseitigt und als er wieder kam konnte man nichts mehr davon mehr sehen.
>So junge Dame sie schulden mir eine Fahrt mit dem Karussell und einen Tanz< sagte er zu mir. Ohne zu antworten ließ ich mich, von ihm aus dem Zelt führen. Ich mußte ihm dauernd in seine Augen schauen, ich war so damit vertieft, daß ich alles um mich herum vergaß. Auf dem Karussell hielt er dann, die ganze Zeit die Hand. Und aus dem Tanz wurden unendlich viele, denn er tanzte mit mir die ganze Nacht, bis die Musiker ihre Instrumente einpacken.“
„Da wäre ich gerne dabei gewesen, Mutter.“
„Glaube ich dir, er brachte mich dann noch nach Hause, wie es sich für einen Gentleman seines gleichen gehörte. Und an der Tür gaben wir uns dann den ersten Kuss. Dann verließ er mich wieder.“
„Ist das romantisch Mutter, daß war Liebe auf den ersten Blick. Das müsste mir auch passieren.“
„Von da ab trafen wir uns jeden Tag, bis wir dann ein Jahr später heirateten. Es folgten die schönsten Jahre meines Lebens, den ich fühlte mich auf dem Anwesen, wie eine Prinzessin. Dein Vater las mir jeden Wunsch von den Augen ab und unser größtes Glück war, als du dann geboren wurdest. Du warst Vaters ganzer Stolz.“
Nach diesen Erzählten wurden Margreth Augen wieder feucht und kleine Tränen rannen an den Wangen hinunter.
„Wir sind doch von blauem Geblüt, hatte Vater eigentlich eine Rangfolge auf den Thron des englischen Königshauses?“
„Ja er kam an siebenundfünfzigster Stelle der Thronfolge.“
Ein lauter Schrei unterbrach ihre Unterhaltung, ein dumpfer Knall folgte. Christin rannte zur Tür und riss sie auf. In der Eingangshalle war es dunkel.
Sie suchte vorsichtig den Lichtschalter an der Wand. Das Licht flammte auf und sie sah Marc vor der offenen Bibliothekstür auf dem Boden liegen. Sie rannte zu ihm, und kniete neben ihm nieder. Blut rann aus einer Wunde an seinem Kopf.
Mittlerweile war Margreth und auch der Rest des Hauses, die ebenfalls durch den Krach aufmerksam wurden, herbei gelaufen.
„Kann mal jemand einen Arzt rufen“, sagte Christin und versuchte die stark blutende Wunde mit ihrer Hand zu zuhalten.
„Gibt es hier denn keinen Verbandkoffer?“, fragte Tommy, der nur mit einer Unterhose und einem geöffneten Hemd dastand.
Christin entglitt ein kurzes Lächeln und schaute Tommy fragend an. Dieser zuckte nur mit den Schultern und kniete sich ebenfalls neben Marc auf den Boden.
„Marc kannst du mich hören, so sag doch was Marc!“
Inzwischen kam Bob, mit einem kleinen Kästchen angerannt und reichte es Tommy.
„Ich habe Doc Harverst angerufen, er ist bereits unterwegs zu uns“, sagte Madge völlig außer Atem.
Tommy versuchte die Blutung mit einer Menge Mull zu stoppen.
„Pierre presse du bitte deine Hand darauf, Christin ist schon ganz weiß im Gesicht. Könnte mir mal jemand ein Kissen und eine Decke holen, dieser Boden ist nicht gerade sehr warm“, rief Tommy.
Und wieder verschwand Bob. Da kam Marc zu sich, der sich mit Stöhnen bemerkbar machte.
„Marc ganz ruhig, nicht bewegen. Weißt du was passiert ist?“, fragte Tommy und drückte Marc vorsichtig auf den Boden zurück, der versuchte auf zustehen.
Bob kam mit der verlangten Decke und dem Kissen. Christin half Tommy, Marc das Kissen vorsichtig unter den Kopf zu legen und Margreth deckte in mit der Decke zu.
„He Leute, was ist den los, warum behandelt ihr mich wie ein kleines Kind?“
„Du blutest stark am Kopf Marc,“ sagte Christin und erst jetzt sah Marc, dass Christins Pullover und Hände mit Blut verschmiert waren.
An der Tür klopfte es, und nachdem Bob sie öffnete, trat ein älterer Herr mit einem Köfferchen herein.
„Oh Doc Harverst, danke daß sie so schnell gekommen, hier auf dem Boden liegt der junge Mann.“
„Ja Madge…. oh Margreth du hier?“
„Ja ich bin es, aber bitte Bill kümmere dich erst um Marc.“
Doc Harverst sah sich die Wunde an.
„Na noch einmal Glück gehabt, genäht muß es nicht werden, aber ich denke sie werden noch ein paar Tage Kopfschmerzen haben.“
Er legte Marc einen Pressverband an und gemeinsam mit Tommy half er ihm auf. Etwas zittrig auf den Beinen führten sie ihn in den Livingroom.
„So junger Mann jetzt erzählen sie mal, was ihnen da passiert ist.“
„Also,“ Marc hob sich den Kopf, „ich hatte noch Durst und lief noch in die Küche, da sah ich, daß die Tür der Bibliothek offen stand und hörte ein Geräusch. Als ich eintreten wollte, wurde ich über den Haufen gerannt und spürte nur noch einen Schlag auf meinen Kopf. An danach kann ich mich nicht mehr erinnern.“
„Das muss wohl dieser Briefbeschwerer vom Schreibtisch gewesen sein,“ sagte Pierre der eben eintrat und eine Kugel in der Hand hielt.
Tommy schaute Christin an.
„Komm wir schauen mal, ob etwas fehlt.“
Christin machte das Licht an und traute ihren Augen nicht. Sämtliche Unterlagen waren auf dem Boden verstreut. Tommy wollte sie gerade aufheben, als ihn Christin daran hinderte.
„Sollen wir nicht vielleicht die Polizei rufen?“
„Meinst du wirklich, fehlt doch anscheinend nichts“, meinte Tommy.
„Doch die Pergamentrollen, ich kann keine davon sehen“, sagte Christin.
„Also gut, dann rufe die Polizei an und ich werde mich anziehen und mit Pierre draußen mich ein wenig umschauen.“
„Ich denke, dass brauchst du nicht Tommy, der, der das hier angerichtet hat, ist schon längst über alle Berge. Aber mit dem Anziehen fände ich ein gute Idee, würde mich nicht wundern, wenn die Polizei später komisch schauen würde, wenn zwei so gutaussehende junge Männer fast nackt vor ihnen stehen würden. Bei euch beiden alles okay?“
„Ja ist es.“
Und zum erstenmal sah Christin, der zufriedenen Gesichtsausdruck bei Tommy, den sie so sehr vermisst hatte.
Die Polizei nahm alles ins Protokoll und verabschiedete sich. Doc Harverst und Margreth hatte sich es in den Sesseln vor dem Kamin bequem gemacht.
„Warum hast du dich in all den Jahren nicht bei mir gemeldet?“
„Ich wollte nicht, ich habe eigentlich mir hier und allem vor langem abgeschlossen. Ich wusste nicht, daß ich noch mal hierher kommen würde, aber das Schicksal hat es anscheinend gut gemeint.“
„Ja hat es, mich hat es schwer getroffen, als ich damals von der Geschichte hörte, aber bevor ich reagieren konnte, wart ihr schon fort. Ist die junge Frau, deine Tochter Christin?“
„Ja ist sie.“
„Ist ja ein richtige Schönheit geworden.“
„Das nutzt sie auch in ihrem Beruf aus, sie ist Fotomodell“, sagte Margreth stolz.
„Ich kann mich nich genau m sie erinnern, als ich sie auf die Welt geholt habe, wie stolz Charles war und sie überall herum trug und jedem zeigte.“
„Ja Charles war sehr stolz auf die kleine, und er wäre es heute immer noch wenn er noch leben würde.“
„Es ist spät, ich werde jetzt gehen, darf ich dich besuchen?“
„Aber natürlich, wann immer du willst.“
„Werde jetzt noch mal nach dem Patienten sehen und dann verschwinden.“
„So junger Mann, ich denke sie sollten sich jetzt ins Bett legen, die zwei Herren können sie ja dorthin begleiten.“
Tommy und Pierre schauten sich verdutzt an.
„Nicht damit sie uns noch irgendwo umfallen.“
Marc versuchte aufzustehen, aber im sackten die Füße weg. Tommy und Pierre griffen unter und halfen ihm unter. Christin sah entsetzt an sich herunter.
„Hoffentlich kriege ich das wieder raus, Mutter.“
„Jetzt gehe erst mal duschen und ich bringe Bill noch zur Tür.“
„Na dann wird ich mal in mein Zimmer gehen, auf Wiedersehen Mister Harverst, leider kann ich ihnen keine Hand geben, wie sie ja sehen.“
„Schon gut Christin.“
„Sie kennen mich?“
„Er hat dich auf die Welt gebracht Christin.“
„So lernt man die Leute kennen.“
Christin nickte Bill noch einmal zu und verließ das Zimmer.
* *
Die drei Herren waren bereits in Marcs Zimmer angelangt.
„Was meinst du sollen wir ihn gleich für das Bett fertig machen, Tommy?“
„Ich weiß nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er das alleine kann, so wie der herum taumelt.“
Marc anscheinend wieder ein bisschen klarer, räusperte sich.
„Ihr wollt mich doch jetzt nicht etwa alleine lassen?“
Pierre sah Tommy verwundert an.
„Was machen wir jetzt, ich will nicht hier in dem kleinen Zimmer übernachten, etwa du?“
„Nein, ich bestimmt auch nicht,“ meinte Tommy und sah zu Marc, der wie ein Betrunkener auf dem Bett lag.
„Ich habe das größte Bett im Zimmer Pierre, also bringen wir ihn zu mir.“
„Und was wird aus mir, ich möchte auch nicht gerne alleine schlafen“, sagte Pierre mit seinem bekannten Grinsen.
„Ich sagte ja, ich habe das größte Bett von uns.“
„Zu dritt? Das könnte interessant werden.“
Nun fingen beide an zu lachen, sie hoben Marc aus seinem Bett, und führten ihn vorsichtig zu Tommys Zimmer. Ab und zu gab er ein Stöhnen von sich, aber er konnte weitgehend fast alleine laufen. Im Zimmer angekommen lies er sich gleich auf das Bett fallen. Piere machte sich daran seine Schuhe auszuziehen. Tommy öffnete die Hose und Pierre zog sie nach unten aus.
Marcs gut behaarte Beine kamen zu Vorschein und Tommy und Pierre lächelten sich an.
„Hast du dir eigentlich schon mal Gedanken über eine WG Gedanken gemacht Tommy.“
„Ich genüge dir wohl nicht mehr du kleiner Schuft“, sagte Tommy und stürzte sich auf Pierre und begann ihn zu kitzeln.
Pierre fing an zu lachen, und versuchte sich aus dieser Lage zu befreien. Da verloren beide das Gleichgewicht und beide fielen zu Boden. Pierre lag auf Tommys Brust, die er auch gleich mit Küssen zu liebkosen begann.
Tommy schloß die Augen, und atmete tief durch. Er spürte Pierres Wärme auf sich, er spürte Pierre auf sich! Er war glücklich, und vor allem ein unendliches Wohlbehagen breitete sich in seinem Körper aus.
„He nicht einschlafen“, sagte Pierre und biss im in die Brustwarze.
„Aua, dir gebe ich`s wart`s nur ab.“
Tommy setzte sich auf Pierre und begann ihn wieder überall zu kitzeln. Pierre wand sich unter Tommy, aber er hatte keinerlei Chance sich zu befreien.
„Hör auf….hör endlich auf, ich kann nicht mehr“, presste Pierre unter lachen heraus.
„Wenn du wieder brav bist, überlege ich mir das noch mal.“
Pierre packte Tommy am Nacken und zog ihn zu sich herunter, ihre Lippen berührten sich und sie verloren sich in einen unendlichen Kuss.
„Also wenn man euch beiden so zuschaut, kann man richtig neidisch werden.“
Das war Marc, er hatte sich ein bisschen aufgerichtet und den beiden zugeschaut.
„Also wenn ich mal auch jemanden finde möchte ich auch so geliebt und lieben wir ihr beide. Man sieht es euch förmlich an, wie sehr ihr euch liebt.“
Tommy schaute liebevoll Pierre an
„Das war bisher nicht immer so Marc. Für so eine Liebe muß man auch kämpfen, entbehren und tolerieren. Du musst den anderen so akzeptieren, wie er ist und darfst nichts an ihm ändern wollen. Viele Gespräche führen, damit keine Missverständnisse entstehen und vor allem gemeinsame Dinge machen und dem anderen trotzdem genug Freiraum lassen. So kann eine langfristige Beziehung entstehen und erhalten werden, es ist also richtige Arbeit.“
Auch Pierre war ganz fasziniert Tommys Worten gefolgt, und war erstaunt, daß sein Freund dies nun gerade gesagt hatte.
„Das ist eine ganze Menge, die man da beachten muß, aber wenn es hilft eine Liebe zu erhalten, dann bin ich alles bereit zu tun“, meinte Marc.
Pierre mischte sich ein.
„Marc vergiss aber nicht, das gilt auch immer für die andere Seite nicht nur für dich selbst“, sagte er und warf Tommy einen flüchtigen Blick zu und schaute zu Boden. Tommy war einwenig beschämt, weil er bemerkte, daß er sich damals nicht an diese Richtlinien gehalten hatte und somit Mitschuld an der ersten Trennung trug.
Er nahm Pierre erneut in den Arm.
„Lieber Pierre ich schwöre dir hier und heute feierlich vor Zeugen, daß ich dich lieben und ehren werde, für dich immer da sein werde, wann immer du mich brauchst. Auf deine Belange achten und dir immer zuhören werde, wann immer du mir etwas zusagen hast. Ich werde dich schützen vor Habgier, Neid und Eifersucht und treu sein mein Leben lang.“
Eine kurze Stille breitete sich aus und nur das Knistern des Feuers war zuhören.
Kleine Tränen liefen über die Wangen von Pierre.
„Das war wohl die schönste Liebeserklärung, die ich je gehört habe“, und drückte Tommy fest an sich.
„Hat mal jemand ein Taschentuch für mich, denn so viel Rührseligkeit ertrag nicht mal ich“, sagte Marc und wischte sich die Tränen aus den Augen.
.
* *
Marc hatte einen Brummschädel, als hätte er die Nacht durch getrunken. Er war aufgestanden, weil er nicht mehr liegen konnte, der Schmerzen wegen. Tommy und Pierre schlummerten noch fest und lagen eng umarmt noch im Bett.
Beide hatten ein Lächeln auf den Gesichtern. Marc zog sich vorsichtig an und verließ leise das Zimmer. Er lief die Treppe hinunter in sein Zimmer um duschen zu gehen. Konnte er das überhaupt? Er mußte sich ja nicht die Haare waschen.
Er zog sich aus und stellte sich unter die Dusche. Er drehte das Wasser auf, und es ergoss sich der heiße Strahl über seinen Körper. Wie gut das tut, dachte Marc und beschloss ein wenig länger unter der Dusche stehen zu bleiben.
„Guten Morgen Kleiner“, meinte Tommy und strich Pierre zärtlich über das Gesicht.
Pierre öffnete seine Augen.
„Zwicke mich, denn ich träum wohl noch.“
„Warum?“
„Weil wohl der geilste Typ in meinen Arm liegt den ich mir wünschen kann.“
„Auf deiner Brust schläft es sich auch gut.“
Pierre richtete sich auf.
„Wo ist denn unser Gast?“
„Der hat sich vor einer viertel Stunde angezogen und hat sich aus unserem Zimmer geschlichen.“
„Unserem? Soll das heißen ich soll zu dir rüber ziehen?“
„Wenn du nichts dagegen hast, wär mir das schon recht, weil ich auf deine Nähe nicht mehr verzichten will.“
„Natürlich bin ich einverstanden, aber meine Sachen lasse ich drüben, sonst wird’s hier zu eng.“
Tommy lachte. Sie standen auf und gingen beide gleichzeitig ins Bad.
„Geh wir zusammen duschen?“
„Baden wäre mir jetzt mit dir lieber, aber wir wollen ja pünktlich beim Frühstück sein“, sagte Tommy und drehte das Wasser an. Marc war inzwischen noch einwenig nackt auf seinem Bett gelegen, weil er sich nicht gleich anziehen wollte nach dem Duschen. Er dachte über die beiden da oben nach. Wie gerne hätte er auf so eine Freundschaft, so geliebt zu werden, daß war sein Traum.
* *
„Reichst du mir mal bitte die Marmelade, Tommy?“
Tommy hob die Schale zu Christin. Die Tür ging auf und Marc kam herein.
„Na wie geht es dir?“, Margreth war auf gestanden und tastete vorsichtig am Verband.
„Ich fühle mich als hätte ein Elefant, Walzer auf mir getanzt.“
„Ja Bill…Doc Harverst meinte, du wirst noch ein paar Tage Kopfschmerzen haben. Aber nun setze dich erst mal und iss was, danach geht es dir bestimmt besser.
Marc setzte sich zwischen Tommy und Pierre und wunderte sich, daß der Stuhl frei war. „Ähm Marc, Tommy und ich hätten dir ein Angebot zu machen. Da wir wissen wie sehr dir das Spass gemacht hat, daß mit dem Modeln, haben wir uns überlegt ob du nicht auf die Modellschule in London gehen willst? Marc sah Tommy entgeistert an.
„Aber wie soll ich mir das leisten, ich habe nicht viel Geld und London ist sicher teuer. Eine Wohnung die Schule, nein das kann ich nicht. Pierre wandte sich ihm zu.“
„Auch darüber haben wir uns Gedanken gemacht, Marc. Wie du weißt ziehe ich zu Tommy und da wir meine Wohnung wird dann frei. Da kannst du wohnen solange du willst. Und wegen der Schule brauchst du dich nicht zu sorgen. Tommy und ich haben beschlossen dich zu fördern und dir die zwei Jahre zu zahlen.“
Marc saß total geistesabwesend da.
„Man ist das ein Angebot Pierre. Und übrigens Tommy, herzliche Glückwunsch zur neuen Liebe!“, sagte Christin, stand auf und umarmte die beiden.
„Das würdet ihr wirklich für mich tun“, sagte Marc noch total durch den Wind.
Tommy legte seine Hand auf Marcs Schulter.
„Weißt du Pierre und ich haben erkannt, was für ein Potential in dir steckt, du bist ein richtiges Naturtalent. Aber ohne Modellschule geht es nun mal nicht, das ist wie eine Visitenkarte. Und ich möchte ja schließlich auch später weiterhin Fotos von dir machen.“
Marc wusste nicht ob er jetzt los heulen soll, oder laut lachen.
„Das verlangt nach einem Glas Champagner“, sagte Margreth und zog an der Glocke.
Nach wenigen Sekunden kam Bob herein.
„Sie wünschen?“
„Bob könnten sie vielleicht uns bitte einen Champagner bringen wir haben etwas zu feiern.“
* *
Tommy stand an den Stallungen und prüfte das Lichtverhältnis. Vor diesem alten Gemäuer ließen sich sicher auch gute Motive finden.
Und dann hatte er, ja auch noch den großen Kasten. Das Herrenhaus aus dem achtzehnten Jahrhundert, wirkte nicht so schwer und klotzig, wie man es von den Häusern seiner Art gewohnt war. Die hellen Farben der Fenster die teilweise fast ganz von grünem Efeu umwachsen waren.
Die Fassade war ein paar Farbnuancen dunkler als das Holz der Fenster und Türen und an den Rändern mit gleichfarbigen Backsteinen abgesetzt. Das Dach hatte schon lange sein kräftiges Rot verloren, da es durch die Witterung stark verblasst und mit Moos überzogen war.
„Wie soll dich Tommy denn fotografieren, solange du den Verband am Kopf hast geht das nicht.“
„Beruhige dich Pierre, dafür habe ich schon eine Lösung gefunden. Ich habe für Marc verschieden Mützen und Hüte bereit gelegt, irgendwie wird das schon gehen. So hört zu, wenn Bob alle Sachen heraus getragen hat, können wir anfangen.“
Tommy drehte sich um und zeigte Richtung Stallungen.
„Da drüben beim Rang Rover habe ich die Kleiderbox aufgestellt, da könnt ihr euch umziehen. Heute mache ich ausschließlich Fotos mit sportlichen Freizeitlook von euch, und außerdem probiere ich etwas Neues. Ich möchte alle Einstellungen mit euch zusammen machen, also alle vier werden zu sehen sein. Ich denke ihr könnt nun euer erstes Outfit anziehen. Für dich Pierre habe ich die dunkelbraune Cordhose raus gesucht, zieh dazu den hellen Trojerpullover an.“
„Dazu passen die Schnurboots recht gut“, meinte Pierre, „und was für eine Jacke hast du mir zugedacht?“
„Diese braune Lederfliegerjacke mit Webpelzbesatz, das bringt auch deine dunklen Augen zur Geltung.“
Pierre nahm die Sachen und begann sich in der Kleiderbox umzuziehen.
„So Marc du bist dran, man könnte meinen, die in Paris wussten was du für einen Beruf du hier ausübst.“
„Wieso, die kennen mich doch gar nicht.“
„Schau mal, sieht doch aus wie ein Reiterlook.“
Tommy hob eine hellbraune Cordjacke in den Händen, dazu passend ein Karohemd, dessen Rücken und Ärmel aus Cord bestanden und eine schmal geschnittene, schwarze Hose dazu.
„So und oben drauf ziehst du diese Mütze auf.“
Tommy zog vorsichtig die Mütze zurecht und versuchte dabei den verband völlig verschwinden zulassen, was ihm natürlich auch gelang.
„Was mir grad einfällt, jetzt sind wir schon vier Tage hier und ich bin noch kein einziges mal ausgeritten.“
„Wenn ihr alle Lust habt, können wir das ja heute Mittag nachholen, ich weiße meinen Kollegen an, die Pferde für nach her zu satteln.“
„Das wäre toll Marc, ich habe das schon lange nicht mehr gemacht.“
Margreth stand ein wenig beklommen da und dachte und ich noch nie.
„Mist ist in dieser Hose Schurwolle drin?,“ wollte Marc wissen, der seine Klamotten schon anhatte.
„Kann sein Marc, ist dir das unangenehm?“
„Ja schon es juckt halt.“
Pierre kam aus der Kleiderbox.
„Daran wirst du dich gewöhnen müssen. Manche Firmen nehmen Materialien, die sich nicht grad mit jedem Hauttyp vertragen. Ist nun mal so, hast das Zeug ja nicht ewig an.“
„Und was hat der Herr edles für uns raus gesucht?“, fragte Christin.
„Abwarten, für dich Margreth habe ich diesen Kurzarmpullover mit Rauten-Muster und dazu passend einen Cardigan. Und für drunter ziehst du bitte diese hochgeschnittene, beige Hose an. Wenn du willst kannst du die farblich abgestimmten Kurz-Stiefeletten anziehen oder diese schwarzen Halbschnürschuhe, kannst du dir dann selber aussuchen. So hier bitte schön.“
Margreth schaute nur noch erstaunt, aber folgte Tommys Anweisungen.
„So jetzt zu dir Christin, ich möchte das du diese Boucle‘ – Kombination anziehst. Drunter das bordeauxfarbene Rollkrageshirt und dazu passend diese Pumps in Farbe schwarz-bordeaux.“
Bob hatte inzwischen einen kleine Bistrotisch mit zwei Stühlen vor der Treppe des Eingangs aufgestellt. Tommy montierte noch zusätzliche Scheinwerfer, weil er mit dem Licht und dem Schattenwurf nicht zufrieden war.
Die zwei Damen setzten sich die Herren stellten sich dahinter. Aus verschiedenen Perspektiven fotografierte Tommy nun die Vier. Danach schickte er Christin und ihre Mutter zum umziehen.
Sie sollten sich dann drinnen am geöffneten Bibliotheksfenster positionieren. Marc und Pierre lehnte sich davor an die Hausmauer.
„Ich finde wir sollten mit der Suche weitermachen Tommy,“ meinte Christin, die sich gerade gegen den Fensterrahmen lehnte und ihr Haar zurückstreifte.
„Du willst weitermachen, obwohl die Polizei gesagt hat, ihr sollt die Finger davon lassen?“
„Ja Mutter, schon alleine deshalb, weil hier im Haus jemand herum läuft, der alles ausgeplaudert und da draußen einen Kumpanen hat.“
„Stimmt, und du hast uns noch nicht erzählt, was auf dem sechsten Pergament stand oder hast du es noch nicht übersetzt?“, fragte Tommy und begann wieder Bilder zu schießen.
„Ja unterhaltet euch weiter, das kommt gut auf den Bildern.“
„Doch ich habe es übersetzt, und als wir das Wort Stone heraus bekommen haben, fiel mir dieses Papier auch gleich wieder ein.“
Pierre schaute zu Christin hinauf.
„Hat das einen bestimmten Grund, oder nur so…?“
„Ja hat es, auf diesem Schriftstück erscheint des öfteren der Titel „Stein des Vergangenen“, und nach dem Wort Stone muß es ja etwas miteinander zu tun haben, oder?“
„Man, gibt das super Bilder, redet weiter“, und Tommy kniete vor ihnen, um ein paar Bilder von unten zumachen.
„Stein des Vergangenen, wusste gar nicht das wir eine Steinesammlung im Haus haben.“
„Haben wir auch nicht Marc, dass muss etwas anderes bedeuten“, sagte Margreth und überlegte fieberhaft über diese Bedeutung nach.
Tommy wechselte einen neuen Film ein, „solange wir nicht den Sinn von Stone und Steine des Vergangenen nicht wissen kommen wir nicht weiter. Ich mach jetzt jedenfalls Schluss, denn ich hab mächtig Hunger bekommen, seit mir der Geruch aus der Küche in die Nase gestiegen ist.“
„Stimmt, Madge ist eine super Köchin, wenn ich so weiter mache nehme ich doch noch zu“, sagte Pierre.
„Hast du doch schon Pierre“, sagte Marc und alle fingen an zu kichern.
„Ist ja schlimmer, als im Hühnerstall bei euch“, meinte Pierre und sammelte seine Sachen ein.
„Ich komm gleich nach“, sagte Marc, „ich sage nur noch kurz Georg Bescheid, wegen den Pferden.“
„Ja tu das, wir treffen uns dann drinnen, ich räume mit Pierre und Christin noch etwas auf.“
Marc bog um die Ecke des alten Hauses und sah wie der Sohn des alten Gärtners in sein Auto stieg und eiligst davon brauste. Er machte sich nicht weiter Gedanken darüber und ging in den Stall.
* *
Madge trug gerade die Suppe auf, als Marc herein stürmte.
„Sorry, aber Georg wusste nicht wem er welches Pferd geben sollte, da mußte ich ein wenig behilflich sein.“
„Das ist kein Grund hier so rein zu stürmen, setz dich und iss jetzt“, sagte Madge ein wenig empört.
Ihr war es nicht recht das der junge Marc mit den Herrschaften an einem Tisch saß. Aber es war der Wunsch des Fotografen gewesen. Und den Wünschen von Christins Gästen hatte auch sie sich zu fügen. Pierre und Christin mussten einwenig grinsen.
Marc legte einen unschuldigen Blick auf, und zuckte mit der Schulter.
„Was für ein Pferd bekomme ich denn?“, fragte Pierre um die Unterhaltung wieder fortzusetzen.
„Einen schwarzen Araber, wild und ungestüm.“
„So wie du“, hauchte Tommy zu Pierre und beide mussten grinsen.
Nach einem zweiten Stück Apfelkuchen schob auch Pierre den Teller von sich,
„Ich kann nicht mehr, noch etwas mehr und ich platzte. Aber der Kuchen schmeckt ja so gut.“
Margreth erhob sich von ihrem Stuhl.
„Ich werde Madge sagen, daß sie dir noch ein Stückchen aufheben soll, damit du nach unserem Ausritt noch etwas bekommst.“
* *
Tommy fühlte sich unwohl in den Reiterhosen, obwohl im Pierre versicherte er sähe richtig forsch in diesen Hosen aus. Ganz besonders drückte es ihm im Schritt und er war versucht es zu richten, doch sein guter Anstand verbot es ihm einfach dahin zulangen.
So zupfte ungeduldig er an der Hose herum, aber ohne merklichen Erfolg damit zu haben.
„Können wir dann los reiten?“, fragte Marc.
Georg half Christin und Margreth aufs Pferd. Langsam trabten alle zum hinteren Ausgang, denselben Weg, den auch Tommy bei seinem ersten Sparziergang genommen hat. Alle waren sehr ausgelassen, und genossen es in vollen Zügen.
Auf dem Pferd hatte man noch einen weitaus besseren Ausblick über das Heidemoorland, als man es zu Fuß hatte. Sie ritten auch an dem See mit dem Wasserfall vorbei und Pierre grinste Tommy zu. Pierre hatte mal wieder eine super Figur auf dem Sattel, es war eigentlich egal was oder wo er etwas machte, er sah immer hinreißend aus.
Tommy war glücklich, obwohl er dieses Glück noch nicht richtig fassen konnte. Die Angst, daß doch etwas sie trennen könnte, war noch zu groß. Er begnügte sich jedenfalls damit hinter Pierre her zureiten und ihn auf dem feurigen Araber zu beobachten.
Die Beiden schienen füreinander geschaffen zu sein, strahlten gemeinsam soviel Eleganz und Würde aus, aber auch Wildheit und Risikobereitschaft.
„Was sind denn das für Mauerreste da drüben?“, wollte Christin wissen.
Tommy ritt zu ihr gleich auf.
„Das ist der Friedhof deiner Urahnen, daß hat mir Emilio euer Gärtner vom Park erzählt.“
„Wusste gar nicht, daß es den gab und ich dachte alle wären auf dem Stadtfriedhof begraben“, meinte Margreth und blieb stehen.
„Komm Mutter lass und rüber reiten und uns in der Vergangenheit schnüffeln, mal sehen wer von uns ersten dort ist.“
Und schon gab Christin ihrer Stute die Sporen. Pierre und Marc ließen sich das nicht nehmen und setzten sofort nach. Nur Tommy und Margreth trabten gemächlich hinter her.
„Ach Tommy, ich bin so froh, daß ihr mitgekommen seid. Ich fühle mich richtig Wohl in eurer Gesellschaft, nur ab und zu seit ihr mich doch einwenig stürmisch für mein Alter.“
Tommy lächelte ihr zu gab aber keine Antwort. Zu sehr war er damit beschäftigt, Pierre zu beobachten.
„Du bist sehr in Pierre verliebt Tommy.“
Tommy wurde aus seinen Träumen gerissen und wurde rot.
„Ähm… ja.“
„Man sieht es ihm an,“ ihre Augen schauten Richtung Pierre.
„Wie glücklich er ist, aber du scheinst noch nicht so richtig überzeugt zusein.“
„Doch schon.“
„Aber? Was macht dich so unsicher, Tommy? Etwas besseres wie Pierre kann dir doch nicht passieren. Er ist so ein lieber netter Junge.“
„Margreth…., es fällt mir schwer darüber zu reden.“
„Wenn du nicht willst, ist es nicht schlimm.“
„Ist schon in Ordnung. Als ich mich vor drei Jahren von Pierre trennte, schwor ich mir, nie wieder eine Beziehung ein zugehen. Dieses auf und ab mit Pierre hat mich so aus der Reihe gebracht, daß ich nur noch ein nervliches Frack war. Ich bin danach erst mal drei Monate ins Ausland um Abstand zu gewinnen. Ich weiß nicht wie es mit Pierre werden wird, aber daß wir uns in den drei Jahren geändert haben, das ist gewiss. Ich habe nur Angst vor diesem Neuanfang, weil ich nicht so enden will, wie damals.“
„Tommy, wenn du genug Vertrauen zu Pierre hast, dann wird es auch in eurer Beziehung gut gehen. Du darfst nicht dauernd schwarz sehen, das ist Vergangenheit und wie du schon sagtest jetzt ist es ein Neuanfang. Du musst alles Vergangene zurück lassen, weiter leben und nicht in der Vergangenheit herum stochern. Tommy ich weiß wovon ich rede, habe das selbst erlebt, und ich bin damit kein bisschen weiter gekommen.“
„He ihr zwei, wollt ihr da Wurzeln schlagen, kommt endlich und schaut euch das hier an“, rief Christin und stieg von ihrem Pferd ab.
Tommy und Margreth lächelten sich an und ritten zu den Anderen. Sie stiegen ebenfalls von den Pferden und mühten sich über die zerfallene Randmauer.
„Ist schon komisch, hier steht kein Stein mehr, alle wurden umgeschmissen,“ sagte Christin, die zwischen den Grabsteinen umher streifte.
Tommy bückte sich und versuche einen Stein von den Überwucherrungen zu befreien, “ Kenny Ballater – Gestorben für seine Familie – Gott sei seiner Seele gnädig. Gestorben… das kann nicht ganz stimmen, da hat sich jemand vermeißelt, schaut mal. Gestorben von 1034-40.“
„Hier schaut, bei diesem Stein auch, Andrew Ballater Gestorben 1057-1286.“
Alle fingen an, die Steine zu befreien. Überall standen Jahreszahlen, auch einige, die wirklich das Todesdatum sein hätten können. Tommy fotografierte jeden Stein einzeln und dann noch den gesamten Platz soweit es noch Möglich war.
Schweigend machten sie sich auf den Rückweg zum Herrenhaus. Margreth durchbrach als erste die Stille.
„Ich denke ihr werdet den Abend sicher wieder in der Bibliothek verbringen, ich werde Madge an heißen, euch wieder Sandwichs zu richten.“
Die Pferde waren schnell versorgt. Alle zogen sich etwas bequemeres an.
„Tommy, weißt du wo mein grüner Pullover liegt, der mit den weißen Streifen?“
„Meinst du den hier?“
Tommy hob den Pullover hoch, der neben dem Stuhl auf dem Boden lag.
„Ja genau der, weiß gar nicht wie er da hin gekommen ist, hatte ihn doch in die Tasche zurückgelegt.“
Pierre ging auf Tommy zu und nahm den Pulli an sich. Tommy griff nach seiner Hand und zog ihn zu sich.
„Ich wollte dir nur noch mal sagen, wie sehr ich dich lieb hab Pierre.“
Pierre sah in die funkelnden Augen von Tommy und gab ihm einen Kuss.
„Will ja nichts sagen, aber das sollten wir vielleicht auf später vertagen, so schwer ich mich jetzt auch von dir trennen kann“, meinte Pierre und zog sich den Pulli über.
Beide liefen die Treppe hinunter und alberten dabei herum. Unten in der Bibliothek wurden sie von Marc und Christin schon erwartet.
„Tommy ich wäre dafür du entwickelst die Bilder, und ich schau mit den Jungs nach, ob wir Bücher finden, in denen wir etwas über die Jahreszahlen heraus finden.“
Tommy ging in seine Dunkelkammer und fing an die Negative zu entwickeln. Die drei anderen machten sich auf Suche nach den besagten Büchern.
„Das ist schwerer als ich dachte, alles voller Geschichte und nirgends eine Jahreszahl, wie sollen wir da weiterkommen“, sagte Pierre und stellte einen dicken Wälzer zurück.
„Wir sollten vielleicht mehr nach Biographien suchen“, meinte Marc.
Alle warteten auf Tommy, damit sie wenigstens die Jahreszahlen der Steine hatten, aber ohne Nachschlagewerk dafür, würde es ihnen ja eh nichts bringen. Also suchten sie weiter und merkten nicht wie Madge das Zimmer betrat und die Sandwichs brachte.
Auch das sie wieder ging nachdem sie das Tablett abgestellt hatte, wurde von den Dreien nicht registriert, so vertieft waren sie mit dem lesen der Bücher. Marc fiel fast von der Leiter, als plötzlich das Regal nachgab und nach innen weg schwang.
Aus dem so entstandenen Gang Margreth und Tommy kamen lachend heraus gelaufen.
„Und solche Geheimgänge gibt es im ganzen Haus.“
„Ja Tommy, aber ich kenne nicht mehr alle, dieser war mir nur noch in guter Erinnerung.“
Erst jetzt merkten die beiden, wie sie von den Anderen total schockiert angeschaut wurden. Christin legte ihr Buch ab.
„Könntet ihr euch vorher vielleicht bemerkbar machen, ohne uns so zu erschrecken.“
„Genau“, meinte Pierre, „ich hätt mir vor Schreck fast in die Hosen gemacht…“
„Jetzt rege dich nicht auf, Margreth hat mir von den Geheimgängen erzählt und ich fragte sie, ob sie mir einen zeigen könnte. Ich wusste doch nicht, daß wir in der Bibliothek raus kommen würden.“
„Ist ja auch jetzt egal Tommy, hast du die Bilder fertig?“, meinte Christin.
„Ja habe ich, sie sind sogar sehr gut geworden, man kann deutlich jeden Stein einzeln lesen. Hier schaut!“
Tommy verteilte die Bilder und Pierre versuchte an Hand der Platzbilder ein Skizze an zulegen
„Also, wenn man sich das alles zusammen nimmt, liegen dir in eine gewissen Reihenfolge.“
„Wie meinst du das?“, fragte Christin.
„Schau her Christin, wenn du dir das genau anschaust, stehen die in einer Reihe im Halbbogen.“
„Naja. versuchen wir erst mal die Bedeutung der Jahreszahlen heraus zu bekommen.“
„Kind komm doch mal her, ich hab hier etwas gefunden.“
Christin lief zu ihrer Mutter.
„Da steht was von Anna Stuart um 1707. Steht das irgendwo drauf?“
„Ja auf dem ersten Stein steht das, wenn ich nach meine Plan jedenfalls gehe“, meinte Pierre.
„Das habe ich dieser Buchreihe gefunden, schau mal in den anderen nach, vielleicht steht ja noch mehr drin.“
„Moment, ja hier 1057-1286 Cammore Dynastie“, sagte Margreth.
Tommy hatte alle Jahreszahlen abgeschrieben und lief die Empore hinauf um die Zahlen zu vergleichen.
Marc war dabei, das nächste Buch zu durchforsten.
„Ich hab hier etwas sogar zwei Zahlen 1531 – Jakob I und 1603- Jakob VII.“
„Das sind alles Zahlen von den Steinen, schreib es auf dem Plan Pierre.“
„Was für eine Jahreszahl hatte Jakob der I.?“, fragte Pierre.
„Moment, das war 1531“, kam es von Marc.
„Gut das wäre dann der neunte Stein, und der andere Jakob der zehnte Stein.“, meinte Pierre wiederum.
Christin nahm das nächste dicke Buch aus dem Regal.
„Die haben vielleicht eine Verwandtschaft, wenn es so viele Bände davon gibt. Da habe ich wieder eine Zahl 1034-1040 Duncun I.“
„Das wäre dann der achte Stein,““ meinte Pierre und zeichnete es auf seinem Plan ein.
„Hier steht was bei 1329-1371, das sind gleich zwei Namen Stuart der I. und Robert II.“, meinte Margreth freudestrahlend, da sie auch etwas gefunden hat.
Am Ende hatten sie sämtlichen Zahlen heraus bekommen.
„Also wenn ich jetzt alle Namen in Reihenfolge untereinander schreibe,“ Pierre schrieb eifrig die Namen auf, „..und was fällt euch auf?“
„Was soll uns auffallen“, meinte Tommy.
„Schaut euch doch mal die Anfangsbuchstaben an….“
Christin nahm sich das Blatt.
„M-A-C-B-R-E-S-D-J-J-, Mac Bresd JJ, wer soll das den sein?“, fragte sie.
„Also wenn es jemand von hier war, dann könnten wir Bill…ähh ich meine Doc Harverst fragen. Er betreibt in seiner Freizeit Historienkunde vom Ort, vielleicht kann er euch weiter helfen.“
„Woher kennst du diesen Bill Mutter?“, sagte Christin frech grinsend.
„Sei nicht so neugierig Christin, aber ich sehe schon, du gibst eh keine Ruhe, bevor ich dir das erzähle. Bill ist mein Jugendfreund, mit ihm war ich vor deinem Vater zusammen. Reicht diese Erklärung?“
„Reicht vollkommen Mutter“, meinte Christin und mußte lachen.
* *
Margreth hatte Bill am Abend eingeladen und ihm die Sachlage am Telefon erklärt. Er erzählte, er kenne den Namen irgendwo her und würde in seinen Bücher nachschauen. Danach wolle er sofort kommen.
Margreth kam wieder ins Zimmer.
„Bill wird gleich kommen, er kennt den Mann. Er will nur noch schnell, in seinen Unterlagen nachschauen. Er hat mir übrigens erzählt, daß die Polizei weiter im Dunkeln tappt, und nach Bills Rat, haben sie die alten Unterlagen von früher heraus geholt. Sie haben einen Hinweis gefunden, daß einer der damaligen Bande noch auf freien Fuß sein muß, er ist nach einer wilden Verfolgungsjagd entwischt. Sie wissen zwar nicht genau wie er aus sah, aber sein ungefähres Alter. Er mußte jetzt so um die fünfzig sein.“
„Na toll, reicht uns nicht dieses schwere Rätsel, müssen wir uns jetzt auch noch mit einem alten Ganoven herum schlagen“, ärgerte sich Pierre und lies sich in den Sessel fallen.
„Also der, der mich zusammen geschlagen hat, der war nicht alt, daß hätte ich gemerkt. So wie der mich von den Füßen gehauen hat, nein das war ein junger Typ, darauf könnte ich schwören“, meinte Marc und nahm sich ein Sandwich.
„Ich habe auch Hunger Kinder, komm wir essen was, bis Bill hier auftaucht.“
Alle nahmen etwas und suchten sich einen Platz, wo sie in Ruhe ihre Sandwichs essen konnten. Die Tür wurde geöffnet und Madge kam herein.
„Da komme ich ja gerade richtig, ich dachte mir, ich mache ein wenig Punsch, da es draußen doch recht kühl geworden ist.“
„Danke Madge, das ist lieb von dir. Ach ja ich wollte dir noch sagen, daß wir noch Doc Harverst erwarten, also wundere nicht wenn es an der Eingangstür läutet.“
Madge verließ das Zimmer.
„Um noch mal auf vorhin zurück zu kommen, das könnte schon noch ein Problem geben, das hier jemand herum schwirrt, der auf den Familienschatz aus ist. Und wenn wirklich hier im Haus jemand alles ausplaudert, dann müssen wir ganz schön acht geben, was wir hier sagen“, sagte Christin.
Tommy schaute aus dem Fenster und glaubte jemand durch den Garten rennen zu sehen. Aber bevor er noch mal richtig hinschaute war diese vermeintliche Person verschwunden.
Er drehte sich wieder zu den anderen aber äußerte sich nicht über das Gesehene.
„Wer arbeitet eigentlich hier alles im Haus genau?“
Margreth überlegte.
„Erst einmal Madge und ihre zwei Zimmermädchen Claire und Phillis, dann die zwei Diener Bob und Gilbert, Georg der Stallbursche und Marc“, sie lächelte zu Marc hinüber, der es erwiderte.
„Und noch der alte Emilio unser Gärtner. Aber das sind alles vertrauenswürdige Personen, die schon lange dem Haus angehören.“
„Und trotzdem spielt einer falsch von ihnen“, meinte Tommy und goss sich ein wenig Punsch ein.
Es läutete an der Tür und Bill kam wie versprochen, mit ein paar Unterlagen unterm Arm.
„Na Marc alles wieder in Ordnung mit dir?“
„Bis auf ein bisschen Kopfweh, geht es Doc.“
„So, jetzt kommt mal alle her. Ich habe ein paar Unterlagen heraus gesucht über diesen Mac Bresd JJ.“
Christin setzte sich neben Bill
„Was bedeutet eigentlich JJ hinter diesem Namen?“
„Mac Bresd war Künstler, und jeder Künstler hat ein Zeichen, daß er für seine Kunstwerke benutzt um sie zu kennzeichnen.“
„Und was hat dieser Künstler gemacht, gemalt?“, wollte Pierre wissen.
„Langsam, ich erzähl euch erst mal wer dieser Mensch war. Er lebte hier in Ballater im 1800 Jahrhundert. Er hatte sein Atelier in der Stadt und verkehrte fast ausschließlich in den vornehmen Kreisen. Seine Statuen und Büsten waren sehr begehrt, und sind noch heute im ganzen Umland auf den Gutsbesitzern zu sehen.“
Tommy nahm sich noch einen Punsch und setzte sich zu den anderen.
„Und bei euch hier hat er auch seine Spuren hinterlassen. Es war ein Großauftrag von Andreas Earl von Ballater.“
„Andreas? Hört sich nach einem Deutschen an“, bemerkte Tommy nebenbei.
„Du hast nicht ganz recht, Andreas wurde hier in England geboren, seine Mutter war eine Deutsche aus dem Hause Arenberg.“
„Blaues Blut zu blauen Blut, die waren ja eh alle miteinander verwandt um tausend Ecken“, meinte Pierre und grill nach einem weiteren Sandwich.
„Ja und eben dieser Andres lies für den hinteren Park fünfzehn Statuen anfertigen, die Großzahl aus der griechischen Mythologie, Götter und so.“
„Das sind wohl die halbstarken Nackten, die hinten im Park stehen?“
Alle schauten Pierre an, und fingen an zu lachen.
„Was denn, schaut sie euch doch mal genau an, alles Muskelpakete und wenn du den Blick tiefer schweifen lässt, dann bekommst du einen Lachanfall. Die Modell mussten sehr gefroren haben, als sie Akt standen.“
Pierre biss herzhaft in sein Sandwich, verschluckte sich aber, weil er dem Gelächter der anderen einstimmte. Bill nahm ein anderes Dokument in die Hand.
„Mac Bresd stellte darauf hin, mehrere Bildhauer ein und machte sich an den Auftrag. Und nach sieben Jahren standen alle Figuren auf ihrem Platz.“
„So schnell?“, warf Margreth ein.
„Ja, er verwendete irgendein weicheres Gestein aus dem Ausland.“
„So langsam kommen wir der Sache schon näher. Stone – Mac Bresd, es fügt sich langsam etwas zusammen.“
Tommy setzte sich zu den anderen, die sich alle einen bequemen Platz in der Bibliothek gesucht hatten. Bill rührte in seinem Punsch umher.
„Was ich noch vergessen habe zu sagen, Mac Bresd ist unmittelbar nach Fertigstellung der Statuen verschwunden und ist auch nie wieder aufgetaucht. Die Arbeiter wurden von dem Earl persönlich ausgezahlt und das Atelier wurde geschlossen. Es stand auf dem Platz, wo heute der neue Supermarkt steht.“
„Also verschwunden, das wird ja immer mysteriöser“, warf Marc ein.
Christin richtete sich auf.
„Also fassen wir zusammen wir haben das Wörtchen Stone, die zehn Grafschaften, Mac Bresd JJ, zehn Grabsteine und jetzt noch fünfzehn Statuen von irgendwelchen griechischen Göttern, seht ihr da den Zusammenhang?“
„Was hast du gemeint Tommy jetzt fügt sich einiges zusammen?“, fragte Marc.
„Na ich würde sagen, wir schauen uns doch mal die Statuen im Park morgen genauer an, vielleicht finden wir ja da was.“
„Und wie sollen wir das bitte schön machen, ohne das es auffällt? Ich meine ja nur, irgend jemand hier spioniert uns nach und nicht zu vergessen, der Typ der draußen noch herum schleicht. Ich weiß nicht wie du das machen möchtest Tommy, wenn unser kleines Date mit den Figuren unentdeckt bleiben soll“, sagte Christin.
„Lass mich mal nur machen, mir ist da schon etwas eingefallen“, erwiderte Tommy und nahm einen kräftigen Schluck von seinem Punsch.
* *
Am nächsten Morgen saßen alle ein wenig müde am Frühstückstisch. Es war doch spät geworden. Bill erzählte noch einige Anekdoten aus der Zeit, als er mit Margreth zusammen war. Es wurde viel gelacht und allen steckte noch der Punsch in den Gliedern.
Pierre saß lustlos auf seinem Stuhl und überlegte ob er ein Marmeladenbrot oder lieber Eier mit Speck essen sollte.
„Ich glaub, ich lege mich wieder in mein Bett.“
„Das könnte dir so passen Pierre, wir haben heute morgen eine Menge Arbeit“, stachelte Tommy.
„Bist du verrückt, Tommy? Arbeit? Was hast du da denn wieder ausgeheckt?“
„Ganz einfach, wir machen unsere nächste Fotoserie über elegante Abendgarderobe an den Statuen. Dazu brauchen wir aber verschiedene Dekorationen, die aufgebaut werden müssen. Und dazu brauche ich euch alle.“
Im Flüsterton sprach Tommy weiter.
„Und außerdem gibt es uns die Gelegenheit die Statuen genau zu untersuchen“, und wieder lauter werdend, „ich habe Bob in die Stadt geschickt, um hier für uns ein paar Sachen zusammen zu suchen. Lampen und ein paar Stoffe …etc. eben alles was ich mir so vorstelle. Und wenn er wieder da ist, können wir mit dem Aufbau beginnen.“
„Du bist ein Sklaventreiber Tommy, das du es weißt, und das noch zu einer unmenschlichen Zeit“, meinte Pierre und griff nach der Silberschale mit Rührei, nachdem er sich entschieden hatte was er essen wollte.
Margreth nahm einen Schluck ihres Kaffees.
„Mich interessiert nur was Tommy für Kleider für uns ausgesucht hat mehr nicht, dich nicht auch Christin?“
„Ich mach mir da keine Gedanken darüber. Ich habe volles Vertrauen in Tommy. Er kennt meinen Geschmack sehr genau. Und bis jetzt hat er mich nie enttäuscht, was das anbetrifft.“
Christin lächelte Tommy flüchtig an.
* *
Bob kam nach einer Stunde zurück und hatte edle Damast- und Brokatstoffen mitgebracht. Mit Gilbert zusammen, befestigte Bob nach den Wünschen von Tommy die Lichterkette entlang der Figuren. Stühle wurden herbei geschafft und auch Tische. Überzogen mit edler Tischwäsche und glänzenden Geschirr gedeckt, sah das Ganze recht festlich aus.
„Und was hast du jetzt mit diesen Stoffen vor Tommy?“, fragte Christin und begann einen davon auseinander zufalten.
„Es sind genau fünfzehn Stück, Christin, na klingelt es schon im Köpfchen.“
„Willst du etwa jede einzelne Statue mit Stoff behängen, sieht ein wenig blöd aus, finde ich.“
„Nicht die Figuren, die Sockel möchte ich einwickeln.“
Gesagt getan. Tommy begann bei Herkules, er sah jedenfalls nach einem aus, den Sockel zu umwickeln. Marc ging ihm zur Hand.
„Du Tommy“, sprach Marc leise, „schau mal, da ist eine Zahl eingeritzt, eine Achtzehn.“
Tommy winkte die anderen herbei, um ihnen den Fund zu zeigen. Nach Außen hin schien es, als würden sie über die Passform und wie der Stoff hängen sollte, zu reden. Sie umwickelten jeden Sockel und es hatte den Anschein, als würde Pierre Anweisungen von Tommy notieren. Dabei schrieb er jede Zahl auf, die sie fanden. Kurz vor dem Mittagessen waren sie fertig.
„Ist ja richtig toll geworden, sich richtig edel aus!“, meinte Christins Mutter.
„Das erinnert mich irgendwie an die Feste die damals hier gefeiert wurden. Bill hat erzählt, nachdem wir damals fortgegangen waren wurde hier nichts mehr gemacht, mein Schwager brach jeglichen gesellschaftlichen Kontakt ab.“
Christin nahm ihre Mutter in den Arm, als sie deren verklärten Blick sah.
„Was hältst du davon Mutter, bevor wir abreisen, hier noch ein kleines Fest zu veranstalten. Du lädst alle Freunde von früher ein, so hast du auch die Möglichkeit, alte Kontakte wieder aufzufrischen.“
Margreth schaute Christin in die Augen.
„Ach Kind, woher nimmst du immer diese phantastischen Ideen?“
Beide fielen sich in die Arm und drückten sich kräftig. Tommy sah auch bei Christin die Tränen in den Augen stehen.
* *
Während dem Essen sprachen sie nur noch über dieses Abschiedsfest und vergaßen beinahe die Zahlen der Sockeln, die Pierre aufgeschrieben hat.
„Also was sollen wir jetzt mit den Zahlen anfangen, die ich aufgeschrieben hab? Ich sehe da überhaupt keinen Sinn drin. Wenn in einem Sockel etwas versteckt sein soll, dann müssen wir alle fünfzehn Sockel aufbrechen“, meinte Piere.
„Ja und jeder sieht was wir machen, es kann aber nur einer sein ich kann mir nicht vorstellen das in allen etwas drin ist“, sprach Christin.
„Hohl sind sie alle, das habe ich gemerkt als ich, als ich mit Tommy die Stoffe befestigt habe. Es könnte also in jedem etwas drin sein, aber welcher… ich weiß auch nicht“, sagte Marc.
„Aber die Zahlen müssen doch irgendwas bedeuten, zähl doch alle einmal zusammen Pierre“, sagte Christin und rückte näher an Pierre heran.
Christins Mutter richtete sich auf.
„Kinder wie wäre es, wenn wir erst mal alles abräumen lassen und dann weiter machen. Ich denke, wenn jemand herein kommt, und sieht was ihr hier macht, wäre das nicht von Vorteil. Ich meine wir wissen ja nicht wer im Haus hier alles ausplaudert.“
„Ich habe eine gute Idee kommt doch in Pierres und mein Zimmer, wir müssen eh noch die Kleider für die Saison heraussuchen. Dann fällt auch nichts auf“, sagte Tommy und stand ebenfalls auf.
Alle waren mit dem Vorschlag einverstanden und begaben sich nach oben. Pierre hatte mittlerweile alles zusammen gerechnet.
„Ich weiß nicht mit 525 kann ich auch nichts anfangen.“
Christin ließ sich aufs Bett fallen.
„Moment ganz langsam, wir haben jetzt das Wort Stone, dann noch Stein der Vergangenen, Mac Bresd JJ, zehn Grafschaften, zehn Grabsteine und fünfzehn Statuen. Stein der Vergangenen, damit können nur die Statuen und ihre Sockel gemeint sein, oder? Und dann diese Zahlen… Pierre teile doch die Zahl 525 durch die Anzahl der Statuen.“
„Das gibt fünfunddreißig“, antwortete Pierre, nachdem er es errechnet hatte.
„Steht die bei den Zahlen dabei?“
„Ja das wäre die viert letzte Statue sie trägt die Nummer fünfunddreißig“, antwortete Piere.
Christin ließ ein kleinen Jauchzer los.
„Das ist es bestimmt und schaut hier, zehn Grafschaften und zehn Grabsteine und dann noch fünfzehn Statuen, nehmt die Zahlen zusammen, das ergibt auch fünfunddreißig. Es muß also diese Statue sein ,oder?“
Alle schauten Christin an, die total aufgewühlt neben Pierre stand.
„Christin, dass muss ich dir lassen, deine Kombinationsgabe ist wahnsinnig“, sagte Pierre und klopfte Christin auf die Schulter.
Tommy hatte verschiedene Abendkleider heraus gelegt, meist doch in schwarz gehalten, schlicht geschnitten und mit kleinen Accessoires versehen. Für Pierre und Marc gab es verschiedene Formen von Anzügen. Den klassischen Westenanzug oder Anzüge mit Stehkragen, von allem war etwas dabei.
Alle hatten sie ihre Sachen heraus gesucht, und liefen gemeinsam hinunter. Dabei überlegten sie eifrig, wie sie unbemerkt an den Sockel überprüfen könnten, ob irgendwelche Öffnungen daran waren. Tommy begann mit seinen Bildern, und jeder schaute ab und zu nach der elften Statue.
Wie immer gab es viel zu lachen, und als Pierre mit Fratzen schneiden nicht mehr aufhörte, mußte sie das Ganze unterbrechen. Madge kam mit einem Korb vom Haus her gelaufen.
„Entschuldigung, hat von Ihnen euch jemand Emilio gesehen, er ist schon den ganzen Mittag verschwunden“, sagte Madge und stellte ihren Korb auf dem Boden ab.
Pierre lief gleich zu dem Korb und schaute neugierig nach was zum Essen.
„Tut mir leid Madge, aber hier bei uns war er nicht, daß hätten wir bemerkt“, erwiderte Margreth.
„Das ist überhaupt nicht seine Art, einfach zu verschwinden, so kenne ich ihn gar nicht“, murmelte Madge.
Tommy und Christin schauten sich an, sollte er derjenige sein, der alles nach draußen trägt? Marc rief Tommy zu sich.
„Tommy hier hat sich was am Sockel gelöst, der Stoff rutscht herunter.“
Er zog am Stoff herum, bis er endgültig zu Boden ging.
„Er hält einfach nicht mehr, kann mir mal jemand helfen“, rief Marc.
Tommy und Christin liefen zur Statue hinüber. Marc hatte sich inzwischen auf den Boden gekniet und tastete den Sockel nach Unebenheiten ab.
„Und schon was gefunden?“, sagte Tommy leise.
Christin nahm den Stoff zu sich und begann ihn an die Befestigungen zu klammern. Marc schaute Tommy an, als ein kleines Stückchen vom Sockel nachgab. Er drückte es fest hinein und die Platte, die der Sockel als Zierte trug, sprang einwenig auf einer Seite auf.
Mittlerweile hatte Christin den Stoff wieder fallen lassen und sich ebenso hinter die Statue begeben. Tommy zog vorsichtig die Platte auf. Ein prall gefüllter Beutel und eine Schatulle kamen zum Vorschein.
Christins Augen begannen zu leuchten.
„Mutter…. Pierre kommt schnell her, wir haben es gefunden.“
Pierre lies augenblicklich seine Tasse mit Tee fallen und lief zu den dreien.
„Was ist es denn zeigt schon her.“
Tommy griff nach dem Beutel und zog ihn aus dem Sockel heraus, Marc tat das selbige mit der Schatulle.
„Mach sie auf ich will sehen was drin ist“, Christin hüpfte unruhig von einem zu anderen Bein.
Tommy zog ein Messer aus der Tasche und machte sich an dem stark verwitterten Schloss zu schaffen. Mit einem leisen Klicken sprang das Schloss auf. Tommy öffnete langsam den Deckel. Es verschlug allen den Atem.
„Der muß ein Vermögen wert sein, schaut mal wie schön der funkelt.“
Ein eigroßer Diamant eingebettet in blauem Samt, entfaltete seine ganze Schönheit, im einfallenden Sonnenlicht.
Tommy nahm ihn heraus und hob ihn gegen das Licht.
„Wie viel Karat der wohl haben mag?“
Marc machte sich am Beutel zu schaffen. Als er ihn öffnete, kullerten verschiedene Edelsteine heraus und fielen auf den Rasen. Margreth bückte sich und hob sie auf.
„Der ganze Beutel ist voll davon“, sagte Marc und griff mit der Hand hinein.
Christin nahm einen Smaragd von Margreths Hand.
„Wisst ihr was wir da gefunden haben, das alles ist bestimmt…den Wert man bestimmt nicht schätzen kann.
„Doch kann man, circa drei Millionen Pfund is das alles wert.“
Alle fuhren erschrocken herum. Ein junger Mann mit gezückter Pistole stand vor ihnen.
„Aber Billy, was soll das, was tust du?“, sagte Madge mit leicht erstickender Stimme.
„Er führt nur das fort, was ich damals nicht zu Ende bringen konnte“, sagte Emilio und trat hinter einem Busch hervor.
* *
Also war Emilio der Entflohene von damals, dachte sich Tommy und auch der, der alles nach draußen trug.
„Das ist mein Sohn Billy, er hilft mir nur dabei, an mein recht mäßiges Erbe zu kommen das mir zu steht.“
Alle schauten Margreth fragend an.
„Ja Lady Ballater, mein Vater war nicht der Stallbursche, wie alle damals dachten, es war ihr Schwiegervater.“
„Also ihr Mann und ich sind Halbbrüder. Kingley nahm meine Mutter nur zur Frau, um ihr aus der Notlage zu helfen. Ich habe lange genug auf diesen Augenblick gewartet. Zu lange.“
Er nahm einen Knüppel und zog seinem Sohn eins über dem Kopf. Dieser brach zusammen und Emilio nahm sich seiner Waffe an.
„Bleiben sie stehen junge Herren und es passiert ihnen nichts. Christin nimm den Beutel und Schatulle und bring sie mir rüber!“
Christin machte was ihr gesagt wurde.
„Ich wusste gar nicht, daß wir per Du sind….“, sagte Christin ärgerlich und lief auf Emilio zu.
Weil Mark aufstand, war Emilio einen kleinen Augenblick abgelenkt und Christin nutzte diesen Augenblick aus.
„Das kannst du auch selber tragen“, sagte sie und warf ihm die Sachen zu.
Emilio total überrascht, torkelte rückwärts, von der Wucht des Aufpralls. Er verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Tommy und Pierre nutzen die Gelegenheit und warfen sich auf Emilio um ihm die Waffe abzunehmen.
Bei einem kurzen Handgemenge löste sich dann ein Schuss. Madge schrie auf. Aus Pierres Ärmel rann Blut. Tommy holte aus und schlug mit der Faust in Emilio ´s Gesicht, worauf dieser bewusstlos liegen blieb.
„Pierre…. Schatz, was ist mit dir?“
Pierre lag mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden und hielt sich den Arm.
Tommy lief zu Pierre und nahm ihn in den Arm.
„Mach mir jetzt bloß nicht schlapp Pierre, sag doch was…“
„Keine Sorge, so schnell stirb sich nicht. Es ist nur ein Streifschuss….. es tut nur so höllisch weh…“
Marc war zum Haus gerannt, um die Polizei zu verständigen. Margreth beugte sich herunter und hob die Waffe auf.
„Also dir Mitkerl hab ich zu verdanken, daß ich meinen Mann verloren habe. Wegen dir haben wir hier weg müssen…“
„Mutter nicht!“
Christin nahm Margreth die Waffe ab und streckte sie Madge entgegen, die sie in ihren Korb gleiten lies.
„Er ist es nicht wert auf dumme Gedanken zu kommen Mutter, er wird schon seine gerechte Strafe bekommen.“
Sie nahm ihre Mutter in den Arm, die darauf verbittert zu weinen anfing. Tommy presste ein Tuch auf Pierres Wunde und drückte ihn fest an sich.
„He Kleiner, drück nicht so, oder willst du mich umbringen, ich bekomme ja fast keine Luft mehr.“
Tommy lächelte und lockerte seinen Griff und küsste Pierre auf die Stirn.
* *
Mit lauten Sirenen kamen ein Polizeiwagen und ein Krankenwagen in den Park gefahren. Marc wies die beiden Fahrer ein, wohin sie fahren sollten. Auch Bill kam angebraust. Beide Männer, wieder zu sich gekommen, wurden abgeführt und ins Auto gebracht.
Bill verarztete Pierre und legte ihm einen Verband an. Christin schaute ihre Mutter an.
„Was Hass und Geldgier aus einem Menschen alles machen können, seinen eigenen Sohn hat er zusammen geschlagen, ich fasse es nicht. Er wollte nicht mit ihm teilen.“
„Geldgier und Hass verändern Menschen nachteilig, Kind. Ich kann es ihm nicht mal verdenken, jetzt wo wir wissen wer er wirklich ist.“
„Du glaubst ihm Mutter?“
„Ja tue ich. Es wurde viel gemunkelt damals, aber als Kingley sie heiratete, geriet es in Vergessenheit. Mir wurde das alles später mal alles von deinem Vater erzählt, als ich Emilio hier als Gärtner hier kennen lernte.“
„Und dir geht es gut?“, fragte Bill und kam auf Margreth zu.
Christin lies die Beiden alleine und ging zu Tommy und Pierre. Sie saßen eng umschlungen auf einer Parkbank.
„Wenn ich euch so zusehe, könnte ich richtig neidisch werden.“
„Ach Christin, dich erwischt es auch noch irgendwann“, meinte Tommy und strich Pierre über die Haare.
Christin machte sich auf den Rückweg zum Haus.
„Weißt du eigentlich, daß ich richtig Angst um dich hatte? Da habe ich mich endlich dazu entschlossen, mein Leben mit dir zu teilen und da kommt dieser Idiot und schießt auf dich…“
Tommy standen die Tränen in den Augen.
„He Kleiner, es ist nichts passiert und so ein kleiner Kratzer, wirft mich nicht gleich aus der Bahn. Du hast mich jetzt am Hals und bekommst mich nie mehr los“, entgegnete Pierre und wischte Tommys Tränen weg.
„Ich liebe dich Pierre!“
„Und ich dich Tommy.“
Beide umarmten sich und gaben sich einen Kuss.
* *
Die Vorbereitungen für das Fest liefen auf Hochtouren. Als Überraschung für Margreth hatten Marc und Christin es sogar geschafft, ein Kettenkarussell zu mieten. Tische und Bänke wurden in kleinen Gruppen überall im Park verteilt.
Madge überschlug sich in ihrer Küche und zauberte lauter Leckereien und sie mußte mehrere Male Pierre aus der Küche schmeißen, weil er überall am probieren war. Ein kleines Zelt wurde aufgeschlagen. Später sollten hier die Speisen rein gestellt werden.
Es hatte viele Bekannten aus Margreths früherer Zeit hier zugesagt. Und Christin wollte, das es ein tolles und unvergessenes Erlebnis für Ihre Mutter werden würde. Margreth selbst war wenig zu gegen. Sie verbrachte die meiste Zeit mit Bill, soweit es sein Dienst erlaubte.
Sie machten viele Ausflugstouren. Tommy dagegen, war voll und ganz mit seinen Fotos beschäftigt. Er war nach Ballater gefahren und hatte die Bilderserien per Computer nach Paris gesandt. In Paris war man begeistert.
Es wurde versprochen, daß sein nächster Auftrag ihm sicher wäre. Auch wurde er nach Marc gefragt, wo man dieses begabte Fotomodell her hatte. Es wären schon Aufträge eingegangen, und man wollte wissen, wie Marcs Terminkalender wäre.
Tommy machte denen in Paris klar, daß sein Schützling, noch ein Jahr die Modellschule besuchen wollte, aber für Fotoshottings bestimmt Zeit hätte. Marc war begeistert, und fiel Tommy vor Dankbarkeit um den Hals.
„Nana, wer wird hier denn gleich fremd gehen?“, fragte Pierre ironisch.
Pierre beglückwünschte Marc, und fand sich damit ab einen weiteren gutaussehenden Konkurrenten auf dem Markt zu haben.
Christin hatte sich die während der ganze Zeit, um einen Juwelier bemüht. In Inverness hatte sie einen gefunden. Er wollte die Steine zur Weiterverarbeitung kaufen. Nur der große Diamant sollte im Familienbesitz bleiben.
„Was hast du jetzt mit dem vielen Geld vor Christin?“, wollte Christins Mutter wissen.
„Du hast mir immer vom Traum meines Vaters erzählt. Er wollte nachdem ich auf der Welt war, ein Kinderinternat aufmachen.“
„Ja, er liebte dich über alles. Und dann dachte er an die vielen Kinder, die mittellos oder ohne Eltern aufwachsen mussten. Das war ihm ein großes Anliegen.“
„Deswegen möchte ich das Geld hierfür verwenden Mutter. Ich möchte Vaters Traum verwirklichen. Weißt du ich brauche das Geld nicht für mich, ich verdiene genug. Und das Gut steht in einem tadellosen Zustand, das es genug abwirft. Ich sehe also keinerlei Probleme auf uns zukommen.“
„Dein Vater wäre stolz auf dich gewesen“, sagte Margreth und strich ihrer Tochter zärtlich über die Wange.
Alle waren begeistert von Christins Vorschlag und versprachen, bei jeder Gelegenheit dafür zu werben und Spenden einzusammeln.
* *
Der große Abend kam. Die letzten Vorbereitungen wurden getroffen, das Essen aufgetragen, Laternen und Fackeln entzündet und Lichterketten angeschlossen.
Und sie kamen.
Sie kamen in Scharen auf das Grundstück geströmt. Viele Gesichter erkannte Margreth sofort und es gab eine herzliche Begrüßung. Andere wurden erst durch erzählte Erinnerungen erkannt. Es war ein rauschendes Fest.
Die Überraschung mit dem Kettenkarussell war gelungen. Margreth stand mit feuchten Augen davor.
„Würdest du mir die Ehre erweisen, eine Runde zu drehen?“, wollte Bill wissen und nahm ihre Hand.
„So viele du willst Bill“, lächelte ihm Margreth entgegen.
„Ich denke da bahnt sich was an Christin“, meinte Tommy und nahm Christin in den Arm.
Sie strahlte über das ganze Gesicht, und freute sich für ihre Mutter. Es wurde gesungen, getanzt und fürstlich gespeist. Alle waren glücklich und hatten viel Spass. Erst spät verließen die letzten Gäste die Feier.
Es wurde beschlossen, nach alter Tradition, das fest jetzt jedes Jahr zu veranstalten und sich alle hier wieder trafen. Die Aufräumarbeiten gingen zügig voran. Tommy packte währenddessen, seinen Hänger voll und das Gepäck der anderen ein.
Er einigte sich mit Marc, daß er in einer Woche mit dem Zug folgen würde. Bis dahin hätte er hier alles geregelt. Margreth verabschiedete sich von Bill und versprach ihm in zwei Wochen wieder da zu sein, wenn sie zu Hause alles geregelt hätte. Der Notar der Familie erwies sich hier als sehr hilfsbereit.
Vor der Abfahrt trafen sich alle noch vor dem Haus. Bill war gekommen und schenkte Margreth eine rote Rose. Marc umarmte alle und machte ein Gesicht als würden sie sich nie wieder sehen.
„Marc, ich werde mit Tommy dich am Bahnhof abholen. Also nicht traurig sein, es ist ja nur für eine Woche. Oder willst du jetzt bei jeden Abschied so ein Gesicht auflegen?“, sagte Pierre.
Jeder begann zu lachen, und die vier stiegen in den Rover ein.
Tommy fuhr los, und Christin ließ noch einmal den Blick über das alte Gemäuer wandern.
„Wer hätte gedacht, das die zwei Wochen, die wir hier verlebten, unser ganzes Leben umkrempeln würden.“
* *
In London hatte alle schnell der Alltag eingeholt. Tommy mußte seinem Onkel einwenig zur Seite stehen, denn seit der Bekanntgabe der Steinfunde und dessen Geschichte in der Zeitung, war der kleine Antiquitätenladen bekannt geworden. Täglich strömten mehrere Dutzend Leute in den Laden.
Onkel Henry und Tommy einigten sich darüber, daß sie eine Hilfe einstellen würden. Am besten jemand mit Schreinerwissen, der Henry am besten unterstützen konnte.
Christin hatte wieder Werbeaufträge und Pierre packte alle seine Sachen und zog zu Tommy. Die Möbel wollte er Marc überlassen. Am Freitag kam Christin die Beiden besuchen. Sie schwelgten in Erinnerungen, und Christin beschloss am Sonntag mit zugehen um Marc vom Bahnhof abzuholen.
An der Tür klingelte und Tommy öffnete.
„Sind sie Mister Cummingham?“, Tommy nickte.
„Ich habe hier ein Expressbrief aus Amerika. Würden sie hier unterschreiben.“
Tommy unterschrieb und nahm den Brief in den Empfang. Er schloß die Tür und nahm sich den Brieföffner, der auf der Kommode neben der Tür lag. Tommy öffnete das Couvert, und lass es in aller Ruhe.
„Tja, ich bleibe euch nicht lange erhalten, außer ihr packt wieder eure Koffer und fliegt mit mir nach Amerika. Da hab ich meinen nächsten Auftrag. Und ich möchte eigentlich nicht auf dieses eingeschworene Team verzichten!“
Tommy lachte, als ihm die beiden um den Hals flogen.
Und Amerika….tja, das ist eine andere Geschichte!
* Ende
[*]
null Online
teebo
Administrator
Reaktionen
1
Beiträge
1.382
Bilder
217
Geschlecht
Männlich
Gender
Male
Es holperte ein wenig, als das Flugzeug zur Landung aufsetzte. Der Pilot verstand sein Handwerk, sanft gleitete die Maschine auf die Rollbahn nieder und ließ das Flugzeug ausrollen. Langsam näherte er sich der Gangway.
Tommy war noch immer von der Skyline von Chicago beeindruckt, an der sie gerade vorbei geflogen waren. Als wären die Wolkenkratzer frisch poliert worden, glänzenden sie um die Wette der Sonne entgegen. Er war schon oft in Amerika, weil er hin und wieder hier Aufträge angenommen hatte.
Es waren Aufträge die mehr von den Küsten kamen, wie New York oder San Franzisko. Und Chicago war eben noch nicht dabei gewesen. Und so war es sein erstes Mal, dass er Chicago so hautnah sah.
* *
So wie auch für Pierre und Christin die Tommy auf dieser Reise begleiteten. Pierre, der die ganze Zeit geschlafen hatte verpasst natürlich alles.
Christin war begeistert von dem Anblick der Stadt. Das höchste Bürogebäude der Welt, der Seartower, fand sie sehr beeindruckend. Sie überlegte sich im Stillen, ob sie eine Möglichkeit fände, diesen Wolkenkratzer zu besichtigen.
Nachdem die Drei ausgecheckt hatten, und ihr Handgebäck auf Lebensmittel untersucht worden war, versuchten sie, ihr umfangreiches Gepäck zufinden. Sie machten sich gemeinsam auf den Weg, die Zollbehörde zu suchen.
Im O’Hara International Airport war das nicht so einfach. Mehrere Terminals verbunden mit langen, hellen Gängen, überdacht mit einer Glasholzkonstruktion und jede Menge Shops und Restaurants aller Art. Nach langer Suche und mehreren Informationsschaltern wurden sie endlich fündig.
Tommy kümmerte sich um die Papiere, während Pierre und Christin sich in den umliegenden Läden umschauten.
„He ihr zwei, wollt ihr hier den ganzen Tag verbringen? Ich würde gerne ins Hotel mich frisch machen, danach können wir ruhig noch einwenig die Stadt erkunden.“
Pierre und Christin kamen zu Tommy gelaufen.
„Und ist unser Gepäck vollständig“, wollte Pierre wissen.
„Es ist sogar schon unterwegs zum Hilton.“
„Zum Hilton? Mann, in was für ein Nobelhotel hast du uns da angemeldet?“
„Lass dich überraschen Pierre“, sagte Tommy und gab Pierre einen Kuss.
* *
Seit sie von Schottland zurückgekommen waren, lebten Tommy und Pierre nun zusammen. Sie hatten wie geplant, Tommys Wohnung umgebaut, um genügend Platz für sie beide zu schaffen. Beide benahmen sich immer noch wie zwei frisch verliebte Teenager.
„Langsam, langsam ihr beiden. Könnt ihr nicht warten bis wir im Hotel sind? Die Leute drehen sich schon nach euch um.“
„Christin?“
„Ja Tommy.“
„Es kann jeder sehen, dass ich meinen Pierre liebe, ist mir eigentlich egal, was die Leute darüber denken.“
„Ich will ja nicht drängeln, aber ich bekomme langsam Hunger.“
„Typisch Pierre, hat nur wieder das Essen im Kopf“, sagte Christin und begann zu Lachen.
„Na dann kommt mal, draußen wartet schon eine Limousine auf uns, sie wird uns ins Hilton bringen“, meinte Tommy.
Christin und Pierre schauten sich erstaunt an und fragten sich welche Überraschungen, Tommy noch für sie, auf Lager hätte.
Der Page öffnete die Tür und Pierre trat als erstes in die Suite.
„Jetzt bin ich platt. Das ist ja Luxus vom Feinsten.“
Er lief durch das geräumige Wohnzimmer ans Fenster und konnte sogar von hier aus den Dearborn Park und auch einen Teil des Michigansees sehen.
„Und wo schlafen wir“, wollte Christin wissen.
Der Page öffnete zwei gegenüberliegende Türen, und wies Christin den Weg, sich beide Zimmer anzuschauen.
„Christin ich dachte ein Schlafzimmer für dich und das andere teilen sich Pierre und ich, hoffe es ist dir recht?“
„Aber natürlich Tommy, ich muß ehrlich zugeben, ich hatte noch nie so ein großes Schlafzimmer nicht mal in Ballater.“
„Tommy, komm mal her, hier ist sogar ein Whirlpool, das ist ja Klasse“, rief Pierre aus Richtung Bad.
„Gewöhnt euch beide nicht zu sehr an den Luxus“, Tommy gab dem Pagen ein Trinkgeld und dieser verlies die Suite, „denn wenn alle Vorbereitungen getroffen sind, dann müsst ihr euch auf was anderes einstellen.“
„Mensch Tommy, du könntest uns langsam sagen, was für einen Auftrag du hast, oder welche Pläne du ausgeheckt hast.“
Tommy ließ sich auf die lange Couch fallen, „komm setzt euch her, ich erkläre euch alles.“ Pierre und Christin nahmen auf den gegenüberliegenden Sesseln Platz.
„Habt ihr schon mal von der Route66 gehört?“
„Ja habe ich“, gab Christin zu verstehen, „aber ich dachte die gäbe es nicht mehr, die wurde doch in den Achtziger Jahren aufgelöst.“
„Mann Christin, du überrascht mich immer wieder. Was du alles weißt“, und Pierre stand auf und machte sich an der Bar zuschaffen.
„Du hast recht Christin, aufgelöst wurde der Highway und durch größere ersetzt, aber die Straße gibt es immer noch“, sagte Tommy.
„Und was hat das mit deinem Auftrag zutun?“, wollte Christin wissen.
„Ganz einfach, ich soll für ein neues Bildband über die Route66 die Fotoserie liefern, soweit eben es noch erkennbare Stellen gibt. Und der beste Weg diese Stellen zu finden, es mit dem Wohnmobil abzufahren.“
„Die ganze Strecke? Das sind doch mindestens 2450 Meilen, kann mir vorstellen, dass dies ganz schön anstrengend wird“, meinte Christin.
„Dafür habe ich auch schon gesorgt. Ich habe uns einen Studenten als Fahrer von der University of Art besorgt, er fährt uns die ganze Strecke und dafür darf er einem bekannten Fotografen über die Schulter schauen. Ein Art Praktikum mit freiem Essen und Unterkunft, erwiderte Tommy.
„Also fahren wir zu viert, mal gespannt wen du uns da ausgesucht hast“, meinte Pierre grinsend.
„Was ich da per Netmeeting gesehen habe, war nicht von schlechten Eltern, wenn du das meinst. Diego ist ein Latino und ein wunderschöner junger Mann. Kannst dich ja davon selber überzeugen.“
Tommy nippte am Drink, dem ihn Pierre gereicht hatte.
„Wir treffen uns morgen Mittag im Gourmand Coffeehouse in der Dearborn Street und noch weitere Details zu besprechen. Wenn ihr wollt könnt ihr mich gerne begleiten. Schon allein das Coffeehouse ist sehenswert.“
Pierre setzte sich wieder:
„Es gehört einem Europäer und demnach gibt es auch tollen Kaffee. Die Amerikaner können bis jetzt leider immer noch nicht richtig Kaffee kochen, vom Tee ganz zu schweigen. Und wenn wir mit Diego alles besprochen haben, dann würde der Fahrt in den Westen, nichts mehr im Wege stehen.
Und für euch habe ich auch Arbeit mitgenommen. Von einer kleiner aber renommierten Outdoorfirma haben ich verschiedene Dresses mitgenommen, die könnte wir unterwegs für eine kleine Fotosession verwenden. Zum Beispiel einen Abstecher zum Grand Canon, der halbwegs auf unserer Strecke liegt.“
Pierre begann zu lachen, „ich hab mir unsere Flitterwochen aber anders vorgestellt, als durch die heiße Prärie zu fahren, und mich neben ein paar Kakteen fotografieren zulassen.“
Jetzt mussten alle drei lachen.
„Wenn ihr nichts dagegen habt Jungs, dann gehe ich jetzt mal duschen. Ich würde gerne eine Kleinigkeit danach noch essen.“
Tommy sah auf, „sollen wir runter gehen, oder uns etwas aufs Zimmer kommen lassen?“
„Nein Tommy wir gehen runter, ich will mir es um keinen Preis entgehen lassen, in einem vier Sterne Restaurant zu essen. Ein hübsches Kleid anziehen, eine tolle Frisur, also bis gleich ich beeile mich“, sagte Christin und verschwand in ihrem Schlafzimmer.
„Also wer duscht von uns beiden zu erst?“, wollte Pierre wissen.
„Ich wäre dafür wir gehen zusammen“, sagte Tommy mit einem frechen Lächeln und zog Pierre in das andere Zimmer.
* *
„Den Stoff den du da unten zuwenig hast, wurde oben zuviel im Kleid verarbeitet“, sagte Pierre lächelnd.
Christin hatte ein hautenges Minikleid an, der schwarze Schal dagegen, hing bis fast zum Boden. Mit ihren Pumps wirkte sie viel größer, obwohl deren Absätze wirklich nicht hoch waren.
Die Drei verließen das Zimmer. Christin hängte sich zwischen beiden ein und so liefen sie laut kichernd zum Fahrstuhl. Der Liftboy wusste nicht wo er hinschauen sollte, denn Christin war schon aufreizend, aber immerhin sehr elegant angezogen.
Eine tiefe Röte stieg in sein Gesicht als er die Blicke der dreien auf sich merkte und da fingen sie wieder schallend laut an zu lachen. Bis sie einen Tisch zugewiesen bekamen, machten sie sich es an der Bar bequem.
„Drei Champagner bitte“, sagte Tommy zum Barkeeper. Pierre sah verdutzt Tommy an, „habe ich etwas verpasst, oder was gibt es zu feiern?“
„Wir sind jetzt genau zwei Monate zusammen Pierre falls du es vergessen hast.“
„Oh, doch schon so lange, dass muß natürlich gefeiert werden“, sagte Pierre und nahm sich ein Glas.
„Ach ihr zwei Turteltauben, ich werde immer neidischer auf euch. Ich glaube ich such mir hier in Amerika einen Millionär und ziehe dann auch das große Los.“
Christin wusste nicht wie recht sie damit hatte.
„Meine Herrschaften darf ich sie zu ihrem Tisch führen?“, sagte der Oberkellner und wies mit der Hand zu den Tischen.
Tommy trank aus und folgte den beiden zu ihrem Tisch. Er war glücklich. Lange hatte er sich nach diesem Gefühl gesehnt. Und jetzt mit Pierre hat er das große Los gezogen. Er konnte es immer noch nicht richtig glauben.
Der Zufall hatte ihm Pierre damals in Schottland zu geführt. Nach drei Jahren Trennung waren sie doch wieder zusammen gekommen. Und seit Pierre bei ihm wohnte, hatte Tommy wieder viel mehr Spass am Leben, er konnte wieder jeden Augenblick genießen, und vor allem hatte er wieder Freude an seiner Arbeit.
Der Kellner zog den Stuhl zurück und Tommy konnte sich setzen.
„Möchten die Herrschaften vorne weg eine kleine Vorspeise oder gleich mit dem Menü beginnen?“
„Mit dem Menü würde ich sagen, dass ist euch beiden doch recht?“, fragte Tommy.
Pierre und Christin nickten, und schauten Tommy verdutzt an.
„Das hast du aber schön ausgeklügelt, muß ich dir schon lassen“, sagte Pierre und streichelte Tommy über die Hand.
„Tut mir leid Christin, aber mit deiner Kleinigkeit essen, wirst du wohl verschieben müssen. Ich bin einfach glücklich mit euch beiden hier zu sein und möchte das angemessen feiern“, meinte Tommy.
„Schon gut Tommy, ich bedanke mich auch recht herzlich dafür.“
* *
Nach dem Essen verließen die drei noch ein wenig das Hilton, um im Dearborn Park an achten Strasse spazieren zu gehen.
„Ich finde es einfach himmlisch hier, Chicago ist eine schöne Stadt“ kam es von Christin.
Tommy nahm Pierres Hand, „und vor allem eine interessante Stadt kann man sagen. Wusstet ihr, das Chicago mit seine acht Millionen Einwohnern die drittgrößte Stadt, nach Washington und New York Amerikas ist?“
Beide schüttelten den Kopf.
„Die Stadt wurde als eine Art Schachbrettmuster geplant. Nach und nach bebaute man immer eine Fläche nach der anderen. Zu dem besitzt Chicago durch den Michigansee einen der größten Binnenhäfen auf der Welt, ganz zu schweigen von der Eisenbahn, des Knotenpunkt Amerikas sich hier befindet.“
„Ich muss zu geben, du hast mal wieder deine Hausaufgaben gemacht Tommy, dass einzigste was ich über Chicago weiß, das es berühmt ist für seine großen Viehmärkte und Fleischlagern“, sprach Pierre.
„Das du immer auch ans Essen denken musst, Pierre“, sagte Christin lachend.
Sie schlenderten zu einem großen Brunnen und setzten sich dort auf eine Parkbank.
„Es wird langsam frisch Jungs, also ich wäre für den Rückweg ins Hotel“, meinte Christin.
„Langsam Christin der Abend hat doch erst angefangen“, sagte Tommy und hob den Arm.
Aus einem Seitenweg kam eine Kutsche gefahren und hielt direkt vor ihnen an.
„Darf ich bitten?“, sagte Tommy und half Christin in die Kutsche zu steigen.
Als auch Tommy sich gesetzt hatte, setzte sich die Kutsche in Bewegung. Pierre war sichtlich gerührt, ihm standen die Tränen in den Augen.
„He mein kleiner, was ist mit dir“, fragte Tommy.
„Oh Tommy, du machst mich zu dem glücklichsten Menschen der Welt, du bist der hinreißendste Mann den ich je getroffen habe“, erwiderte Pierre.
„Dann habe ich noch eine Überraschung für dich.“
Tommy zog ein kleine Geschenkbox mit blauen Schleifen aus seiner Jackentasche und reichte sie Pierre. Er nahm sie entgegen und begann sie aufzupacken. Er öffnete das Kästchen und zwei wunderschön geschliffene Goldringe kamen zum Vorschein.
Beide waren mit einem winzigen aber funkelten Brillianten besetzt.
„Tommy, was soll…“
„Pierre das soll ein kleines Zeichen unsere Verbundenheit sein“, sagte Tommy und entnahm einen der beiden Ringe und steckte ihn an Pierres Hand.
„Das ist ja süß, wie bei einer Hochzeit. Leute Entschuldigung, aber jetzt fange ich auch an zu heulen“ meinte Christin.
Tommy reichte Christin ein Taschentuch, die vorsichtig ihre Augen damit tupfte, um nicht ihre Schminke zu verschmieren.
„Tommy ich weiß nicht was ich sagen soll, ich bin sprachlos“, sagte Pierre.
„Dann nimm mein Geschenk an, es kommt von Herzen.“
Tommy entnahm den zweiten Ring und streifte ihn über den Finger der linken Hand. Pierre umarmte Tommy und drückte ihn fest an sich.
* *
Christin schloß die Tür zur Suite hinter sich. Sie traute ihren Augen kaum. Ein Meer roter Rosen stand vor ihren Füßen.
„Übertreibst du nicht einwenig jetzt Tommy?“, rief sie als die beiden nach ihr eintraten.
„Wieso, die Rosen sind nicht von mir, obwohl ich die Idee hinreisend finde. Schau mal auf dem Tisch steht eine Karte.“
Christin nahm die Karte an sich und öffnete den Siegel.
„Ist ja richtig vornehm, von wem der wohl sein mag“, fragte Pierre.
Pierre lugte über Christins Schulter und lass laut vor.
„In ewiger Freundschaft Lady Ballater. Keine Unterschrift.“
„Du hast hier einen Verehrer? Du sagtest doch, du bist das erstemal in Chicago“, meinte Pierre.
„Bin ich ja auch. Ich weiß nicht von wem das sein könnte. Ich kenne keinen Menschen hier“, kam es von Christin.
„Aha, der große Unbekannte. Er hat jedenfalls nicht gespart“, sagte Tommy nahm eine Rose und roch an ihr, „eine werde ich entführen, du hast ja genug davon. Die brauche ich noch für jemand anderen.“
Er gab Pierre ein Kuss und reichte ihm die Rose.
„Du überhäufst mich heute mit Geschenken Tommy, ich bekomme noch ein schlechtes Gewissen. Ich habe überhaupt nichts für dich.“
„Das du bei mir bist, ist mir Geschenk genug“, erwiderte Tommy und zog Pierre ins Schlafzimmer.
„Gute Nacht Christin. Und noch viel Spaß mit deinen Rosen“, rief Pierre.
„Ihr könnt mich doch jetzt nicht allein lassen.“
Aber es war zu spät, Tommy hatte bereits die Tür hinter sich verschlossen.
„Das ist ja wieder echt klasse. Lassen mich einfach alleine hier stehen, in diesem … wundervollen Meer von Rosen.“„
Christin nahm sich ebenfalls eine Rose und verschwand in ihrem Zimmer.
* *
Es klopfte an der Tür.
„Zimmerservice.“
Tommy öffnete die Tür. Ein Zimmerkellner fuhr auf einem Servierwagen ein ordentliches Frühstück herein. Er stellte das Frühstück neben dem Tisch ab und deckte den Tisch ein. Tommy gab ihm Trinkgeld und der Boy verließ das Zimmer.
Tommy lief zurück ins Schlafzimmer. Er ließ sich neben Pierre aufs Bett fallen.
„Na du Schlafmütze, frühstückst du mit mir?“
Pierre zog Tommy zu sich öffnete die Augen, um Tommy einen Kuss zu geben.
„Du bist mein Frühstück“, sagte Pierre mit einem Lächeln auf den Lippen.
„He ihr Langschläfer. Soll ich vielleicht alleine hier am Tisch sitzen? Steht gefälligst auf und leistet mir Gesellschaft“, rief Christin aus dem Nachbarraum.
Christins Frage wurde mit einem Kissen beantwortet, dass Pierre quer durch das Zimmer schleuderte.
„Ich steh ja schon auf du Sklaventreiber.“
Pierre setzte sich nur im Slip an den Tisch und begann zu frühstücken.
„Mensch Pierre, wenn jetzt der Zimmerboy wieder kommt. Was wird der von dir denken“, sagte Christin.
„Gar nichts Christin. Er wird meinen durchtrainierten, braungebrannten Körper bewundern und neidisch das Zimmer verlassen.“
* *
Tommy musste über die Bemerkung Pierres Grinsen. Aber Pierre hatte recht. Er war wirklich eine Augenweide. Die Fotografen überschütteten ihn mit Aufträgen. Mittlerweile konnte Pierre es sich aussuchen, welche er annahm und welche nicht.
Christin goss sich noch ein wenig Kaffee nach und nahm sich noch ein Croissant, „was hast du für heute Abend geplant Tommy?“
„Da ich weiß wie gerne ihr Beiden italienisch esst, habe ich einen netten Italiener für uns gesucht. In der vierzehnten Strasse gibt es ein Restaurant namens Gioco. Da werden wir essen gehen, oder möchtet ihr wo anders hin?“, fragte Tommy.
„Nein, nein ist schon recht bis jetzt sind alle deine Vorschläge wunderbar gewesen. Nur heute morgen möchte ich mal an das berühmte Navy Pier fahren. Es soll dort ein Kinder Museum geben, das würde ich mir gerne anschauen“, sprach Christin.
Durch den unerwarteten Reichtum, der Erbschaft wegen, hatte sich Christin zur Aufgabe gemacht, den Traum ihres verstorbenen Vaters in die tat umzusetzen. Sie wollte auf dem Gut, wo es ja genug Platz gab, ein Internat errichten lassen. Hauptsächlich für Kinder aus minderbemittelten Familien oder Halb und Vollwaisen.
„Okay Christin ich werde unten anrufen, man wird uns sicherlich wieder eine Limousine zur Verfügung stellen. Oder hast du andere Pläne Pierre?“
„Wenn du nichts dagegen hast, würde ich mit dir gerne Shoppen gehen.“
Tommy sah zwischen Pierre und Christin hin und her.
„Tommy nun gehe schon mit Pierre, ich kann mir das auch alleine ansehen. Wir brauchen ja nicht die ganze Zeit, wie Kletten an einander hängen. Ich würde vorschlagen, wir treffen uns gegen Nachmittag dann in diesem Coffeehouse, in Ordnung?“
Tommy und Pierre nickten zustimmend.
* *
Christin wurde an der Navy Pier abgesetzt, und schon ging es weiter. Pierre wandte sich an den Fahrer und sprach leise. Tommy hörte nur etwas von der Michigan Street.
„Wo fahren wir denn hin, ich denke du warst noch nie hier in Chicago.“
„Auch ich habe mich schlau gemacht, und habe an der Rezeption nachgefragt, wo es hier welchen Laden gibt“, antwortete Pierre.
„Ja dann bin ich mal gespannt.“
Der Wagen bog in der Michigan Street ein und blieb vor Tiffany & Co stehen.
„Was willst du denn hier?“, wollte Tommy wissen.
„Jetzt warte doch erst mal ab. Andrew warten sie bitte auf uns, wir sind gleich wieder bei ihnen“, sagte Pierre um Fahrer.
Pierre zog Tommy in das Geschäft. In der Schmuckabteilung ließ Pierre in alleine stehen und unterhielt sich mit einem Verkäufer. Der holte aus verschiedenen Vitrinen mehrere Kästen.
„Komm her Tommy schau dir das an.“
Tommy schaute auf unzählige Armbänder aus Gold, Titan und Sterlingsilber. Verschiedene waren mit Diamanten besetzt oder andere waren besonders geschliffen oder geformt.
„Und was soll ich mir jetzt anschauen?“
„Such dir eins aus, das ist mein Geschenk an dich Tommy.“
„Du bist ja verrückt Pierre. Schau doch mal wie teuer die sind.“
„Für dich ist mir nichts zu teuer“, hauchte Pierre Tommy ins Ohr.
Tommy musste grinsen.
„Was?“, fragte Pierre.
„Mir würde da schon eins gefallen.“
„Und welches?“
„Das in der Form einer Schlange, die sich in den Schwanz beißt. Das Auge wird wohl ein Diamant sein.“
„Du hast recht, würde mir auch sehr gefallen.“
Der Verkäufer entnahm den Armreif und legte es Tommy an.
„Sie haben sich gut entschieden mein Herr. Wie sie richtig gesehen haben, besteht das Auge der Schlange aus einem einkarätigen Diamanten und es ist fünfhundertfünfundachtziger Gold.“
Tommy bestaunte den Reif.
„Soll ich ihn verpacken, oder möchten sie ihn gleich tragen?“, fragte der Verkäufer.
„Er wird ihn gleich tragen, aber das Schmucketui packen sie uns bitte ein“, meinte Pierre zu dem Mann.
Er wandte sich wieder zu Tommy.
„Du ich finde, wir sollten für Christin auch eine Kleinigkeit kaufen. Wie wäre es denn mit ein Paar Ohrringen oder einer Halskette?“
„Warum nicht beides?“, sagte Tommy, „da vorne in der Vitrine habe ich etwas tolles gesehen.“
Der Verkäufer legte die Kette und die Ohrringe in ein passendes Etui.
„Soll ich die Rechnung an das Hotel schicken?“
„Das wäre uns sehr recht“, bejahte Pierre die Frage.
„Dann müssen sie nur noch eine Unterschrift leisten, würden sie mir bitte folgen?“
Der Verkäufer führte Pierre an eine andere Theke, während eine andere Bedienstete Tommy ein Glas Champagner anbot. Pierre kam zurück und nippte an seinem Glas das Tommy ihm entgegen hielt.
„Und wohin wirst du mich jetzt entführen?“
„Alles zu seiner Zeit, trink in Ruhe dein Glas aus, du wirst schon sehen.“
Nach der herzlichen Verabschiedung bei Tiffany, setzte sich der Wagen wieder in Bewegung. Langsam rollte der Wagen durch das Loop. Die imposanten Hochhäuser ragten weit hinauf. Es war zwar irgendwie immer der gleiche Baustil, aber durch die verschiedenen Formen, erhielt jedes Gebäude seinen eigenen Charakter.
* *
In der State Street hielt der Wagen vor der Andrew-Lidgus-Gallery.
„So aussteigen und hinein mit dir“, meinte Pierre und schob Tommy vor sich her.
„Willst du mir jetzt auch noch ein Bild kaufen?“, fragte Tommy erstaunt.
„Nein, ich will dir nur etwas zeigen.“
Ein junger Mann öffnete ihnen die Tür und ein etwas älterer Herr, der sich als Geschäftsführer vorstellte, kam ihnen entgegen.
„Mister Cummingham es ist uns eine Ehre, sie in unserer Galerie zu empfangen.“
Tommy schaute Pierre fragend an und schüttelte dem Herrn die Hand.
„Wir sind stolz einige ihrer Bilder hier ausstellen zu dürfen. Wir haben zwar nicht damit gerechnet, dass der Künstler höchst persönlich vorbei kommt, aber umso mehr freue ich mich sie persönlich kennen zulernen“, kam es zuckersüß von diesem Herrn.
Tommy schaute auf seine Bilder von italienischen Landschaften, die er vor zwei Jahren in der Toskana geschossen hatte. Italien war in Amerika jetzt sehr angesagt.
„Wir haben schon einige Bilder zu guten Preisen verkaufen können. Wenn es ihnen nichts ausmacht, hätte ich eine kleine Bitte an sie“, redete der Mann weiter.
Tommy nickte.
„Wir haben einen Fotografen kommen lassen, der uns gemeinsam aufnehmen würde, wenn es sie nicht stört.“
Widerwillig ließ sich Tommy mit dem Geschäftsführer fotografieren.
„Das Bild bekommt einen Ehrenplatz neben ihren Bildern“, schleimte der Herr.
„So Mister Godsale, wir müssen weiter. Wir haben noch andere Termine“, sagte Pierre und bugsierte, den sich wunderten Tommy, zum Ausgang.
Mister Godsale begleitete die beiden bis zur Limousine und winkte ihnen bei der Abfahrt hinter her.
„Das war ja so peinlich Pierre. Tu so was bitte nie wieder“, meinte Tommy genervt.
„Ich wollte dir doch nur zeigen wie bekannt du bist. Entschuldige bitte, ich wusste nicht das der gleich so ein Theater voll führt“, sagte Pierre traurig.
Tommy nahm ihn in den Arm.
„Ich weiß, es war ja auch nur lieb gemeint von dir“, sagte er und gab Pierre einen Kuss.
„Und was hast du dir jetzt noch peinliches ausgedacht?“, fragte Tommy mit einem frechen Grinsen.
„Nichts peinliches mehr, aber ich verrate Christin bitte trotzdem kein Sterbenswörtchen.“
* *
Andrew fuhr die Strecke zurück, bog in die achte Strasse ein um die Dearborn Street zu erreichen.
„Aber zum Coffeehouse wollen wir doch erst nachher“, sagte Tommy sich umschauend.
„Da möchte ich mit dir auch noch nicht hin Tommy. Da zum Designer Resale möchte ich mit dir.“
An der Eingangstür standen Namen wie Armani, Escada oder Chanel.
„Und was willst du dort?“
„Du sprichst doch die ganze Zeit davon, dass du einen neuen Anzug möchtest. Und da du immer von Armani so schwärmst, dachte ich, dass wir für das schicke Essen heute Abend beim Italiener dir was Neues suchen“, meinte Pierre.
„Du bist so lieb Pierre, du denkst einfach an alles.“
Pierre strahlte wieder. Tommy ließ die Anprobe über sich ergehen und schon nach zwei Stunden stand er in einem maßgeschneiderten Anzug da.
„Du siehst wie immer absolut stark aus. Du hast eben eine tolle Figur im Anzug“, kam es von Pierre, als er sich Tommy im Anzug anschaute.
Er hatte sich noch zwei Jacketts ausgesucht, die aber wegen größere Änderungen direkt an das Hotel geliefert wurden. Sie beglichen die Rechnung und verließen das Resale. Sie überquerten die Strasse und warteten vor dem Coffeehouse auf Christin.
* *
Andrew war in der Zwischenzeit zur Navy Pier gefahren, um Christin wie vereinbart, dort abzuholen.
„Wartet ihr schon lange?“, fragte sie bei ihrer Ankunft.
„Nein wir sind gerade erst gekommen, und hattest du einen angenehmen Morgen?“, wollte Pierre wissen.
„Ja lass uns rein gehen, ich werde es euch drinnen erzählen.“
Sie ließen sich einen Tisch für vier zuweisen und bestellten alle drei einen Cappuccino Crema.
„Ihr habt ja gar nicht viel gekauft, jedenfalls euren Tüten nach zu urteilen“, meinte Christin.
Tommy hielt ihr den Armreif unter die Nase.
„Wow, das ist vielleicht schön.“
„Ein Geschenk von Pierre, wir waren in Tiffany & Co“, sagte Tommy stolz.
„Im Tiffany? Da wäre ich auch gerne dabei gewesen“, sagte Christin, leicht abwesend.
„Aber ich wollte euch ja erzählen, was ich heute morgen unternommen habe. Also ich muß euch sagen, das Childrens Museum of Arts ist sehenswert. Erst mal gibt es hier eine normale Ausstellung für Kinder, so wie wir es von unseren Museen her kennen“, sagte Christin und nippte am Cappuccino.
„Das war aber nur ein kleiner Teil, von dem was ich gesehen habe“, führte Christin ihre Erzählungen weiter.
„Dann haben sie auch einen Aktionsbereich, unterteilt nach Altersstufen. Für die Großen zum Beispiel gibt es verschiedene Workshops. Entweder können sie sich eine eigene besungene CD auf nehmen, oder sie können wie richtige Maler Ölbilder erstellen. Natürlich überall mit professioneller Hilfe.“
„Vielleicht sollt ich da auch hingehen und mich als Sänger probieren,“ meinte Pierre.
Tommy und Christin prusteten laut los, so dass sich andere Gäste nach ihnen umdrehten.
„Was denn?“ nörgelte Pierre.
„Deine Stimme in Ehren mein Schatz, aber überlass das den Kinder“, kam es von Tommy.
Christin setzte ihre Tasse ab und erzählte weiter.
„Dann gab es ein Kochstudio oder Kletterwände, eigentlich alles was ein Kinderherz begehrt. Für die Kleinen gab es ähnliches, nur halt eben auf das Alter angepasst. Es wäre interessant einiges der Ideen in meinem Internat zu übernehmen, soweit es sich umsetzen lässt. Den Kinder einfach die Möglichkeit geben, ihre Kreativität zu schulen und fördern, egal welche Interessengebiete sie haben“, beendete Christin ihre Ausführungen.
„Und wie geht es zu Hause voran?“, wollte Pierre wissen.
„Gut, die Baupläne stehen und die Genehmigungen laufen. Aber es wird sicherlich keine Hindernisse seitens der Verwaltung geben, wie mir der Bürgermeister von Ballater beteuerte. Mutter kümmert sich solange um alles während ich nicht da bin. Sie hat ja tatkräftige Unterstützung von Bill.“
* *
Bill war der Arzt von Ballater und Christins Mutter und er waren sich in der Zwischenzeit sehr Nahe gekommen.
„Und hast du dir schon ein Konzept überlegt?“, fragte Tommy interessiert.
„Ich habe mir gedacht, ich möchte es Gruppenweise machen. Zwei Kinder in einem Zimmer und vier Zimmer pro Leiter und Leiterin, eben wie eine Familie. Nur gegessen wird dann im großen Rahmen mit allen zusammen. Ich habe sogar Unterstützung aus der Region zugesagt bekommen, die uns mit finanziellen Mitteln helfen wollen. Und unser Spendenkonto läuft fast über. Ich habe nicht gedacht, das Vaters Idee so Anklang findet.“
„Das hört sich alles prima an“, Tommy nahm noch einen Schluck Cappuccino.
„Ich denke die Auswahlkriterien werden schwierig sein. Welches Kind geeignet sind und welche nicht. Kein Kind ist gleich“, überlegte Pierre.
„Ja schon, aber ich habe mich schon mit einigen Vertreter der Kinderhilfe und der Kirche zusammen gesetzt, um dieses Problem zu lösen“, erwiderte Christin.
„Da warst du ja richtig fleißig Christin in den letzten Wochen. Ich bin richtig stolz auf dich Christin, dass du dies so ernst nimmst“, meinte Pierre.
„Danke Pierre, es ist mir auch sehr wichtig, schon alleine daher um den Wunsch meines Vaters zu erfüllen.“
„Er wäre sicherlich stolz auf dich gewesen, wenn er noch da wäre“, sagte Tommy und nahm ihre Hand in die seine.
„Ja er fehlt mir, er wäre mir sicherlich ein guter Berater gewesen“, sagte Christin ein wenig traurig.
Tommy stellte seine Tasse ab
„Was ist jetzt eigentlich aus eurem Gärtner Emilio geworden und seinem Sohn?“, fragte er.
„Da wir und auch Marc“, Marc war der Stallbursche vom Gut Ballater, der jetzt mit Hilfe von Tommy und Pierre die Modellschule von London besuchte, „keine Anzeige gegen die beiden angestrengt haben, kommen sie fast ohne Strafe weg. Emilio muß sich einer psychartrischen Untersuchung begeben und sein Sohn wird mit eine paar Stunden öffentliche Arbeit belegt“, erklärte Christin.
„Das ist ja sehr Milde von euch, echt großherzig!“
Die Tür öffnete sich und ein junger Mann betrat das Cafe.
„Ah, da ist Diego.“
Die Köpfe von Christin und Pierre drehten sich gleichzeitig zur Tür. Tommy stand auf und winkte den jungen Mann zu sich. Pierre war auch aufgestanden und mit einem Händeschütteln begrüßten sie sich alle.
„So Diego. Das sind Pierre und Christin, von den ich dir schon erzählt habe.“
„Ich hoffe nur positives“, sagte Pierre lächelnd.
Tommy wurde rot und Diego grinste.
Als Christin und Diego sich die Hand gaben, traf sich für Sekunden ihr Blick. Christin war angetan von dem Gegenüber. Sein angenehmes Äußeres fiel ihr gleich auf.
„Setzt dich doch Diego, und erzähl uns was dich hier her nach Chicago verschlagen hat, oder bist du hier geboren“, wollte Pierre neugierig wissen.
„Nein, ich komme aus Mexiko, hatte aber das Glück durch Beziehungen hier in Chicago zu studieren.“
„Und was hast du als Hauptinteressensgebiet?“, Christin klinkte sich in das Gespräch ein.
„Hauptsächlich Kunst. Hier hast du die Möglichkeit, alle Fächer gemeinsam zu durchlaufen, um dich später dann für das richtige Gebiet entscheiden zu können.“
Christin war von der Art, wie Diego erzählte und dazu seinen ganzen Körper einsetzte sehr fasziniert.
„Im Augenblick hadere ich zwischen Malerei und Fotografie. Deswegen habe ich mich auch freiwillig für eure kleine Exkursion gemeldet. Damit mir die Entscheidung vielleicht leichter fällt.“
„Kann mir vorstellen, das dies ein schwieriger Entschluss ist. Aber malen kannst du doch auch noch neben her, dass macht Tommy auch. Und mittlerweile verkaufen sich sogar seine Bilder“, sagte Pierre.
„Das hört sich gerade so an, als würde ich keine schönen Bilder malen“, sagte Tommy gespielt beleidigt.
Alle fingen an zu lachen, besonders Diego, der ein besonders ansteckendes Lachen hatte. Tommy erklärte noch ein paar Details in der Runde.
„Hättest du etwas dagegen, wenn wir Diego heute Abend ins Gioco einladen?“, meinte Pierre zu Tommy.
„Natürlich nicht, da haben wir noch Gelegenheit uns besser kennen zulernen.“
„Ins Gioco? Da muß ich mir etwas besseres zum Anziehen beschaffen. Ist ja ein gehobener Laden, wo viele Promis verkehren“, sagte Diego.
„Ist das ein Problem für dich Diego?“, wollte Christin wissen.
„Nein, ich kann mir sicherlich etwas leihen.“
Sie verabredeten sich für abends bei Gioco und verabschiedeten sich von einander. Die Drei fuhren mit der Limousine zurück ins Hotel. Diego schwang sich auf sein Fahrrad und fuhr Richtung Universität davon. Christin wunderte sich noch über das teure Rad, mit dem Diego unterwegs war.
* *
„Der Anzug von Armani steht dir wirklich gut Tommy, ich bin wirklich stolz eine so hübschen Freund zu haben“, meinte Pierre.
„Mal gespannt, ob du das in zwanzig Jahren auch noch sagst“, konterte Tommy.
„Du Tommy, ich habe da eine Frage.“
„Schieß los, ich bin ganz Ohr“, sagte Tommy und versuchte seine Krawatte zu richten.
„Ich weiß gar nicht wie ich beginnen soll. Man kann doch… ich meine hier in Amerika… oh Mensch… warum fällt mir das so schwer?“
Pierre hatte begonnen Tommy die Krawatte zu binden, aber irgendwie wollte es auch ihm nicht gelingen, er war jetzt viel zu nervös dazu. Tommy nahm seine Hände und schaute ihm in die Augen.
„Was kann man in Amerika?“, fragte Tommy ruhig.
Pierre flüsterte fast nicht hörbar, „heiraten…“
Tommy Augen wurden klein und er merkte, dass es wieder auf seine Tränendrüsen drückte.
„Du willst mich heiraten…?“, kam es von Tommy, mit fast ertickender Stimme.
„Ich würde schon gerne, aber… ich weiß nicht wie du darüber denkst Tommy.“
„Gedanken habe ich mir noch keine gemacht darüber. Du weißt aber, die Heirat gilt ja nur in Amerika, zurück in England hat das keinerlei Bedeutung.“
„Ich weiß aber es würde mir schon viel bedeuten Tommy, es wäre mir sehr wichtig.“
Eine kleine Pause entstand. Tommy ließ von Pierre ab und wandte sich dem Fenster zu.
„Im Grunde habe ich nichts dagegen, aber findest du nicht das dies jetzt alles ein wenig schnell geht Pierre?“
„Du hast ja recht, ich dachte ja nur,“ Tommy drehte sich wieder zu Pierre zurück.
„Weißt du, das wir nicht verheiratet sind, ändert nichts an der Tatsache, dass ich dich sehr liebe Pierre. Ich möchte ohne dich nicht mehr sein und deine Nähe keine Sekunde missen.“
Tommy nahm Pierre in den Arm und drückte ihn fest an sich.
„Seit ihr da drinnen bald fertig, ich stehe mir hier draußen noch die Beine in den Bauch“, rief es von draußen.
Pierre kam als erster aus dem Schlafzimmer und stand direkt Christin gegenüber. Sie schaute ihn an.
„Ist irgendwas?“, fragte sie.
„Nein es ist alles in Ordnung“, sagte Tommy der ihm folgte.
„Mann Christin, wo hast du denn den scharfen Fummel her“, kam es von Pierre.
Christin stand in einem langen aber Figur betonten roten Kleid da. Die eine Hälfte war mit Pailletten besitzt und es glitzerte in alle Richtungen wenn sich Christin ein wenig bewegte. Die Schultern waren zwar bedeckt aber dafür konnte man in einem weiten Ausschnitt ihren Rücken sehen.
„Also ich finde, da fehlt noch was Tommy“, meinte Pierre und zwinkerte Tommy zu.
Christin schaute verwundert die beiden an. Tommy lief ins Schlafzimmer und kam mit einem Etui wieder. Er entnahm die Kette und legte sie Christin an.
„Stimmt, so siehst du noch viel hübscher aus“, sagte Tommy und verschloss die Kette.
„Und mit den zwei Ohrringen, gibt es ein abgerundetes Bild“, sagte Pierre und hielt sie an die Ohren von Christin.
„Jungs, ihr seid verrückt, dass hätte doch wirklich nicht sein müssen. Das ist so lieb von euch.“
Christin ging zum Spiegel und steckte die Ohrringe an.
„Komm lasst uns endlich gehen, sonst kommen wir noch zu spät“, sprach Tommy und wies zur Tür.
* *
Mit der Limousine wurden sie zum Gioco gefahren, wo Diego schon auf sie wartete. Er hatte einen Anzug von Boss an. Dafür das er geliehen war, passte er ihm hervorragend, dachte Christin.
Von hinten hätte man meinen können Diego und Pierre wären Brüder. Sie hatten ungefähr die gleiche Größe und beide hatten diese schwarzen wilden Locken, was Tommy bei Pierre so betörend fand.
Sie saßen auf der Empore an einem runden Tisch. Man hatte das Gefühl wirklich in Italien zu sein. Das Ambiente war genau abgestimmt.
„Was kann ich den Herrschaften zu trinken bringen?“, fragte ein Kellner.
„Wenn ihr nichts dagegen habt, werde ich diesen Lambrusco für uns bestellen“, sagte Pierre.
Sie bekamen die Karten gebracht und jeder studierte aufmerksam die Auswahl italienischer Gerichte. Der Kellner kam an den Tisch und verteilte die Gläser und schenkte jedem den Rotwein ein.
„Kann ich gleich ihre Bestellung für das Essen aufnehmen?“ kam es vom Kellner.
Tommy machte den Anfang, „also ich habe mich für die Aubergine-Lasagne entschieden.“
„Ich werde das Risotto mit gebackenen Salbei nehmen“, sagte Pierre und reichte dem Kellner seine Karte.
Christin sah auf, „die Kräuternudeln mit einer Sauce aus Tomaten und roten Zwiebeln würden mich interessieren.“
Als letztes bestellte Diego, Pappa al Pomodoro.
Das Essen war sehr gut und sie amüsierten sich über Pierres Anekdoten, die er den ganzen Abend erzählten.
* *
Als sie gingen hatten sie noch keine Lust, zurück zugehen. Christin hatte Lust tanzen zu gehen. So fragten sie Andrew den Fahrer, ob er ihnen einen guten Vorschlag machen konnte. Er konnte. Er fuhr sie in den Circus Nightclub in der Weed Street.
Sie waren sehr angetan, und tanzen tief in die Nacht. Am darauf folgenden Tag wollten sie sich treffen, um die letzten Vorbereitungen zu treffen.
* *
Tommy legte den Hörer auf.
„Soeben wurde unser Wohnmobil gebracht. Ach ja, stellt das Gepäck, das ihr nicht mit nehmen wollt, einfach mitten in den Raum. Es wird dann automatisch nach Los Angeles gesandt. Das habe ich schon geklärt.“
Das Telefon läutete wieder.
„Ja….nein den Hänger gleich anhängen….genau….die Fracht einladen.. die Boys sollen eben einwenig aufpassen… ja alles gemietet… nein die gehört mir… ich bitte um besondere Sorgfalt… ja ich komme sowieso gleich runter… ja… in Ordnung… bis gleich… .“
Tommy hatte wieder aufgelegt.
„Man sind die schwer von Begriff. Leute ich gehe schon mal runter. Ich muß nachsehen ob die alles einpacken. Und schick mir meine schwarze Taschen mit runter, bye“, und schon war er zur Tür draußen.
„Himmel was ist bloß mit Tommy los, so aufgekratzt habe ich ihn schon lange nicht mehr gesehen“, meinte Christin.
„Das ist ganz normal Christin. Wenn irgendetwas ansteht, wird er immer so hektisch. Er gibt es zwar nicht zu aber er will ein Perfektionist sein, und meint immer alles läuft schief. Dabei hat er alles bis auf kleinste ausgearbeitet. Glaub mir, der kennt sogar jede Kilometerzahl auswendig bis Los Angeles“, sagte Piere und nahm sein Gepäck in die Hand.
Christin räumte ihr restliches Gepäck zusammen, und verließ mit Pierre die Suite.
* *
„Hallo Diego, du bist schon da? Schön dich zu sehen“, sagte Tommy, der unten angekommen war.
„Hallo Tommy, ja bin zwar noch ein bisschen müde, aber das vergeht schon noch. Wo soll ich meine Taschen verstauen? Die zwei grünen da, neben dem Hänger.“
„Hier vorne neben der Eingangstür ist eine Klappe, da kommt sämtliches Gepäck rein.“
Tommy öffnete die kleine Tür. Dahinter tat sich ein kleines Zimmer auf, Platz genug um sogar Fahrräder darin verstauen zu können. Mittlerweile waren auch Pierre und Christin gekommen. Ein Page brachte ihr Gepäck mit einem Wagen hinterher.
Die Begrüßung mit Diego viel herzlich aus, besonders Christin.
„Ich glaube, da bahnt sich etwas an“, flüsterte Pierre zu Tommy und begann unweigerlich frech zu grinsen.
Diego wurde von einem Mann noch mal über die Funktionen des Wagens aufgeklärt. Tommy verstaute noch die restlichen Sachen aus der Suite und verschloss dann fest die kleine Tür. Alle nahmen Platz in dem geräumigen Wohnmobil.
„Ich weiß gar nicht was du hast Tommy. Es ist zwar viel enger hier, aber an Luxus fehlt es hier auch nicht“, sagte Pierre.
Tommy setzte sich vorne zu Diego, Christin dahinter. Pierre dagegen machte es sich auf eines der Betten bequem, weil er noch ein bisschen schlafen wollte.
„Also hier auf der Michigan Street begann die Route66. Diego fahr erst mal die Straße runter dann kommst du automatisch auf den Highway 55. Von dort aus sind es dann ungefähr 60 km bis zu unserem ersten Halt“, meinte Tommy und versuchte sein Papierkram zu ordnen.
Pierre musste grinsen, als sich sein und Christins Blick trafen.
„Wie heißt der erste Halt?“, wollte Diego wissen?
„Juliet. Das kleine Städtchen lag früher direkt an der Route66, mal sehen was es da interessantes gibt“, antwortete Tommy.
Diego startete den Motor und das Vehikel setze sich in Bewegung und rollte die Michigan Street hinunter. Es war zwar keine Hauptverkehrszeit aber die Straßen waren doch recht überfüllt. Auf dem Highway ging es dann doch besser.
Je mehr sie sich von Chicago entfernten, umso leerer wurde die Strasse. Vorbei an unzähligen Vororten von Chicago fuhren sie. Juliet erwies sich als Fehlanzeige. Hier waren sämtliche Hinweise auf die berühmte Straße verschwunden.
Also ging es weiter nach Bloomington, wo es angeblich den besten Ahornsirup der Staaten gab. Die weiteren 140 km schienen Diego nichts aus zumachen. Er fuhr sehr ruhig, machte keinerlei hektischen Bewegungen am Lenkrad, und Pierre war bald darauf eingeschlafen.
Ein lauter Knall und das schlingern des Wagens holten ihn aber gleich wieder zum Leben zurück. Diego hat Mühe das Mobil einigermaßen ruhig zu Halten. Am Seitenstreifen konnte er den Wagen zum Stehen bringen.
„So ein Mist, fängt ja gut an“, rief Diego.
„Was ist denn Diego?“, wollte Christin wissen.
„Einer der Hinterreifen ist geplatzt, und dabei sind wir doch erst kurz unterwegs“, meinte Diego ärgerlich.
Tommy und Diego stiegen aus und schauten sich den Schaden an. Es dauerte nicht lange und ein Wagen der Highwaypolice hielt hinter ihnen. Der eine Cop sah sich das Rad an und ging zurück zum Wagen.
Über Funk verständigte er einen Abschleppdienst, der nach geraumer Zeit auch schon auftauchte. Mit vereinten Kräften wurde der wagen aufgebockt.
„Wo sind denn die Ersatzräder?“, wollte Diego wissen.
„Hinten im Hänger“, erwiderte Tommy.
„Ich hole ihn schon“, sagte Pierre und setzte sich in Bewegung.
Doch bevor Tommy ihn aufhalten konnte, hatte Pierre den Hänger schon geöffnet.
„Wow hier steht ja ein Motorrad drin, Tommy davon hast du uns ja gar nichts erzählt.“
„Doch habe ich nur dir nicht. Sollte eine weitere Überraschung für dich sein, weil ich weiß wie gerne du Motorrad fährst.“
„Ich will ja nicht meckern, aber könnte mir jemand vielleicht jetzt mal das Rad bringen?“, sagte Diego verärgert.
„Oh entschuldige. Habe ich vor lauter Bike ganz vergessen“, sagte Pierre und zog das Reserverad heraus.
„Du verwöhnst deinen Pierre ganz schön Tommy“, meinte Christin.
„Es macht mir Spaß ihn zu verwöhnen Christin. Er hat mir ein neues Leben geschenkt wenn du so willst, und ich bin ihm unsagbar dankbar dafür.“
* *
Christin lächelte ich an, und ging dann noch ein paar Schritte um sich die Füße vor der Weiterfahrt ein wenig zu vertreten. Dabei viel ihr Blick laufend auf Diego.
Sein muskulöser Oberkörper zeichnete sich genau ab unter dem enganliegenden T-Shirt. Jede Muskelbewegung riskierte sie. Sie wusste nicht recht was mit ihr los war. Sie kannte Diego gerade mal zwei Tage. Doch schon jetzt hatte sie sich unsterblich in ihn verliebt.
Und schon alleine das machte ihr Gedanken. So etwas war ihr nämlich bis jetzt noch nicht passiert. Aber was brachte es, die Reise dauerte keine Ewigkeit. Dann würden sie zurück nach England fliegen und Diego würde zu seiner Uni zurück kehren.
Und mit dem bisschen Geld was er hatte, wäre es nie möglich, dass er sie in England besuchte. Diego verstaute das Werkzeug und den kaputten Reifen und bedanke sich bei dem Monteur, der anscheinend ein Landsmann von ihm war.
Christin wunderte sich ein wenig, weil der Mann mit seinem Kopf mehrere Verbeugungen machte. Das es Diego sichtlich peinlich war, bemerkte sie sofort. Er sprach in seiner Landessprache, so konnte Christin nicht verstehen, was er zu dem Mann sagte.
Aber ein wenig komisch kam ihr die Sache doch vor.
* *
„Wie viele Überraschungen hast du noch auf Lager, Tommy? Das mit dem Motorrad wäre doch nicht nötig gewesen“, rief Pierre.
„Ich wollte halt… ach ich weiß auch nicht. Es macht mir eben Spaß dich zu verwöhnen. Mir gefällt das Glitzern deiner Augen, wenn du die Überraschung siehst. Ich genieße deine Art, wie du dich benimmst, deine Freude zeigst. Es ist einfach schön dich dabei zu beobachten“, sagte Tommy verlegen.
„So sehr liebst du mich? Ich weiß das du mich liebst. Aber deine Liebe scheint höher unerreichter zu sein. So maßlos, treu, rein… ich weiß nicht wie ich sie noch beschreiben soll. Es ist aber schön von einem Menschen so geliebt zu werden. Es macht mich reich, reicher wie mancher Multimillionär auf dieser Welt.“
Pierre beendete seinen Satz damit, dass er das Gesicht von Tommy zärtlich in die Hände nahm zu sich ran zog, und ihm einen zärtlichen Kuss gab. Tommy war gerührt über soviel Zärtlichkeit.
„Und wenn du mich schon verwöhnen möchtest, dann verwöhne mich heute Nacht“, sagte Pierre und stieg in das Wohnmobil.
Tommy folgte ihm und setzte sich wieder vorne auf seinen Platz. Pierre hatte sich zu Christin gesetzt, die sich sehr angeregt unterhielten. Es schien um Diego zu gehen, aber mehr konnte er im vorbeigehen nicht verstehen.
* *
Diego hatte bereits den Motor gestartet, als die Highwaypolice an ihm vorbei zog.
„Was wird unser nächster Halt sein?“, wollte Diego wissen.
„Naja, dass wäre nach wie vor Bloomington. Werden ja sehen, was es dort interessantes zu sehen gibt“, gab Tommy zur Antwort.
„Und wie weit werden wir heute noch fahren?“, wollte Pierre wissen.
„Bis nach Saint Louis. Ich habe uns für dort ein Hotel gebucht. Und wenn ihr nichts dagegen habt, möchte ich dort auch einen Tag verweilen.“
„Nichts lieber als das. Jeden Tag hier im Wagen verbringen, ist auch nicht so interessant.“
„Naja aber erst mal fahren wir die I 55 hinunter bis Gardner und dort gehen wir auf die Landstraße. Dort ist unsere erste Sehenswürdigkeit. Es handelt sich um die Dwight Marathon Oil Station. Sie wurde 1932 erbaut und soll noch im Original Zustand sein.“
* *
Da war sie, aber leider geschlossen. Sie wurde komplett innen umgebaut. Die Tankstelle sollte als Museum fungieren und aus diesem Grund die ganzen Bauarbeiten. Tommy meinte dennoch ein paar gute Schnappschüsse schießen zu können.
Also stiegen alle aus, und schauten sich einwenig um. Tommy überprüfte das Licht und suchte sich passende Motive aus. Diego hatte er auch eine Kamera gegeben. Dieser versuchte sich an einer Zapfsäule der Trucks.
Tommy meinte, wenn gute Bilder darunter wären, könnte man sie zur Fotoserie dazu nehmen.
„Was ist mit dir Christin, du schaust so nachdenklich“, meinte Pierre und setzte sich zu Christin auf den Baumstamm.
„Ach ich denke an meinen Rosenkavalier. Ich weiß nicht was ich davon halten soll. Man hört ja allerhand Sachen aus Amerika, wegen Nachstellerei und ähnliches. Ich mache mir da schon ein wenig Sorgen.“
„Christin, ich denke, darüber brauchst du dir Gedanken zu machen und außerdem hast du ja noch uns, drei ganz tolle Beschützer“, sagte Pierre und lächelte sie an.
Jetzt fing auch sie an zu lachen.
„Was habt ihr denn wieder lustiges zu erzählen?“ wollte Tommy wissen.
„Das ist unser Geheimnis“, sagte Pierre und streckte eingebildet die Nase übertrieben in die Luft. Tommy begann ebenfalls an zu lachen.
„Können wir dann weiter fahren, du eingebildete Zicke?“, rief Tommy.
„Was Zicke, wart nur ab, das wird ich dir heimzahlen“, sagte Pierre und versuchte Tommy durch zukitzeln.
* *
„Können wir beim nächsten Halt eine Mittagspause mit Essen einplanen, mein Magen knurrt schon…“, wollte Pierre wissen, nach dem sich seine angebliche Zickerei gelegt hatte.
„Ach so, das war dein Magen, ich dachte mit dem Wagen stimmt etwas nicht“, sagte Tommy.
Und alle fingen wieder an zu lachen, außer Pierre der seinen Schmollmund raus drückte. „Natürlich können wir halten um etwas zu essen, in Bloomington gibt es bestimmt was für dich. Wir sind ja bald da“, meinte Tommy und schaute liebevoll zu Pierre.
„Und wie soll ich jetzt weiter fahren?“, wollte Diego wissen, der versuchte am Straßenrand zu parken.
„Wenn wir gleich essen wollen, kannst du auf der I55 weiterfahren, aber wenn wir der Route 66 folgen wollen, musst du da vorne in die Lincoln Street einbiegen.“
„Also, wenn du nichts dagegen hast, würde ich lieber erst essen gehen Tommy. Ich hab wirklich einen Heißhunger“, meinte Pierre und rieb sich über den Magen.
„Also weiter auf der I55 ungefähr noch einen Kilometer, dann müsste das Radison Hotel kommen, da können wir dann zu Mittag essen.“
Diego reihte sich wieder in den Verkehr ein. An jeder Ampel musste er stehen bleiben, weil diese auf Rot stand.
„Wenn das so weiter geht, verhungere ich noch hier hinten.“
„Keine Sorge Pierre, noch drei Ampeln und wir sind da.“
Diego steuerte einen größeren Parkplatz an, und parkte das Mobil auf einen für ihn gekennzeichneten Parknische.
Sie stiegen aus und liefen über die Strasse zum Hotel.
Da das Radison auch gleichzeitig ein Meetingstreff war, gab es keine Schwierigkeiten, einen Tisch fürs Essen zu bekommen.
Alle waren erstaunt über Pierre, mit welcher Gier er sich das Essen rein schob. Es schien als wolle er nicht satt werden. Nach dem Essen gönnten sich alle noch einen Cappuccino. Dann ging es weiter.
Sie fuhren zurück zum Ausgangspunkt und bogen in die Lincoln Street ein.
Schöne Motive von alten Häuser waren für Tommy drin. Er fotografierte sie jedoch aus dem Wagen heraus. Diese verwischte Technik im Vordergrund, dass man keine Personen erkennen konnte, aber das Haus selbst klar und deutlich zu sehen war, ist eine Spezialität von Tommy.
Diese Bilder gingen immer schnell weg.
Diego war bereits in der Main Street, als Tommy fragte, „wie wär es denn mit der Erdnussfabrik „Bear Nuts“, wollen wir da mal rein schauen?“
„Oh bitte nicht. Ich bin so voll, und wenn ich schon ans Essen denke, platze ich gleich.“
Christin konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Also fahren wir weiter auf der I55, dann kommen Shirley, Funks Grove, und Mc Lean. In Mc Lean gibt es das Diexie Trucker Home. War früher ein berühmter Truckertreff an der Route 66 und wird jetzt mehr als Museum genutzt“, meinte Tommy und machte es sich auf seinem Sitz bequem.
Er nahm seine Kamera und blickte durch den Sucher. Falls er was interessantes sah, war es nur durch das Klicken der Kamera zu merken.
Alle Städte hinter sich gelassen, fuhren sie weiter Richtung Springfield.
Springfield war der frühere Wohnort von Abraham Lincoln und auch Hauptstadt von Illinois. Christin fand es aufregend, dass Wohnhaus eines richtigen Präsidenten zu sehen.
Im Heritage In Flight Museum machten sie dann Halt.
Diego bekam wieder seine Kamera und durfte auf eigene Faust los fotografieren.
Pierre und Christin lasen sich durch die Flut von Hinweisschildern mit Bilder.
„He Tommy komm mal her“, sagte Pierre und winkte ihn zu sich.
„Schau mal hier. Hast du gewusst, das dies hier früher nach dem Krieg ein Kriegs-gefangenenlager für Deutsche war?“
„Nein wusste ich nicht. Aber irgendwo mussten sie die Leute ja bringen. Warum nicht hierher. Auf jeden Fall, werde ich ei
ne Fotografie dieser Gedenktafel machen. Man weiß ja nicht wofür man es ja mal brauchen kann.“ „Versuch die Namen drauf zu bekommen, da stehen ja jede Menge“, meinte Christin und lass die Liste weiter.
„Wenn wir heute Abend pünktlich in St. Louis seien wollen, müssen wir jetzt aber aufbrechen“, meinte Diego der Tommys Unterlagen in der Hand hatte.
Alle beeilten sich mit dem Einsteigen, weil Tommy noch ein paar Highlights der Route fotografieren wollte. Diego bog in die Marathon Street ein und plötzlich war Schluss.
Die Strasse war durch eine Schranke gesperrt.
„Das habe ich mir fast gedacht. Die Route 66 läuft hier weiter. Doch wenn der Springfield Lake einen hohen Pegel hat, ist ein größeres Stück der Strasse überflutet. Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als parallel zur 66 auf der I 55 weiter zufahren.“
Sie fuhren auf der Umleitung weiter. Doch Tommy kam doch auf seine Kosten.
In Farmerswill befand sich noch ein Art Motel mit Restaurant aus der früheren Zeit. Bei Litchfield machten sie kurz Stop im Arista Cafe.
Eine riesige Wand mit alten Fotografien, erinnerte an die legendäre Zeit der 66. Tommy versuchte einige ab zu fotografieren, während die anderen an ihrem Kaffee schlurften.
An der Old Shell Stadion in Mount Olive wollte Diego dann tanken. Auch hier wie sonst überall waren alte Bilder ausgestellt, aber auch verschiedene Sachen aus der Zeit ausgestellt. Tommy kam überhaupt nicht mehr nach mit fotografieren.
„So Leute, jetzt sind es noch 190 km. Dann hätte wir unser Reiseziel für heute erreicht.“
„Wenn du nichts dagegen hast lege ich mich ein wenig hin Tommy“, meinte Christin.
„Du Diego, wenn du willst löse ich dich ein wenig ab“, sagte Pierre.
„Hätte nichts dagegen, eine kurze Fahrpause täte mir schon gut, danke Pierre.“
Pierre setzte sich nach vorne zu Tommy und Diego machte sich auf dem oberen Bett breit.
„War das jetzt nicht ein bisschen offensichtlich?“ sagte Tommy zu Pierre.
„Ich weiß gar nicht was du willst, habe ich was falsch gemacht?“
„Nein hast du nicht, aber jetzt haben die beiden Zeit sich ein wenig zu beschnuppern.“
„Glaube ich nicht, denn unser Freund schläft schon tief und fest.“
Tommy wendete sich nach hinten, und sah das Diego in tiefen gleichmäßigen Atemzügen schlief. „Da habe ich ja einen tollen Vorschlag gemacht, dachte nicht das er so müde ist. Naja es waren immerhin 390 km bis jetzt und mit dieser Karre ist ja auch nicht leicht zu fahren.“
„Ich finde, wir haben mit Diego einen Glücksgriff gehabt. Er ist zuverlässig, hilfsbereit und sieht zudem sehr gut aus. Hast du seine Muskeln beim Reifenwechsel gesehen?“
Pierre warf einen vorwurfsvollen Blick zu Tommy.
„Ja habe ich. Und jetzt sehe ich ein Funkeln in deinen Augen.“
„Pierre. Höre ich da einen gewissen Anflug von Eifersucht?“
„Ich eifersüchtig. Nein. Wie kommst du da drauf. Wenn ich jedes Mal, wenn du Bilder von gutaussehenden Jungs machst, die fast nichts oder gar nackt sind, eifersüchtig werden würde, dann hätte ich viel zutun.“
„Sehr interessant. Dir macht es also nichts aus, wenn ich mit diesen Boys alleine bin?“
„Wenn ich ehrlich bin schon ein bisschen. Tommy du siehst so verdammt gut aus, und ich habe schon Angst, das sich einer dich mal krallt.“
„Pierre da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Die Jungs können noch so aufreizend sein, und an denen mangelt es wirklich nicht, doch jedes Mal wenn ich sie fotografiere denke ich an dich und wäre lieber mit dir zusammen.“
„Das ist lieb von dir und tut gut es aus deinem Munde zu hören.“
„Außerdem bin ich ja nicht der einzigste hier der anderen hinterher schaut.“
„Aber mal ehrlich Tommy, findest du nicht, die zwei da hinten würden gut zusammen passen. „ „Darüber möchte ich mir keine Meinung bilden, dazu kenne ich Diego noch zu wenig.“
„Noch? Willst ihn also näher kennen lernen?“, fragte Pierre grinsend.
„Wart du erst mal ab, wenn wir heute Abend ins Bett gehen. Da zeige ich dir dann, was ich will. Darauf kannst du dich verlassen.“
Beide fingen an zu lachen.
* *
Ein paar Kilometer später.
„In was für eine Nobelherberge hast du uns denn diesmal eingemietet?“
„Ins Westin St. Louis. Soll wirklich ein Nobelladen sein. Was ich im Internet gesehen habe, hat mich schon überzeugt.“
„Hast du alles über das Internet abgewickelt?“
„Naja, fast alles. Diego war mir schon ein Hilfe dabei.“
„Ich habe gar nicht gemerkt das du dich so oft mit Diego in Verbindung gesetzt hast.“
„Das habe ich alles nachts gemacht während du schliefst, wegen der Zeitverschiebung, weißt du.“
Pierre musste grinsen.
„Erst heißen Sex mit mir machen und anschließend wenn ich eingeschlafen bin, mit so einem Traumboy im Internet. Jaja, du bist mir der Richtige, du Schlitzohr.“
„Also Traumboy, dann gefällt er dir also auch?“
„Natürlich gefällt er mir, du weißt doch von meiner Schwäche für Latinos.“
„Da werde ich wohl auch ein Auge auf dich werfen müssen.“
Pierre fuhr rechts ran. An einer kleine Tankstelle rannte er auf die Toilette.
„Buh, das war jetzt aber höchste Zeit. Ich hätte es keine Kilometer mehr länger ausgehalten.“
„Sind wir schon da?“
Christin kam mit verschlafenen Augen aus dem Wohnmobil gestiegen.
„Nein noch nicht, aber wir fahren aber gleich weiter. Pierre musste nur mal dringend für kleine Jungs.“
„Oh, das ist eine gute Idee, wartet ich gehe auch noch kurz“, sagte Christin und lief in die Tankstelle.
„Diego scheint einen guten Schlaf zu haben. Schau mal wie fest er schläft.“
Tommy warf einen kurzen Blick auf Diego.
„Und wie er da liegt, mit nackten Oberkörper. Eine richtige Sahneschnitte. Pierre ich verstehe dich langsam warum dir Latinos so magst.“
Pierre zog Tommy zu sich und während er ihn in den Arm nahm gab Pierre ihm einen zärtlichen Kuss.
„Ich finde es ja sehr reizend, das ihr beiden mich so gutaussehend findet, bin auch echt gerührt darüber“, Tommy und Pierre fuhren erschrocken herum, Diego stand in der Tür des Mobils, „aber bezeichnet mich bitte nicht mehr als Sahneschnitte. Irgendwie fühle ich mich dabei unwohl.“
„Tommy, du hättest vielleicht geiles Teil sagen sollen oder scharfes Gerät“, sagte Pierre grinsend. Diego wurde rot.
Tommy strich mit seiner Hand über Diegos Brust, was dieser mit einem tiefen Einatmen quittierte.
„Finde Wahrheiten darf man sagen, und das du sehr gut aussiehst, ist die Wahrheit Diego. Hast du dir nicht mal Gedanken darüber gemacht es vielleicht vor der Kamera zu versuchen“, fragte Tommy.
„Tommy jetzt reicht es aber verwirre doch den Jungen nicht so“, stänkerte Pierre.
„Man darf doch noch fragen? Das war rein geschäftlicher Natur.“
Pierre zog Tommy wieder zu sich heran.
„Komm du mir heut Abend ins Bett, dann zeige ich dir was meine geschäftliche Natur ist.“
Diego hatte mittlerweile sein T-Shirt wieder angezogen und es sich hinter dem Lenkrad wieder bequem gemacht. Christin stieg auch in das Wohnmobil und gesellte sich zu Diego.
„Das find ich aber toll, Tommy. Da kannst du dich zu mir aufs Bett legen“, meinte Pierre.
„Wer sagt denn, dass ich mich überhaupt zu dir legen will?“, meinte Tommy frech.
Durch das Anfahren von Diego und weil Pierre an Tommys Hose zog, kippte Tommy auf Pierre im Bett.
„So will ich dich schon stundenlang bei mir haben.“
„So unbequem auf dir liegend?“
„Ist doch jetzt egal. Hauptsache ich spüre dich an meinem Körper, nur das zählt. Worüber denkst du nach?“
Pierre hatte Tommys starren Blick gemerkt.
„Mir fiel gerade ein, wie toll du doch in deiner schwarzen Motorradkluft aussehen musst.“
„Wie was für Klamotten?“
„Meinst du ich besorge ein Motorrad, und denke nicht an eine Lederkombi.“
„Wo ist sie?“
Tommy stand auf und öffnete einer der Stauraumfächer. Er zog eine schwarze Lederjacke heraus und gab sie Pierre. Pierre zog sein Hemd aus. Auf seine nackte Haut streifte er die Jacke über und zog den Reißverschluss bis zur Hälfte zu. Mit den Jeans und den Cowboystiefeln die er an hatte, und seine Mähne sah er jetzt noch verwegener aus.
Tommy flüsterte ihm ins Ohr.
„Wenn wir jetzt alleine wären, würde ich über dich herfallen. Du siehst so scharf aus. Wenn du jetzt noch die Hose dazu anziehst, glaub ich, vergesse ich mich.“
„Ich kann sie ja nachher mit ins Hotel nehmen, dann kannst du da weitermachen, wo du jetzt nicht anfangen kannst.“
Pierre entledigte sich der Jacke und streifte sein Hemd über.
Tommy konnte es sich nicht verkneifen, kurz über den muskulösen Oberkörper zu streicheln. „Nachher Tommy, die paar Kilometer wirst du ja noch aushalten können“, sagte Pierre keck und setzte sich auf den Sitz.
Tommy nickte zustimmend, und setzte sich neben ihn.
Sie genossen beide den Ausblick an der vorbeiziehenden Landschaft. So weit man schauen konnte gab es Mais und Weizenfelder. Hier und da waren vereinzelt eine Herde Rinder.
„Jetzt fehlen nur noch ein paar rassige Cowboys.“
Tommy mußte lächeln, als er wirklich welche auf Pferden sah, die gerade Rinder in ein Gatter treiben.
„Ich muß dich enttäuschen Pierre schau mal da, dort sitzt eine Frau auf dem Pferd.“
„Die Cowboys von heute sind auch nicht mehr dass was sie mal waren. Dass sich Frauen auch immer in Männerberufe drängen müssen.“
„Wie war das?“, Christin war hellhörig geworden.
„Früher gab es auch nur weibliche Modells, darüber solltest du dir Gedanken machen, wer in welchen Berufszweig eindringt.“
Diego und Tommy fingen laut an zu lachen und Pierre zog wie immer den kürzeren.
„Hoffentlich sind wir bald da, ich muß raus aus dieser Enge.“
„Keine Sorge Pierre. Wir erreichen schon die Vororte von St. Louis“, sagte Diego.
Er bog in die Chain of Rocks Road ein. Er hielt sich genau an Tommys Fahrroute, der bereits seine Kamera zur Hand genommen hatte.
„Willst du dich nicht lieber wieder hier vorne hinsetzen Tommy?“, sagte Christin und stand bereits auf.
Tommy wechselte den Platz mit ihr.
„Biege da in die Naneoki Road ein, dann müsste wir direkt auf die Madison Avenue stoßen. Und dann sind wir auch gleich bei der Old Chain of Rocks Bridge. Ich wäre zwar lieber über die Kingsley Bridge gefahren, doch die ist für den Verkehr gesperrt. Sie ist die einzigste Brücke die noch von der Route 66 stammt.
Aber die Old Chain ist auch interessant. Sie ist nämlich die längste Brücke mit Stahlträger dieser Bauart die es gibt. Von dort aus können wir dann auch das Gateway Arch sehen.“
„Was soll dieser Bogen eigentlich darstellen?“, wollte Diego wissen.
„Es sollte das Tor nach Westen darstellen. Als es gebaut wurde war hinter St. Louis nicht viel, jedenfalls noch keiner größere Ansiedlung, hier war Schluss.“
* *
Pierre beobachtete Tommy von seinem Platz aus. Nein eifersüchtig würde er bei Tommy nie werden. Er war eher stolz, dass Tommy sein Freund war. Er hätte jeden anderen haben können, aber nein, er hatte sich für ihn entschieden.
Und Pierre war froh darüber, denn seinen Entschluss bereute er nie. Zu lange hatte er darauf hin gearbeitet um wieder mit Tommy zusammen sein zu können. Er hatte viel Energie dafür aufgewendet. Und sein Warten hat sich gelohnt.
Nun hatte er Tommy für sich alleine. Er teilte die Wohnung und das Bett mit ihm. Mit ihm wollte er alt werden. Pierre dachte auch noch mal über das Heiratsangebot an, dass er Tommy gemacht hatte und verstand natürlich Tommys Einstellung.
Er war ihm über seine Antwort nicht böse. Zu sehr liebte er Tommy. Sehnsüchtlich schaute er zu Tommy nach vorne.
„Man, du guckst noch genauso verliebt wie am ersten Tag Pierre“, sagte Christin. Pierre wurde aus seinen Gedanken gerissen.
„Bin ich auch Christin, bin ich. Und ich bin der glücklichste Mensch der Welt, das kannst du mir glauben.“
„Du bist echt beneidenswert. Ich glaube, ich werde als alte Jungfer in Rente gehen.“
„Ach Christin, rede doch nicht so einen Unsinn. Die wird es schon erwischen, oder hat es dich schon erwischt und es ist dir nicht bewusst?“
„Wie meinst du das?“
„Ach komm, ich sehe doch, wie du Diego immer anstarrst. Und er ist da auch nicht ganz unbeteiligt.“
„Oh Pierre, was soll das? Da kann doch nie etwas daraus werden. Er kommt aus Mexiko und ich aus England. Und du weißt genau das ich die Hälfte des Jahres unterwegs bin um zu modeln.“ „Sage niemals nie Christin. Du weißt nicht was das Schicksal für dich geplant hat.“
„Wenn du meinst Pierre.“
„Warten wir mal ab. Wir sind ja noch ein paar Tage zusammen.“
Diego fuhr gerade auf die Old Chain.
„He, schaut mal. Da könnt ihr das Gateway Arch sehen“, sagte Tommy und zeigte nach draußen. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so eine Größe hat. Bewundernswert diese Bauart“, sagte Diego. „So musst du alles sehen Diego. Du musst immer mit dem Auge als Kamera schauen. Und vor allem musst du auf dein Herz hören. Was dir wichtig erscheint… fotografiere es. Nur so werden Bilder interessant und für andere gefühlsbetont. Merke dir das immer. Wenn dir etwas nicht passt, sei es auch nur eine kleine Kleinigkeit, so lass es. Das Foto kannst du vergessen, es wird nie den Ausdruck bekommen, wie du dir ihn wünscht.“
„Ja und wenn ich jetzt einen Auftrag hätte so wie du, da wird doch vorgeschrieben, was man fotografieren soll.“
„Das Thema wird vorgeschrieben. Welche Bilder du dafür verwenden möchtest, ist dir überlassen.“
„Also wenn ich jetzt ein Beispiel nehme, hier der Fluss…“
„Ja erzähle mir wie würdest du ihn in Szene setzen?“
„Ich würde den Schaufelraddampfer dort unten fotografieren, wie er langsam seine Bahn zieht an das andere Ufer.“
„Die Idee ist nicht schlecht Diego. Aber du hast doch hier noch viel mehr Elemente am Wasser.“ „Du meinst jetzt die Brücke oder die Skyline von St. Louis?“
„Ja genau. Ich würde mich ein wenig entfernt von der Brücke ans Ufer stellen. Dann kannst du alles auf ein Bild bekommen. Die Stadt, die Brücke, den Fluss und wenn du Glück hast sogar den Dampfer. Damit fängst du die Atmosphäre ein, die diese Stadt auf die Menschen bewirkt. Nur solltest du vermeiden, das an irgendeinem Punkt Personen stehen. Sie gelten als Blickfang und lenken zu stark vom Wesentlichen ab.“
Christin hatte stillschweigend diesen kleinen Vortrag zu gehört.
„Dein Tommy könnte ohne Probleme Fotografen ausbilden. So wie er das jetzt erklärt hat, könnte ich sogar gute Bilder schießen.“
Pierre nickte.
„Die Zeit nehmen wir uns jetzt noch Diego. Biege nach der Brücke einfach rechts ab und versuche einen Weg an das Ufer zu finden.“
Diego steuerte das Mobil von der Brücke und bog bei der nächsten Gelegenheit ab. Tommy lies bewusst Diego eine Stelle aussuchen, die er für eine Fotografie für geeignet hielt.
„So und nun schaue durch den Sucher. Verstehst du jetzt was ich meine?“
Pierre und Christin beobachteten die beiden vom Wohnmobil aus.
„Du hast Recht Tommy. Mit all diesen Elementen auf dem Bild, wird das Foto aussagekräftiger.“ „So, schieß dein Bild und lass uns dann endlich zum Hotel fahren.“
* *
Sie hatten nicht nur gerade den Mississippi überquert, sonder auch die Staatsgrenze nach Missouri passiert. Diego fuhr die Auffahrt zum Westin St. Louis hinauf. Sie entnahmen dem Wagen ihr Handgepäck und liefen zur Rezeption.
Tommy klärte die Formalitäten. Ihr Gepäck aus Chicago war bereits eingetroffen, und auf die Zimmer gebracht worden. Der Portier reichte dem Zimmerpagen die Schlüssel. Tommy hatte ein Doppelzimmer und zwei Einzelzimmer gebucht.
„Misses, die Geschenke haben wir ebenfalls auf ihr Zimmer bringen lassen“, sagte der Page zu Christin.
„Geschenke?“
Christin schaute die Jungs fragend an, die alle unwissend mit den Schultern zuckten.
„Das muß sich um ein Missverständnis handeln. Ich kenne doch hier niemand.“
„Die Geschenke wurden für Lady Ballater abgegeben“, erwiderte der Page.
„Aha, der heimliche Verehrer wieder“, sagte Pierre mit einem Grinsen.
Christin betrat ihr Zimmer mit einem unbehaglichen Gefühl. Auf einem runden Tisch standen ein paar kleine Geschenke aufgebaut und natürlich einen großer roter Rosenstrauß.
„Nun mach schon auf Christin, mache es nicht so spannend“, sagte Pierre und nahm eines der Geschenke in die Hand und hielt es schüttelt an sein Ohr.
„Eine Bombe ist nicht drin.“
„Kannst uns ja später sagen was drin ist, ich gehe jetzt in unser Zimmer und packe erst mal aus und dann geh ich unter die Dusche, die hab ich mir redlich verdient“, meinte Tommy und verlies das Zimmer.
Pierre stellte das Päckchen ab.
„Da werde ich mich wohl anschließen“, meinte Pierre und verlies ebenfalls das Zimmer.
Diego, der die ganze Zeit an der Tür stand gab ein Handzeichen und verschwand ebenfalls.
* *
Tut das gut, das heiße Wasser zu spüren, dachte Tommy. Er hörte wie sich die Tür zum Bad öffnete. Es klopfte an die Duschwand.
„Hier draußen steht ein einsamer, kleiner Junge der sich ein bisschen nach Wärme sehnt.“
„Dann zieh dir was an, dann ist es nicht so kalt“, sagte Tommy lachend zu Pierre.
Pierre öffnete die Tür und trat in die Dusche.
„Ähm, ich meine ja nur, aber hättest du dir die Sachen nicht vielleicht vorher ausziehen sollen?“ Pierre stand vor ihm und hatte seine Shorts, ein T-Shirt und seine Socken noch an. Durch das Wasser aufgeweicht lagen jene eng an der Haut an, was zur Folge hatte, dass man Pierres ausgeprägten Körperbau bewundern konnte.
Tommy zog ihn zu sich heran, und begann Pierre leidenschaftlich zu küssen. Seine Hände wanderten am Rücken herunter, und suchten sich ihren Weg unter das klebende Shirt. Er streichelte an Pierres Rücken hinauf, während die andere Hand über den wohlgeformten Hintern von Pierre fuhr.
Pierre bekundete das mit einem Stöhnen, dass leise über seine Lippen kam. Er entledigte sich seine nassen Klamotten und warf sie vor die Dusche auf den Boden. Eingehüllt im Dampf des heißen Wassers machte er sich über Tommy her.
* *
Christin saß am kleine runden Tisch und besah sich ihre Geschenke. Am besten gefiel ihr die schmale Uhr die sie immer noch in ihren Händen hielt. Wer macht mir solche Geschenke, dachte Christin, die fassungslos die Geschenke eins nach dem Anderen in die Hand nahm und immer wieder anschaute.
Sie warf die Sachen auf Tisch und stand auf. Sie nahm ihre Tasche und stellte sie aufs Bett. Im Bad drehte sie das Wasser auf und zog ihre Kleidung aus. Auch sie wollte sich einwenig frisch machen.
* *
„So jetzt aber raus, sonst kommen die uns noch mit überhöhter Wasserrechnung“, meinte Tommy.
Beide trockneten sich ab und Tommy versorgte Pierres nasse Sachen noch.
„Man war das gut, das sollten wir öfter machen Tommy.“
Pierre hatte sich nackt auf das Bett gelegt.
„Das kannst du haben, in jedem Hotel in dem wir absteigen bis Los Angeles.“
„Das sind ja verlockende Aussichten. Um wie viele Hotels handelt es sich denn?“
„Moment.“
Tommy durchsuchte seine Tasche nach seinen Unterlagen. Pierre stand auf und schmiegte sich an Tommy.
„Hör auf, das war ein Scherz mit der Frage. Komm ich weiß die Zeit viel besser zu nutzen.“
„Schon wieder fit? Hast du eine Ausdauer“, sagte Tommy bewundernd.
„Ich habe ja nichts dagegen, aber wir verschieben das lieber auf später. Die anderen warten sicherlich schon auf uns. Ich habe doch ein Tisch bei Novaks bestellt.
Wenn wir nicht pünktlich kommen, ist er weg und du bekommst heut nichts mehr zu Essen.“
„Warum sagst du das nicht gleich. Ich habe einen Bärenhunger.“
„Kann ich mir vorstellen. Wenn man sich so verausgabt hat, kann man ja nur Hunger haben.“
Pierre lächelte Tommy an.
„Hat es dir nicht gefallen?“
„Doch hat es, und wie. Aber ich spüre jetzt jeden einzelnen Muskel meines Körper, dank deiner.“
„Dann wird ich dich nachher, wenn wir zurückkommen, erst mal einer Massage unterziehen.“
„Das wäre eine tolle Idee, ich nehm dich bei Wort.“
„Kannst du ruhig.“
Pierre gab Tommy einen Kuss und stieg in seine Klamotten.
Er zog die schwarze Lederhose an, die er von Tommy geschenkt bekommen hatte. Darauf ein weites, weißes Hemd.
„Du siehst wie immer sehr verführerisch aus“, gab Tommy zu besten, der gerade einen Pulli über den Kopf zog.
„Das will ich auch schwer hoffen. Man weiß ja nie was einem über den Weg läuft.“
„He, du hast gefälligst nur mir nach zuschauen.“
„Das fällt mir nicht schwer, dein knackiger Hintern kommt in der engen Jeans voll zu Geltung.“ Beide fingen an zu lachen.
„Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, wir wollen heute Abend, noch irgendwelche Weiber aufreißen.“
Die Zwei verließen laut lachend das Zimmer.
* *
„Da seid ihr ja endlich. Ich dachte schon, ihr seid da oben eingeschlafen. Der Wagen wartet bereits draußen auf uns“, sagte Christin.
Diego stand dicht hinter ihr und trat ungeduldig auf der Stelle. Er hatte ebenfalls eine Lederhose angezogen, doch seine war braun. In seinen Klamotten sah er jetzt eher wie ein derber Cowboy aus, als ein friedlicher Student.
Zu viert verließen sie das Hotel und stiegen in die Limousine.
Der Fahrer machte absichtlich einen Umweg. So konnten sie einige Sehenswürdigkeiten bei Nacht von St. Louis sehen.
Bei Novaks Bar & Grill angekommen, drang schon laute Country Musik auf die Straße.
„Was ist den hier am Gange?“, wollte Pierre wissen.
Tommy sah Pierre an.
„Ja ich weiß. Ich soll mich überraschen lassen.“
Tommy nahm ihn in den Arm, und gemeinsam schlenderten sie in den Laden.
Christin und Diego folgten ihnen. Ein buntes Spektakel war im Gange und ein lautes Treiben von der Bühne dröhnte zu den Vieren.
Sie setzten sich an den Tisch und sogleich war eine Bedienung war da. Sie bestellte ihre Getränke und bekamen die Speisekarte gereicht.
„Was essen wir denn, die Auswahl ist ja riesengroß“, meinte Christin und überflog die einzelnen Vorschläge.
„Das hört ja gar nicht mehr auf. Da kann ich mich bestimmt nicht entscheiden, sind ja lauter leckere Sachen.“
„Also mir würde der Eggie Weggie Burger reizen, der hat alles drauf, was mein Herz begehrt“, sagte Pierre und rieb sich hungrig den Magen.
„Ich nehm den Crispy Salad Surpreme der hat einen scharfe Mustard Dressing, genau das richtige für mich“, meinte Diego.
Tommy blätterte in der Speisekarte.
„Ich glaub, ich nehm den Meat Sampler, ich möchte mal wieder richtig viel Fleisch.“
Pierre mußte bei dem Wort Fleisch frech grinsen, was Tommy nicht entgangen war.
„Ja, esst ihr nur eure Fleischberge. Ich halt mich an was vegetarisches. Die frittierten Zucchinisticks mit Ranchsauce machen mich irgendwie an“, sagte Christin.
Jeder gab seine Bestellung auf und nun tranken sie erst mal etwas. Pierre zog kräftig an seinem Bier.
„Du bist ja ein richtiger Schluckspecht“, sagte Tommy frech grinsend.
Pierre konnte sich nicht beherrschen und pruste los.
„Man Pierre, mach doch nicht so eine Sauerei auf unseren Tisch. Die schmeißen uns ja noch vor dem Essen raus. Mit euch Jungs kann man echt nirgends hingehen. Irgendwer macht immer etwas peinliches.“
„Darf ich euch mal etwas fragen?“, warf Diego in die heitere Runde ein.
„Natürlich Diego, wenn es nichts peinliches ist“, entgegnete Pierre.
„Nein nichts peinliches, denke ich jedenfalls.“
„Schieß los, mache es nicht so spannend.“
„Mich würde interessieren wie ihr euch kennen gelernt habt und seit wann du und Tommy zusammen seid.“
Pierre wollte gerade ansetzen, da viel ihm Christin ins Wort.
„Das erzähle ich dir lieber, bin ja schließlich ein Beobachter von außen. Also Tommy und ich haben uns bei meinem dritten Fotoshooting kennen gelernt. Er angagierte mich direkt vom Shooting weg, für einen Auftrag. Und ich wusste damals schon das Tommy ein bekannter und angesagter Fotograf war.“
Christin nippte kurz an ihrem Glas und erzählte dann weiter.
„Für mich war es das Tor zur Welt. Seit die Bilder veröffentlicht wurden kann ich mich vor Angeboten kaum noch retten. Wir wurden richtig gute Freunde, weil wir ja auch beruflich ja viel miteinander zu tun hatten. Auch merkte ich bald das Tommy rein berufliches Interesse an mir zeigte, tja er war eben schwul. So bekam ich auch mit, wie er sich in einen kleinen, damals noch unbekannten Franzosen verliebte.“
„Unbekannt? Klein? Wie beschreibst du denn mich wieder Christin?“, frotzelte Pierre.
Tommy mußte grinsen.
„Und seitdem seit ihr zusammen?“, wollte Diego wissen.
Tommy schüttelte den Kopf.
„Nein Diego“, wieder ließ Christin niemand von den Beiden zu Wort kommen.
„Sie waren eine zeitlang zusammen, aber die Streitigkeiten wurden mehr, und als sie sich in der Öffentlichkeit, also bei Fotosaisons nur noch anschrieen, trennten sich die Beiden.“
„Waren wir damals echt so schlimm?“, fragte Tommy.
„Ja, wart ihr. Ich hätte euch schütteln können. Ihr hattet Streit wegen jeder Kleinigkeit, es war nicht zum aushalten.“
„Aber jetzt seit ihr wieder fest zusammen?“, meinte Diego.
„Ja, und daran ist indirekt Christin schuld. Sie hat uns wieder zusammen gebracht.“
Christin schaute Tommy verblüfft an.
„Christin es ist schön dich auch mal sprachlos zu sehen“, sagte Pierre frech.
„Du musst wissen Diego, wir sind mit Christin zusammen in familiärer Sache nach Schottland gefahren, und da hat es einfach noch mal gefunkt zwischen uns. Und seither sind wir unzertrennlich“, sprach Pierre weiter.
„Nicht ganz“, verbesserte Tommy Pierre, „soweit unser Terminkalender es eben erlaubt.“
„Das hört sich ja richtig romantisch an, so etwas müsste mir auch passieren.“
„Du willst einen Jungen kennen lernen?“, fragte Pierre frech.
„Nein, ein Mädchen, aber wer möchte schon einen Studenten aus Mexiko kennen lernen. Da kommt immer gleich die Bemerkung, der will dich doch nur wegen der Greencard.“
„Och, ich weiß da vielleicht jemanden…“, sagte Pierre frech, „Aua.“
Ein verstörter Blick von Diego fiel auf Pierre. Christin hatte Pierre an Schienbein getreten. Christin wandte sich an Diego.
„Natürlich hab ich schon so was gehört bei uns in England. Aber so wie du das schilderst, war es mir nicht bekannt.“
„Doch es ist so, besonders wenn man aus Mexiko kommt. Tausende versuchen jährlich über die verbotene Grenze zu kommen und fast alle werden sie wieder eingefangen und zurück gebracht. Die es schaffen leben im Verborgenen und nehmen irgendwelche Hungerlöhnerjobs an. Und wenn ich sage, ich komme aus Mexiko, werden gleich sämtliche Papiere von mir verlangt. Ich bin froh, dass Tommy, das alles geregelt hat, dass ich mich hier in den verschiedenen Staaten unbedenklich bewegen kann.“
Tommy setzte ein Lächeln auf. Diego wusste nicht, was Tommy alles in Bewegung hat setzen müssen, dass er ihn mitnehmen konnte. Das Essen wurde gebracht, und sogleich änderte sich das Gesprächsthema zum Essen hin.
* *
Nach dem Essen fuhren sie zurück zum Hotel und setzten sich noch ein wenig an die Bar. Hier spielte dezente Musik und sie konnten sich auch besser unterhalten. Diego erzählte von seinen Plänen, vielleicht sein Glück in Europa zu suchen.
Die Möglichkeit wäre gegeben, wenn ihm die Universität, auf der er war, ihm eine Empfehlung ausstellen würde. Christin hörte fasziniert zu und konnte ihren Blick nicht mehr von Diego lassen.
Tommy beobachtete das Ganze und versank im Gedanken, wäre schon nett, wenn Christin auch jemanden finden würde. Diego war wirklich ein netter Kerl und vor allem zuverlässig.
Pierre stupste ihn an und holte Tommy in die Gegenwart zurück.
„Trinken wir noch einen oder gehen wir schon hoch ins Zimmer?“
„Wenn du willst trinken wir noch einen Pierre, ich wollte morgen nicht so früh losfahren.“
„Was ist unser nächstes Ziel morgen?“, wollte Christin wissen.
„Springfield.“
„Wieso Springfield, da waren wir doch schon.“
„Nein. In Missouri, wie in fast jedem anderen Staat hier, gibt es auch ein Springfield und dort fahren wir hin.“
* *
Pierre hatte Schwierigkeiten mit dem Aufstehen. Sein Kopf fühlte sich an, als wäre er einen Meter breiter als sonst. Aus dem einen Drink waren mehrere geworden. Und nun hatte Pierre die Quittung. Ein Kater, wie er ihn noch nie hatte.
„Was haben die da rein gemixt? Mein Kopf fühlt sich an wie ein riesiger Ameisenhaufen.“
„Es ist nicht die Frage was die da rein gemixt haben, sondern was du alles in dich rein geschüttet hast“, sagte Tommy und setzte sich neben Pierre aufs Bett.
„Ich weiß überhaupt nichts mehr, ich habe den totalen Filmriss.“
„Das habe ich gemerkt. Ich mußte dich ins Bett tragen. Diego hat mir dabei geholfen soweit es ihm möglich war.“
„Möglich?“
„Ja meinst du, du alleine hast soviel getrunken.“
Diego verträgt nur anscheinend mehr. Und Christin, über die möchte ich lieber kein Wort verlieren.“
Tommy grinste bis über beide Ohren.
„Hab… hab ich was schlimmes gemacht?“
„So kann man das auch nennen, …schlimmes.“
Pierre wurde noch blasser im Gesicht.
„Hab ich mich ausgezogen an der Bar, Gäste angemacht… sag es mir bitte?“
„Nein, von dem allem nichts. Muss ich dir ürigends hoch anrechnen, bei dem Alkoholpegel. Es war etwas anderes. Du hast dich an Diego rangemacht.“
„O Gott, wirklich?“
„Ja, aber nicht so wie du es normalerweise tust. Ihr wart so betrunken, dass ich denke Diego hat es nichts ausgemacht, besonders als du plötzlich von einem Extrem ins andere gefallen bist.“
Pierre saß mit weit aufgerissenen Augen in Bett.
„Als erstes bist du ihm immer dichter auf die Pelle gerückt. Dann hast du ihn laufend umarmt. Als du dann angefangen hast ihn ab zuknutschen, wollte ich eingreifen. Aber wie von selbst hast du wie ein Bessener auf Diego eingeredet, wie toll Christin doch als Freundin für ihn wäre.“
„Das habe ich gemacht? Ich kann mich bei Diego und Christin nicht mehr blicken lassen. Ist das peinlich.“
„Peinlich ist gar kein Ausdruck. Aber du brauchst dir keine Sorgen zumachen, Christin war genauso voll wie du. Ich würde mich wundern wenn sie noch etwas von heute Nacht wüsste.“
„Und Diego?“
„Der war von dir angetan. Hin und her gerissen zwischen dir und Christin.“
Tommy mußte laut lachen.
„Ich trink nie wieder einen Tropfen Alkohol, so was darf mir nie wieder passieren.“
„Tolle Einsicht. Aber nun steh auf und geh erst mal duschen. Und das du weißt, die Massage um die du mich heute nacht gebracht hast, werde ich irgendwann einfordern.“
„Wieso hab ich heute nacht denn…“
„Nein kaum was du im Bett, bist du friedlich eingeschlafen.“
Pierre stand auf und lief ins Bad. Nach einer Weile hörte Tommy einen lauten Schrei aus dem Bad. Er mußte grinsen, denn er hatte das Wasser auf kalt gestellt, weil er wusste, dass Pierre bestimmt nicht auf die Einstellung schauen würde.
* *
Ich saß schon unten beim Frühstück und wartete auf die anderen.
„Hallo Freunde. Seid ihr alle fit?“
Christin stand vor unserem Tisch.
„Christin du kannst deine Sonnenbrille ausziehen. Hier scheint keine Sonne. Außerdem bin ich nur da. Pierre kommt gleich und Diego habe ich noch nicht gesehen.“
„Was haben wir nur heute nacht gemacht, ich weiß nichts mehr, besser gesagt ich weiß nicht ob es real war oder ob ich das alles geträumt habe.“
„Was hast du denn geträumt?“, fragte Tommy der sich gerade ein Brötchen schmierte.
„Pierre und Diego haben sich geküsst und ich und Diego haben uns auch geküsst…“
„Also Pierre und Diego haben sich wirklich geküsst und nicht nur einmal.“
„Oh, wirklich?“
Christines Antwort klang einwenig enttäuscht.
„Aber du und Diego, ihr habt euch da schon was geliefert. Als du ihm auch noch das Hemd ausziehen wolltest, hab ich euch hoch geschickt.“
„Ich und Diego?“
„Ja, du und Diego. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte man meinen können ihr zwei wärt schon ewig zusammen.“
Diego und Pierre kamen in den Frühstücksraum. Christines Gesicht verfärbte sich tiefrot.
„Guten Morgen“, kam es leise von Diego.
Pierre nickte nur mit dem Kopf. Still saßen sie da und verloren kein Wort. Sie vermieden es sich an zuschauen. Plötzlich fing Tommy an zu lachen.
„Ihr müsstet euch mal sehen. Sitzt da wie ein Jammerhaufen.“
„Du hast gut reden“, sagte Pierre, „du bist auch der einzigste der nicht betrunken war.“
„Leute hört auf euch zu bemitleiden oder für was von heut nacht zu schämen. Ich fand es gut, dass jetzt endlich klare Linien zwischen uns gezogen sind und wir über die Gefühle der anderen Bescheid wissen.“
Christin schaute Diego in die Augen.
„Guten morgen Diego.“
„Wie Christin, kein Schatz mehr, jedenfalls hast du mich so genannt heute nacht.“
Diego zog Christin zu sich und gab ihr einen kleinen Kuss.
„Ach Pierre, du brauchst dir keine Gedanken machen wegen unserer Knutscherei. Ich habe es genossen, dass muß ich zugeben, auch mal von einem Mann so begehrt zu werden. Aber du verstehst sicherlich, das mir Chris wichtiger ist.“
„Schon gut, schon gut. Ich habe es schon verstanden. Nie trink ich wieder was … nie wieder.“ Tommy nahm ihn lachend in den Arm.
* *
„Und was wird nun aus uns?“, wollte Christin von Diego wissen.
Mittlerweile waren sie schon wieder unterwegs, Richtung Springfield.
Diesmal fuhr Tommy, er hatte am wenigsten getrunken und war so heute als einzigster Fit fürs Fahren.
„In zwei Wochen fliege ich wieder nach Europa zurück. Und für eine Kurzversion einer Liebesgeschichte, bin ich nicht zu haben.“
„Christin mach dir doch keinen Kopf. Ich habe es dir doch gestern erklärt.“
„Du musst entschuldigen, aber davon weiß ich nichts mehr.“
„Also noch mal von vorne. Ich bemühe mich um einen Platz an der Universität Göttingen in Deutschland. Da wären noch Plätze frei bei Kunstwissenschaft. Mit der Empfehlung meiner Uni und der von Tommy wird das kein Problem sein. Und von England nach Deutschland oder anders herum, ist doch ein Katzensprung.“
„Das würdest du machen?“
„Natürlich würde ich das tun. Und jetzt wo ich noch einen Grund mehr dazu habe nach Europa über zusiedeln, habe ich es mir fest vorgenommen.“
Christin legte sich in die Arme von Diego und schloß glücklich die Augen.
Tommy fuhr die Manchester Avenue hinunter, bog in den Kingshighway ein um auf die Interstate 44 zukommen.
„Leute wollt ihr den Unterschlupf von dem berühmt-berüchtigten Jesse James sehen?“
„Den gab es wirklich? Ich dachte, dass war nur ein Western, den sich jemand ausgedacht hatte.“ „Nein den gab es wirklich. In Stanton bei Meramee Caverns gibt es die Höhle in der Jesse lebte, ist bestimm auch ein paar Schnappschüsse wert. Ach Diego, nicht das du jetzt anfängst nur noch deinen Schatz zu fotografieren. Von Christin existieren schon Bilder genug, ich habe jede Menge von ihr.“
„Du hast Bilder von mir?“
„Ja hab ich. Ich archiviere alle meine Bilder von meinen Modells, und da sind deine auch darunter. Und seit der Erfindung des Computer fällt mir das noch leichter und ich brauche kein zusätzliches Archiv mehr.“
„Dann hast du also auch Bilder von mir?“
„Selbstverständlich habe ich Bilder von dir Pierre. Das sind ja auch rein zufällig meine Lieblingssammlung, besonders die Werbungsserie von Davidoff mit Cool Water.“
„Die? Hast du da alle noch? Ich hatte während der Session fast die ganze Zeit nichts an.“
„Ich weiß, deswegen gefallen sie mir ja auch so gut.“
„Tommy, die musst du mir bei Gelegenheit auch mal zeigen“, sagte Christin grinsend.
„Kannste haben, die CD-ROM von Pierre habe ich immer bei mir. Mit dem Lap Top, das ich dabei habe kannst du dir alle anschauen.“
„Gibt es da nicht irgendwelche Urheberrechte die das verbieten das sie jeder angucken kann?“, wollte Pierre wissen.
„Die Rechte habe ich, falls du es schon vergessen hast. Und dem, den ich zeigen möchte, kann ich es zeigen. Aber sei beruhigt, ich hab sie noch niemand gezeigt, ist ja schließlich meine private Sammlung.“
* *
Die Stadtgrenze war passiert, und die Häuser am Rand der I 44 wurden weniger. Schon wie in Illinois vorher, erstreckten sich zahllose Getreidefelder über die ganze Landschaft. Vereinzelt erschienen kleine Ansiedlungen.
Diego und Christin waren eingeschlafen und bei Pierre fehlte auch nicht mehr viel.
„Pierre geh doch nach hinten und leg dich ein wenig hin. Hier vorne sitzt du doch nur unbequem.“ Pierre war aufgestanden und hatte sich nach hinten verzogen, schnell war er eingeschlafen. Tommy fuhr weiter auf der Interstate.
Nach einer Weile wurde auch er müde und beschloss bei der nächsten Möglichkeit zu halten. An einem kleine Rastplatz bewegte er das große Gefährt von der I44.
Er machte den Motor aus und streckte sich erst mal. Die Drei lagen auf den Betten und schliefen den Schlaf der Gerechten.
Tommy stieg aus und genoss die Vormittagssonne in seinem Gesicht. Er lief an einem Stück und nach einem kleinen Wald tat sich ein kleiner See vor ihm auf. Er spielte ein wenig mit der Hand im Wasser.
Es war nicht kalt, obwohl die Sonne noch nicht lange hier scheinen konnte. Tommy schaute sich um. So weit er sehen konnte, weite Felder und kein Mensch weit und breit. Nur von hinten drang ab und zu das Geräusch eines vorbeifahrenden Autos zu ihm.
Kurzerhand zog er sich nackt aus und sprang in den See. Mit langen Zügen schwamm er seine Bahn quer über den See. Das Wasser gab ihm ein angenehmes Gefühl auf seiner Haut. Am Ufer angelangt, legte er sich auf den Rasen um sich in der Sonne um sich trocknen zu lassen.
Er sollte so was öfter machen, dachte er sich. Einfach ausspannen und es sich gut gehen lassen.
„Ich verstehe jetzt Pierre, wenn er sagt du siehst aus wie ein griechischer Gott.“
Tommy schlug die Augen auf und schaute in die Augen von Diego. Er war aufgewacht und den frische Fußspuren im niedergetrampelten Gras gefolgt und Tommy am See nackt liegend vorgefunden. Etwas peinlich gerührt, setzte sich Tommy auf.
„Darf ich mich einwenig zu dir setzten?“ Tommy nickte.
„Ich wollte mich schon lange mal gerne mit dir alleine unterhalten, aber meistens sind die anderen dabei und es geht nicht.“
„Über was willst du mit mir reden?“, fragte Tommy.
„Mich fasziniert euer Zusammenleben. Ich kenne das nicht. Ich hatte nie einen richtigen Freund, ich meine jetzt nicht auf das Sexuelle bezogen.“
Diego wandte seinen Blick zum See.
„Gut ich habe auch schon mit anderen Jungen herum gemacht, aber eigentlich stehe ich doch mehr auf Mädchen.“
Tommy hörte Diego wortlos zu.
„Aber seit ich dich und Pierre kenne, merke ich erst was mir fehlt. Ein Freund. Einen, der mit mir durch dick und dünn geht, der immer für mich da ist und ich auch für ihn. Einfach jemanden zum Reden haben, das fehlt mir doch arg.“
„Ich verstehe dich Diego, mir ist es genauso gegangen. Christin hat dir ja erzählt, dass Pierre und ich erst wieder seit kurzen zusammen sind. Die drei Jahre davor, hatte ich ebenfalls niemanden. Es staut sich alles in dir auf, du versuchst es zu unterdrücken. Aber an manchen Tagen kommt alles heraus und trifft dich hart. Meistens dann, wenn du es gar nicht gebrauchen kannst. Und dann wird es schwer aus allem heraus zu kommen. Immer neue Dinge kommen dazu, es ist wie ein endloser Teufelskreis. Und dann braucht man eine Freund, der einen da raus zieht.“
Tommy stand auf und zog sich wieder an. Diego hatte sich bereits auch erhoben.
Tommy hob die Arme.
„Komm her…“
Tommy zog Diego zu sich und nahm ihn in den Arm.
„Wenn du willst Diego, bin ich für dich da. Komm einfach zu mir wenn du reden willst. Und wenn ich später in Europa bin, gibt es ja auch noch Mails und SMS für Notfälle. Und schließlich willst du ja auch nach Europa, dann wird es leichtes sein mich zu erreichen.“
„Danke Tommy, das ist sehr nett von dir.“
Diego gab Tommy ein flüchtigen Kuss auf die Wange und lief den Weg zurück zum Mobil. Tommy folgte ihm. Christin und Pierre schliefen immer noch, so stiegen beide ein und Tommy lenkte den Wagen zurück auf die Interstate.
„Es ist echt schön hier“, meinte Diego.
„Ich genieße es dieses satte Grün der Wälder und Wiesen. Bei uns daheim gibt es das nicht und vor allem es ist dazu viel zu heiß. Wo werden wir heute nacht schlafen?“
„Ich weiß es nicht so direkt. Wir hätten zwei Möglichkeiten. Entweder machen wir halt zwanzig Meilen vor Springfield, da habe ich eine kleine Pension gefunden. Klein ist gut, es sieht aus wie ein Südstaatenhaus. Habe es im Internet gesehen. Es ist zweistöckig Der Eingang ist von vier großen Säulen umsäumt, umringt von alten Bäumen und im Garten steht noch ein kleines Cottage“, erklärte Tommy.
„Sie haben zwar nur sieben Doppelzimmer, dafür aber mit reichhaltiger Ausstattung. Oder wir fahren nach Springfield in die City. Dort gibt es das Best Western Route 66 Rail Haven. Aber da es nur den Namen der Route hat, ist es auch kein interessantes Objekt zum fotografieren.“
„Also für mich hört sich das vor Springfield besser an. Außerdem sagtest du ja auch, dass wir ja auch mal im Mobil schlafen, oder?“
„Ja stimmt. Heute im Dickey House und morgen verbringen wir den Tag in Springfield. Und am späten Nachmittag fahren wir dann weiter und übernachten unterwegs irgendwo im Mobil.“
„Könntest du da vorne kurz halten, ich möchte gerne telefonieren. Meine Handy ist leer.“
„Du kannst doch meins benutzen.“
„Nein, danke Tommy, es ist ein R-Gespräch nach Mexiko, ich habe versprochen mich daheim zu melden.“
Tommy fuhr an der kleine Stadion von der Interstate und parkte den wagen hinter dem Häuschen.
„Sind wir schon da?“, meldete sich Christin.
„Nein nur ein kurzer Halt, Diego möchte kurz Zuhause anrufen“, erwiderte Tommy.
Pierre streckte sich im Bett.
„Das hat jetzt aber gut getan“, kam es von Pierre.
„Kein Wunder du hast ja auch fast 150 km verschlafen“, sagte Tommy.
„Soviel?“
Pierre stand auf und verlies den Wagen. Tommy nahm seine Kamera, weil er ein Paar Details aus der früheren Zeit der Tankstelle entdeckt hatte. Christin umrundete das Häuschen und fand Diego in der Telefonzelle vor.
„Ja wäre nett, wenn sie es besorgen könnten. Vielen Dank. Auf Wiederhören.“
Diego legte den Hörer auf und wollte sich umdrehen, als Christin ihn ansprach.
„Na hast du deine Familie erreicht?“
„Was? Ach so, das eben. Nein bei mir zu Hause sind alle ausgeflogen. Nur die Kö.. Nachbarsfrau war da.“
Diegos Gesicht färbte sich rot. Er gab Christin schnell eine Kuss und lief zurück zum Mobil. Christin sah ihm verwundert nach, machte sich dann aber doch keine weiteren Gedanken darüber. Alle stiegen ein und Tommy konnte weiterfahren.
„Wollten wir nicht in Stanton anhalten und diese Höhle anschauen?“, wollte Pierre wissen.
„Ich habe sie angeschaut. Ihr habt so fest geschlafen, dass ich euch nicht wecken wollte. Ich habe meine Fotos gemacht, und bin dann weiter gefahren.“
* *
In Lebanon besuchten sie einen Diner und aßen zu Mittag. Christin und Pierre waren von dem Vorschlag am nächsten Tag im Wohnmobil zu schlafen, wie Diego, begeistert. Die Fahrt zog sich dahin.
Da es keine weiteren Sehenswürdigkeiten, die mit der Route 66 zu tun hatte, hier entlang gab, beschlossen sie bis zu Dickey House durch zufahren. Kurz vor Springfield machte ein kleines Schild auf das Haus aufmerksam.
Tommy drosselte das Tempo des Mobils und bog vorsichtig in die enge Seitenstraße ein. Da die Straße ein wenig uneben war, wurden die Vier sehr stark durchgeschüttelt. Aber dann tat sich ein gepflegtes Stück Erde auf.
Es roch nach frisch gemähten Rasen. Eine riesige Blumenfülle zierte kleinere Inselgruppen auf dem satten Grün. Uralte Weiden und Buchen standen verteilt auf dem Grundstück. Nun kam auch das Haus zum Vorschein. Wie Tommy schon erzählt hatte, stachen die vier weiße Säulen, die am Boden begannen und am Dach oben endeten, ins Auge.
„So stelle ich mir richtige Südstaatenhäuser vor“, sagte Christin.
„Du hast Recht, alles blitze blank und in weiß gehalten. Und das Grundstück kann sich sehen lassen. So ein gepflegtes Stück Land kenne ich eigentlich nur von dir Zuhause in Ballater. Dies erinnert mich sehr stark an eure Parkanlage, nur das hier ganz andere Sorten von Blumen wachsen“, meinte Pierre.
„Diese Pracht und Farbenfülle der verschiedenen Sorten, da muß jemand hier ein Händchen dafür haben.“
Tommy stellte das Gefährt auf den großen Parkplatz hinter dem Haus.
„Das scheint das Cottage zu sein, sieht das niedlich aus. Schlafen wir da drin?“, fragte Christin. Tommy drehte sich zu ihr, „du ich weiß es nicht, da ich so kurzfristig gebucht habe, wurden mir nur zwei Doppelzimmer zugesagt.“
Bei dem Wort Doppelzimmer grinste Diego Christin an. Sie erwiderte es mit einem schüchternen Lächeln.
„Ah, sie müssen Mister Cummingham sein.“
Ein kleiner unauffälliger Herr kam um das Haus gelaufen. Er gab jedem die Hand und grüßte freundlich.
„Ihre Zimmer sind bereit. Wir haben für sie zwei wunderschöne Zimmer ausgesucht. Würden sie mir bitte folgen, damit ich ihnen den Weg zeigen kann.“
Der Mann lief ihnen voraus und betrat durch eine kleine Seitentür das Haus.
„So hier wären wir. Hier ist der Fontaine Room und hier direkt daneben liegt der Heritage Room. Beide haben einen Verbindungsraum mit Wintergarten.“
Tommy folgte dem Herrn um die Formalitäten zu erledigen, während die anderen zum Wohnmobil zurück liefen und das Gepäck holten.
„Also wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich gerne den Fontaine Room nehmen. Mir gefällt das Möbel im viktorianischen Stil und zudem finde ich diese Rosentapete und die passenden Vorhänge so süß.“
In ein paar Vasen standen auch kleiner Rosensträuße.
„Ich und Tommy nehmen dann das andere Zimmer. Es ist ein bisschen schlichter gehalten. Vor allem hat es nicht soviel Rosen drin“, sagte Pierre grinsend.
Er trug sein und Tommys Gepäck ins Zimmer und stellte es auf dem Himmelbett artigen Nachtlager ab. Lange dunkelgelbe Stoffbahnen hingen schwerfällig von der Decke herunter. Das dunkle Holz der Möbel machte diesen Raum noch kleiner wirkend. Tommy kam hinzu.
„Oh schau mal, wir haben sogar ein offenes Kamin.“
Pierre legte ein freches Grinsen auf, „da fehlt jetzt nur noch das Bärenfell.“
Tommy, der sich denken konnte, was Pierre damit meinte.
„Och der Orientteppich tut es auch.“
Pierre begann zu lachen und nahm Tommy in den Arm.
„Du ich habe nachgefragt, wie es hier aussieht, mit Motorrad fahren. Hier wäre ein herrliches Gelände zum fahren. Würdest du eine Spritztour machen?“
„Du? Ich dachte du magst die Höllenmaschine nicht.“
„Naja schon, aber wenn ich daran denke, wie ich eng angeschmiegt an dir sitze. Darauf will ich nicht verzichten.“
Tommy hatte zur Überraschung von Pierre eine ähnliche Lederkombi für sich dabei. Er dachte noch bei sich, das hat dieser Hund doch vorher doch alles genau durch geplant. Sie gingen am Wohnzimmer vorbei, wo es sich Christin und Diego zu einem Drink bequem gemacht haben.
„Wo wollt ihr den hin?“, fragte Christin.
„Wir machen noch eine kleine Spritztour vor den Abendessen, also bis gleich. Wir fahren nicht weit.“
Pierre hatte inzwischen das Motorrad aus dem Hänger geholt. Aus einem Koffer holte Tommy zwei identische Helm und gab einen davon Pierre. Mit einem lauten Dröhnen startete Pierre die Maschine und saß auf.
Er schaute zu Tommy. Ihm war wohl doch nicht so Recht bei dem Gedanken, sich da drauf zu setzen.
„Zier dich nicht so Tommy, ich fahre auch ganz vorsichtig. Ich weiß gar nicht was du hast. Ich bin ein sehr guter Fahrer, dir wird schon nichts passieren.“
* *
Diego hatte das Ganze vom Fenster aus beobachtet.
„Warum hat Tommy so eine Angst vor dem Motorrad. Es ist doch so cool mit diesem Bike übers Land zu driven.“
„Da musst du bei Tommy nachsichtig sein. Es hat mit seiner Kindheit zu tun. Ich hab dir doch erzählt, dass Tommy als er jung war, seine Eltern durch ein Verkehrsunfall verloren hatte.“
„Ja hast du.“
„Sein Vater ist damals einem Motorradfahrer ausgewichen und verlor die Kontrolle über den Wagen. Beide also auch seine Mutter starben noch am Unfallort. Der Motorradfahrer kam mit ein Paar Kratzer und einem Schrecken davon. Daher auch die Abneigung, gegen das Teil.“
„Dann ist es nur verständlich, muß schlimm sein für einen Jungen, die Eltern zu verlieren. Wie alt war er?“
„Ich glaube vierzehn.“
Diego sah den beiden nach, wie sie langsam von dem Grundstück fuhren.
* *
Tommy drückte sich eng an Pierre. Sein Unwohlsein hatte er noch nicht überwunden. Pierre gab richtig Gas auf den geraden Strecken. Tommy schloss die Augen und versuchte sich abzulenken. Es gelang ihm aber nicht. Zu stark war der Druck, der von der Maschine ausging.
Immer fester presste er sich an Pierre, bis dieser irgendwann rechts ran fuhr.
„Was ist mit dir Tommy, willst du mir die Rippen brechen?“
„Tut mir leid, es war mir nicht bewusst.“
Pierre zog den Helm ab.
„Ist es so schlimm für dich? Ich spüre wie dein ganzer Körper zittert.“
„Irgendwann muß ich doch mal diese Angst überwinden.“
„Ganz ruhig Tommy!“ Pierre bockte die Maschine auf und nahm Tommy in den Arm.
„Weißt du was, wir fahren jetzt ganz langsam zurück, und“, Pierre schaute auf seine Uhr, „gibt es eh bald Essen. Und mir macht es nichts aus, wenn du dich eng an mich drückst beim Fahren. Nur nicht erdrücken.“
Er gab Tommy einen Kuss, und beide stiegen wieder auf. In langsamer Fahrt setzte er den Rückweg an.
* *
„Und was machen wir zwei. Willst du hier sitzen bleiben, oder wollen wir draußen noch einwenig die Abendluft genießen?“
Christin stand auf und nahm Diego an die Hand.
„Lass uns rausgehen, noch einwenig Appetit holen.“
„Für was? Für das Abendessen oder etwas anderes?“
Christin gab Diego einen Kuss und verließ durch die Verandatür das Zimmer nach draußen. Diego stand im Gedanken versunken und schaute ihr nach. Sie ist in mich verliebt, obwohl sie nichts über mich weiß, rein gar nichts.
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, und er folgte ihr durch die Tür in den Garten.
„Herr Trust, gut das ich sie treffe. Ich wollte mich noch für die wunderschönen Sträuße in unserem Zimmer bedanken. Die Rosen sind herrlich.“
„Es tut mir leid Miss, aber die sind nicht von uns. Kurz vor ihrer Ankunft wurden sie per Express noch zugestellt. Meine Frau verteilte sie dann im Zimmer.“
Christin verlor auf einen Schlag ihre gute Laune.
„Ist ihnen nicht gut Miss?“
„Nein, nein. Es ist alles in Ordnung.“
Christin rannte durch den Vordereingang ins Haus. Sie lief zu ihrem Zimmer. Sie durchsuchte jeden Strauß. Bei der dritten Vase wurde sie fündig. Sie nahm die Karte und öffnete sie.
Die sind alle für dich
„Christin….?“ Christin fuhr herum.
Diego stand im Türrahmen.
„Ich muß dir, glaube ich, etwas erklären. All die Blumen sind von mir, auch die in Chicago und die Geschenke in St. Louis.“
„Von dir?“
Christin lies die Karte fallen.
„Aber warum, du wusstest doch, dass mich das beunruhigt. Warum?“
Sie schaute ihn mit ängstlichen Augen an.
„Ich…wie soll ich das erklären..“
„Am besten von Anfang an“, Christin war über die Festigkeit ihrer Stimme selbst erstaunt.
„Es hat alles damit angefangen, das mir Tommy Bilder von dir und Pierre per Internet geschickt hat. Ich fand dich besonders reizvoll und da habe ich mir vorgenommen, alles über dich heraus zu finden. Ich habe das von deiner Erbschaft mitbekommen…“
Christin wurde laut.
„Bist du auf mein Geld aus?“
„Nein Christin… lass mich doch erklären….mich ausreden.“
Diego war hochrot im Gesicht geworden.
Christin setzte sich auf Bett. Ihr Gesicht war steinern geworden.
Was bildete sich dieser Typ ein? Warum ich? Ich will das er geht.
Tausend Gedanken stürzten auf sie ein.
„Ich bin nicht der, für den du mich hältst.“
„Wie, was soll das heißen, bist du unter falschen Namen hier.“
„Moment Christin, lass mich erzählen unterbrich mich bitte nicht. Bitte vertrauen mir, auch wenn es dir jetzt schwer fällt. Ich heiße… Diego Montenez und ich bin wirklich ein Student aus Chicago. Ich studiere Kunst als Hauptfach. Soweit weißt du Bescheid. Aber… ich komme… nicht aus einer armen Familie, wie du vermutet hast.“
Christin starrte ihn fragend an.
„Ich bin der Sohn eines Großindustriellen in Mexiko. Ich habe mein eigenes Geld und alles was dazu gehört.“
„Und warum …“, Christin mußte dieses Geständnis erst verdauen, „warum spielst du uns allen ein Theater vor.“
Sie stand auf und lief auf Diego zu. Sie wollte schon ausholen, aber der tiefe Blick in Diegos Augen ließ sie inne halten.
„Dass ich dich liebe Chris war nicht gespielt.“
„Ich weiß, war nicht zu übersehen“, stammelte Christin tonlos und zupfte nervös an den Rosen herum.
„Ich wurde von meiner Familie angewiesen, hier so unauffällig wie nur möglich zu sein.“
„Das Fahrrad…der Anzug…“
„Christin was meinst du?“
„Ich habe mich gewundert, wie du als normaler Student in Chicago mit einem so teuren Fahrrad herum fahren hast können. Und der Anzug für den Italiener war nicht geliehen, dazu sah er viel zu maßgeschneidert aus. Und jetzt, was soll jetzt werden. Warum hast du mir das nicht gleich gesagt. Hast du so wenig Vertauen zu mir?“
Diego wandte sich ab.
„Ich weiß ich hätte es dir sagen sollen, wer weiß was mich geritten hat. Bin so erzogen worden aufzupassen, das ich nicht nur wegen meines Geldes Freunde habe.“
„Das müsstest du aber mittlerweile mit bekommen haben, dass ich und weder Tommy und Pierre auf Geld aus sind. Wie kannst du nur auf so beschissene Gedanken kommen, ich versteh dich nicht Diego.“
Christin kochte vor Wut.
„Was ist mit uns?“
Tommy und Pierre waren zurück gekommen. Sie standen im Türrahmen und sahen wie Christin und Diego abgewandt voneinander standen.
„Oh wir kommen wohl ungelegen“, sagte Pierre und wollte Tommy schon mit sich ziehen. „Tommy sagt dir der Name Montenez in Beziehung auf Mexiko etwas?“
Tommy kam ins Zimmer und schaute zwischen Diego und Christin, hin und her.
„Montenez…“, Pierre überlegte angestrengt, „ist das nicht so ein Superreicher da unten?“
„Ja, du hast es erfasst und hier steht sein Sohn.“
Christin wies mit ihrem Kopf Richtung Diego.
„Sein Sohn…?“
„Ja, sein Sohn… und uns spielt er den Bettelstudenten vor.“
Christin war außer sich. Tommy nahm sie in den Arm.
„Christin komm wieder herunter, er wird schon seine Gründe gehabt haben, es uns zu verschweigen.“
Tommy schaute fragend zu Diego. Der stand da und schien nicht voll da zu sein. Er starrte Löcher durch die Wand. Tränen flossen ihm über die Wangen. Er presste die Augen fest zusammen damit niemand sah, das er weinte.
Bloß weg hier dachte er wollte das Zimmer verlassen. Pierre stellte sich ihm in den Weg und nahm ihn ebenfalls in den Arm.
„He Kleiner, man kann doch miteinander reden. Wir sind alle erwachsen und vernünftig. Willst du uns es nicht erzählen, warum?“
* *
Beim Abendessen saßen alle vier schweigend am Tisch. Diego kämpfte mit sich. Ihm war klar, dass dies ein Vertrauensbruch gewesen war. Er hätte ihnen gleich reinen Wein einschenken müssen.
„Ich bin der jüngere Sohn von Rodrigos Montenez. Mein Bruder wird einmal sein Nachfolger werden, dadurch habe ich die Möglichkeit, etwas zu studieren was mir gefällt.“
Alle schauten wortlos zu Diego.
„Ich weiß das ich euch das verschwiegen habe, ist nicht mehr gut zu machen.“
„Gut zumachen?“
Christin wollte aufbrausen aber Tommy hielt sie zurück.
„Christin bitte, lass ihn reden.“
„Danke Tommy…. Ihr müsst mich auch verstehen. Ich….mein Vater hat mir nur erlaubt in Chicago zu studieren, wenn ich mich nicht wie einer diesen superreichen verwöhnten Kids hier aufführe. Und das Fahrrad, Christin, dass habe ich mir durch ehrliche Arbeit verdient. Ich bin wie jeder andere Student jobben gegangen, und hab mir so das Geld gespart. Natürlich laufe ich nicht in billigen Klamotten rum wie du richtig bemerkt hast. Auch wenn ich dazu angeheißen war nicht auf zufallen, achte ich schon auf mein Äußeres.“
Eine kurze Pause entstand. Diego holte tief Lift und redete leise weiter.
„Es ist ja nicht nur wegen des Geldes gewesen, …doch eigentlich schon. Wenn man aus einer so reichen Familie kommt, dann ist die Zahl der Neider groß, ebenfalls die Gefahr… entführt zu werden…“
Die letzten Worte kamen fast geflüstert über die Lippen von Diego.
„Ich hasse dieses Geld. Es zwingt mich in zu diesem goldenen Käfigleben. Am Anfang war es schön. Alles was ich wollte bekam ich auch. Aber zu welchem Preis? Deshalb studiere ich in Chicago um ja weit von dieser Familie weg zu sein.“
Diego war aufgestanden und zum Fenster gelaufen.
„Es ist eine ganz andere Welt für mich. Klar mein Vater zahlt natürlich das Studium, aber alles darüber hinaus habe ich selber finanziert. Meine Mutter sagte, es sei für mich wichtig mit dem Geld umgehen zu können.“
Er dreht sich zu den Dreien um.
„ Und als ich euch kennen lernte, wurde mir bewusst, was Freundschaft bedeutet. Ihr seid immer füreinander da, helft wo Hilfe nötig ist. Manchmal mehr, als es in einer normalen Freundschaft so üblich ist. Gut ich war neidisch, muß ich zugeben. Ich hatte nie richtige Freunde, nur der Geldadel der mich umringte.“
Tommy sah wie Diego zitterte, er gab ihm einen wink sich wieder zu setzten.
„Und als mich Tommy auf die Idee gebracht hat in Europa zu studieren, begann für mich ein Traum in Erfüllung zu gehen. In Europa bin ich niemand, keiner kümmert sich um mich, niemand will wissen wer ich bin. Das wäre für mich wie ein Neuanfang. Vielleicht habe ich deshalb mein Geld verschwiegen. Ich weiß nicht ob ihr das versteht, aber ich habe keine andere Erklärung.“
Eine Pause entstand und jeder schaut bedrückt auf seinen Teller. Christin nahm Diegos Hand und drückte sie. Pierre machte den Anfang und unterbrach die Stille.
„Ich finde Leute, wir sollten noch mal einen Neuanfang starten. Jetzt sind klare Verhältnisse geschaffen, und das ist eine gute Ausgangsposition. Oder findet ihr nicht?
Diego hat jetzt alles gesagt, Punkt …Aus. Da fällt mir ein…. ich bin von einem Millionärssohn geküsst worden.“
Diego schaut auf.
„Du hast mich geküsst.“
Ein Grinsen ging durch die Runde.
* *
Weiter ging es auf den Spuren der Route 66. Am nächsten Morgen in Springfield angekommen, suchte Diego nach einem passenden Parkplatz für ihr langes Gefährt.
„Und was machen wir jetzt?“, wollte Pierre wissen.
„Ich würde sagen, du und ich gehen in das Country Road Collection, die sollen da tolle Antiquitäten haben. Und ich möchte doch etwas für Onkel Henry erstehen“, beantwortete Tommy.
„Und wir werden uns nen stillen Park suchen und uns weiter unterhalten.“
„Mein Gott Christin wie lange denn noch? Redest doch jetzt schon die letzten Meilen mit Diego.“
„Ach Pierre, wann hattest du dein letztes Gespräch mit Tommy?“
„Ich lese alles in den Augen meines Schatzes, da ist jedes Wort unnötig.“
„So?“, sagte Tommy und schaute lange, intensiv in Pierres Augen.
„Und was hab ich dir jetzt gesagt?“
„Ähm…..“
„Ganz einfach, hör mit deinem Geschwafel auf und komm endlich.“
Diego und Christin bogen sich vor Lachen und Tommy nahm Pierre an der Hand und zog ihn mit sich.
* *
„Was wolltest du denn noch mit mir bereden Christin?“
„Ich weiß nicht recht. Du hast mir jetzt schon so viel über deine Familie erzählt. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich sie gerne mal kennen lernen.“
„Gleich?“
„Wie gleich?“
„Eine Überraschung für dich, komm wir fahren zum Flughafen.“
Christin schaute ihn mit großen Augen an, während Diego nach einem Taxi winkte. Sie fuhren quer durch die Stadt. Am Flughafen angekommen, zog Diego sie in die große Halle.
„Warte hier kurz Chris, muß gerade noch was fragen.“
Diego ließ sie stehen und lief zur Information. Die junge Dame am Schalter wies im einen Weg und er kam zurück.
„Komm, bleib nicht stehen, wir haben nicht viel Zeit.“
„Diego, würdest du mir bitte sagen was du vor hast.“
„Gleich, einen Augenblick noch.“
Er zog sie durch eine Tür auf der Vip stand. Dahinter tat sich ein großer Raum auf, ausgestattet mit mehreren Sitzgruppen und einer kleinen Bar. Auf einem Hocker saß ein junger Mann, der an einem Glas Champagner nippte.
„Sandro?“
Der junge Mann drehte sich um.
„Diego, hallo Kleiner.“
Erst jetzt sah Christin eine Ähnlichkeit zwischen den zwei Männern. Diego lief auf Sandro zu und nahm ihn in die Arme.
Sie sagte sich etwas in ihrer Landessprache und Sandro schaut zu Christin.
„Christin darf ich dir meinen älteren Bruder Sandro vorstellen. Er ist unterwegs nach New York und hat extra einen Zwischenstop wegen mir hier in Springfield eingelegt.“
Christin reichte Sandro die Hand.
„Diego du hast völlig untertrieben, Christin ist noch schöner, als du erzählt hast.“
Christin stieg eine leichte Röte ins Gesicht.
„Der Charme hat eure Familie wohl gepachtet“, meinte Christin verlegen.
„Du Diego. Ich soll dir ganz liebe Grüße von Mama und Papa sagen. Sie haben zu gestimmt, dass du in Europa studieren darfst. Ich habe extra ein gutes Wort für dich eingelegt. Mama hatte mal wieder ihre Zweifel.“
Diego warf sich um den Hals seines Bruders.
„Danke Sandro, ich bin dir was schuldig.“
„Das werde ich mir merken, aber jetzt muß ich wieder los. Mein Jet ist aufgetankt und ich muß heut Abend pünktlich bei einer Feier sein.“
Er gab Christin einen flüchtigen Kuss auf die Wange und umarmte dann noch innigst Diego.
„Pass auf dich auf Kleiner, und bring keine Schande über die Familie!“
„Mach ich Sandro, keine Sorge.“
Sandro wuschelte ihm durchs Haar und nahm seinen Aktenkoffer. Sie begleiteten ihn noch nach draußen auf das Flugfeld. An der Jettür drehte sich Sandro noch einmal um und winkte den Beiden zu und verschwand im Innern der Maschine.
Der Jet setzte sich in Bewegung und es dauerte nicht lange, bis er abhob.
„Wow, das war ein Auftritt.“
„Sandro ist immer so, wenn er es eilig hat.“
Beide liefen zurück zum Empfangsgebäude. Ein Bediensteter öffnete ihnen die Tür und überreichte Diego einen Umschlag. Er öffnete ihn sofort.
„Was steht drin?“, wollte Christin wissen.
Diego bekam große Augen.
„Sandro hat für uns hier im Chardonnay, dem besten und elegantesten Restaurants in Springfield einen Tisch für vier bestellt. Acht-Gänge-Menu, Wein nach Wahl……“
„Dein Bruder versteht es zu überraschen.“
* *
„Und was hast du dir so vorgestellt? Ein Bild oder ein Leuchter?“
Pierre schaute sich um. Für ihn war das alles alter Plunder, was hier in diesen Räumen ausgestellt war. Er verstand nicht, wie man damit Geld machen konnte.
„Ich habe mir schon im Internet etwas ausgesucht.“
Tommy blieb vor einem Sekretär stehen. Er war gebaut aus italienischer Walnuß, somit auch der sehr dunkle Farbton des Holzes, wie es in Italien meist üblich war. Pierre nahm das Preisschild in die Hand.
„Der kostet ja auch nur… bist du verrückt Tommy, der kostet fast neuntausend Dollar.“
Tommy schaute Pierre an.
„Ja und dann noch die Frachtkosten nach England, das wird richtig teuer. Aber dies gibt das Geschenk für meinen Onkel der Ende dieses Jahres sechzig wird. Und da ist es mir egal, was es kostet.“
Pierre war verblüfft, bekam kein Wort heraus.
„Hallo Mister Prescom. Mein Name ist Thomas Cummingham, ich habe mich per Mail für den alten italienischen Sekretär interessiert.“
„Ah, Mister Cummingham“, er schüttelte Tommys Hand, „wir hätten nicht gedacht, das sie wirklich persönlich vorbei kommen.“
„Doch habe ich ja versprochen. Haben sie die Frachtpapiere schon fertig?“
„Ja, sie brauchen nur noch zu unterschreiben. Das Geld wurde bereits von ihrer Bank in England überwiesen.“
Pierre riskierte einen Blick auf die Rechnung, während Tommy die Papiere unterschrieb. Sie verabschiedeten sich und verließen den Laden.
„Über Fünfzehntausend Dollar, Tommy du bist verrückt.“
„Wieso , nur weil ich meinen Onkel liebe und ihm einen lang gehegten Wunsch erfülle. Sie mal Pierre, er hat mich als vierzehn jährige Rotzgöre zu sich genommen. Er hat mir meine verlorene Familie ersetzt. Er stand mir immer bei, wenn ich Probleme hatte. Er war und ist immer noch für mich da, wenn ich ihn brauche. Niemand kennt mich so gut wie Onkel Henry. Er ist daran beteiligt, dass aus mir das geworden ist, was ich heute bin. Ich habe ihm so vieles zu verdanken. Da finde ich das dieser Betrag, eine Nichtigkeit dagegen ist.“
„Schon gut Tommy ich verstehe.“
Tommys Handy klingelte.
„Ja? Hi Christin…. was langsam alles der Reihe nach….. gut in Ordnung… wir treffen uns beim Wohnmobil…. ja ….also bis gleich. Bye.“
Tommy schaltete sein Handy aus.
„Was ist?“
„Wir sind gerade in das teuerste Restaurant hier in Springfield eingeladen worden.“
„Von Christin?“
„Nein von Diegos Bruder.“
„Wie ist der hier?“
„War hier, ist weiter unterwegs nach New York.“
„Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr“, sagte Pierre ratlos.
„Lass es dir doch einfach von Christin und Diego nachher erklären, wir treffen sie gleich am Mobil. Wir müssen uns ja noch schließlich umziehen.“
* *
Tommy zahlte das Taxi und folgte Pierre zum Mobil. Christin und Diego waren bereits da. Alle vier zogen sich in Windeseile um. Auch Christin hatte einen Anzug angezogen. Pierre begann zu Lachen.
„Jetzt können wir als die verwegenen Vier durch Springfield ziehen, fehlen nur noch die Mafosihüte.“
An der Tür klopfte es und Tommy öffnete sie. Ein Fahrer stand vor der Tür.
„Bin ich hier richtig bei Diego Montenez?“
„Ja“, rief es aus dem Innern des Gefährtes, „wir kommen.“
Der Fahrer schaute einwenig verwundert drein, dass vier so gut gekleidete Menschen aus dem Mobil stiegen, aber er hielt trotzdem die Türe der Limousine auf.
„Man kann es nicht abstreiten, aber die Vorzüge des Geldadels sind angenehm“, meinte Pierre und lehnte sich zurück.
Der Wagen setzte sich in Bewegung. Christin erzählte den beiden von dem Kurzbesuch von Sandro. Tommy und Pierre hörten aufmerksam zu.
„Und als wir dann zurück gehen wollten bekam Diego ein Umschlag in die Hand gedrückt. Und da stand dann drin, dass wir heute dieses wundervolle Essen genießen werden.“
Christin glühte vor Euphorie. Längst war sie Diego nicht mehr böse, wegen dem Vorfall am vergangenen Tage. Vergessen war die Wut, die sie gestern noch auf ihn hatte. Eng schmiegte sie sich an ihn, und strahlte über das ganze Gesicht.
Das Essen war einzigartig. Nach den acht Gängen rieb sich Pierre den Bauch.
„Wie noch Hunger Pierre“, grinste Tommy.
„Nein. Noch ein bisschen dann platze ich.“
Tommy wandte sich zu Christin und Diego.
„Also ich würde vorschlagen, wir fahren so in zirka einer Stunde weiter, durchqueren Kansas, und suchen uns einen tollen Platz zu übernachten in Oklahoma.“
„Kansas?“
„Ja Kansas, das sind nur dreißig Kilometer, also der letzte Zipfel des Staates.“
„Hört sich gut an, nicht Diego?“ Diego nickte.
„Und wer trägt mich jetzt zurück, ich kann, glaub ich, keine Schritt mehr gehen“, sagte Pierre.
„Du hättest dir keine zweite Portion Omelette Surprice kommen lassen sollen“, sagte Tommy lachend.
„Die Überraschung hast du ja jetzt“, kam es von Christin.
„Ha, ha, ha, wirklich witzig.“
Diego stand auf und zog Christins Stuhl zurück, damit sie besser aufstehen konnte.
„Ich lass das wohl lieber, sonst bricht vielleicht noch der Stuhl unter Pierre zusammen.“
Die Drei fingen an zu lachen und Pierre zog eine Grimasse zu Tommy.
„Ich würde jetzt gerne noch einwenig laufen. Pierre hatte schon recht, das Mahl war schon sehr üppig.“
Sie verließen das Restaurant und schlenderten den Gehweg entlang.
Die entgegenkommenden Leute schauten sie verwundert an. Es war schon ein seltsamer Anblick. Vier gutaussehenden jungen Menschen, alle mit einem schwarzen Anzug begleitet, laufen Hand in Hand die Strasse hinunter. Der Wagen folgte ihnen im gebührenden Abstand.
Die Altstadt von Springfield war noch komplett erhalten, viele im viktorianischen Stil erbaut. Nirgends machten sich die endlos scheinenden Hochhäuser breit. Hier schien die Zeit stehen geblieben zu sein.
* *
„Du musst wieder auf die Interstate 44, Richtung Baxter Springs“, sagte Tommy zu Diego der vor der roten Ampel den Wagen ausrollen lies.
„Du Tommy“, Pierre lehnte sich an Tommy.
„War die beste Idee von dir mich mit zunehmen. Ich bin so glücklich mit dir zusammen zu sein. Dich so zu erleben, wie du bist. Und auf unser Gespräch in Chicago zurück zu kommen, wir brauchen nicht zu heiraten, ich weiß du gehörst zu mir und ich zu dir, und daran ändert ein Formular auch nichts. Ich liebe dich so wie du bist ich möchte das du so bleibst. Lass mich dein Begleiter sein, so lange du willst und kannst. Ich bin immer für dich da, und du kannst dich auch jederzeit dich bei mir fallen lassen.“
Tommy saß die ganze Zeit still da. Er lauschte Pierres Liebeserklärung. Er sah Pierre in die Augen.
„Was hat dich zu dieser Einstellung gebracht, ich meine mit dem Heiraten?“
„Es war einfach ganz plötzlich da. Die letzten drei Tage mit dir waren einfach wunderschön. Du liest mir jeden Wunsch in den Augen. Überrascht mich mit Dingen, die tief in mir ein Wohlbehagen auslösen. Deine Nähe lösen bei mir eine Ruhe aus, die ich vorher nie hatte. Und dann gestern der Vorfall mit Diego.“
Pierre hielt kurz inne schaute zu Boden.
„Ich kann mich erinnern als wir das erstemal zusammen waren, haben wir auch fast nie miteinander geredet und das hat unsere Freundschaft damals zerstört. Diese Wortlosigkeit ist Gift für jede Beziehung. Ich habe das so oft jetzt gesehen. Viele unserer gemeinsamen Freunde sind nicht mehr zusammen. Und warum? Weil sie nicht fähig waren, miteinander ein Gespräch zuführen. Bei uns hat sich das Gott sei Dank geändert. Wir reden jetzt über alles. Teilen unsere Gedanken und unsere Gefühle. Jeder weiß was der andere denkt, seine Sehnsüchte und wie es um einen bestellt ist. Das ist mir wichtig Tommy, das würde ich gerne so bei behalten .“
Tommy saß immer noch ganz ruhig da und schaute weiterhin zu Pierre.
„Und ich wollte dir nur sagen, dass ich jederzeit zu dir ja sagen würde. Ich liebe dich Pierre. Ich genieße die gemeinsame Zeit mit dir genauso. Mir ist es genauso wichtig, zu wissen, was du denkst und fühlst. Unsere langen Unterredungen, ohne die ich eigentlich nicht mehr sein möchte. Ich will gar nicht daran denken, wenn wir wieder zu Hause sind und uns die nächsten Aufträge getrennte Wege gehen lassen.“
„Um so schöner ist doch das Wiedersehen.“
„Ja, da hast du recht.“
Tommy gab Pierre einen kleinen Kuss auf die Stirn.
„Noch fünfzig Meilen bis zur Grenze sollten wir uns nicht irgendwo nach was Essbaren umschauen?“, wollte Diego wissen.
„Wenn du es schaffst, können wir bis Baxter Springs durch fahren.
„Dort gibt es das Murphys Restaurant“, erwiderte Tommy.
Pierre nahm Tommys Unterlagen an sich.
„Du Tommy in Baxter Springs gibt es auch ein Museum.“
„Ja ich weiß, aber es scheint nach Internetangaben nicht interessant zu sein.“
„Ich weiß nicht wie du deine Bilder zusammen bekommen willst.“
„Keine Sorge. Ich habe schon jede Menge aufgenommen. Und wir haben nicht mal die Hälfte der Strecke zurückgelegt.“
„Ist in Ordnung, und wie sehen deine weiteren Pläne aus?“
„Erst mal gehen wir in Baxter Springs essen. Dann sind es noch ungefähr 20 Meilen bis zu Staatsgrenze nach Oklahoma. Und dort würde ich vorschlagen, bei dem kleinen Städtchen Miami uns eine Übernachtungsmöglichkeit mit unserem Mobil zu suchen.“
„Okay, dann mal los.“
* *
Diego fuhr recht zügig. Auch der Verkehr hatte stark nachgelassen und so waren sehr zeitig in Baxter Springs. Das Restaurant erwies sich als reinste Fundgrube. Überall hingen alte Fotografien. In jeder Ecke und Nische standen Souvenirs aus der Blütezeit der Route 66.
Tommy wusste überhaupt nicht, wo er anfangen sollte zu fotografieren. Nach dem Essen fuhren sie dann noch bis zur Staatsgrenze nach Oklahoma. An einer Raststätte fanden sie einen Platz, wo sie übernachten konnten.
„Ich geh noch kurz zur Toilette und suche nach einer Waschgelegenheit. Hier ist es mir doch ein bisschen zu eng. Geht jemand mit?“, fragte Pierre.
Diego hob den Kopf.
„Ja, warte Pierre. Ich such nur noch schnell mein Waschzeug zusammen.“
Beide verließen das Wohnmobil.
„Na Christin, hast du dich wieder beruhigt?“
„Ja schon, Tommy. Obwohl ich mich immer noch ein bisschen ärgere, warum Diego mich nicht gleich einweihte. Aber es ist jetzt egal.“
„Du liebst ihn.“
„Sieht man mir das an? Du hast recht, ja ich gebe es zu. Anfänglich war ich mir nicht sicher und hielt es für eine Schwärmerei. Doch seit dem Dickey House bin ich mir klar darüber.“
„Und wie hast du das bemerkt?“
„Ganz einfach. Ich konnte mir vorstellen mit Diego alt zu werden. Wie er eventuell mit mir zu Hause das Internat führt. Er sagte mir er liebe Kinder über alles. Und als ich ihm von meinen Plänen und Visionen hinsichtlich des Heimes erzählte, war er Feuer und Flamme. Er sprudelte förmlich über vor Ideen und ich zu geben muß, dass da einige sehr gute darunter waren.“
Tommy setzte sich an den Tisch. Christin öffnete die kleine Tür zu der Nasszelle. Sie wusch ihr Gesicht und putzte die Zähne. Die Haare bürstend, kam sie wieder heraus.
„Was für Ideen erzähl mir.“
„Ja hauptsächlich auf Kunst bezogen. Er meinte es wäre gut das Fach Kunst einzubauen. Den Kinder Malunterricht zugeben. Platz zu schaffen, wo sie selber ihre Fotografien entwickeln könnten. Wobei ich denke da kannst du mir vielleicht eher helfen , das zu realisieren.“
„Würde ich sehr gerne machen Christin. Kannst jederzeit mit mir rechnen.“
„Danke Tommy das ist lieb von dir.“
„Und was meint Diego dazu, wenn du weiterhin als Model fungierst?“
Christin lachte.
„Tommy das ist mein Leben. Ich habe ihm gesagt, dass ich wegen ihm nicht meinen Job aufgebe und daheim die brave Hausfrau spiele. Er meinte nur das wolle er überhaupt nicht. Das käme für ihn nicht in Frage. Er würde zwar ein bisschen dran zu knabbern haben, das die halbe Welt meinen Body bestaunen kann, aber daran würde er sich schon gewöhnen.“
„Ich muß ehrlich sein. Immer wenn Pierre einem neuen Auftrag hat, überkommt mich so was wie Neid.“
„Neid?“
„Ja Neid. Ich wäre gerne der Fotograf, der Pierre ins richtige Licht setzt.“
Tommy setzte Kaffeewasser auf und stellte vier Tassen bereit.
Er drehte sich wieder zu Christin.
„Aber ich denke das ist etwas, dass auch ich noch lernen muß. Was ich bestimmt auf keinen Fall will ist, dass ich Pierre in Wege stehe, wenn es um seine Karriere geht.“
„Das ist auch recht so Tommy. In einer Beziehung muß jeder zurückstecken. Man muß dem anderen seine Freiraum lassen, auch wenn das oft schwer fällt. Das heißt aber nicht, das du deine Toleranzgrenze weit absenken musst. Rede mit ihm über alles was dich beschäftigt.“
„Keine Sorge, das machen wir.“
* *
Die Tür ging auf und Pierre und Diego kamen herein.
„Oh, hier riecht es nach Kaffee.“
„Ja Tommy hat gerade einen Kaffe frisch gemacht.“
Tommy goss die Tassen voll und reichte jedem eine davon.
„Gehen wir gleich ins Bett oder reden wir noch ein bisschen“, fragte Pierre und nippte an seiner Tasse.
Christin stellte ihre Tasse ab.
„Also ich würde noch gerne etwas reden.“
Diego nickte ebenfalls.
„Und über was?“, wollte Tommy wissen.
„Reden wir doch gerade da weiter, wo wir aufgehört haben“, meinte Christin.
„Über was hab ihr gerade gesprochen?“, fragte Diego und lehnte sich zurück.
„Über Freundschaften, Bindungen, Vertrauen.“
„Da fällt mir ein, ich habe ein kleines Gedichtband dabei, von einem Deutschen. Ist ins englische übersetzt. Pierre lass mich mal raus, ich will es holen.“
„Bleib doch sitzen ,Schatz. Sag mir wo und ich hole es.“
„Es liegt an meinem Bett neben dem Kopfkissen.“
Pierre stand auf und hüpfte auf das Etagenbett über dem Fahrerhaus.
„Ja da liegt es, Moment ich komme.“
Mit einem riesigen Satz sprang er wieder herunter und gab das Buch Tommy.
„Wo ist es denn?“
Tommy blätterte das Buch durch.
„Ah, da ist es ja, hört zu.“
über freunde kann ich gar nicht genug schreiben
weil sie so präsent sind zum leben dazu gehören
auch wenn sie nicht immer da sind
wegen der entfernjung des wohnrotes
oder einfach weil sie ihrer arbeit nachgehen
umso intensiver werden die gespräche
die folgen wenn man sich trifft
gespräche mit tiefgang
aber auch heiter und gesellig
dankbar bin ich jenen die immer für mich da sind
zwar nicht viele aber genügend
wenn hilfe gebraucht wird
die zahl ist nicht entscheidend ist nicht wichtig
es müssen richtige freunde sein
bei denen jedem einzelnen
das vertrauen wichtig ist und auch das vertrauen wert ist
das wir jenen schenken
die uns so ans herz gewachsen sind
© peter 2003
Tommy schloß das Buch und legte es auf den Tisch um weiter an seinem Kaffee schlürfen zu können. Jeder verarbeitete das gerade gehörte.
„Ich denke, er hängt sehr an seinen Freunden.“
Christin hatte als erstes das Wort ergriffen.
„Er ist bestimmt jemand der seine Freundschaften pflegt, der immer für sie da ist.“
„Denke ich auch. Er schreib fast genauso wie ich darüber denke. Das betrifft übrigens alle Gedichte, die ich von ihm gelesen habe.“
Christin nahm das Buch und lass das Vorwort.
„Da steht, er habe sehr jung damit angefangen die Gedichte zu schreiben, wörtlich: Recht jung wie viele meinen, aber auch in diesem Alter sind Gefühle und Gedanken schon reichlich von der Umwelt geprägt. In seinen Gedichten steht ja auch nichts anderes geschrieben, als Gefühle und Erlebtes seines Alttages.
Tommy du musst mir das mal ausleihen. Scheint ja echt interessant zu sein.“
„Ja mach ich, wenn ich es ausgelesen habe. So Leute ich bin müde, ich gehe jetzt ins Bett.“
Alle schlossen sich an und machten sich fertig fürs Bett.
Eng aneinander gekuschelt schiefen Diego und Christin bald darauf ein.
* *
Tommy hörte Pierres tiefes gleichmäßiges Atmen. Er war auf seinem Arm eingeschlafen. Er lauschte in die nacht hinaus. Das Rauschen der Bäume, das Brummen der Motoren der Autos, die am Highway vorbei fuhren.
Mit diesen Geräuschen dank Tommy dann langsam in einen tiefen Schlaf. Das laute Hupen eines Trucks lies alle aufschrecken.
„O Gott, was soll das denn. Wie viel Uhr haben wir denn?“, wollte Christin wissen.
Diego schaute auf seine Uhr.
„Halb sechs morgens. Ich drehe mich noch mal um und versuch noch ein wenig zu schlafen.“
Tommy schaute zu Pierre. Er war längst, eng angeschmiegt, wieder eingeschlafen. Er fuhr Pierre durch das Haar und beobachtete sein Gesicht. Das erste Licht des Morgens warf seine Schatten darauf.
Er strich das Haar nach hinten. Das wäre jetzt ein tolles Foto, dachte sich Tommy und überlegte sich wie er an die Kamera ran kommen könnte, ohne Pierre zu wecken. Er verwarf den Gedanken. Er schloß die Augen.
„He du Schlafmütze, wie lange willst du denn noch schlafen?“
Tommy öffnete seine Augen und schaute in Pierres strahlendes Gesicht.
„Christin und Diego sind schon frühstücken, und du liegst immer noch….“, Pierre begann zu grinsen, „verführerisch im Bett.“
„Lass mich doch erst mal zu mir kommen.“
Tommy stützte sich mit den Händen ab und setzte sich auf. Er rieb seine Augen bevor er sich zu strecken begann.
„Willst du mich verführen?“
„Ich verführen, dich? Wie kommst du da rauf?“
„Sitzt hier fast nackt auf dem Bett und lässt deine Muskeln spielen, meinst du das lässt mich kalt?“
Tommy mußte lächeln und gab seine Pierre einen Kuss.
„Nein habe ich nicht vor. Ich werde jetzt aufstehen mich frisch machen und dann anziehen. Ich hab nämlich einen Bärenhunger, will endlich frühstücken gehen.“
Fertig angezogen lief Tommy über den Platz zur Station. Er öffnete die Tür. Der Geruch von frischen Kaffee stieg im in die Nase.
„Morgen Tommy.“
Christin saß neben Diego auf einem Barhocker vor der Decke. Ist ja fast wie ein kleiner Diner, dachte sich Tommy. Er setzte sich auf den noch freien Hocker neben Diego. Eine ältere Dame kam und wischte über die Theke.
„Morgen, was darf dir bringen?“
Tommy schaute auf die handgeschriebene Tafel.
„Ich nehme das große Frühstück bitte.“
„Mit Brombeerkuchen oder ohne?“
„Mit natürlich, den berühmten Brombeerkuchen kann ich mir nicht entgehen lassen.“
„Ja den backen wir schon seit Generationen selber, ist sehr beliebt bei uns.“
Die alte Dame verschwand durch die Tür nach hinten. Tommy wandte sich zu Christin und Diego.
„Und, habt ihr gut geschlafen?“
Diego nickte. Er hatte sich gerade das letzte Stück vom Kuchen rein geschoben.
„Ja Tommy“, sagte Christin, „also wenn du nichts dagegen hast sollten wir das auf der Fahrt noch mal machen. Wir brauchen nicht immer in einem Hotel absteigen.“
Die Frau kam wieder aus der Küche und stellte Tommy sein Frühstück hin.
„Das willst du alles essen?“ fragte Christin.
„Wieso denn, ich hab einen schrecklichen Hunger.“
„Schon gut, Diego und ich werden dann schon mal raus gehen.“
Sie standen auf und verließen die Oilstation. Ein anderer Gast stand von Tisch auf und setzte sich neben Tommy.
„Sie scheinen Europäer zu sein, nach ihrer Aussprache nach?“
Tommy schaute den Mann neben sich an. Er schätze ihn um die sechzig. Graues schütteres Haar nicht sehr groß und die typische Holzfällerkleidung. Latzhose und kariertes Hemd.
„Ja, ich stamme aus London, wieso fragen sie?“
„Ich stamme aus Glasgow, bin aber als Kind mit meinen Eltern hier her ausgewandert.“
„Also ein Landsmann.“
„Ja kann man so sagen.“
„Und was machen sie hier?“
„Ich habe in der Nähe eine kleine Farm, die ich von meinen Eltern übernommen habe. Früher hatten wir noch Gästezimmer, aber seit die 66 nicht mehr existiert, habe ich das aufgegeben. „Prubert, erzählst du wieder alte Geschichten?“, die alte Dame hatte sich zu ihm gedreht.
„Oh Miss, ich höre gerne alte Geschichten, besonders über die Route 66“, sagte Tommy.
Die Frau goss sich einen Kaffee ein.
„Ja, das waren noch schöne Zeiten, unser kleiner Laden war immer gerammelt voll. Und es gab auch viele kleine Läden in der Nachbarschaft. Aber wie sie sehen es verfällt langsam alles. Einer nach dem anderen zieht weg in die nächste Stadt. Von uns Alten sind nur noch ganz wenige da. Und die jungen haben kein Interesse hier irgendetwas aufrecht zu erhalten.“
„Doris, du darfst nicht so traurig sein uns war allen klar, als sie den Highway zumachten, dass hier alles dem Ruin geweiht ist“, sagte der Mann neben Tommy.
„Und seit es die Interstate gibt, verirrt sich nur noch selten jemand hier her.“
Tommy hob seine leere Tasse zu der Frau, die gleich darauf sie wieder mit frischem Kaffee füllte.
„Und hat die Regierung nichts dagegen getan, damit hier nichts verfällt?“, wollte Tommy wissen. Prubert machte einen Fingerzeig nach einer Tasse Kaffee.
„Doch natürlich, wir sollten sogar eine Abfahrt von der I 40 bekommen. Es wurde im alten Coleman Theater sogar eine Ausstellung von der 66 eingerichtet. Aber es blieb bei den Versprechen. Getan hat sich bis heute nichts.“
„Und da kann man überhaupt nichts dran ändern?“
„Doch schon, wenn man den Tourismus ein wenig ankurbeln würde. Aber daran, scheint mir, haben die Stadtväter kein Interesse.“
„Ich bin Fotograf, und bin unterwegs um die Überreste der Route 66 für einen neuen Bildband zu fotografieren, wäre doch gelacht, wenn man ihr Städtchen dadurch ein bisschen bekannter machen könnte.“
„Mit Fotos kann man heutzutage noch Geld verdienen?“, fragte Doris hinter der Theke.
„Ja kann man, besonders wenn man so bekannt ist, wie der junge Herr da“, sagte Pierre der gerade zur Tür herein kam.
„Bist du fertig Tommy, wir möchten gerne weiter fahren.“
„Oh, wir haben Prominenz hier.“
Doris kramte in einer Schublade und holte eine Polaroid heraus. Tommy schaute interessiert.
„So eine alte Sofortbildkamera habe ich schon lange nicht mehr gesehen.“
„Junger Mann bleibe nicht an der Tür stehen. Mach einfach ein Bild von Prubert und mir mit eurem Tommy.“
Pierre machte das wie ihm geheißen. Er schoss ein Foto von den Dreien. Doris schrieb mit einem Stift das Datum darunter und Tommys vollen Namen.
Dann nahm sie einen Pin und heftete das Bild an die große Fotowand.
Dann verschwand sie in der Küche.
„Ich muß nur noch zahlen, dann können wir los.“
Doris kam mit einem großen Stück verpackten Kuchen zurück.
„So für euch damit ihr unterwegs was zum Essen habt.“
„Oh vielen Dank, auf Wiedersehen.“
Tommy schüttelte Prubert und Doris die Hand und verließ dann mit Pierre die Station.
Zu jeder Stadt ein kleine Geschichte. So auch die nächste Stadt, die sie durchfuhren.
Vinity.
* *
Eigentlich hieß die Stadt mal Dowingwill, aber wurde wegen einer ortsansässigen Bildhauerin unbenannt. Sie hatte die große Statue von Abraham Lincoln im Washington Kapitol erschaffen. Pierre war immer wieder erstaunt, was Tommy alles über die an der Strecke befindlichen Städte herausgefunden hatte.
Kurz vor Tulsa hielten sie an einem Rastplatz. Tommy wollte unbedingt die Twin Brigde fotografieren. Es war eine wunderschöne alte Zwillingsbrücke, und wie Tommy sagte allemal eine Aufnahme wert.
Tulsa wurde auch später noch bekann weil dort die berühmten Boygroup Henson wohnten. In Foyil stand ein dreißig Meter hoher Totenpfahl aus Beton, dabei war ein frisch restaurierter Phantasierastplatz, der auch noch aus der Zeit der Route 66 stammte.
In Tulsa selbst machten sie Rast. Tommy nahm ein paar Bilder der hiesigen Straßenbahn auf, die schon bereits seit 1907 existierte.
„Hast du gesehen Tommy, die Bahnen haben keine fortlaufenden Nummern, sondern sind in fünfer Schritten gehalten.“
Pierre hatte sich einen Fahrplan angesehen. Nach einem Kaffee fuhren sie dann über die elfte Strasse zurück auf die SR 66 und konnten so auf die Interstate 44 gelangen.
„Wie weit fahren wir heute?“, fragte Diego.
„Ich würde sagen, ein bisschen weiter wie Oklahoma City. Nach El Reno. Dort befindet sich der Lake el Reno. Dort hat es wunderschöne Plätze zum Campen. El Reno war früher ein Kavallerieaussenposten gegen die Aufstände der Chayenne. Und wenn wir wollen können wir dort auch schwimmen gehen.“
„Nackt?“, fragte Diego grinsend.
„Diego, das war eine einmalige Sache. Wird nicht mehr vorkommen“, erwiderte Tommy.
Christin sah Pierre fragend an.
Er zuckte mit den Schultern.
„Haben Pierre und ich irgendetwas verpasst?“
„Nein Schatz. Ganz einfache Erklärung. Tommy ist doch gefahren als wir St. Louis verließen. Wir drei schliefen ja. Und da ist er an einem Rastplatz angehalten, weil auch er müde wurde. Er ging etwas spazieren, während wir weiter schliefen. Nun ja, er fand einen See und beschloss darin zu baden.“
Pierre hob die Augenbrauen.
„Ich war in der Zwischenzeit aufgewacht und schaute nach, wo Tommy geblieben wäre. Ich bin seinem Trampelpfad gefolgt, und fand ihn dann auch. Er lag nackt wie ihn Gott schuf in der Morgensonne und ließ sich trocknen.“
„Kaum lässt man dich mal aus den Augen, strippst du für andere“, sagte Pierre und seine gespielte Eifersucht war fast überzeugend.
„Tja, man muß kriegen was man bekommt“, konterte Tommy.
„Na warte, wenn wir wieder alleine sind, wirst du schon sehen, was du davon hast, für andere zu strippen.“
Diego und Christin mussten lachen.
* *
„Die nächste Stadion ist Stroud, da würde ich gerne länger halt machen. Die historische Innenstadt ist übersät mit Antiquitätenläden“, meinte Tommy zu Diego.
Sie fuhren schon eine Weile an kleineren Bohrtürmen vorbei. Hier gab es nur wenige Cowboys, dafür eben mehr Monteure die auf den Ölfeldern arbeiteten.
„Noch zwanzig Meilen bis Stroud. Endlich. Da letzte Stück empfand ich doch sehr anstrengend.“
„Legt dich doch ein bisschen hin. Ich bleibe bei dir, wenn Tommy und Pierre ein bisschen die Stadt besichtigen.“
„Und du meinst, Diego könnte sich dann ausruhen?“, warf Pierre ein.
„Spotte du ruhig, ich kann mich auch ganz ruhig verhalten.“
Pierre fing laut an zu lachen.
„Das will ich sehen, dass kenne ich gar nicht bei dir.“
„Du Ekel, du kennst viele meiner guten Seiten nicht.“
„Gute Seiten, dass ich nicht lache, du bist eine Frau. Und es ist bekannt das Frauen keine gute Seiten haben.“
Nun mussten auch Diego und Tommy grinsen.
„Ja verschwört euch ruhig gegen mich, ihr werdet schon sehen, was euch erwartet.“
Diego blickte kurz zu Christin rüber.
„Du kannst ruhig dableiben Chris, du störst mich nicht.“
Pierre blähte sich gekünstelt auf.
„Du Verräter, fällst mir in den Rücken.
So fuhr die fröhliche Runde weiter nach Stroud.
* *
Diego parkte das Mobil an einem großen Platz für Trucks. Tommy und Pierre machten sich sofort auf den Weg in die Innenstadt.
„Willst du eigentlich wieder etwas kaufen, oder nur so schauen?“, fragte Pierre.
„Eigentlich nur schauen, aber wenn etwas interessantes dabei ist, was auch dir gefallen würde, auch kaufen. Für unsere Wohnung zum Beispiel, die könnte noch ein paar kleine Accessoires vertragen. Einen alten Stoff, irgendwelche Gegenstände, müssen ja nicht groß wie ein italienischer Sekretär sein.“
Pierre grinste bei der letzten Bemerkung von Tommy.
„Und wenn mir etwas gefällt, kaufen wir es dann auch?“
„Pierre es ist unsere Wohnung, natürlich!“
Der Reiseführer mit all seinen Beschreibungen hatte nicht zu viel versprochen. Es reihte sich ein Antiquitätenladen neben dem anderen.
„Tommy schau mal, da gibt es sogar Weihnachtsschmuck.“
„Lass uns reingehen. Es ist zwar erst August, aber solchen Schmuck bekommt man bei uns zu Hause nicht.“
Edle Kugeln reich verziert in alle Farbnuancen hingen von der Decke, Kerzen in verschiedenen Formen und Größen standen in den Regalen.
„Mann, da weiß man ja nicht, wo man als erstes hinschauen soll.“
„Doch ich weiß es“, erwiderte Tommy, er hatte bereits etwas gefunden, das ihm ins Augen stach. „Pierre schau einmal, die wunderschönen royalblauen Kugeln verziert mit Schneelandschaften und Glitter.“
„Ob der Glitter echt ist?“
„Wie, echt ist?“
„Ob das echter Goldglitter ist, weil wenn ich mir den Preis anschaue, kann man das Gefühl schon bekommen.“
„Pierre das ist alte Handwerkskunst. Alle Kugeln sind aus Glas und handbemalt. Das hat seinen Preis, nicht wie diese bunten Plastikkugeln, die sich überall breit machen. Ich glaube wir beide fliegen mal nach Deutschland, in eine Glasmanufaktur, da siehst du erst, wie teuer mundgeblasene Kugeln sein können.“
„Bei Blasen fällt mir etwas ein.“
Pierre grinste frech.
„Pierre nicht hier. Der Verkäufer schaut schon komisch.“
„Okay Tommy. Aber wie wär es den mit dieser Putte, man ist die schwer.“
Pierre hatte eine mittelgroße, goldene Engelsgestalt aus dem Regal genommen.
„Auf dem schmiedereisernen Regal im Eck zu Hause, würde der sich garantiert gut machen.“ „Du hast recht und schau mal auf den Preis, er ist nicht mal so teuer.“
„Kann ich den Herren helfen?“
Der Verkäufer war herangetreten.
„Ja wir hätten gerne diesen Engel und dieses Kugelset. Könnten sie es uns stabil und sicher einpacken? Wir sind mit einem Wohnmobil unterwegs und ich möchte nicht, dass auf der langen Fahrt irgendetwas zu Bruch geht.“
„Ja werde ich machen. Mit der Putte haben sie Glück, die habe ich erst neu herein bekommen.“ „Du hast recht bis LA ist es noch ein ganzes Stück zu fahren“, meinte Pierre zu Tommy.
Tommy zahlte und sie verließen den Laden.
* *
Sie stöberten noch in den anderen Läden, aber wurden nicht mehr fündig. So liefen sie mit ihrem Neuerstandenem zurück zu Mobil.
„Da seid ihr ja wieder“, begrüßte Christin beide.
„Und habt ihr etwas gefunden.“
„Ja Tommy hat sich Weihnachtssachen gekauft.“
„Weihnachtssachen? Ist es dazu nicht ein bisschen früh?“
„Christin so ein Angebot konnte ich mir nicht entgehen lassen. So etwas bekomme ich nicht in England. Ist Diego wach, können wir weiter fahren?“
„Ja sicher, aber Diego traut sich nicht zu fragen, ob er mit Pierre ein paar Kilometer mit dem Motorrad voraus fahren dürfte.“
„Also ich habe nichts dagegen, wollte eh schon fragen, wann ich dazu die Gelegenheit wieder habe. Und Tommy, Diego hat doch ungefähr deine Größe. Ihm müssten eigentlich deine Sachen passen, obwohl….“, Pierre legte wieder sein unverschämtes Lächeln auf, „um den Bauch rum wird es etwas weit sein.“
„He, was soll das heißen?“
Tommy gab Pierre einen Boxhieb auf die Schulter.
„Aua, war doch nur ein Spass….“
„Ich weiß.“
„Und warum hast du mich dann geboxt?“
„War auch nur Spass.“
Christin verschwand lachend im Mobil. Diego und Pierre zogen sich um, während Tommy die schwere Maschine aus dem Hänger rollte.
„Also wenn ihr nichts dagegen habt, es sind jetzt noch hundert Kilometer bis Oklahoma City. Ihr könnt die ganze Strecke mit dem Bike fahren.“
„Du bist ein Schatz Tommy“, sagte Pierre und gab Tommy einen Kuss.
„Pass auf dich auf mein Kleiner und fahr nicht so schnell, ich will dich am Stück wieder haben.“
„Stück ist gut“, grinste Pierre.“
Sie saßen auf und fuhren los.
„Da haben wir uns was süßes eingefangen Christin.“
„Du hast recht, süß sind sie. Aber ich weiß nicht wer wen eingefangen hat.“
Beide stiegen in das Mobil um den beiden zu folgen.
* *
Nach Stroud wurde es wieder auf der Interstate ruhig. Ab und zu ließen die Zwei auf dem Motorrad zurückfallen um zu sehen wo sie waren.
„Ich denke, wir werden in Oklahoma City nur zu Abend essen und dann weiter fahren.“
„Wieso Tommy gibt es in der Stadt nichts interessantes?“
„Nicht mehr viel Christin. Seit dem Bombenattentat 1995 auf das Albert P. Murray Building, läuft der Tourismus nicht mehr so recht. Viele Läden haben seither geschlossen.“
„Wie viel Personen sind damals eigentlich umgekommen?“
„Ungefähr 170 Personen.“
„Wie schnell man so etwas vergisst. Es kommen so viele Schreckensnachrichten im Fernseh, da stumpft man mit der zeit ab und verdrängt es sehr schnell. Schau mal da vorne fahren die Beiden. Wie Diego so eng angeschmiegt an Pierre hängt. Ich glaub ich muß mir den Herrn mal nachher zur Brust nehmen.“
„Du wirst doch jetzt nicht eifersüchtig werden, auf die beiden. Aber ich kann dich beruhigen Christin. Bei Pierres Fahrstil, würdest du dich auch festklammern. Ich weiß wovon ich rede.“ Beide grinsten sich an. Im Radio spielte der Sender das neue Lied von LeAnn Rimes. Can`t fight the Moonlight. Beide trällerten leise die Melodie mit.
„Hast du den Film dazu gesehen?“
„Ja ich war mit Pierre im Kino, vor unserer Abreise.“
„Ich habe ihn mit einer Freundin angeschaut. Beide schmachteten wir diesem jungen Typen hinter her.“
„Versteh ich voll und ganz, uns hat er auch gefallen. Besonders als er so verführerisch im Bett liegend aufwachte. Pierre blamierte uns natürlich wieder. Er rief laut, runter mit der Decke.“ „Das ist Pierre live.“
Beide lachten.
* *
Vorbei an kleinen Hainen und weiten Wiesen wurde es immer ruhig auf der I 44. Die kleinen Siedlungen wurden immer seltener, bis sie auch auf dem Highway fast alleine fuhren. Ab und zu wurden sie von einem Truck überholt.
Von Tommy und Diego hatten sie schon eine Weile nichts mehr gesehen.
„Wie sieht es aus zwischen dir und Diego, wie ich feststellen konnte habt ihr euch wieder zusammen gerauft.“
„Ja, haben wir. Diego und ich haben beschlossen, wenn wir hier fertig sind, werde ich nicht gleich mit euch zurück fliegen. Er will mich seinen Eltern vorstellen. Wir haben vor zwei oder drei tage noch nach Mexiko zu fliegen.“
„Das hört sich jetzt aber wirklich ernst an.“
„Ja Tommy. Ich liebe Diego über alles, trotz seines holperigen Anfangs.“
„Und wann ist die Hochzeit?“
„Tommy!“
„Darüber haben wir uns noch keine Gedanken gemacht. Genauso gut könnte ich dich das fragen.“
„Das könnte eher sein, als du denkst.“
„Wie eher?“
„Ganz einfach. Pierre hat mich in Chicago gefragt ob ich ihn heiraten möchte.“
„Ist das romantisch“, sagte Christin mit verklärten Augen.
„Und?“
„Ich hab mir Bedenkzeit erbeten.“
„Wieso das denn? Du bist in deinen Pierre richtig vernarrt. Ich kann mir nicht vorstellen, wenn wir wieder zu Hause sind, und ihr wegen verschiedener Aufträge getrennt seid, wie du ohne ihn auskommen willst.“
„Na, na, so schlimm wird es schon nicht werden. Aber du hast recht. Ich liebe Pierre über alles. Ich möchte die Zeit mit ihm nicht mehr wissen.“
„Und warum sagst du dann nicht ja?“
„Hab ich ja bereits. In St. Louis.”
„Ich glaub jetzt brauche ich ein Taschentuch. Ihr seid wohl das romantischste Pärchen das ich kenne. Und wer trägt dann weiß von euch?“
Tommy sah Christin an, die ihn frech angrinste. Auch er begann zu grinsen.
Christins Handy klingelte.
„Ja?…..Was ihr seid schon dort, seid ihr geflogen?….. Ja wir treffen uns dort…….Naja, noch ungefähr so eine Stunde werden wir brauchen, bis wir bei euch sind……….Okay……Ja ich liebe dich auch Diego.“
Christin drückte die Austaste.
„Die sind schon in Oklahoma City. Diego sagte sie warten genau hinter der Abfahrt vom Interstate auf einem kleinen Parkplatz.“
„Die müssen wirklich geflogen sein. Wobei ich kann mit dem Vehikel nicht so schnell fahren, obwohl das Motorrad im Gepäck fehlt. Aber du hast recht noch eine Stunde, dann werden wir auch da sein.“
Wie besprochen, fuhren wir bei dem kleinen Rastplatz, wo die zwei auf und warten wollten heraus.
„Siehst du sie irgendwo?“ fragte Christin.
„Nein, ich kann sie nicht entdecken.“
„Komisch.“
Tommy brachte den Wagen zu Stehen, und schaltete den Motor aus. Christin stieg als erstes aus.
„Und du bist sicher, dass Diego diesen Rastplatz gemeint hat?“ fragte Tommy Christin, die sich weiter umschaute.
„Welchen denn sonst, dahinten ist die Stadtgrenze, da gibt’s keinen anderen mehr.“
„Was liegt denn dahinten?“
„Wo?“
„Da neben dem Mühleimer.“
Tommy lief hin und ließ einen Entsetzensschrei los.
„Tommy was ist?“
„Das ist die Jacke von Pierre und… sie ist blutverschmiert.“
Christin kam zu ihm gerannt.
„Was ist hier nur passiert, wo sind die beiden…. Tommy schau da unten, glänzt etwas.“
Beide liefen sie den Hang hinunter und fanden das Motorrad der beiden.
„Was machen wir jetzt?“ fragte Christin, die stark zitterte.
„Wir rufen die Polizei und zwar gleich.“
„Nein Diego hat gesagt, wenn ihm mal was zu stoßen würde, sollte ich seinen Bruder Sandro anrufen.“
„Hast du die Nummer?“
„Ja im Wagen..“
„Dann komm, rufen wir an.“
Beide stiegen hastig den Hang wieder hinauf. Tommy nahm Pierres Jacke an sich. Am Wagen angekommen, holte Christin ihr Handy und die Nummer heraus. Sie wählte.
* *
„Ja hier Sandro.“
„Hallo Sandro…hier ist Christin…“
„Christin ist irgendetwas passiert?“
Christin war viel zu aufgeregt um klar sprechen zu können, deshalb nahm Tommy das Handy an sich.
„Hallo Sandro hier ist Tommy ein Freund von Diego und Christin.“
Tommy erzählte ihm ausführlich, was sich zu getragen hatte.
„Das hört sich nach einer Entführung an, irgendwann musste das ja mal passieren. Tommy hör mir zu, versucht das Motorrad, wieder in den Hänger zu verladen, dann kommt so schnell wie möglich an den Flugplatz. Ich selber werde so schnell wie möglich versuchen zu euch zu fliegen.“
„Ja machen wir Sandro.“
„Und eins noch, pass mir auf die Kleine auf, Diego liebt sie wirklich, also wir sehen uns. Ich meld mich sobald ich im Anflug auf Oklahoma City bin.“
„Okay Sandro, bye.“
„Also Christin, tue mir den Gefallen und setze dich ins Mobil und fahre rüber an die Stelle wo das Motorrad liegt. Sandro meint wir sollen es einladen. Schaffst du das?“
„Ja, zumindest versuche ich es.“
„Gut, ich werde inzwischen versuchen, das Bike in Gang zu bekommen und den Hang hochzufahren.“
„Du willst dich selber draufsetzen?“
„Was bleibt mir anderes übrig?“
„Danke Tommy.“
„Für was?“
„Dass du so einen kühlen Kopf behältst.“
„Schon in Ordnung.“
* *
Wie mit Sandro abgemacht, fuhren die beiden zum Flughafen von Oklahoma City. Dort wurden sie bereits schon von einem Mann und einer Frau erwartet.
„Hallo wir sind Freunde von Sandro, ich heiße Phil und das ist Angela.“
„Wisst ihr beiden, was wir jetzt tun sollen?“ fragte Christin schon mit einer weinerlichen Stimme.
Angela nahm sie in den Arm und lief mit ihr ein paar Schritte. Tommy erzählte Phil noch mal, was sie vorgefunden hatten.
„Ihr habt keine Mitteilung oder ähnliches gefunden?“ fragte Phil.
„Nein, wir haben extra noch mal alles abgesucht,“ antwortete ihm Tommy.
„Gut, dann heißt es warten, bei wem sie sich zuerst melden.“
„Wer meldet sich?“ fragte Tommy verwirrt.
„Tommy, wir haben dies schon öfter mitgemacht. Dein Pierre und Diego sind mit Garantie entführt worden. Aber keine Sorge, wir sind ein eingespieltes Team. Wir müssen nur noch auf Sandro warten.“
Total aufgelöst kam Christin mit Angela zurückgerannt.
„Da hat jemand eine SMS auf mein Handy geschickt,“ sagte Christin und gab es zitternd Tommy.
Wir haben Diego ,ihm passiert nichts solange keine Polizei auftaucht. Wir ver-langen die Herausgabe des Goldengel und der Kugeln. Übergabeort schicken wir an diese Nummer.
„Also ist er entführt worden, wie wir vermuteten,“ sagte Phil.
„Und was ist mit Pierre, hier steht nichts von meinem Pierre,“ sagte Tommy langsam panisch werdend.
„Tommy ruhig, deinem Pierre wird schon nichts passieren,“ sagte Angela.
„Wie kannst du dir da so sicher sein, er kann schon irgendwo ….,“ Tommy fing an zu weinen.
„Tommy ist gut, es ist gut..,“ sagte Christin und nahm Tommy in den Arm.
Angelas Handy klingelte.
„Ja…. ja keine Lösegeldforderung……. Christins Handy…… irgendwelchen Goldengel und Kugeln.. ja geht in Ordnung… bye Sandro.
Sandro wird in einer halben Stunde hier landen, bis dahin versuchen wir ruhig zu bleiben. Wir wäre es mit einer Tasse Kaffee?“
„Wäre vielleicht eine gute Idee, lasst uns reingehen,“ sagte Phil und schob Tommy langsam vor sich her.
„Was ist mit den Goldengel und den Kugeln gemeint weiß das jemand von euch?“
„Stimmt, das sind die Sachen die ich und Piere in dem kleinen Trödlerladen gekauft haben.“
* *
Die Zeit schien zu kriechen, bis Sandro mit seinem Privatjet endlich in Oklahoma City eintraf. Als erstes nahm Sandro Christin in den Arm und drückte sie eine Weile.
„Wir bekommen unseren Kleinen da schon heil raus,“ sagte er um Christin zu beruhigen, „und deinen Pierre auch Tommy, keine Sorge!“
„Und was machen wir jetzt?“ fragte Tommy ungeduldig.
„Erst mal abwarten wann der Übergabeort bekannt gegeben wird. Habt ihr schon heraus bekommen was es mit den Gegenständen auf sich hat?“ fragte Sandro.
„Ja sie sind hier im Mobil, Tommy hat sie sich als Mitbringsel für Europa gekauft,“ sagte Angela.
„Wir gehen erst mal ins Hotel, und machen uns ein wenig frisch, dass wird euch beiden auch gut tun,“ meinte Angela und drängte zum Ausgang.
„Dort können wir die Sachen auch unter Augenschein nehmen.“
Angela hatte mehrere Zimmer im Marriott in Oklahoma City gebucht. Mit einer großen Limousine fuhren sie dort hin. Tommy und Christin folgten ihnen mit dem Wohnmobil. Die beiden konnten sich kaum auf den Verkehr konzentrieren, so waren sie mit den Gedanken wo anderst.
Eine SMS wurde auf Christins Handy gesandt. Tommy und Christin schauten sich an. Er gab mit der Lichthupe Lichtzeichen, an die vor ihnen fahrende Limousine und fuhr rechts ran. Die Limousine ebenso.
Sandro und Phil kamen nach hinten gerannt und Christin gab ihnen ihr Handy.
Übergabe im Grand Canyon, in drei Tagen, genauere Position wird durchgegeben!
„Grand Canyon also und drei Tage, dass gibt uns ein wenig Zeit zum Planen,“ sagte Phil.
„Das ist doch ein unheimlich großes Gebiet, wie soll man da denn was planen?“ fragte Christin.
Beim Hotel eingecheckt, trafen sie sich alle, nach dem sie sich frisch gemacht hatten bei Sandro. Tommy brachte die zwei gekauften Weihnachtssachen mit.
„Das hier ist der Engel, und das sind die Kugeln,“ meinte Tommy.
Ein Mann, der mit Sandro kam, schaute sich die Kugeln genauer an.
„Also wenn ihr mich fragt, sind die Halterungen mit echten Diamanten besetzt und ebenfalls die Kugeln, dass ist keine Glitzersteine, sondern reine Diamanten,“ sagte darauf hin der Mann.
Dann nahm er sich die Putte vor. Er drehte den Engel in alle Richtungen und bemerkte an der unteren Seite, eine versteckte Öffnung.
Mit einem kleinen Messer bekam er den Deckel ab, und herausgekullert kam ein kleiner Beutel. Er griff hinein und zog einen weiteren Diamanten heraus.“
„Die Rose des Orient,“ meinte Sandro.
„Der sieht aus, wie der den wir bei dir gefunden haben, Christine,“ sagte Tommy.
„Du hast den Zweiten?“ fragte Sandro.
„Wieso den Zweiten?“
„Die Rose des Orients, sind zwei absolut gleiche Diamanten gewesen, bisher dachte man immer, mindestens einer davon sei verloren, denn es tauchte in der Vergangenheit immer nur einer der Beiden auf. Also existieren noch beide,“ sagte der Mann.
„Sie gehörten beide zu einer sehr großen Halskette eines Kalifen.“
„Von dem Zweiten, der bei uns im Familienbesitz ist, weiß so gut wie keiner etwas, es wurde der Presse damals verschwiegen,“ meinte Christin.
„Das ist auch besser so,“ meinte Sandro.
Der Mann tat den Diamanten wieder in den Engel und verschloss ihn vorsichtig.
„Dann ist der Entführungsgrund, wohl nicht Diego,“ meinte Sandro erleichtert.
„Die wollen nur ihren Schmuck wieder haben. Das mindert mal etwas die Gefahr für beide, auch für Pierre.“
Dabei sah er Tommy an, der ebenfalls etwas erleichtert schien.
* *
Sechsunddreißig Stunden später.
„Und welchen Platz sollen wir nehmen?“, fragte Christin.
Sie und Tommy waren weiter der Route66 gefolgt und wie geplant auf den Campingplatz der Ölland Südkante ihren bestellten Platz bezogen. Tommy drehte die Stützachsen herunter. Christin stand ein wenig Gedanken verloren am Rand des Platzes und ließ ihren Blick über die Berge schweifen.
„Christin hör auf dir Gedanken zu machen und hilf mir lieber, es ändert auch nichts an der ganzen Sache.“
„Du hast ja recht , aber ich muss unentwegt an die beiden denken.“
„Geht mit genauso, aber wir können nur auf Sandro bauen und abwarten.“
Tommy und Christin bauten ein kleines Vorzelt auf trugen Tisch und Stühle hinein, so wie es ohnehin geplant war. Denn eigentlich war ja eine Fotosaison angesagt. Der Zeitpunkt der Übergabe am späten Mittag rückte näher.
Beide waren sie sehr nervös. Tommy packte das notwendigste in den Rucksack. Ebenso die Engelsfigur und die Kugeln.
„Hätte ich diesen Schwachsinn doch bloß nicht gekauft“, meinte Tommy leise.
„Ach Tommy, hör auf. Was –Wäre –Wenn ist hier jetzt nicht angebracht.“
Christin schloss das Wohnmobil ab, und sie liefen beide los. Sie hatten einen genauen Plan von Sandro bekommen, wie sie laufen mussten. Am Anfang war der Weg noch leicht gewesen, aber bei der Mittagsonne, wurde der Einstieg in den Canyon schwieriger.
Tommy musste Christin des öfteren helfen, über größer Steine weg zu kommen. Auch die Nervosität zerrte an den beiden und deshalb kamen sie auch total geschafft an dem vereinbarten Punkt an.
Sie waren alleine, keine Spur von den Unbekannten oder Pierre und Diego. Doch ganz alleine waren sie auch wieder nicht, denn sie wussten das Sandro und seine Leute hier irgendwo ebenfalls versteckt auf die Kidnapper warteten.
Christin schreckte auf, als etwas Geröll den Hang herunter kam. Tommy hörte Stimmen, er konnte nur nicht herausfinden aus welcher Richtung sie kamen. Christin hatte sie ebenso vernommen und schaute auch in alle Richtungen.
Auf dem gleichen Weg, wie sie gekommen waren kam ein einzelner Mann auf sie zu.
„Haben sie es dabei?“ fragte er in einem schlechten Englisch.
Tommy nickte und packte den Engel und die Kugeln aus. Der Mann kam näher und nahm sich die beiden Sachen genau in Beschau. Ein breites Grinsen zierte sein Gesicht. Er lies einen Pfiff los, grell und laut, so das Christin abermals zusammen fuhr.
„Wenn sie keine Scheiße bauen, passiert ihnen nichts und sie bekommen ihre zwei Helden zurück.“
Eine kleine Gruppe kam des Weges und Tommy erkannte, das auch Pierre und Diego unter ihnen waren. Christin klammerte sich ängstlich an Tommy, denn keiner von beiden wusste, was jetzt kommen sollte.
Tommy wartete die ganze Zeit darauf, das jetzt Sandros Leute eingriffen, aber nichts tat sich. Der einzelne Mann entfernte sich von ihnen und lief der Gruppe entgegen. Und plötzlich ging alles sehr schnell.
Aus jedem Winkel, kam jemand hervorgesprungen. Ein Schuss viel. Tommy drückte Christin nach unten. Er selber versuchte etwas zu erkennen. Das einzigste was er klar sehen konnte, war, dass der Fremde, mit der Ware die Flucht ergreifen wollte.
Genau als er in Tommys Höhe angekommen war, stürzte sich Tommy auf ihn. Mit einem lauten Schrei ging der Fremde zusammen mit Tommy zu Boden. Die Kiste mit den Kugeln flog zu Boden und der Engel durch die Luft.
Christin verfolgte die Flugbahn des Engels. Mit einem lauten Knall zerbrach er auf einem Felsen. Heraus gerollt kam der große Diamant. Sie setzte sich in Bewegung und versuchte den Stein aufzufangen, der ungebremst auf den Abgrund zu rollte.
„Christin nicht“, schrie jemand.
Sie stolperte und verfehlte nur um Haaresbreite den Stein. Mit schmerzverzerrten Gesicht musste sie mit ansehen, wie der Diamant über den Rand hinwegrollte und auf Nimmer Wiedersehen verschwand.
Inzwischen waren Sandro und Phil bei Tommy und hatten den Fremden kampfunfähig gemacht. Sandro kam und half Christin auf.
„Er ist einfach über den Rand gerollt, ich konnte ihn nicht mehr erreichen“, sagte Christin immer noch fassungslos.
„Christin?“ schrie jemand.
„Diego?“ murmelte Christin und drehte sich herum.
Sie konnte ihn erblicken und rannte los. Vorbei an Tommy und Phil, den schmalen Weg hinunter. Ungefähr in der Mitte trafen sie auf einander und fielen sich um den Hals. Tommy, der dem Schrecken immer noch in den Gliedern steckte, wurde so langsam bewusst was passiert war.
Langsam lief er den selben Weg hinunter vorbei an Christin und Diego.
„Pierre?“ rief er laut.
„Pierre?“
„Ja Tommy, hier bin ich.“
Ein ganzes Stück weiter unten saß Tommy auf einem Stein. Er wurde gerade von Angela am Arm verbunden. Als er Tommy sah, gab es kein halten mehr. Sie fielen sich in die Arme, küssten sich und drückten einander fest an sich.
„Oh Pierre, ich hatte so Angst um dich“, sagte Tommy.
Die ersten Tränen rannen über sein Gesicht.
„Es ist alles vorbei Tommy, du hast mich wieder und ich dich….“
Wieder drückten sie sich fest aneinander.
* *
Bis auf eine Schnittwunde am Arm hatten Pierre nichts abbekommen. Ebenso Diego, der ohne Blessuren davon gekommen war. Nach einer heißen Dusche und einem guten Mahl, fühlten die zwei sich fast wie Neugeboren.
In kleiner Runde saßen sie mit Sandro, Phil und Angela in der Hotelbar.
„Was wird jetzt aus diesen Idioten?“ fragte Pierre.
„Sie sind bereits der Polizei übergeben worden“, kam es von Sandro.
Christin schmiegte sich noch enger an Diego.
„Ich ärgere mich noch immer, dass ich den Stein nicht mehr erwischen konnte“, sagte Christin.
„Es wäre ja auch unnötig gewesen, hättest du ihn bekommen“, meinte Phil.
Christin schaute ihn fragend an.
„Für die Polizei und die Öffentlichkeit, ist der Stein für immer verloren. Denn es braucht niemand zu wissen, das der echte Stein immer noch in unserem Besitz ist und ich ihn dir hiermit in dieser kleinen Runde übergeben kann.“
Diese Überraschung war gelungen. Phil reichte Christin einen kleinen Beutel.
„Im Engel war ein Duplikat?“, fragte Pierre.
„Ja Bruderherz“, kam es von Sandro.
Christin öffnete den Beutel und lies vorsichtig den Stein heraus rollen. Im Kerzenschein entfachte er seinen ganzen, wunderschönen Schein.
„Wir dachten, die zwei Steine sollten wieder zusammen geführt werden und wären bei dir in England gut aufgehoben, Christin“, sagte Phil.
„Ich weiß nicht was ich sagen soll“, meinte Christin immer noch total überrascht.
„Sag einfach danke“, sprach Tommy und lächelte ihr zu.
„Wir werden uns mit unseren Leuten in England in Verbindung setzten, damit der Transport auch gesichert ist“, meinte Sandro.
Pierre grinste.
Mit so einem Klunker an Bord, würde ich mich auch nicht wohl fühlen, mir reicht die eine Perle die ich habe“, sagte Pierre und schaute liebevoll zu Tommy.
* *
Sandro und seine Leute waren abgereist und trotz Einwände von Tommy, hatten sie sogar das Fotoshooting am Grand Canyon hinter sich gebracht. Recht Fröhlich waren sie auf den letzten Kilometer der Route 66 unterwegs.
„So noch ein paar Meilen und wir erreichen Los Angeles“, sagte Diego.
„Wollen wir in Los Angeles einen Stopp machen oder bis zum Endpunkt nach Santa Monika durchfahren?“, fragte Tommy.
Einstimmig wurde sich für Santa Monika entschieden. Eine Stunde später standen sie irgendwie ergriffen alle vier vor dem Bronzeschild.
Will Rogers Highway
dedicated 1952
to
Will Rogers
this Main Street of Amerika
Highway 66
Pierre zog Tommy zum Santa Monica Peer. Arm in Arm schlenderten sie hinaus bis zum Ende. Christin und Diego folgten ihnen.
„Es ist herrlich hier“, meinte Pierre und genoss die frische Seeluft.
„Stimmt ich hätte jetzt regelrecht Lust in die Fluten zuspringen“, sagte Diego.
„Dafür haben wir noch ausführlich die nächsten Tage Zeit, unser Rückflug ist erst in sechs Tagen gebucht“, kam es von Tommy.
„Gut lass uns im Hotel einchecken, das Wohnmobil ausräumen und zu einem geruhsamen Abend übergehen“, sagte Pierre
„Woher so plötzliche Eile?“, fragte Christin.
„Weil ich mich auf den heutigen Abend ganz besonders gefreut habe und ihn ohne euch mit Tommy verbringen will“, antwortete Pierre keck.
„Das stört uns überhaupt nicht, sagte Diego und zog Christin enger an sich.
Alle schauten auf das Meer hinauf, das an diesem Mittag besonders ruhig dalag.
„Von was träumst du, Tommy?“, fragte Pierre und schaute Tommy in die Augen.
„Von unseren nächsten Reise….“
„Und wo soll die hingehen?“
„Lass dich überraschen, ich werde bestimmt etwas spannendes finden.“
„Das glaube ich dir gerne…“
Tommy zog Pierre an sich und sie ergaben sich einem langen Kuss.
* * Ende * *
Dann überkam auch ihn der graue Nebel, der sich langsam in ein tiefes Schwarz verwandelte.
Tommy war gerade vierzehn geworden, als seine Eltern bei diesem schweren Verkehrsunfall ums Leben kamen. Alle Verwandten glaubten sie müssten sich nun rührend um den Kleinen kümmern, doch nur einer war dabei der es ernst mit ihm meinte.
Onkel Henry, der Bruder seiner Mutter, war auch zum gesetzlichen Vormund bestimmt worden. Dieser übernahm auch das kleine Antiquitätengeschäft der Cumminghams.
* *
Das alles war jetzt dreizehn Jahre her, inzwischen war Tommy Cummingham ein hochgewachsener Mann geworden, blondes, kurzes Haar die immer seine blauen Augen einwenig verdeckten. Und mit seiner sportlichen Figur konnte er sich überall blicken lassen.
Tommy hatte sich mit dem geerbten Geld das Dachgeschoss des alten Londoner Hauses in der St. John’s Street zu einer kleinen Wohnung ausgebaut.
Er hatte die Schule glänzend bestanden, ein Studium absolviert und sich zu einem bekannten Londoner Modefotografen gemausert.
Durch seinen Geschmack an Formen und Farben des Berufes wegen, fiel es ihm auch nicht schwer seine Junggesellenwohnung geschmackvoll aus zustatten. Er ließ das hohe Gebälg in vier Zimmer umbauen.
Eine kleine Küche die er fast nie benutzte, weil er so selten Zuhause war, ein Bad in dessen gusseisernen Wanne er oft stundenlang verweilen konnte, was allerdings ja auch nicht oft vorkam. Das große Zimmer war in Wohnzimmer und Essecke unterteilt.
Über eine kleine Wendeltreppe gelangt man ins Schlafzimmer auf der Empore. In warmen Farbtönen und stilvollen Möbeln hatte sich Tommy eine Oase der Ruhe geschaffen, in der er sich immer wieder gerne zurückzog.
Durch den Ersatz der einen Giebelmauer in ein großes dreieckiges Fenster wirkte natürlich alles viel größer. Wenn es herrliches Wetter war, hatte man hatte man hier eine schöne Aussicht auf ganzen Stadtteil.
* *
Doch dies war wieder einer jener Tage an denen sich London ganz und gar in Nebel verhüllte. Tommy lag noch in seinem Bett und überlegte sich ob er nicht lieber liegen bleiben sollte, doch er hatte sich gestern für heute viel vorgenommen, daß er seinen Entschluss liegen zu bleiben verwarf.
Er lief die kleine Wendeltreppe herunter Richtung Bad, als er ein kratzendes Geräusch an seiner Wohnungstür vernahm.
Es konnte niemand anderes sein als seine Retrieverhündin Astra sein. Das Winseln bedeutete, daß sie Gassi gehen wollte und es eilig hatte raus zukommen. Er lief zu der Wohnungstür und öffnete. Astra sprang mit einem Satz herein, so daß Tommy fast das Gleichgewicht verlor.
„Astra altes Mädchen, kannst du es mal wieder nicht abwarten raus zukommen, warte kurz ich muß mir nur noch schnell was anziehen.“
Er stieg in seine Jeans zog sich eine Jacke über und griff nach der Leine Es war recht kühl draußen, und Tommy beschloss nicht die große Runde über die St. Paul´s Kathedrale zu laufen, sondern nur einmal um den Block.
Zuhause angekommen, entledigte er sich seiner Klamotten, stellte Astra ihr Futter und Wasserschale hin, und machte sich auf den Weg ins Bad.
Als er gerade unter das angenehme heiße Wasser der Dusche seinen Körper einseifte, klingelte das Telefon.
So ein Mist dachte sich Tommy drehte die Dusche ab und warf sich während er zu Telefon lief einen Bademantel über.
„Cummingham“.
„Hi hier is Pierre, was machst du gerade?“, kam es aus dem Hörer.
„Ich bilde hier gerade ne große Wasserlache auf dem Boden“, gab Tommy zur Antwort.
„Läufst du aus?“, Pierre konnte sich das Lachen am Telefon nicht verkneifen.
„Haha, ich stand grad noch eben unter der Dusche und dort werde ich auch wieder hingehen, du kannst dich ja später wieder melden. „
„Soll ich nicht kommen um dir den Rücken einseifen?“, fragte Pierre verschmitzt.
Tommy lachte laut auf.
„Nein, nein, du willst doch was ganz anderes einseifen.“
* *
Pierre war einer seiner Topmodelle, einer der Sorte, um den sich Fotografen rissen. Er war ein schlank gebauter junger Mann Anfang Zwanzig, aber er sah jünger aus. Seine dicken schwarzen Locken waren aus seiner hohen Stirn zurückgekämmt und seine dunklen Augen unter schrägstehenden Brauen gaben seinen Gesicht ein etwas fremdes, beinah teuflisches Aussehen.
Man mußte ihn schon eine Weile kennen, bevor man heraus fand, daß dies Aussehen eine glatte Lüge über das Wesen von Pierre war. Manche aber fanden es nie heraus.
„Natürlich kannst du rüber kommen, aber bist du da bist, bin ich gestriegelt und angezogen, aber du kannst ja zum Frühstück vorbei kommen. Also, bis dann. Tschau.“
Tommy legte den Hörer auf und wandte sich gerade dem Bad zu, als der tiefe Gong der Türglocke ertönte. Und wie sollte es anders sein, da stand Pierre vor der Tür.
„Wie hast du das schon wieder so schnell geschafft?“, fragte Tommy erstaunt.
„Hast du noch nie was von der Erfindung namens Handy gehört, ich stehe schon die ganze Zeit auf der Treppe draußen.“
„Na komm schon rein mir wird’s langsam kalt ich hab nichts darunter an“, sagte Tommy und nahm Pierre in den Arm und drückte ihn.
Pierre lies seine Hände nach unten wandern,
„Einen knackigen Arsch hast du immer noch, muß ich schon sagen“, meinte Pierre und grinste teuflisch.
„Lass das, ich geh jetzt duschen und du kannst in der Zwischenzeit den Kaffee machen“, sagte Tommy und löste die Umarmung
Nach dem Duschen lief Tommy in sein Schlafzimmer und zog sich an.
* *
Die Zwei frühstücken in aller Ruhe und erzählten sich dies oder jenes, eben den Klatsch aus der Branche und amüsierten sich herzlich darüber.
„Bist du mit deine eigenen Auto da oder soll ich dich mit in die City nehmen?“, fragte Tommy.
„Oh Tommy da wäre toll, ich bin nämlich heut morgen zu dir gelaufen und ich habe keine Lust den ganzen Weg zurück zu laufen“, antwortete Pierre
„Na das würde dir aber nicht schaden, ich sehe da ein paar Fettpölsterchen, die da nicht hingehören.“
„Wo hab ich Fett sitzen guck mich an, kein Gramm zuviel an mir.“
Tommy begann zu lachen, es freute ihn immer wieder wenn er Pierre aufziehen konnte. Sie räumten ab zogen sich etwas über, und liefen die Treppe hinunter, wo sich der alte Laden befand.
„Morgen Onkel Henry, ist die Lieferung mit der alten Truhe schon gekommen?“
„Morgen mein Junge, guten Morgen Pierre, nein aber der Lieferant hat versprochen er soll heut Mittag eintreffen.“
Sein Onkel war alt geworden und verheiratet war er auch nicht. Über den Verlust seiner Schwester war er nie ganz richtig weggekommen obwohl er das Tommy nie zeigte.
„Okay Onkel Henry, ich muß weg. Ich bin heut Mittag nicht zum Lunch da“, sagte Tommy beim verlassen des Ladens.
„In Ordnung mein Junge, Tschüss ihr beiden habt einen schönen Tag.“
* *
Beide trabten hinaus zu Tommys Range Rover. Sie stiegen ein und mit einem leisen Surren zog der Diesel langsam an.
„Warum fährst du so langsam?“, fragte Pierre.
„Ich mußte gerade an Christin denken, sie rief mich gestern an, sie hätte von irgendeinem Notar eine schriftliche Mitteilung bekommen, daß sie etwas geerbt hätte. Ich solle doch heute morgen früh vorbeikommen“, gab Tommy zur Antwort.
„Nimmst du mich mit, ich hab heut frei – keine Aufträge. Ich habe Christin schon seit.. warte…ja seit der Fotosession in Soho nicht mehr gesehen.“
„Gibt es da nicht vielleicht einen anderen Grund?“
„Thomas Edward Cummingham, du denkst aber auch immer das Schlechteste von mir.“
„Das würde mir zu denken geben.“
Lachend hielt Tommy vor der Wohnung von Christin in der New Kent Road an. Beide stiegen sie aus und liefen in das haus, wo Christin ihre Wohnung besaß.
* *
„Mensch Pierre dich habe ich ja schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, du siehst wie immer blendend aus“, sagte Christin nach dem sie die Wohnungstür geöffnet hatte.
„Man tut was man kann“, antwortete Pierre und strich sich eingebildet durch die Haare.
„Hallo Tommy, danke für dein kommen“, begrüßte Christin Tommy und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Und ich geh wieder leer aus“, Pierre zog einen Schmollmund.
Christin lachte und gab ihm in einer stürmischen Umarmung auch einen Kuss.
„Kommt doch rein, meine Mutter ist auch schon da.“
„Deine Mutter? Ich dachte du hast keinen Kontakt mehr zu ihr“, fragte Tommy erstaunt.
„Doch wir haben Kontakt, aber wir telefonieren meist eigentlich nur, weil es von Dorchester, wo sie lebt, hierher für Besuche zu weit ist, aber kommt erst mal rein ich will euch meiner Mutter vorstellen“, antwortete Christin und schloß hinter den beiden die Tür.
„Mutter das ist Tommy Cummingham und Pierre Fromboise ich hab dir schon von ihnen erzählt.“
Eine etwas älter wirkende Frau stand von ihrem Stuhl auf und kam auf die Drei zu.
„Das ist aber nett, daß ich sie beide auch mal kennen lerne, Christin hat mir schon einiges von ihnen erzählt.“
„Ich hoffe nur Gutes“, sagte Pierre dem es sichtlich peinlich war, was man an seinem rotem Kopf deutlich sehen konnte.
„Guten Morgen Miss Stonehagen, es freut mich ebenfalls sie kennen zu lernen“, sagte Tommy und gab artig die Hand. Alle setzten sich an den kleinen Tisch am Fenster, wo Christin jedem Tee einschenkte.
* *
„Warum ich dich hergebeten habe, könntest du uns zum Notar begleiten und dort auf uns warten?“, fragte Christin, an Tommy gewandt.
„Tue ich gerne, wenn dir es nichts ausmacht das Pierre mitkommt, denn ich glaube den bekomme ich heut eh nicht so schnell los“, sagte Tommy und schaute lächelnd zu Pierre.
„Auch gut dann hab ich ja genug Unterstützung dabei“, kam es von Christin.
„Eine Erbschaft ist doch nicht so schlimm?“, meinte Pierre mit einem fraglichen Gesichtsausdruck.
„Naja, wenn man weiß von wem die Erbschaft kommt, kann es auch unangenehm sein“, gab Christins Mutter von sich.
Tommy schaute Christin an, „dass musst du mir jetzt aber genauer erklären.“
„Später, wenn alles rum ist und ich weiß was ich genau geerbt habe“, meinte Christin.
„Du hast geerbt? Und deine Mutter?“, fragte Pierre.
„Tja das ist es eben, meine Tochter ist als Alleinerbe eingesetzt, meine Gegenwart bei dieser Sache verstehe ich auch nicht“, entgegnete Miss Stonehagen und nahm auf dem Sofa Platz.
„Wo wohnt denn der Notar, welche Strasse?“, fragte Tommy.
„Moment ich schau noch mal nach …… in der Bayswater Road“, gab Christin von sich.
„Man, das ist eine sehr vornehme Gegend direkt am Hyde Park, das muß ja schon eine größere Erbschaft sein, wenn der Notar seine Kanzlei dort unterhält“, meinte Pierre.
„Ist es auch“, sagte Christin in leisen Ton.
„Mir ist gar nicht wohl bei der ganzen Sache“, sprach Miss Stonehagen ebenso leise.
„Kinder was ist denn mit euch los, ich weiß eine Erbschaft ist immer mit einem Todesfall verbunden ist, aber ihr macht um das Erbe so ein Geheimnis, ich versteh das nicht“, sprach Pierre.
„Das ist auch schwer zu verstehen Pierre, wenn man nicht die Hintergründe kennt. Aber ich erkläre es gern euch beiden sonst gebt ihr eh keine Ruhe“, und Christin setzte sich zu ihrer Mutter.
„Also ganz von Anfang an, Stonehagen ist der Mädchenname meiner Mutter, den sie nach dem Tod meines Vaters wieder angenommen hat. Mit dem richtigen Familiennamen, also der Name meines Vaters war Earl von Ballater. Und Ballater liegt in Schottland Nähe Aberdeen.“
„Das würde ja heißen du und deine Mutter wären eine Lady Ballater?“, warf Tommy ein.
„Ganz recht wir haben den Titel Lady, worüber wir aber keineswegs Stolz sind.“
„Man fasst es nicht, da kenne ich Christin schon eine Ewigkeit und jetzt stellt sich heraus, das sie von blauen Blut ist. Wahnsinn“, sagte Pierre.
„Ach Pierre das ist doch nicht so wichtig“, entgegnete Christin.
Tommy stand auf und lief zum Fenster, „und was hat das jetzt mit der Erbschaft bei der Kanzlei am High Park zutun?“
„Ich denke meine Tochter wird das ganze Anwesen bei Ballater und die Ländereien erben. Was anderes kann ich mir nicht vorstellen, da der Verstorbene keinerlei Nachkommen und außer uns keinerlei Verwandtschaft besitzt“, meinte Christins Mutter.
„Mutter lass gut sein, ich weiß nicht, ich trau diesem alten Tunichtgut nicht über den Weg.“
„Jetzt verstehe ich gar nichts mehr, “ sagte Pierre mit einem total fassungslosen Gesichtsausdruck.
„Da müßtet ihr doch euch freuen, wenn wirklich eine solche Erbschaft ansteht.“
Christins Blicke wanderten zu ihrer Mutter.
„Pierre, das ist nicht so leicht, wenn du die Vorgeschichte kennst verstehst du vielleicht. Der Verstorbene ist, ich meine war der Bruder meines Vaters und durch eine Testamentsfälschung, die wir ihm nie nachweisen konnten, eignete er sich sämtlichen Besitz an und ließ meinen Vater, der eigentliche rechtmäßige Erbe weil er der Ältere von beiden war, leer ausgehen. Mein Vater hat dies nie verwunden und ist vor lauter Kram gestorben.“
Christins Mutter standen die Tränen in den Augen, Tommy stand auf und reichte ihr ein Papiertaschentuch.
„Es tut mir leid aber ich habe den Tod meines Mannes nie richtig überwunden, und der Hass auf meinen Schwager Stuart ist in den letzten Jahren nicht weniger geworden, er hat uns alles genommen was uns lieb und teuer war. Wir mussten noch einmal von ganz vorne anfangen.“
„Kennt Ihr das Anwesen überhaupt?“, wollte Pierre wissen.
„Natürlich kennen wir es, ich wurde dort geboren und habe dort die ersten vier Jahre meines Lebens verbracht. Als Kind war das für mich unverständlich warum ich da nicht mehr spielen konnte, und wir in eine entfernte Stadt zogen. Aber seither war nie wieder jemand von uns dort.“
Christin trank einen Schluck ihres Tees und sprach langsam weiter.
„Es wurde bei uns nicht mehr darüber gesprochen und so geriet es auch langsam bei mir in Vergessenheit und meine glückliche Kindheit habe ich meiner Mutter zu verdanken. Erst seit drei Tagen ist dies alles wieder auftaucht, als der Brief von der Kanzlei kam.“
Tommy kniete sich vor Christin.
„Was immer auch kommen mag Christin ich bin für dich da, jederzeit“, sagte er leise zu ihr.
„Vergesst mich nicht, auf mich könnt ihr auch zählen““, baute sich Pierre stolz auf.
Nun mußte auch Miss Stonehagen lachen und nach der zweiten Tasse Tee ging es allen wieder viel besser.
* *
Nach einem ausgiebigen Mittagessen beim Italiener um die Ecke, fuhren alle vier in die Bayswater Road. Vor der Tür der Kanzlei verabschiedeten sie sich voneinander und Tommy und Pierre machten einen ausgiebigen Sparziergang im Hyde Park um das Long Water herum.
„Na, was macht die Liebe Pierre schon eine neue Flamme gefunden?“, fragte Tommy.
„Ach hör auf, du redest gerade so, als hätte ich mit jedem Mann in London ein Verhältnis gehabt. Es gibt eh nur einen, dem ich treu ergeben bin und das bist immer noch du!“
„Immer noch der gleiche Pierre wie ich ihn kenne. Du hast dich kein bisschen verändert. Es sind jetzt schon drei Jahre her, daß wir uns im Guten getrennt haben und du gibst immer noch nicht auf. Irgendwann wird dir schon der Richtige über den Weg laufen“, sagte Tommy und starrte geradeaus.
„Und du, bist doch auch noch solo?“, kam es von Pierre.
„Das wird auch noch lange so bleiben befürchte ich, der Mann der mich so akzeptiert wie ich bin, meinen Beruf, meine Lebensweise, dass sind alles Dinge, die nicht so leicht zu verdauen sind.“
„Setzt du deine Erwartungen nicht ein bisschen hoch an, du bist viel zu streng mit dir Tommy, so kann das nicht weiter gehen. Ich hab wegen dir schon lange ein ungutes Gefühl, ja ich hab Angst um dich. Über kurz oder lang bleibst du auf der Strecke, machst dich nur selber runter. Das merkt man bei jedem Fotoshooting, an allem und jedem hast du was aus zusetzen, nie bist du zufrieden mit einer Einstellung, dort noch ein bisschen höher, den Kopf noch weiter nach hinten, ab und zu sieht es so aus als quälst du deine Fotomodelle gerne. Und dann bist du ewig auf Reisen heute New York morgen Hongkong, daß hält doch kein normaler Mensch aus…….“
Pierre verstummte. Tommy hatte die ganze Zeit zu Boden geschaut.
„Du hast ja Recht, aber ich weiß auch nicht warum, wenn ich mich in meine Arbeit stürze, bleibt keine Zeit zum Nachdenken und zum Grübeln“, sagte“, sagte Tommy fast nicht hörbar.
„Das habe ich an deinem letzten Bildband schon gemerkt.“
„Du hast es gesehen, wie fandest du es?“
„Natürlich habe ich es mir gekauft. Es ist wunderschön wie alle deine Bildbände, aber dieses steckte so voll Sehnsüchten, es war den Bildern deutlich anzumerken, Tommy, das du auf der Suche bist. Die ganze Ausdrucksweise der Gesichter und dann noch diese weiten einladenden Landschaften.“
Pierre hatte recht, Tommy wusste schon lange, daß er mit der jetzigen Situation nicht zufrieden war. Die Einsamkeit, die Leere in seinem Herzen brachte ihn fast um. Er jagte von einem Termin zum anderen und lebte mehr aus seinem Koffer, und war nur noch selten Zuhause.
Es war ihm bekannt, daß es so nicht mehr weiter gehen konnte. Wie Pierre eben schon sagte, auf kurz oder lang blieb er auf der Strecke. Er wusste es aber selbst, hatte er keinerlei Ahnung, wie er sich aus diesem Loch selbst heraus ziehen sollte.
Schweigend lief er neben Pierre her und hatte nicht mal gemerkt, daß ihm Tränen die Wangen herunter liefen.
„Nimm mein Taschentuch, ich kann nicht mit ansehen wie du heulst, sonst kommen mir auch noch die Tränen denn ich ertragen es nicht dich leiden zu sehen. Ich mußte dir das einfach mal sagen, auch wenn du es nicht hören willst“, sprach Piere.
„Du hast ja recht Pierre. Ich weiß selber, daß etwas nicht stimmt, aber ich weiß auch nicht wie ich dieses Problem in den Griff bekommen soll.“
„Du solltest dich doch vielleicht mal mehr umsehen, es laufen überall so viele Single herum, da müsste doch irgendetwas für dich dabei sein.“
Jetzt musste Tommy lachen.
„Du würdest mich doch mit jedem verkuppeln.“
„Ja würde ich, nur allein deswegen um dich wieder lachen zu sehen. Ich möchte wieder diese glücklich blauen Augen strahlen sehen, in die ich mich von Anfang an so verliebt habe…..“
Pierres Stimme versagte.
„Du bist so ein lieber Freund, bin so froh das ich dich habe“, erwiderte Tommy und hängte sich bei Pierre ein.
Nach ungefähr einer Stunde trafen sie sich wieder mit den zwei Damen in einem nahegelegenen Cafe.
„Christin ist dir nicht gut, du bist ganz schön blass um die Nase,“ fragte Pierre besorgt.
„Da bin ich wohl nicht alleine, wenn ich Tommys roten Augen sehe, weiß ich das die letzte Stunde bei euch auch nicht gerade berauschend war.“
Tommy sah auf.
„Nicht so schlimm, ich bin von einem guten Freund nur zurecht gestutzt worden, das war an der Zeit aber gehört jetzt nicht hierher.“
„Tommy, du fängst mit dem Blocken schon wieder an, fang wieder an zu leben“, sagte Pierre ärgerlich.
„Da muss Pierre recht geben, auch mir ist das schon seit längerem aufgefallen, daß du wie ein irres kleines Männchen herumläufst und deine Leute damit schikanierst“, kam es von Christin.
„Christin“, kam es von Christins Mutter scharf.
„Ach lass mal Mutter, Tommy, Pierre und ich sind jetzt schon solange gut befreundet, das man ab und wann Kritik äußern kann, ohne das gleich die Welt unter geht.“
„Na wenn du meinst Christin. Ich kenne das nicht, den Umgang den ihr miteinander pflegt daß ist mir fremd. Zu meiner Zeit hatte man zwar auch gute Freunde, aber das Privatleben blieb eben privat. Bei euch jungen Leuten sieht das immer so leicht und …. unbeschwert aus.“
„Miss Stonehagen, das ist nicht so leicht wie es aussieht“, unterbrach Pierre Christins Mutter, „an Freundschaften muss man arbeiten sie pflegen. Nur so kann man das Vertrauen erhalten und behalten das man unter Freunden genießt.“
Pierre schaute nacheinander in Christins und Tommys Augen, die ihm das eben Gesagte mit einem Lächeln bestätigten.
„So jetzt habe ich aber Hunger, bestellt ihr schon mal den Tee und ich werde mir mal die tolle Auslage in der Theke anschauen“, meinte Pierre.
„Auslage? Eher doch den jungen Mann dahinter,“ warf Tommy ein. Pierre rollte mit den Augen und verschwand.
* *
„Darf ich euch alle heute Abend zum Essen einladen?“, fragte Tommy.
„Du sagtest doch heute morgen du hättest noch soviel Arbeit“, unterbrach Christin Tommy.
„Wie Pierre schon vorhin sagte ich soll anfangen zu Leben und was gäbe es nicht da besseres als ein Dinner mit seinen besten Freunden.“
Christins Mutter stellt ihre Tasse Tee ab.
„Es ehrt mich, daß sie mich zu ihren Freunden zählen lieber Tommy, aber ich denke ich bin da doch einwenig fehl am Platz.“
„Miss Stonehagen…“
„Sagen sie ruhig Margreth zu mir Tommy.“
„Also …. Margreth, sie haben in den letzten Stunden über mich und Pierre soviel erfahren ohne das was sie ohnehin von Christin“, er schaute lächelnd zu Christin, „sicherlich schon erfahren haben, daß ich finde sie gehören schon dazu, in unseren kleinen erlesenen Kreis von Freunden.“
„Wenn das so ist, nehme ich die Einladung gerne an, aber bitte nicht in eines der sündhaft teuren Restaurants hier ich habe dafür nicht mal was rechtes an zuziehen.“
„Mutter, dass wäre sicher kein Problem mit den Klamotten, aber ich denke eher, daß Tommy uns zu sich nach Hause einladen wollte, denn er ist ein kleiner begnadeter Koch.“
Nickend stimmte Tommy ihr zu.
„Dann bin ich mal gespannt auf das Essen, wenn meine Tochter so von ihren Kochkünsten vor schwärmt.“
Inzwischen näherte sich Pierre dem Tisch mit einem total überladenen Teller an Naschereien und setzte sich auf seinen Stuhl.
„Das alles willst du essen, denk einwenig an deine Figur, sonst kannst du Bilder für Elefantenmode machen lassen“, sagte Christin lachend.
„Menno ich konnte nicht widerstehen…..“, sagte Pierre und stopfte sich das erste Sahnetörtchen in den Mund.
„Ich glaube eher du bist dem jungen Mann hinter der Theke erlegen, der dir den Teller so voll geladen hat“, amüsierte sich Tommy.
„Du musst aber auch zugeben er sieht auch wirklich süß aus,“ entgegnete Pierre und nahm sich schon ein weiteres Törtchen vor.
Alle fingen an zu lachen und genossen ihren Tee.
* *
Nach dem Zahlen verabredeten sie die Zeit für das abendliche Dinner. Tommy fuhr alle nach Hause, bevor er noch ein paar Besorgungen für das Essen erledigte. Danach beeilte er sich um genügend Zeit für die Zubereitung zu haben.
Daheim angekommen stellte er den Proviant auf der Theke seiner Küche ab, warf seine Jacke auf den Sessel und suchte in seiner CD-Sammlung nach passender Musik. Er legte sie ein und drehte die Anlage auf mittlere Lautstärke.
Den Esstisch zog er genau in die Mitte des Raumes, stellte die vier Stühle dazu und wandte sich dem Schrank zu. Er entschied sich für den lindgrünen langen Läufer und breitete ihn über den Tisch aus. Auf beiden Seiten hing der Läufer fast bis zum Boden.
Mit dem edlen weißen Porzellan aus einer deutschen Manufaktur und die glatten langstieligen Gläser deckte er phantasievoll den Tisch. Mit den mitgebrachten Blumen gab er den Tisch den letzten Pfiff. Als letztes stellte er eine alte dicke Kerze darauf.
In der Küche ausgebreitet lagen inzwischen alle Lebensmittel die er für sein Essen brauchte. Er begann damit die Kräuter zu waschen, die er später für seine Kräutercremesuppe benötigte. Er schüttete die Sahne in einen Topf und ließ sie bei geringer Hitze heiß werden, gab die Kräuter dazu und pürierte sie bis alles zu einer sämigen grünen Brühe wurde.
Mit etwas Mehl im Wasser aufgelöst, band er die Suppe ab. Mit Salz, Pfeffer und etwas Knoblauch verfeinerte er den Geschmack. Da das Fleisch etwas länger im Ofen garen mußte, nahm er sich dies als nächstes vor.
Er stellte eine Pfanne auf den Herd und lies sie heiß werden. Das gewürzte Stück Fleisch wurde er in einwenig Olivenöl scharf anbraten. Er gab Zwiebeln und Karotten dazu und goss das Ganze mit Rotwein auf. Danach schob er den Topf in den Ofen.
Die Kartoffeln waren inzwischen weich gekocht. Er schüttete das Wasser ab und goss einwenig Milch hinzu. Tommy gab etwas Muskat, Salz und Pfeffer dazu um es danach mit dem Pürierstab zu einem feinen Kartoffelbrei zu verarbeiten.
Tommy war froh, daß er sich seine Küche so modern einrichtete. Ohne Mühe konnte er in kürzester Zeit ein zauberhaftes Essen zaubern. Als Nachtisch hatte sich gebackene Äpfel mit Vanilleeis ausgesucht. Er schälte die Äpfel, entkernte sie und legte sie in ein eingefettetes Blech.
Er tat ein wenig Butter in eine Schüssel gab Zucker und grob gemahlene Haselnüsse dazu, um dann alles danach mit einem Schneebesen zu vermischen. Diese Mischung füllte er in die Löcher der Äpfel, wo sich vorher das Kerngehäuse befand. Tommy übergoss jeden Apfel mit ein wenig Cognac und streute Zucker darüber.
Er nahm das Blech und schob es bei mittlerer Hitze in den zweiten Ofen. Nachdem er sich gerade frisch gemacht hatte, begann Astra an zu knurren und lief schwanzwedelnd zur Wohnungstür. Da ertönte auch schon der Gong der Tür.
Tommy schaute noch mal in den Spiegel zog sein Hemd zurecht und öffnete die Wohnungstür.
„Mensch Tommy, da strömt ein wohltuender Geruch die Treppe herunter, mir läuft das Wasser im Mund zusammen“, sagte Pierre und begrüßte Tommy mit einem Kuss auf die Wange.
„Pierre ist gierig wie immer hast du auch genug gekocht Tommy, daß es für uns alle reicht?“, fragte Christin, die hinter Pierre die Wohnung betrat.
Margret bewunderte Tommys schöne Wohnung und auch den geschmackvoll gedeckten Tisch. Lange saßen sie da unterhielten sich über Mode und Zukunftsprojekte und genossen in vollen Zügen das Essen.
„Also Tommy, ich muß meiner Tochter recht geben. Das Mahl war ausgezeichnet und kann sich mit jedem Restaurant messen.“
Tommy ein wenig rot geworden bedankte sich und setzte noch ein Kaffee auf. Christin und Pierre räumten den Tisch ab und trugen alles in die Küche. Währenddessen sah sich Margreth in der Wohnung um, und am meisten beeindruckten sie die Fotografien an den Wänden.
„Tommy sind alle Bilder hier von ihnen?“
„Ja Margreth, sind alle von mir.“
„Das sind sehr ausdrucksstarke Bilder finde ich, man spürt was sie bewegt hat diese Bilder zu machen.“
„Mutter ich wusste gar nicht, daß du so ein großes Kunstverständnis hast.“
„Kind, du weißt vieles noch nicht von mir.“
* *
„Apropos nicht wissen, ihr habt überhaupt nichts von der Testamentseröffnung erzählt,“ warf Pierre ein.
„Da lässt sich auch nicht so leicht darüber reden Pierre“, entgegnete Christin.
„Ich habe den ganzen Besitz geerbt mit dem großen Herrenhaus, dem Anwesen und den Ländereien und einem kleinen Rätsel.“
An Pierre machte sich die steigende Neugier bemerkbar.
„Großes Herrenhaus? Das möchte ich mal sehen. So was habe ich noch nie von innen gesehen.“
Tommy kam mit dem Kaffee aus der Küche und wandte sich an Christin.
„Einem kleinen Rätsel? Hört sich interessant an, erzähl bitte mehr davon.“
„Nachdem der Notar uns über die Besitzverhältnisse aufgeklärt hat meine Mutter hat übrigens Wohnrecht auf Lebenszeit bekommen, übergab er mir noch einen persönliche Brief meines Onkels adressiert direkt an mich. Ich weiß nicht woher er meine jetzige Adresse her hat, aber ich denke bei dieser Kanzlei gibt es viele Möglichkeiten.“
„Und was steht in diesem Brief drin?“, fragte Tommy.
„Moment ich kann ihn euch vorlesen, ich hab ihn in meiner Handtasche, ….hier ist er, also hört genau zu:
Ballater 13 Mai 1997
Liebe Christin,
ich weiß, daß du dich wahrscheinlich nicht mehr an mich erinnern kannst, aber mir ist klar, daß du dich wunderst, warum ich gerade dir das ganze Vermögen vermacht habe. Mit deiner Mutter Margreth habe ich mich vor Jahren verfeindet und über den Tod deines Vaters war ich genauso verbittert wie ihr beiden, obwohl deine Mutter bestimmt jetzt das Gegenteil behauptet.
Das ich deinen Vater indirekt enteignete hatte seine Gründe, die du sicherlich auch heute noch nicht verstehen würdest, aber glaube mir es war nur zu eurem Besten.
Ich muß ein bisschen weiter ausholen, damit du mein Handeln vielleicht doch verstehst. Einer deiner Urahnen hatte sich auf eine unsägliche Weise im Übermaß Reichtum angeschafft.
Dieses Geheimnis wurde von Generation zu Generation weiter gegeben. Nun hatte dein Ururgroßvater im ersten Weltkrieg eine Heidenangst, das dieses Vermögen durch den Krieg komplett verloren gehen würde und versteckte es.
Damit es nicht gleich gefunden werden konnte, auch von den Nachkommen nicht, beschrieb er das Versteck in einem Rätsel, daß bis heute noch niemand gelöst hat, zudem fehlt einer der wichtigsten Pergamentrollen.
Eine undichte Stelle im Haus verriet dennoch das Geheimnis und so war die Suche nach dem Familienschatz der Ballater geboren. Es hat schon einige Todesfälle gegeben, und zur Zeit als dein Vater das Erbe antreten wollte gab es wieder eine Gruppierung die deinem Vater nach dem Leben trachtete.
So beschloss ich das Ruder selbst in die Hand zu nehmen, und fälschte das Testament. Ich wollte lediglich deinen Vater aus der Schussbahn bringen und nicht nur ihn sondern deine Mutter und dich auch. Du mit deine süßen vier Jahren der Stolz deines Vaters. Die Gruppe wurde festgenommen und ich hatte vor euch wieder zurück zu holen, aber da dein Vater bereits schwerkrank im Krankenhaus und man konnte nichts mehr für ihn tun.
Richte bitte nicht über mich, denn der Tod meines Bruders der auf mir lastet, war Strafe genug. Das Anwesen dir zu vermachen, ist eine kleine Wiedergutmachung obwohl es deine Vater nicht mehr zurück bringen kann.
Dein Onkel Stuart
Earl von Ballater
„So jetzt wisst ihr genauso viel, wie ich.“
Ein langes Schweigen folgte nach diesem vorgelesenen Brief.
„Und was hast du jetzt vor?“, fragte Tommy der als erstes die Schweigen brach.
„Ich weiß es noch nicht genau, aber ich werde Ende das Monats meine Mutter nehmen und mit ihr hinfahren. Ich möchte doch zumindest noch mal sehen, wo ich als kleines Kind gespielt habe.“
Tommy stand auf und lief zu seinem alten Sekretär und zog seinen Planer aus dem Fach.
„Christin ich hätte da einen Vorschlag.“
„Raus damit ich bin schon gespannt.“
„Ich hab dir doch erzählt, daß ich doch diesen Auftrag eines französischen Modehauses bekommen habe. Sie möchten, das ich ihre Mode fotografiere und das Ganze in Schottland.“
„Oh ich weiß worauf du hinaus willst.“
„Ja…., wir, daß heißt wenn du und Pierre einverstanden seid, könnte gemeinsam nach Ballater fahren. Den Auftrag erledigen und nebenher auch noch dir zur Seite stehen.“
„Also ich bin dabei, es fällt mir nicht schwer mich für das Ende des Monats frei zu machen, Tommy. Und außerdem dürfte ich endlich wieder mit dir zusammen arbeiten,“ sprach Pierre und ein breites Grinsen erhellte sein Gesicht.
„Langsam Pierre, Christin muß erst mal zustimmen. Einen Urlaub würde mir jedenfalls gut tun, auch wenn dabei ein wenig Arbeit anfällt.“
Christin sah ihre Mutter an und man merkte ihr deutlich an, daß es in ihrem Kopf arbeitete.
„Also Christin, ich finde du solltest Tommy das Angebot nicht ausschlagen, zudem würde ich das erstemal auch was über deine Beruf mitbekommen,“ sagte Margreth und legte den Arm um ihre Tochter.
„Margreth“, Tommy setzte sich wieder neben sie, „ich hätte da noch eine Überraschung für sie. Die Kollektion ist nicht nur für uns Jüngere gedacht, sondern auch für das ältere Semester. Hätte sie nicht Lust auch mit zumachen, ich kann ihnen versprechen es wird sehr interessant und natürlich springt auch was für sie dabei heraus, das Modehaus ist sehr großzügig.“
Christin fing an zu Lachen, stand auf und fiel Tommy um den Hals.
„Das alles würdest du für mich tun? Ich kann das gar nicht fassen, was du gerade eben von dir gegeben hast.“
„Es war mein Ernst, und außerdem für gute Freunde bin ich immer da, egal in welcher Lage sie sich gerade befinden.“
„Hört, hört“, Pierre war von seinem Stuhl aufgesprungen
„Das ist mein alter Tommy wie ich ihn kenne. Und wenn ich recht hinschaue kann ich da ein gewisses Funkeln in deinen Augen erkennen.“
Christin schaute Tommy fragend an.
„Das verlangt nach einer Umarmung, Christin mach Platz jetzt bin ich dran.“
Natürlich blieb es nicht bei der Umarmung, sondern Pierre mußte Tommy gleich noch einen Kuss geben.
„Also“, sprach Tommy, wieder zu Atem gekommen, „dann ist das abgemacht. Ich kümmere mich um alles und bringe alles zu Laufen. Aber Pierre eine Bitte hätte ich noch, wenn du dir das nächste mal Sorgen um mich machst, warte nicht mehr so lange wie jetzt, sondern sage es mir gleich, okay?“
„Okay, das habe ich vernommen.“
* *
In den nächsten zwei Wochen lief Tommy zu Hochtouren auf, er erkannte sich fast selber nicht mehr. Endlich hatte er was worauf er sich freuen konnte. Er gab die Maße nach Paris durch, damit diese gerade rechtzeitig zur Abfahrt, die Kleidung schicken konnte.
Er ging mit Margreth zum Friseur und verpasste ihr einen neuen Look, aber ohne ihre Natürlichkeit zu verändern. Als der Termin der Abreise näher rückte, fing er an das Auto und den Hänger mit seiner Ausrüstung zu beladen.
Auch die Klamotten aus Paris trafen endlich ein und so konnte der Tour nach Schottland nichts mehr im Wege stehen.
„Ach Tommy, hättest du fünf Minuten Zeit für mich und könntest zu mir in den laden kommen“, rief sein Onkel Henry von der Hintertür des alten Hauses.
„Natürlich Henry, einen Moment ich komme gleich zu dir.“
Er schloß den Rover ab, und lief ins Haus zum Laden.
„Komm her Junge ich möchte dir noch etwas zeigen, bevor ihr nach Schottland fahrt.“
„Was denn? Mach es bitte nicht so spannend.“
„Mein Kollege in Stonehaven hat mir doch die alte Truhe versprochen, und vorhin wurde sie geliefert.“
„Und was ist so besonderes an der Truhe?“
„Sieh selbst. Ist das nicht das Wappen der Earls von Ballater?“
„Mensch du hast Recht es gleicht dem, daß uns Christin gezeigt hat.“
„Und das ist noch nicht alles. Beim Säubern habe ich ein kleines Geheimfach entdeckt. Diese Pergamentrolle war darin versteckt. Ich kann nichts damit anfangen, es sind irgendwelche Verse. Aber irgendwie kommt es mir so vor, als würden mehrere Seiten davon fehlen. Der Großteil ist in Latein geschrieben, nur wenn es um Ortsangaben geht ist es in unserer Sprache verfasst. Ich habe versucht es ein wenig zu übersetzten, aber ich bin nicht weit gekommen. Irgendetwas mit Steinen und vergangenem. Ich dachte du könntest damit was anfangen, da Latein eins deiner Lieblingsfächer war.““
Tommy lachte laut auf
„Henry, das ist schon ein paar Jahre her mit Latein. Aber weil du sie in dieser bestimmten Truhe gefunden hast, macht sie erst interessant. Ich hab dir doch von dem Testament erzählt, welches Christin erhalten hat und da geht es um ein Rätsel über einen Familienschatz, und da steht etwas von einer fehlenden Pergamentrolle. Es wäre zwar ein solcher Zufall, wenn das die Gesuchte wäre, aber du glaubst nicht wie uns das bestimmt weiterhelfen würde. Wie bist du eigentlich an diese Truhe gekommen?“
„Wie gesagt habe ich sie von meinem Kollegen günstig erstanden, weil sie angeblich bei ihm ein Ladenhüter wäre und er meinte in London hätte ich bestimmt mehr Glück, diese Truhe an den Mann zu kriegen.“
„Und wie ist er an das Ding gekommen, es stammt sicherlich aus dem Familienbesitz der Ballater?“
„Er erzählte mir er habe sie ersteigert. Dem Gutsherrn hatte es ziemlich erwischt, anscheinend an der Börse verspekuliert. Und um den Besitz zu retten, hat er mehrere kostbare Möbelstücke veräußert um das Gut zu retten.“
„Tu mir bitte den Gefallen und halte sie noch zurück, vielleicht möchte sie Christin wieder ersteigern. Und falls du noch mehr Sachen mit dem Siegel der Familie auftreiben kannst dann mache es bitte.“
„In Ordnung Tommy, ich werde mich umhören, kann dir aber nichts versprechen. Und Junge sei vorsichtig, melde dich bitte bei mir, wenn ihr da oben angekommen seid.“
„Ja Henry mache ich, und versprich mir Astra bitte nicht so viel Süßes zu geben, auch wenn sie noch so bettelt.“
„Okay Tommy.“
Beide Männer nahmen sich in den Arm und drückten sich zum Abschied noch mal kräftig.
* *
Tommy saß im Auto und schaute nachdenklich das Pergament an, wenn das wirklich das richtige Papier wäre…. aber egal jetzt mußte er erst einmal seine Mitfahrer abholen. Er startet den Rover und mit einem Ruck setzte sich der Wagen in Bewegung.
In der New Kent Road angekommen, winkte ihm Christin bereits entgegen umringt mit einem Meer von Koffern. Er schob sich in die Parklücke, was mit dem Hänger gar nicht so einfach war.
„Sind das alle Koffer, oder kommt da noch mehr dazu?“, fragte Tommy grinsend.
„Alle? Das sind doch nicht viel, aber ich kann dich beruhigen es sind alle.“
„Dann ist ja gut, denn ich weiß ja nicht wie viel unser Prinz Pierre wieder mitnehmen will, du kennst ihn doch“, und beide fingen laut an zu lachen.
„Ihr beide seid heut morgen aber sehr gut aufgelegt, das kann ja nur eine heitere Fahrt werden.“
Margreth war aus dem Haus gekommen und stand nun vor den beiden. In den letzten zwei Wochen hatte sie sich total verändert. Sie schien jünger geworden zusein, ein paar Sorgenfalten weniger im Gesicht.
„Margreth steig du zu mir nach vorne ein, deine Tochter und Pierre haben hinten genug Platz“, und Tommy hob ihr die Beifahrertür auf.
* *
Sie durchquerten halb London, überfuhren die Themse bei der Vauxhall Bridge um zur Fullham Road zu gelangen wo sich Pierres Wohnsitz befand.
„Mein Gott ihr seid schon da? Da muß ich mich jetzt aber beeilen.“
Pierre schien gerade aus der Dusche zukommen, denn sein lockiges Haar hing noch tropfend an ihm herunter.
Tommy nahm seine Taschen und wandte sich zu Pierre.
„Du, ich trage schon mal dein Gepäck herunter, und verstaue es, hast du noch mehr?“
„Nur noch meine Schminkkoffer, den bringe ich dann selbst herunter.“
„“Ich bin immer noch der Meinung Pierre, den hast du nicht nötig.“
Pierre schmunzelte und gab Tommy einen Kuss auf die Wange.
„Danke lieb von dir.“
Tommy verstaute alles und warte vor dem Auto, als Pierre aus dem Haus gestürzt kam.
„Ich hab so schnell gemacht, wie ich konnte“, zu Christin, die ihm aus dem offenen Wagenfenster zu lächelte.
„Ich weiß Pierre, du bist ja so bekannt für deine Pünktlichkeit.“
* *
Noch einmal durchfuhr Tommy London, merklich langsamer denn der Stadtverkehr hatte deutlich zugenommen, schließlich fuhren jetzt die meisten in ihr Büro oder zur Arbeit. Aus der Stadt heraus, ordnete sich Tommy auf der E15 Richtung Newcastle ein.
Es war eine gemütliche Fahrt quer durch England, vorbei an Cambridge und Nottingham. Hinter der Abfahrt York wurde es ruhiger auf der Autobahn und Tommy hielt Ausschau, wo sie einen gepflegten Lunch einnehmen konnten.
An einer kleinen Raststätte hielt Tommy den Wagen an und alle strecken erst mal ihre steifen Glieder.
„“Mensch Leute, ich hab ja was total vergessen euch zu erzählen“, kam es plötzlich von Tommy.
Und Tommy erzählte den dreien was sich am Morgen Zuhause bei im zu getragen hatte. Nachdem sie gegessen hatten, beugten sie sich alle über das Papier.
„Das kann ja keiner lesen,“ meinte Pierre enttäuscht.
„Hast ja oft genug andere Sachen gemacht als auf zu passen im Unterricht. Na egal, lasst uns weiterfahren, wir haben noch ein Stück vor uns. Ich möchte heute Abend nicht zu spät in Newcastle ankommen. Dort habe ich zwei Zimmer reserviert, damit wir morgen frisch gestärkt weiter fahren können“, meinte Tommy und stand auf.
Tommy zahlte die Rechnung, während die anderen schon zum Wagen voraus gingen. Und weiter ging es Richtung Norden, vorbei an Middlesbrough und Sunderland. Gegen neun steuert Tommy das Gefährt auf den Parkplatz der Pension.
Ein alte Frau öffnete die Tür und wies ihnen ihre Zimmer zu. Nach einem kleinem Mahl verabschiedeten sie sich von einander und gingen in ihre Zimmer.
„Eine ganze Nacht mit dir allein in einem Zimmer wie aufregend“, meinte Pierre frech grinsend.
Tommy hatte sich inzwischen ausgezogen und sich auf das Bett geworfen.
„Pierre hör auf mit dem kindisch sein, mach dich endlich fertig und komm ins Bett.“
„Hast du es so eilig?“, fragte Pierre.
„Ach Quatsch, ich möchte endlich schlafen, wir müssen morgen früh raus, denn wir haben erst ein wenig mehr als die Hälfte der Strecke zurückgelegt.“
„Bist du ein Spielverderber“, sagte Pierre und zog sich ebenfalls aus.
Nachdem er sich gewaschen hatte, kam er ins Bett und Tommy löschte das Licht. Aber Tommy konnte nicht einschlafen. Zu viele Gedanken rasten ihm durch dem Kopf und machten ihm zu schaffen. Da lag wohl einer der hübschesten Jungen neben ihm im Bett, den er immer noch liebte.
Ja er liebte Pierre! Erst als sie sich damals getrennt hatten, erkannte Tommy wie sehr er ihn brauchte und sich nach ihm sehnte. Aber die ewigen Streits ohne jeglichen Grund, die fortwährenden Eifersuchtsdramen von Pierre all das war ihm einfach zuviel geworden, er konnte es nicht mehr ertragen. Und in wie weit sich Pierre in den letzten drei Jahren verändert hatte, konnte er nicht beurteilen. Und die Kurzbesuche, mit denen Pierre ihn ab und zu überfiel, brachten über die Lage auch keinen rechten Aufschluss.
Bisher hatte er es vermieden, mehr als einen geschäftlichen Kontakt zu halten. Nun lag Pierre neben ihm auf der Decke und sein Atem war tief und gleichmäßig. Im Mondschein der durch das Fenster drang, schimmerte seine nackte Haut.
Tommy war von der Schönheit Pierres immer wieder aufs neue angetan. Seine Männlichkeit hatte sich merklich ausgeweitet, seine Gesichtszüge waren kantiger, doch irgendwie weicher geworden, die Muskeln viel ausgeprägter und vom Rest war Tommy sowieso fasziniert.
Lächelnd erinnerte er sich an die heißen Nächte mit ihm zurück, aber er mußte sich zwingen nicht weiter darüber nach zu denken, da ihn diese Gedankengänge nicht kalt liehen. Er wusste nicht was er machen sollte.
Seine Liebe gestehen und dann so weiter machen wie es geendet hat. Nein dazu hatte er keine Lust und auch nicht die Nerven. Der Wunschtraum eines gemeinsamen Lebens würde einer bleiben. Doch was, wenn sich Pierre wirklich geändert hat?
Er wirkte jetzt oftmals so viel erwachsener. Ohne es aus zu probieren, konnte er auch nicht wissen, ob es funktionierte. Hin und her gerissen kuschelte er sich unter die Bettdecke und viel in einen tiefen unruhigen Schlaf.
„He Kleiner aufwachen.“
Tommy schlug die Augen auf und sah direkt in Pierres Augen. Sein Arm tat weh und er konnte die Ursache hierfür schnell sehen. Pierre schien wohl die ganze Nacht auf seinen Arm gelegen zu haben. Tommy richtete sich auf zog Pierre zu sich heran und gab ihm einen langen innigen Kuss.
„Hoppla, jetzt versteh ich gar nichts mehr Tommy.“
„Da gibt’s auch nichts zu verstehen“, und Tommy stand auf und verschwand im Bad.
Pierre saß immer noch auf dem Bett und wusste nicht, was er davon halten sollte. Das eben war so ein hingebungsvoller Kuss gewesen, er verstand die Welt nicht mehr. Er zog sich wortlos an und wartete bis Tommy fertig war.
Am Frühstückstisch trafen sie die beide Damen, die es sich bereits schmecken liehen.
„Na ihr beiden, gut geschlafen?“
Als Christin die Blicke von Tommy sah, bemerkte sie, das sie gerade in ein Fettnäpfchen getreten war, und vermied es noch weiter zu fragen.
„Ich hab geschlafen wie ein junger Gott“, hachzte Pierre.
„Und geschnarcht wie ein alter Bär“, hängte Tommy an.
Alle lachten und Christin vergaß wegen dem grimmigen Gesicht zu fragen. Wieder im Auto, machten sie sich auf den letzten Teil der Strecke Richtung Aberdeen. In Edinburgh aßen sie zu Mittag, als dann endlich das Wetter schöner wurde.
Die erste Sonne seit ein paar Tagen. Mittlerweile waren sie von der E15 runter und fuhren die Landstraße Richtung Aberdeen, und bei Montrose lasen sie das erstemal Ballater. Tommy bog links ab in die kleine Nebenstraße Richtung Ballater.
Die Aussicht war traumhaft schön. Rechts und Links erstrecken sich die Highlands – Natur pur, unberührt, wild und unbeschreiblich weit. Im Wagen war es inzwischen ruhig geworden. Jeder sah aus dem Fenster und lies das Gesehene auf sich ein wirken.
„Da noch 26 km, dann sind wir da,“ meinte Tommy.
Deutlich war Christins schwerer Atemzug zuhören. Margreth nahm die Hand der Tochter in die Ihrige und drückte sie fest. Sie schauten sich in die Augen und Christin erkannte, daß ihrer Mutter die Tränen kamen.
Nun standen sie an der Einfahrt des Anwesens. Das schmiedeeiserne Tor umrahmt von einem Steinbogen stand offen. Tommy legte den Gang ein und ließ den Wagen langsam anrollen. Sie durchfuhren eine lange Allee eingereiht von großen alten Buchen, die bereits anfingen ihr Herbstlaub zu tragen.
Auf beiden Seiten lagen riesige Rasenflächen mit einzelnen kleinen Teichen, hier und da verschiedene Bäume deren alter schon schwer zu schätzen waren. Nach ein paar Biegungen lichteten sich die Bäume und das alte Herrenhaus kam zum Vorschein.
„Nun wisst ihr, warum ich damals nach dem Notar so weiß im Gesicht war, das alles gehört nun mir……“, sagte Christin leise in die Stille des Wagens, wo lediglich das leise Surren des Diesels zuhören war.
„Mann o Mann, da brat´ mir doch einer nen Elch, so groß habe ich mir das nicht vorgestellt,“ meinte Pierre und drückte sich regelrecht die Nase an der Scheibe platt.
Tommy hielt den Wagen genau vor der großen alten Eichentür und stellte den Motor ab. Sofort öffnete sich die Tür und zwei Diener kamen zu Wagen und öffneten den Damen die Tür. Als Christin aus dem Rover stieg, kam eine alte weißhaarige Frau herbei gelaufen.
„Madge, bist du es wirklich, arbeitest du noch immer hier,“ rief Margreth von der anderen Seite des Autos, nachdem auch sie ausgestiegen war.
„Oh Lady Ballater, sie sind es wirklich, ich dachte nicht, daß ich sie hier je wieder sehen würde.“
Beide Frauen fielen sich in die Arme und drückten sich herzlich.
„Madge, wir haben uns damals geeinigt, daß du Margreth zu mir sagst, und das soll auch so bleiben. Und darf ich dir vorstellen, daß ist die kleine Christin, mit der du stundenlang im Park gespielt hast.“
Christin stand steif da und bekam kein Wort heraus. Zu überwältigend war dieser erste Eindruck.
„Christin, ich muss zugeben ich habe dich oder muß ich schon „Sie“ sagen nicht erkannt“
„Sie dürfen ruhig Du sagen Madge“, stammelte Christin.
„Ich kann mich noch sehr genau erinnere nur ihr Haar das war damals noch schwarz.“
Auch Christin umarmte die alte Frau ebenfalls innig. Pierre und Tommy waren ebenfalls ausgestiegen. Pierre half den Diener das Gepäck auszuladen und Tommy koppelte den Hänger ab und schob ihn auf die Seite.
„Mister, sie können ihren Wagen von James in die Garage fahren lassen“, sagte Madge zu Tommy.
Margreth kam hinzu.
„Ach Madge darf ich dir unsere zwei jungen Männer vorstellen, das ist Thomas Cummingham ein Modefotograf aus London und Pierre Fromboise aus Frankreich, lebt aber auch in London und übt wie Christin den Beruf des Modells aus. Beides sind gute Freunde der Familie“, und Margreth zwinkerte lächelnd Tommy zu.
„Ich grüße die zwei Herren, obwohl ich zugeben muss, das ich sie Mister Fromboise schon kenne.“
„Mich kennen?“, antwortete Pierre verlegen.
„Ja auch wir in Schottland liegen nicht so abseits um irgendwelche Modejournale zu bekommen und in einigen davon habe ich sie schon gesehen“, erwiderte Madge.
Pierre nickte verlegen, denn er wusste nicht was er darauf antworten sollte.
„So Bob, führe die Herrschaften auf ihre Zimmer und bringe mit dem jungen Stallburschen dann das Gepäck nach oben.“
„Geht in Ordnung Miss Madge“, und Bob geleite die Vier zum Eingang.
Nach dem Eintreten blieben sie erneut stehen. Eine mächtige Eingangshalle tat sich vor ihnen auf. Tommy schaute mit dem Augen eines Fotografen und erkannte herrliche Motive für seinen Fotoauftrag. Gegenüber hing ein großes, altes Gemälde, daß sich bis zur Decke erstreckte, umrahmt von einem golden, kunstvoll verzierten Stuckrahmen der am oberen Rand mit einer Krone endete.
Darunter befand sich eine Kommode auf der eine goldene Uhr und zwei dazu passende Kerzenständer standen. An beiden Seiten des Bildes verliefen Treppen in das obere Stockwerk.
„Darf ich die Herrschaften hier herauf bitten?“, alle folgten Bob die linke Treppe rauf.
„Dass darf ja nicht war sein, daß ist ja noch mein altes Zimmer und nichts hat sich darin verändert,“ sagte Margreth als Bob die Tür zu ihrem Zimmer öffnete.
* *
An Tommys Tür klopfte es.
„Herein“, sagte Tommy.
Pierre kam ins Zimmer.
„Und ich dachte ich habe die Hochzeitssuite bekommen, aber wenn ich dein Zimmer sehe…“
„Neidisch?“, lachte Tommy.
„Naja, dafür habe ich einen herrlichen Ausblick auf den Park“, und lief zu den Fenstern und sah hinaus. Draußen lagen die Stallungen und dahinter ein großer See mit einer winzigen Insel. Darauf stand ein weißer Pavillon.
„Hätt ich mir ja denken können, daß du auch noch den schöneren Ausblick hast.“
„Wieso?“, fragte Tommy, kam zu Fenster und schaute hinunter.
„Ach du meinst wegen dem schnuckeligen Stallburschen der da unten gerade sein Hemd aus zieht.“
„Wo, lass mich auch sehen… man sieht der gut aus, sag ja, du hast die bessere Aussicht, ich hab nur nen alten Gärtner vorm Fenster.“
Tommy musste laut lachen.
„Vielleicht kannst du ja mit dem da unten anbandeln.“
Pierre verdreht die Augen und ging schnurr stracks aus dem Zimmer.
„He Pierre nicht beleidigt sein…“
„Und warum, du ziehst mich doch immer auf. Auch ich hab Gefühle falls du es vergisst.“
Abrupt war das Lächeln aus Tommys Gesicht verschwunden.
„Sorry Pierre, das wollt ich nicht, ich …“
Tommy senkte seinen Blick.
„Was ich, sag es mir.“
Pierre war mittlerweile wieder zu Tommy herangetreten.
„Ich liebe… ich kann es nicht lass mir noch einwenig Zeit, Pierre, bitte!“
„Nein Tommy du hast jetzt angefangen und nun beende es auch. Sag was du sagen wolltest, ich will es hören!“
„Was willst du hören, he, daß ich dich immer noch liebe und ich mich fast nach dir verzerre.“
Tommys Tonfall war mittlerweile sehr scharf geworden.
„Dass ich deswegen durch die Hölle marschiere und es mir nicht eingestehen will, daß ich ohne dich nicht sein kann.“
Tommy drehte sich weg und begann zu weinen. Die Tür ging auf und Christin kam herein.
„Was ist denn hier los, kann mir das jemand vielleicht erklären?“
„Nichts ist…“, sagte Tommy barsch.
Pierre schaute Christin und machte eine beruhigen Geste mit der Hand. Danach ging er zu Tommy und stellte sich hinter seinen Rücken und legte sanft seine Hand auf die Schulter, dabei verspürte er ein leichtes Zucken, daß Tommys Körper durchlief.
„He Tommy, warum bist du nicht früher damit heraus gerückt? Ich war doch immer für dich da.“
„Meinst du, mir ist das leicht gefallen, den Abstand zu dir zu halten in den vergangen Jahren. Ich konnte einfach damals nicht mehr, diese Streitereien, Dramen ich bin zu so was nicht geschaffen…“
Tommy hat sich umgedreht und Pierre und Christin konnte sein Gesicht sehen. Dicke Tränen rannen über sein Gesicht, sein ganzer Körper bebte vor Aufregung. Christin trat heran und nahm seine Hand.
„Und deswegen hast du dich das letzte ganze Jahr so in Arbeit gestürzt um das nicht zeigen zu müssen?“, fragte sie mit leiser Stimme.
„Was hättest du an meiner Stelle getan, den einzigsten Kerl den du liebst – den ganzen Tag Streit. Ja ich liebe Pierre mehr als mein Leben, aber ich bin nicht bereit das fort zuführen, womit wir damals aufgehört haben.“
„Halt ganz langsam Tommy.“
Pierre nahm Tommys Gesicht zwischen die Hände und wischte die Tränen weg.
„Zum ersten damals war damals ich war einundzwanzig und hatte viel Flausen im Kopf.“
„Und jetzt…?“
„Tommy lass mich ausreden. Es war alles neu für mich, der Job und du und alles was außen herum alles stürmte auf mich ein wie eine Bombe. Kannst du dir vielleicht vorstellen, daß mich das vielleicht überforderte?“
Pierre sah Tommy eindringlich in die Augen.
„Und zweitens Tommy, vielleicht hast du es ja auch schon selber gemerkt, ich bin älter geworden und bin lang genug dabei jetzt um einiges aus zuhalten. Und vor allem, ich liebe dich auch Thomas, ich habe dich nie aufgegeben. Meine Männergeschichten sind alles nur Erfindungen von anderen, denn ich war dir die letzten drei Jahre wirklich treu und das sollte dir Liebesbeweis genug sein.“
Tommy erschütterte ein weiterer Weinkrampf und Pierre nahm ihn in den Arm.
„Ja, lass es raus. Lass alles raus was sich angestaut hat.“
Christin verließ leise das Zimmer, denn sie wollte die beiden nicht mehr stören. Fünf Minuten später klopfte es an ihrer Tür. Sie ging hin, öffnete und Pierre stand vor ihr.
„Kann ich ein wenig zu dir rein kommen?“
„Aber natürlich, setz dich doch.“
„Danke, ich hab Tommy ins Bett gesteckt und er ist eben vor Müdigkeit eingeschlafen.“
„In den Schlaf geweint…, ich hab auch nicht daran gedacht das die Fahrt vielleicht zu anstrengend für ihn wäre und wenn ich bedenke, daß er das alles schon lange mit sich herum trägt.“
„Ist jetzt egal Christin, jetzt ist alles raus und ich lasse ihm genügend Zeit sich an die neue Situation zu gewöhnen. Mehr möchte ich nicht tun, nicht daß er das Gefühl bekommt, daß ich ihn zu was drängen möchte.“
„Du liebst ihn ebenfalls immer noch.“
„Natürlich liebe ich Tommy, ich habe nie damit aufgehört.“
„Ist schon gut Pierre, aber geh nun zurück, damit du da bist wenn er auf wacht.“
* *
Tommy lag in diesem großen französischen Bett und schlief fest. Das alles war jetzt wirklich zu viel für ihn gewesen, das war sein erster Schuss vor den Bug. Dieser kleine Anfall von Schwäche war ihm Zeichen genug, daß er nicht so weiter gehen würde.
Total erschöpft ist er mit diesem Gedanken eingeschlafen. Er spürte mollige Wärme um sich herum, und als er langsam zu sich kam, merkte er das sein Gesicht aufs Pierres Brust befand, und dessen Arm eng um ihn geschlungen war.
„Na mein großer, bist du endlich wieder da?“
Pierre strich ihm zärtlich über das Gesicht und wurde mit einem Lächeln auf Tommys Mund belohnt.
„So Tommy und nun höre genau zu. Bitte sag mir sofort wenn ich dich nerve, beleidige, bedränge oder was auch immer, nur sprich mit mir. Bitte sag mir alles was dich bedrückt. Lass mich an deinen Gefühlen und Gedanken teilhaben und schließ mich nicht aus, denn nur so haben wir zwei eine Zukunft, denke ich.“
Tommy richtete sein Kopf einwenig auf und schaute Pierre direkt in die Augen.
„Du machst dir im Ernst Gedanken über eine gemeinsame Zukunft?“
„Natürlich Tommy, ich liebe dich, ich will mein Leben mit dir verbringen. Meine Geheimnisse mit dir teilen, einfach alles teilen was es gibt in einer Partnerschaft. Auch wenn wir uns durch unsere Jobs des öfteren nicht sehen werden, ja ich will mit dir zusammen sein.“
Tommy musste schlucken und wieder merkte er das Nass in seinen Augen.
„Und vor allem ich will dich zu nichts drängen, worüber du dir selber nicht im klaren bist. Du bist du, etwas besonderes ja etwas ganz besonderes, und ich will an deinem Leben teilhaben, bei dir sein, egal wie deine Verfassung ist. Ich will einfach immer für dich da sein.“
Tommy legte sein Kopf wieder nieder und begann leise zu reden.“
„Dass ist das, was ich mir immer gewünscht habe… jemand der für mich da ist und für den ich da sein kann. Ich liebe dich Pierre.“
Tommy drehte sich und gab Pierre ein Kuss, worauf dieser ihn noch fester in den Arm nahm.
„So und jetzt gehst du duschen, ziehst dir was anderes an und kommst runter zu Dinner, die anderen warten schon auf uns.“
* *
Tommy lief die Treppe herunter und schaute sich die Gemälde an den Wände dabei an. Schon hörte er das Gelächter aus einer der unteren Räumen. Er öffnete langsam die Tür und trat ein. Christin und Pierre standen da und schauten ihn an. Margreth nahm ein weiteres Champagnerglas und gab es Tommy.
„Ich finde wir sollten das jetzt ein wenig feiern“, und stieß mit den dreien an.
„Grund genug haben wir ja“, meinte Pierre, legte seinen Arm um Tommy, der das mit einen zarten Lächeln auf seinen Lippen erwiderte.
„Also Kinder mir wer recht, wenn ihr beiden du und Margreth zu mir sagen würdet, denn ich habe irgendwie das Gefühl, daß ich zwei Söhne dazu bekommen habe.“
Tommy und Pierre bedankten sich herzlich bei ihr.
Das Essen wurde aufgetragen und sie begaben sich zu Tisch. Während des Essens versuchte Tommy ihnen zu erklären, was für Fotomotive er sich vorgestellt hat. Die Damen waren sehr davon begeistert, als er ihnen erzählte, daß er wunderschöne Abendkleider dabei hätte.
Nach dem Essen zogen sich die Vier in die Bibliothek zurück.
„Ach Tommy ich hab inzwischen die Pergamentrollen gefunden, sie waren ihm Familiensafe und die, die du mir gegeben hast passt genau dazu. Ich habe sie schon ein wenig übersetzt“, sagte Christin.
„Und über was handelt das Rätsel nun?“, wollte Pierre wissen.
„Das weiß ich selbst nicht so richtig, ich muß erst mal schlau aus diesen Reimversen werden…..“
Christin vertiefte sich wieder in die alten Schriftstücke.
„Da denkst du man hat ein interessantes Leben als Modell, reist um die ganze Welt und dann nach einer Erbschaft kommen solche Sachen wie Familienschatz und andere Dinge heraus,“ warf Tommy kopfschüttelnd ein und ging zur Bar und schenkte sich einen Scotch ein.
„Gibst du mir auch einen, ich könnte jetzt auch was vertragen“, sagte Christins Mutter, die es sich im großen Ohrensessel bequem gemacht hatte.
Pierre legte noch ein paar Holzstücke in den offenen Kamin und außerdem Prasseln und Knistern des Feuers, war im Augenblick im Zimmer nichts zu hören. Jeder für sich selbst, machte sich seine Gedanken über das was alles vorgefallen war.
Christin vertieft in ihre Papiere, Tommy stand am Fenster und lies seinen Blick nach draußen wandern und Pierre, angelehnt am Kaminsims, schaute den Flammen zu wie sie offensichtlich auf dem Holz wild umher tanzten.
„Lasst uns ins Bett gehen Kinder, es ist spät geworden“, sprach Christins Mutter und erhob sich schwerfällig aus ihrem Sessel und ging auf die Tür zu.
„Mutter du hast recht, wir sind alle recht müde und morgen können wir uns frisch gestärkt an die Tat machen.“
Christin gab Tommy und Pierre einen gute Nachtkuss auf die Wange und verließ ebenso das Zimmer.
„So jetzt sind nur noch wir beide übrig“, sagte Pierre schelmisch zu Tommy.
„Na und, ich wird mich jedenfalls auch in die Kiste schmeißen, weil ich morgen wieder fit sein muß, die Landschaftsaufnahmen müssen noch in den Kasten und dazu brauche ich offene und klare Augen“, sagte Tommy und trabte davon.
Im Rausgehen drehte er sich noch einmal um.
„Aber mein Zimmer werde ich nicht verschließen, nie wieder“, und schloß dann die Tür hinter sich.
Pierre dagegen, nun ganz alleine im Zimmer, setzte sich in einen der großen Sessel direkt vor den Kamin und starrte ins Feuer.
„Er hat sich endlich entschieden“, stammelt Pierre vor sich hin und nippte noch einmal an seinem Glas, bevor auch er aufstand, das Licht löschte, und sich auf den Weg zu Tommys Zimmer machte.
* *
Tommy war früh aufgestanden und obwohl er sich nach dieser herrlichen Nacht nur schwer von Pierre trennen konnte, es ging eben nicht anderst.. Er lag immer noch tief schlafend auf Tommys Bett, sehr verführerisch nur halb mit dem Laken bedeckt.
Nach den sich Tommy angezogen hatte, kniete er zu Pierre und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn, worauf dieser die Augen öffnete.
„Müssen wir schon aufstehen, ich bin noch so müde“, murmelte er.
„Nein mein Kleiner, bleibe ruhig noch liegen. Ich dagegen bin dann für eine Weile an der frischen Luft. Also bis später, wir sehen uns dann.“
Aber das hörte Pierre schon nicht mehr, er war wieder in die tiefe Welt des Schlafes versunken.
Mit der Spiegelreflexkamera und verschiedenen Objektiven machte sich Tommy auf den Weg. Er lief quer durch den Park, um danach die ersten kleinen Anhöhen zu erklimmen, die sich hinter dem Anwesen befanden.
Am dritten Hügel blieb er stehen, und ließ den Blick über die Landschaft schweifen. Weite, grüne Wiesen taten sich vor ihm auf, an deren Halmen man sehen konnte wie der Wind mit ihnen spielte. Kleine winzige Farbtupfen deuteten darauf hin, daß es noch ein paar Blumen gab, die ihre kräftigen Farben der schwachen Herbstsonne entgegen strecken.
Vereinzelt standen auch Büsche, meist bei kleinen Felsengruppen, aber Bäume waren hier keine zusehen. Es war wie eine andere Welt, wenn man aus dem Park heraus trat und auf diese offen Fläche kam. An einem größeren Steinhügel blieb er stehen.
Hier schien früher eine Mauer gestanden zu haben, und mehrere große Steine lagen darin verstreut, überwuchert von wild rankenden Pflanzen, die Tommy noch nie gesehen hat.
„Da liegen die alten Ballaters begraben, daß war der Familienfriedhof.“
Tommy für erschrocken herum und der alte Gärtner aus dem Park stand hinter ihm.
„Entschuldigen sie junger Herr, ich wollte sie nicht erschrecken. Aber ich drehe immer eine Runde bevor ich im Park anfange zu arbeiten.“
„Ist nicht schlimm, ich rechnete eigentlich mit keinem hier draußen.“
Tommy streckte die Hand aus.
„Mein Name ist Thomas Cummingham.“
„Ich heiße Emilio.“
„Klingt nicht wie ein Name von hier.“
„Ja meine Mutter war Italienerin, daher der Name.“
„Und warum ist das alles hier so verwildert?“
„Weil ich das Verbot hatte, mich darum zu kümmern, weil der Earl böse war auf seine Urahnen, wegen diesen lächerlichen Familienschatzes.“
„Lächerlich?“
„Ja lächerlich oder glauben sie junger Herr, das es diesen Schatz wirklich gibt?“
Tommy wollte dem alten Mann von den Papieren nichts sagen, vielleicht auch aus guten Grund, man weiß ja nie bei Fremden.
„Habe da mir noch keine Meinung drüber gebildet, ich werde jetzt weiter gehen um noch ein paar Schnappschüsse zu schießen. Vielen Dank für die Geschichte Emilio.“
Der Gärtner nickte ihm zu und machte sich auf den Rückweg. Tommy sah ihm lange nach, bevor er sich selber weiter bewegte. Komischer Kauz, dachte sich Tommy und suchte weiter nach passenden Motiven.
* *
Nach einer Weile hörte er ein Rauschen und folgte diesem Geräusch. Nach ein paar großen Büschen tat sich ein kleiner See auf. Das Rauschen kam von einem Wasserfall, der sich an der Stirnseite des Sees befand. Er nahm seine Kamera und schaute durch, ob es ein gutes Motiv wäre.
Tommy traute seinen Augen nicht, da stand der Stallbursche splitterfaser nackt und den Fall und genoss anscheinend die tosenden Wassermassen. Ganz selbst verständlich drückte Tommy auf den Auslöser seiner Kamera und fotografierte diesen Jüngling.
Seine dunklen lockigen Haar hingen lang über seine Schulter und verdeckten ein wenig den breiten braungebrannten Rücken. Man könnte fast meinen, diesen Körper hatte Michelangelo geschaffen. So eben und perfekt in der Linie wie es Tommy selten gesehen hatte.
Da drehte sich der Jüngling um, und Tommy mußte nach Luft schnappen. Was er da vor die Linse bekam war nicht von schlechten Eltern, erste Sahne. Ihm fiel Pierre, ein ob er ihm die Bilder überhaupt zeigen sollte.
Doch er wollte ehrlich bleiben, wenn er die Negative entwickelt hatte, würde er ihm sie zeigen. Nach dieser Liebeserklärung gestern würde sie eh zwischen ihnen einiges ändern, daß hatte Tommy sich fest vorgenommen.
„Hallo junger Herr, wollen sie nicht zu mir kommen, daß Wasser ist herrlich.“
Tommy ließ vor Schreck fast die Kamera fallen, Mist er hatte ihn entdeckt. Etwas unbeholfen rief er zurück.
„Nein ich glaube nicht, das Wasser ist mir zu kalt.“
„Ach kommen sie, ich stehe hier jeden Morgen.“
„Vielleicht ein andermal“, und Tommy machte sich schleunigst aus dem Staub.
Schnell war er den Weg zurück gelaufen den er gekommen war, aber der Stahlbursche haftete ihm immer noch im Kopf.
* *
„Da bist du ja endlich“, sagte Pierre und begrüßte Tommy mit einem flüchtigen Kuss.
„Was mehr ist nicht drin nach heut nacht?“, meinte lächelnd Tommy.
„Du kannst ruhig mehr haben wenn du willst“, und Pierre drückte ihn aufs Bett und küsste ihn nach allen Regeln der Kunst.
„Du Pierre kannst du mir nachher helfen“, sagte Tommy noch einwenig außer Puste.
„Bei was denn?“
„Beim entwickeln der Bilder, die ich vorhin geschossen habe. Mir ist da was vor die Linse gekommen, daß solltest du dir vielleicht anschauen.“
„Machen wir, aber erst nach dem Frühstück Christin und Margreth warten sicher schon, obwohl du jetzt meine Neugierde geweckt hast.“
Beide beeilten sich in den grünen Salon zu kommen, wo die Mahlzeiten eingenommen wurden. Warum man ausgerechnet ihm diesen Namen gab verstand Tommy nicht. Lediglich eine Schmuckdose, die auf dem Kaminsims stand, enthielt diese Farbe, sonst war rein gar nichts in grün gehalten, so sehr Tommy sich auch bemühte er fand nichts in diesem Farbton in diesem Zimmer.
Er entschloss sich später Madge zu fragen.
„Da seid ihr ja endlich, wir wollten grad ohne euch anfangen“, sagte Christin.
Tommy ging zu den Damen und begrüßte beide mit einem Handkuss.
„Man wie vornehm da wird ich doch glatt rot“, und Christin begann laut zu lachen an.
„Reich mir doch bitte den Bacon rüber“, sagte Pierre, der seinen Teller schon recht voll geladen hatte.
Tommy schaute erstaunt.
„Ist das nicht ein bisschen viel, ich will ja nicht…“
„Immer wenn ich… Sport getrieben habe, muss ich meinen Hunger stillen.“
„Welchen Sport?“, fragte Margreth.
Tommy und Pierre schauten sich verliebt an und fingen an zu grinsen.
„Mutter es gibt Dinge, die sollten an Tisch unausgesprochen bleiben“, kam es von Christin.
Und nun fingen alle Vier laut an zu lachen.
„Es freut mich, die Herrschaften so vergnügt zu sehen.“
Madge war mit einer Kanne Kaffee lautlos herein getreten.
„Darf ich noch jemand nach schenken?“, fragte sie leise.
„Ja, mir bitte Madge“, sagte Tommy und hob ihr die Tasse hin.
„Darf ich sie etwas fragen Madge?“, begann Tommy.
„Ja natürlich Mister Cummingham.“
„Warum wird dieses Zimmer grüner Salon genannt?“
„Nicht wegen den Möbeln wie ihnen sicherlich schon aufgefallen ist. Draußen vor dem Fenster befindet sich ein Seerosenbecken und das ist in einem kräftigen Grün gestrichen. Und immer wenn im Sommer und Herbst die Sonne drauf scheint, dann spiegelt sich das Wasser hier in diesem Zimmer und lässt es grün erscheinen.“
„Eine einfache Erklärung, auf die natürlich niemand kommt, wenn man es noch nicht gesehen hat,“ meinte Tommy und stellte endlich wieder seine Tasse hin die er die ganze Zeit gehalten hatte.
* *
Nach dem Frühstück erkundigte Tommy sich wo er seine Bilder entwickeln könnte. Bob führte ihn in das Kellergewölbe und wies im ein Zimmer ohne Fenster. Das ist genau das richtige für mich, dachte sich Tommy. Tommy ging zu seinem Anhänger und trug die benötigten Dinge zum entwickeln in den Keller.
„Kann ich ihnen helfen Sir?“
Tommy drehte sich erschrocken um, vor ihm stand der Stallbursche.
„Möchte ja schließlich sehen was, für tolle Bilder sie geschossen haben.“
Tommy wurde rot im Gesicht.
„Ich heiße übrigens Marc.“
Tommy immer noch total sprachlos, drückte ihm die Flaschen mit dem Entwickler in die Hand.
„Danke sehr nett, kann jede Hilfe gebrauchen“, stammelt Tommy der langsam seine Fassung wieder fand. Marc war wirklich eine Augenweite. Schwarze Haare und eine Topfigur und die niedlichsten brauen Augen die es gab, wie Tommy fand.
„Wo soll das Zeug denn hin?“
„In den Keller.“
„Okay, ich folge ihnen.“
Als alles im Keller war, begann Tommy die Geräte aufzubauen. Marc stand neben ihm und schaute interessiert zu.
„Ach Tommy da bis…oh du hast Besuch?“
Pierre war herein gekommen.
„Ähm.. das ist Marc der … Stallbursche“, stammelte Tommy.
„Das sehe ich, dann bin ich mal gespannt was für Bilder du geschossen hast.“
Tommy war froh das der Raum schon abgedunkelt war, sonst hätte jeder seinen hochroten Kopf gesehen.
Als das erste Bild mit Marc zu Vorschein kam, war dieser ganz entzückte.
„Hast du dir mal Gedanken gemacht, wie es mit einer Modellkarriere wäre, Marc?“, fragte Pierre.
Marc sah Pierre entgeistert an.
„Ich, nein bestimmt nicht. Die sehen doch alle viel besser aus, in den Hochglanzmagazinen“, sprach Marc.
„Doch ich meine es ernst. Du siehst wirklich gut aus, du könntest einigen Konkurrenz machen.“
„Und wie soll ich das anstellen? Hier in dieser Einöde wo soll ich da Fotos von mir her kriegen?“
„Naja, da wären ja schon einmal ein Paar. Sehr interessante sogar, wie ich finde“, meinte Pierre mit einem Lächeln.
Pierre nahm das Bild in die Hand, dass Marc von vorne zeigte.
„Und außerdem hast du hier den besten Modefotografen aus England hier stehen.“
Tommy drehte sich um.
„Pierre mach mal halb lang, übertreibst du nicht ein bisschen?“
„Sie sind Modefotograf?“, fragte Marc mit leuchtenden Augen.
„Ja bin ich und wenn du willst kann ich dir ja ein paar Adressen geben, an die du dich wenden kannst, falls du wirklich Interesse an einem Fotoshooting hast.“
„Der Meister hat gesprochen, Mensch Tommy mit einem Empfehlungsschreiben von dir wäre er doch echt besser dran“, sagte Pierre.
„Du hast ja Recht Pierre. Auch ich finde, daß unser Freund hier eine tolle Ausstrahlung, mal sehen was ich tun kann.“
„Marc hat doch ungefähr meine Größe, meinst du nicht das ihm einige meiner Anzüge passen, die du für mich mitgenommen hast.“
„Du hast recht, dann könnte passen.“
Marc stand nichts sagend neben den beiden und trauten seinen Ohren nicht.
„Also Marc, wenn du Zeit hast komm nach dem Mittagessen hinter das Haus, da machen wir die ersten Bilder“, sagte Tommy und verließ das Zimmer.
„Meint der das ehrlich, Mister?“, fragte Marc Pierre.
„Ja, meint er, Tommy spaßt mit so was nie. Ach übrigens ich heiße Pierre, und kannst ruhig du sagen bin ja ungefähr in deinem Alter.“
„Dass steht mir als Bediensteter eigentlich nicht zu“, kam es von Marc.
„Hab dich nicht so, Madge wird dir nicht gleich den Kopf herunter machen.“
„Danke Pierre, sehr nett von dir, wie kann ich das je wieder gutmachen…“
Ich wüsste schon was, dachte Pierre und setzte sein freches Lächeln auf.
* *
Tommy war oben in seinem Zimmer, um die Dresses für den Mittag heraus zulegen. Da das Wetter heute noch zu heben schien, entschloss er sich, die Kollektion im Landhausstil zu nehmen. Für die Herren hatte er attraktive Zopfpullover in verschiedenen Formen und Farben und passend dazu verschiedene Cord und Lederhosen.
In schlichten Braun und Grüntönen waren Hosen oder Röcke, Jacken und Blusen farblich abgestimmt für die zwei Damen dabei. Dieser Landhausstil war in diesem Herbst wohl wieder der absolute Renner, dachte Tommy.
Er hatte sich natürlich auch die Kollektionen anderer Häuser angeschaut und der Trend schien auf diese urgemütlichen Klamotten hinaus zulaufen. Er ließ, durch einen der Diener nach Pierre und Marc schicken, weil er vor dem Essen noch eine kurze Kleiderprobe für angebracht hielt.
Ungefähr wusste er zwar schon, wem er was anziehen wollte, aber die reale Kontrolle war ihm doch am liebsten.
Es klopfte an der Tür und Marc trat herein.
„Sie haben nach mir rufen lassen Sir.“
„Als erstes, ja hab ich, und als zweites mein Name is Tommy und lass bitte das Sir weg, das stört mich kolossal, hört sich irgendwie so altbacken an.“
„Geht in Ordnung S.. Tommy.“
„Da komm ich wohl genau richtig“, Pierre war ein getreten.
„Zu was richtig?“, sagte Tommy und sah ihm direkt in die Augen.
„Ähm…..ja, ich….“
„Lass mal Pierre, is ja egal. Würdest du die Sachen anprobieren die ich da auf der Kommode für dich bereit gelegt habe? Und Marc tu mir den Gefallen und zieh endlich die Stallklamotten aus, mein Zimmer riecht jetzt schon nach Stall. Ach ja, bei der Gelegenheit kannst du ja auch gleich duschen, denn nach der Anprobe wirst du mit uns zu Mittag essen.“
Mark wurde rot.
„Und was soll ich dann anziehen?“
„Die Sachen, die ich für dich herausgesucht habe, sind für die Fotos sie liegen alle auf dem Bett, müssten dir von der Größe her alle passen“, sagte Tommy.
„Das ist schon klar, aber was soll ich zum Lunch anziehen?“, fragte Marc.
Da fiel Pierre ins Gespräch ein.
„Da wir ja die gleiche Größe haben kannst du was von mir haben, meine Koffer sind mal wieder viel zu voll, ich geh rüber, suche etwas aus und bringe es dann.“
„Okay, dann kann ich ja beruhigt duschen gehen.“
Tommy wies ihm die Tür des Bades und folgte ihm.
„Kannst alles benutzen was da steht, und da in dem kleinen Koffer sind jede Menge verschiedener Proben die ich von Kosmetikfirmen geschenkt bekommen habe.“
„Ich muss ihnen noch mal danken Sir.“
„Marc, das heißt Tommy und du, verstanden und jetzt geh duschen, ich hab noch ein bisschen zu tun.“
Als er das Bad verließ, kam gerade Pierre herein, mit ein paar Klamotten über Arm und schwarzen Schuhen in der Hand.
„Was meinst du, würde ihm das stehen, Tommy?“, fragte er.
„Dem würde ein Kartoffelsack stehen, so gut wie er aussieht, hast doch die Bilder gesehen, oder?“, kam die Gegenfrage von Tommy.
„Apropos Bilder könnte ich das eine haben,“ sagte Pierre und fing an zu lachen.
„Du kleiner Mistkerl, für was brauchst du das Bild, du hast ja jetzt mich“, meinte Tommy gespielt empört
„Hab ich das?“, das Lachen war von Pierres Gesicht verschwunden.
Ernste falten legten sich auf seine Stirn.
„Ich will dich zu nichts drängen Tommy, das weißt du.“
„Das machst du nicht Pierre, wirklich nicht, aber ich brauche ein wenig Zeit um mich an diese neue Situation zu gewöhnen.“
„Heißt das…?“
„Ja, ich will mit dir zusammen leben, ich wünsch mir das jetzt schon solange. Ich muß auch zugeben, das ich mir ab und zu in London größere Wohnungen angeschaut habe oder über einen Umbau meiner Wohnung nach gedacht habe, daß sie für zwei Personen reicht. Uns zwei!“
„Oh Tommy, du machst mich zum glücklichsten Menschen der Welt!“, meinte Pierre, lief zu Tommy und nahm ihn in den Arm um ihn fest zudrücken.
„Ich will ja bei eurer Zweisamkeit nicht stören, aber ich fange allmählich an zu frieren, kann mir jemand was zum an ziehen geben?“
Marc stand nur mit einem Handtuch um die Hüften umwickelt in der Badetür. Er hatte was von einem griechischen Gott. Seine Muskulatur war sehr ausgeprägt und Pierre mußte kräftig schlucken.
„Dich hab ja ganz vergessen.“
Tommy ging zum Bett, nahm ein paar Kleidungsstücke und reichte diese Marc.
„So probier mal an, will sehen wie dich das kleidet.“
Marc nahm das Handtuch ab, und griff nach dem von Pierre mitgebrachten Slip.
Tommy traute seinen Augen nicht, Marc stand total nackt neben ihm und Tommy mußte sich eingestehen, daß Marc sich nicht verstecken brauchte. Auch Pierre blieb das nicht verborgen, der sich gerade, wegen der Anprobe auch aller Kleidungsstücke entledigt hatte.
Marc bemerkte, daß er von den beiden anderen so antaxiert wurde.
„Sorry, dass ihr euch vorhin so innig in den Armen gelegen habt und nun Pierres geilen Body sehe, kann ich nicht einfach wegstecken, das erregt mich auch,“ sagte Marc und sein Gesicht färbte sich in ein tiefes Rot.
„Mensch Marc, daß macht doch nichts, wir sind doch unter uns, wir werden schon nicht über dich herfallen“, sagte Pierre um die Spannung im Raum zu lösen.
„Schade“, stammelt Marc leise.
Pierre schaute auf.
„Hört, hört jetzt wird’s interessant,“ und schaute dabei Tommy an.
„Was soll das heißen? Schade? Na?“, fragte Tommy und ging auf Marc zu.
„Muss ehrlich zugeben das ich noch nie….. mit einem anderen Mann geschlafen hab, daß mir jetzt richtig peinlich ist.“
Tommy hob sein Kopf hoch, so daß er ihm in die Augen schauen konnte.
„Und was soll daran schlimm sein?“
Tommy schaute fragend Pierre an, der gleich verstand was Tommy fragend wollte, und nickte zustimmend. Tommy nahm Marc in den Arm und gab ihm einen langen sinnlichen Kuss auf den Mund. Pierre näherte sich von hinten und streichelte Marcs Rücken.
* *
„Wo die Jungs heut wieder bleiben, ich hab so ein Hunger“, Christin nippte an ihrem Wein.
„Sei doch nicht so ungeduldig Christin, sie werden sich gleich kommen, aber sag mal warum liegt da ein fünftes Gedeck?“ frage Christins Mutter.
„Ich weiß es nicht, hab mir darüber noch gar keine Gedanken gemacht. Aha, da scheinen sie zu kommen ich höre Gelächter und Stimmen, die Treppe herunterkommen“, sagte Christin.
Die Tür ging auf und Tommy und Pierre kamen mit dem Stallburschen herein gelaufen.
„Christin und Margreth darf ich euch vorstellen, das ist Marc ein Neuzugang, er wird uns heute Mittag kräftig bei der Fotosaison unterstützen“, sagte Pierre und setzte sich zu Christin.
„Und wer übernimmt jetzt eigentlich deine Tätigkeiten im Stall?“, wollte Christin wissen.
„Oh, das ist kein Problem ich hätte sowieso ab morgen für zwei Wochen frei gehabt“, kam es von Marc.
„Da haben wir ja Glück gehabt, das wir dich noch vorher entdeckt haben“, lächelte Pierre.
Pierre schaute Tommy an.
„Wir? Den Mark hab ja wohl ich entdeckt, das hier mal klarstellt“, kam es von Pierre.
„Entschuldigung Pierre, du hast ihn natürlich entdeckt“, sagte Tommy und mußte schmunzeln.
Tommy erklärte den Vieren, wie er sich den Ablauf des Mittags vorstellt. Er wurde, von dem Essen das herein getragen wurde, unterbrochen.
„Also liebe Madge, wenn das genauso wieder gut schmeckt wie es duftet, werde ich hier bestimmt noch ein paar Pfund zunehmen“, meinte Christin.
Auf Madge´s Gesicht zeichnete sich ein Lächeln.
„Du brauchst ja nicht so viel essen, Christin“, meinte Pierre und legte sein freches Grinsen auf.
„Jetzt hör aber auf, ich esse doch hier nicht viel, im Gegensatz von dir, du ist ja mittlerweile für zwei.“
„Es schmeckt ja auch hervorragend, und außerdem sind Modells mit ausgeprägter Figur immer mehr gefragt, als irgend so ein Hungerknochen, von denen es genug gibt.“
Tommy sah ihn an.
„Ja aber auch keine Modell mit dicken Bäuchen.“
Alle fingen herzhaft an zu lachen und begannen zu essen. Nur Pierre schaute sehr böse zu Tommy, der wiederum einen Kuss zu ihm schickte, dass Pierre das Böse sein schwer fiel. Tommy wandte sich zu Christin.
„Was mir grad einfällt, wie weit bist du eigentlich mit der Übersetzung der alten Papiere voran gekommen?“, fragte Tommy.
„Ach hör auf, entweder habe ich schon zulange kein Latein mehr gehabt, oder der Verfasser konnte es nicht und hat gravierende Fehler rein geschmuggelt. Ich bin fast fertig, aber irgendwie hab ich das Gefühl es fehlt etwas, oder passt nicht zusammen, weil es überhaupt keinen Sinn macht. Vor dem Tee heute Mittag werde ich es fertig übersetzen, und wir können uns ja dann darüber unterhalten“, antworte Christin.
„Okay mach das, und ich mach mich jetzt auf und befördere meine Kamera und andere Dinge nach draußen, das wir nachher gleich anfangen können“, sagte Tommy und erhob sich.
„Ich helfe dir gleich“, sagte Pierre, der schmatzend seinen Yorkshirepudding auslöffelte.
* *
Tommy hatte sich eine schöne Stelle im Park ausgesucht. Eine kleine Gruppe von alten Buchen standen hinter einem großen Findling, der sich majestätisch gegen den Himmel streckte. Er begann mit Marcs Einzelaufnahmen.
Marc mußte sich auf den Stein legen und verträumt in verschiedenen Posen in den Himmel schauen. Marc fand es interessant, dagegen er das häufige umziehen der Kleidung als anstrengend empfand. Die zwei Damen ließ er auf einem Kiesweg laufen, Margreth trug ein Korb mit wunderschönen herbstlichen Blumen bei sich, die farblich auf ihre Kleidung abgestimmt war.
Dann ließ er Pierre und Marc, angelehnt an einer Eiche eine Unterhaltung führen, und fotografiere sie aus verschiedenen Perspektiven. Von allen Vieren folgten dann im Anschluss einige Aufnahmen, wie sie sich gegenseitig über einen kleinen Bachlauf halfen, der sich durch das ganze Anwesen zog.
Dabei rutsche Pierre aus und stand mit einem Fuß im Wasser. Sofort brachen alle in Gelächter aus, nur Pierre fing wie wild an zu fluchen.
„Aber Mister Fromboise, wo bleibt ihr Anstand, hier sind Damen zugegen“, sagte Tommy und bog sich vor lachen.
Als sie sich alle ein wenig beruhigt hatten, schlug Tommy vor für heute Schluss zumachen, sieben Filme seien verknippst und das Licht sei ja jetzt auch nicht mehr so optimal. Alle waren einverstanden und halfen die Sachen einzusammeln, um sie wieder ins Haus zutragen.
Margreth lief zu Tommy.
„Also Tommy ich muß schon sagen, soviel Spass wie heute hatte ich schon lange nicht mehr. So langsam verstehe ich meine Tochter, warum sie diesen Beruf ausübt.“
„Wenn du glaubst Mutter, das es immer so einfach abläuft, hast du dich getäuscht. Heute war halt alles ideal, und Tommy hat uns ja auch prima eingewiesen, daß ist nicht immer so.“
„Stimmt Margreth, ich muß deiner Tochter recht geben, oftmals verschwindet die Sonne, oder ein Modell folgt nicht den Anweisungen, weil es denkt es besser zu wissen, oder die Farben der Kleidung harmoniert einfach nicht mit der Umgebung. Manchmal sind es winzige Details, die eine ganze Fotoserie zu nickte machen, weil es beim fotografieren nicht aufgefallen ist“, sagte Tommy.
„Aber trotzdem war es schön, wie gesagt es war ein schöner Mittag. Treffen wir uns nachher alle zum Tee?“, fragte Margreth.
Alle bejahten die Frage und gingen in ihre Zimmer. Tommy begab sich gleich in den Keller, um schon mit dem Entwickeln an zu fangen. Er war zu neugierig wie die Fotografien geworden sind. Marc war mit Pierre gegangen, um sich Ratschläge über Kleidungen ein zu holen, damit er wusste, wonach er bei dem nächsten Shoppen Ausschau halten sollte.
Christin machte sich gleich an die alten Pergamente und fasste alles was sie übersetzt hat auf einem Blatt zusammen. Margreth dagegen lief zur Küche. Sie klopfte an der schweren Eichentür und trat ein.
* *
„Aber Margreth, warum klopfst du denn an?“, sagte Madge und stellte eine Kanne Tee auf den Tisch.
„Ich wollte dich nicht erschrecken“, erwiderte Margreth und setze sich an den Personaltisch.
Bob kam herein und holte das Geschirr für den Fünfuhrtee. Er versuchte es lautlos aus dem Schrank zu nehmen, was ihm aber deutlich misslang. Polternd flog ein Kuchenteller auf den Boden und zerbrach in viele Stücke.
„Mensch Bob, pass doch ein bisschen auf, bald haben wir kein Geschirr mehr, wenn du so weiter machst“, sagte Madge und bückte sich um die Scherben auf zu heben.
Bob, dem es sichtlich peinlich war, sagte kein Wort und versuchte so schnell wie möglich, die Scherben zu beseitigen.
„Ich habe eine Frage an dich Margreth“, und Madge setze sich zu ihr an den Tisch.
„Willst du nicht wieder hier einziehen? Es gehört ja jetzt deiner Tochter, und das Anwesen steht gut da. Der eingesetzte Verwalter erwirtschaftet genug Geld, daß sich Christin nicht drum sorgen müsste, das Anwesen zu verlieren.“
„Ich weiß nicht recht, natürlich ist mir der Gedanke schon durch Kopf gehen lassen, als mir Christin das erstemal von der Erbschaft erzählte. Aber ich weiß nicht ob ich mich daran gewöhnen könnte, wieder hier zu leben. Zu viele schmerzliche Erinnerung werden wieder wach, die Entbehrungen danach, der Neuanfang und auch der Tod meines Mannes Charles.“
„Es muss schlimm für dich gewesen sein, der Tod deines Mannes und dann noch die Kleine alleine groß zu ziehen.“
„Stimmt ich hatte niemand an den ich mich wenden konnte und von Stuart meinem lieben Schwager wollte ich keine Hilfe, dazu war mein Stolz einfach zu groß. Aber Christin hat mir viele schöne Stunden bereitet.“
„Du hast es aber geschafft, die Kleine ist eine so wunderschöne Frau geworden. Überlege es dir mit dem Umziehen, ich denke einfach auch daran, daß du zu Hause, oft alleine bist und hier hättest du immer Gesellschaft. Kennst du Violett noch, die Tochter des Warenlagerhalters, sie wohnt auf dem Nachbargrundstück. Und seit sie Witwe ist, verbringt sie viele Mittage bei mir, sie müsste in deinem Alter sein“, sagte Madge.
„Wäre ja schon reizvoll hier wieder zu leben, aber dann bin ich doch soweit weg von Christin, die in London lebt.“
„Du kannst mit dem Zug nach London fahren, oder wenn du es eilig hast mit dem Flugzeug von Aberdeen nach London brausen, in der heutigen zeit sind das alles keine Entfernungen mehr.“
„Lass mir Zeit Madge, ich werde mir das genau überlegen, wir sind ja noch ein bisschen hier.“
Margreth stand auf und verließ die Küche. Madge sah ihr besorgt nach und machte sich kopfschüttelnd wieder an ihre Küchenarbeit.
* *
Tommy hatte inzwischen drei der sieben Filme entwickelt. Mit einer Lupe betrachtete er genau jedes einzelne Bild der Serie, und war zufrieden mit dem was er produziert hatte. Jetzt war es nur noch daran, die Auftraggeber von den Bilder zu überzeugen, aber darüber machte sich Tommy keine Sorgen, bis jetzt wurden ihm alle Fotoserien abgekauft, die er erstellt hatte.
Mehr Gedanken machte er sich über das Zusammenleben mit Pierre. Sollte er wirklich den Schritt wagen, es noch einmal zu versuchen. Es würde sein ganzes Leben ändern, denn er war es mittlerweile gewohnt sich alleine durchzuboxen.
Aber ein Leben zu zweit, die Sehnsucht danach war einfach zu groß. Er hatte es satt, zu Parties immer alleine zu erscheinen, während andere eng umschlungen mit ihren Partnern kamen. Das ewige Generve, was er sei immer noch solo.
Es gab so viele Dinge, die dafür sprachen, eine Beziehung wieder ein zugehen. Nur eines dagegen, seine Angst.
* *
„Wo Tommy denn bleibt er kommt noch zu spät zum Tee“, sagte Christin und schaute auf die Wanduhr.
Die Tür ging auf und Tommy kam herein geeilt. In diesem Augenblick fing die Uhr an zuschlagen.
„Bin ja noch pünktlich. Wollt nur noch ein paar Bilder entwickeln und hab euch paar mitgebracht“, sagte Tommy-
„Toll Tommy zeig her“, sagte Pierre und riss ihm die Bilder aus der Hand.
„Wow! Tommy ich bin immer wieder fasziniert, wie du es schaffst, es so in Bilder umzusetzen, daß es so, wie soll ich sagen… mir fällt kein anderer Ausdruck als geil ein.“
Christin und Marc waren aufgestanden und zu Pierre gegangen. Alle waren sie so in die Bilder vertieft, daß niemand die Bitte von Margreth beachtete.
„Kinder könnt ihr euch bitte wieder hinsetzen.“
Erst als sie es energischer sagte, sahen sie auf und setzten sich auf ihren Platz zurück.
„Ich habe mich entschlossen, eigentlich hat mich auch Madge davon überzeugt, wieder hier her zu ziehen.“
Einen Augenblick lang hätte man eine Stecknadel fallen hören können, so leise war es im Raum.
„Und wenn du nichts dagegen hast, Christin, würde ich gerne die Wohnung in Dorchester verkaufen.“
„Ich muss dir ehrlich sagen, daß ich mir darüber auch Gedanken gemacht habe, und ich freue mich, dass du dich so entschieden hast“, meinte Christin.
„Du hast dich aber sehr schnell entschieden“, sagte Madge, die gerade die Tür herein kam.
„Ja Madge, du hast mich überzeugt und zwar mit einem Wort. Einsamkeit. Christin und ich telefonierten zwar fast täglich miteinander, aber ständig ist sie unterwegs und hat keine Zeit. Und wenn ich hier wäre, wie du schon sagtest, hätte ich dauernd Gesellschaft. Und was Christin angeht, sie hat dann ein richtiges Zuhause, wo sie wann immer sie will, heimkehren kann.“
Christin stand auf und umarmte ihre Mutter.
„Du hast die richtige Entscheidung getroffen Mutter glaub mir.“
Bei einer weiteren Tasse Tee unterhielten sie sich über die Zukunftspläne von Margreth, bis Tommy einfiel daß sie heute sich ja noch um etwas anderes kümmern wollten. Zudem hatte er auch ein Entschluss gefasst, nachdem er sich das Wort Einsamkeit durch den Kopf gehen ließ.
„Das war eine gute Idee von dir Marc, unsere Nachforschungen hier in der Bibliothek abzuhalten.“
„Danke Christin, dachte nur daran, wo man am besten Rätsel lösen kann, da fiel mir das hier auf Anhieb ein, wegen der vielen Bücher.“
„Christin, kannst du mir sagen, was das für Namen sind auf der Liste?“, fragte Tommy.
„Schau Tommy auf diesem Pergament stehen diese Namen nicht in Latein. Ich habe sie in der Reihenfolge heraus geschrieben, wie sie dort standen“, antwortete Christin.
„Caithness – Sutherland – Ross&Cromarty – Inverness – Nairnshire – Moray – Banff – Aberdeen – Kincardine – Argyll. Und was soll der Ausdruck Kopfstadt darunter?“ wollte Pierre wissen.
Christin nahm das Pergament in die Hand.
„Schau hier das Wort für Kopf und hier für Stadt.“
Tommy musste grinsen.
„Christin das ist nicht das Wort für Kopf, sondern für Haupt, also heißt es Hauptstadt.“
„Und was bringt uns das jetzt weiter mit der Hauptstadt?“, wollte Pierre wissen.
Die Tür ging auf und Margreth kam beladen mit einem Tablett herein.
„Ich habe Madge davon überzeugt, daß ihr heute die Bibliothek nicht mehr so schnell verlassen werdet, da hat sie euch ein Tablett voll Sandwichs gemacht. Und für einen guten Rotwein habe ich gesorgt, ich geh nur noch mal schnell Gläser holen.“
Sie stellte das Tablett auf den Tisch ab, wobei ihre Blicke über die Liste glitten.
„Was hat es denn mit den Grafschaften auf sich?“, fragte sie.
„Welche Grafschaften meinst du Mutter?“, kam es von Christin.
„Die auf der Liste, daß sind alles Grafschaften aus unserer Gegend.“
„Hier in der Gegend?“, wollte Marc wissen.
„Ja ich kenne Aberdeen, Banff, und Inverness, aber daß die Grafschaften sein sollen, wusste ich nicht“, meinte Marc weiter.
„Sind sie auch nicht mehr Kinder, aber das könnt ihr sowieso nicht wissen, 1975 schlossen sich diese Grafschaften zur Region Highlands zusammen, wobei das Gebiet durch den Glen Mor getrennt wird. Das Gebiet in dem wir her uns befinden, seht selbst hier auf der Landkarte“, mit einem Finger wies sie auf ein Gebiet neben Aberdeen.
„Nennt man Grampain oder Grampain Mountains, dessen höchster Berg mit 1343 m sich Ben Nevis nennt.“
„Aber hallo, Mutter woher weißt du das alles?“
„Kind du vergisst, daß ich hier aufgewachsen bin und zudem mußte ich in meiner Abschlussarbeit eben über diese Grafschaften schreiben, so was vergisst man nicht so schnell.“
„Kinder ich verschwinde noch mal kurz um die Gläser zu holen, bin gleich da und helfe euch“, und verschwand durch die Tür.
„Hauptstädte“, rief Pierre laut in die Menge.
„Pierre kannst du vielleicht sagen, was du meinst“, sagte Tommy.
„Aber natürlich. Jede Grafschaft hatte so was wie eine Hauptstadt, man nannte sie früher zwar anders, aber die müssten doch heute auch noch existieren, so wie Aberdeen.“
„Haben wir hier nicht ein Buch, wo so etwas drin stehen könnte?“, sagte Christin und drehte sich zu den Bücherregalen.
Alle liefen hinüber und begannen Buchtitel zu lesen. Pierre brummte vor sich hin.
Tommy sah ihn an.
„Was ist denn mit dir los, Pierre?“
„Seht ihr nicht, wie viele Bücher hier stehen, daß kann ja ewig dauern.“
„Denke ich nicht“, meldete sich Marc von der oberen Galerie.
„Schaut mal hier „Alte Grafschaften“, genau was wir jetzt brauchen.“
Marc kam die Wendeltreppe herunter gelaufen und alle setzen sich wieder um den runden Tisch.
„Und nach was suchen wir jetzt genau?“, wollte Christin wissen.
Pierre zog die Liste zu sich.
„Wir suchen jetzt alle sogenannten Hauptstädte dieser Grafschaften heraus.“ „
„Und was soll uns das bringen?“, fragte Christin verwundert.
„Das weiß ich jetzt auch noch nicht, muß ich eingestehen, aber vielleicht finden wir was, wenn es vor uns auf dem Blatt steht.“
Marc nahm sich die Liste.
„Also drei Städte haben wir ja schon, das ist Aberdeen, Inverness und Banff, jetzt müssen wir nur noch den Rest herauskriegen.“
Tommy öffnete das Buch, und schaute nach dem Goslar.
„Was steht als erstes da?“
„Caithness“, sagte Marc.
„Aha, Caithness, was steht denn hier. Ehemalige Grafschaft von Nordschottland mit der Hauptstadt Wick.“
„Das ist hier oben“, sagte Christin und zeigte auf die Landkarte.
Pierre fertigte ein ungefähre Skizze von Nordschottland an, und malte einen Punkt auf der oberen Seite und schrieb Wick dazu.
„Als nächstes kommt Sutherland“, sagte Tommy.
„Moment… hier steht Hauptstadt Denoch“, kam es von Marc.
„Das ist hier.“
Und Pierre malte wieder einen Punkt und schrieb diesmal Denoch daneben.
„Ross&Cromarty?”
„Dingwall.”
„Inverness ist Inverness, das ist klar. Nairnshire?”
„Nairn!“
„Und Moray?“
„Elgin.”
„Dann kommt Banff und Aberdeen. Kincardine?“
„Stonehaven hier steht.“
„Und zu guter letzt, Argyll?“
„Lochgilphead.“
„Wo liegt den das?“, wollte Christin wissen.
Alle beugten sich über die Karte. Tommy nahm das Buch.
„Da steht südwestlicher Teil von Schottland.“
„Da ist es“, Marc wies mit dem Finger auf die Karte, „hier bei Glasgow steht es.“
Pierre hatte alle Städte eingetragen und mit Punkten versehen. Piere kratzte sich am Kopf und grübelte.
„Wenn man… wenn man alle Punkte miteinander verbindet“, Pierre fuhr langsam von Punkt zu Punkt, „dann er gibt es ein Zeichen.“
„Ein Zeichen?“, sagte Christin und runzelte ihre Stirn, „dass sieht mir eher wie der Buchstabe „S“ aus.“
„Du hast recht Christin““, meinte Tommy und nahm alle Pergamente in die Hand.
„Wenn alle Seiten einen Buchstaben ergeben, bekommen wir ein Lösungswort“, sprach Tommy weiter.
„Ach herrje, wenn wir für alle Rätsel so lange brauchen wie für dieses, sitzen wir ja noch ewig“, meinte Pierre und lies sich wieder in seine Stuhl fallen.
„Das würde ich nicht sagen Pierre, wie gesagt habe ich alle Seiten übersetzt“, Christin nahm Tommy die Papiere aus der Hand.
„Beim Zweiten ist mir aufgefallen, daß das „T““ so komisch geschrieben wurde, nicht im Schreibstil der anderen Buchstaben. Und auf der Vierten Seite das gleiche, nur das es sich hier um das „N““ handelt. Zu den anderen kann ich nichts sagen.“
Tommy nahm die dritte Rolle in die Hand.
„Und über was handelt dieser Text?“
Christin nahm ihr Block zu Hilfe.
„Einen Moment, ja da steht es, da geht es hauptsächlich um Formen, Kreise und runde Dinge.“
„Kreisrund?“, Tommy nahm sein Blatt.
„Dann schreib ich mal ein kreisrundes „O“ hier rein. S T O N … und der letzte Buchstaben fehlt, aber nach meiner Meinung heißt das Stone, es gibt gar keine andere Möglichkeit.“
„Stone“, Pierre fing an zu lachen, „jetzt sind wir soweit wie vorher.“
„Du, Christin wo ist das sechste Pergament, daß ich dir mitgebracht habe und du glaubtest es wäre das Mittelstück.“
Christin hob alles hoch, konnte es aber nicht finden“, ich glaube, daß liegt noch in meinem Zimmer, warte ich hole es schnell.“
Christin lief zur Tür und lief hinaus.
„Also Jungs, ich weiß ja nicht wie es euch geht, aber ich habe mordsmäßig Hunger“, sagte Pierre und griff sich ein Sandwich von der Platte.
Marc hob sich den Magen
„Du hast recht. Merke erst jetzt, wie mir der Magen rumpelt.“
Marc und Tommy nahmen sich auch ein Sandwich und bissen genüsslich hinein. Christin kam die Treppe herunter und lief in die Bibliothek.
„Ihr seid mir ja die Rechten, mich schuften lassen, und ihr haut euch die Mägen voll. Habt ihr mir wenigstens etwas übrig gelassen?“
Marc hob die Platte hoch.
„Es sind genügend da, hast die freie Auswahl.“
„Lass mir aber die mit dem Fisch darauf, die sind so herrlich salzig“, sagte Pierre und griff nach dem nächsten Sandwich.
„Salzig?“, meinte Tommy.
„Da wird man doch nur durstig davon. Apropos Durst wollte deine Mutter nicht gleich, mit Gläsern, wieder da sein?“
Tommy und Christin sahen sich an und legten ihr Essen auf den Tisch. Beide liefen sie zur Tür in die Vorhalle.
„Ich gehe in die Küche und du gehst in den Livingroom, da habe ich auch eine Vitrine mit Gläsern gesehen“, sagte Tommy und lief Richtung Küche davon.
* *
Christin öffnete die Tür und schaute in den Raum hinein. Auf dem Stuhl neben der Vitrine saß ihre Mutter mit einem Buch in der Hand.
„Mutter?“
Ihre Mutter schaute auf, und Christin sah das sie weinte.
„Mutter, was ist denn geschehen?“
„Ich habe hier dieses Album gefunden, es ist voll mit Bilder von deinem Vater.“
Christin nahm das Album in die Hand und überflog mehrere Seiten.
„Er fehlt mir so Christin, wie sehr wünschte ich, er könnte all das hier miterleben.“
Christin nahm ihre Mutter tröstend in den Arm und strich ihr über das Haar.
„Er wäre sicher stolz auf dich gewesen, daß du dich entschieden hast wieder hierher zuziehen, da bin ich mir ganz sicher.“
Tommy hat die kurze Unterhaltung von der Tür aus mitbekommen. Er sah auch die Tränen bei Christin fließen. Langsam schloß er die Tür hinter sich, die zwei Frauen sollten jetzt für sich alleine sein. Er lief zurück in die Bibliothek und schloß hinters sich die Tür.
„Also Jungs wenn ihr jetzt nichts dagegen hab, verschieben wir die Rätselstunde auf morgen.“
„Wieso, was ist denn?“ wollte Pierre wissen.
„Naja die beiden haben ein ernstes Gespräch und ich denke, daß wir sie heut Abend nicht mehr zu Gesicht bekommen werden“, sagte Tommy.
„Also gut, brechen wir ab. Wenn ich ehrlich bin, könnte ich eine Runde Schlaf gebrauchen, ich bin so müde“, meinte Pierre.
Marc stand auf.
„Ich schließe mich dir an Pierre. Ich gehe auch zu Bett. War ja ein richtig aufregender Tag heute.“
Pierre gab Tommy noch ein Kuss und verließ mit Marc das Zimmer. Tommy löschte sämtliche Lichter und folgte ihnen.
* *
Vor Pierres Tür blieb Tommy stehen und klopfte. Schon fast ausgezogen, öffnete Piere seine Tür.
„Ich weiß, das du müde bist. Aber dürfte ich noch ein wenig zu dir rein kommen, ich hätte dir gerne was gesagt.“
„Für dich Tommy, nehme ich mir gerne Zeit, daß weißt du doch, auch wenn ich grade Hundemüde bin, komm rein!“
Beide setzen sich auf das Bett von Pierre.
„Ich …wollte dir eigentlich nur sagen, daß ich mich entschieden habe. Ich möchte wieder mit dir zusammen sein.“
Pierre begann zu lächeln.
„Ist dir das jetzt so schwer gefallen. Wenn ich ehrlich bin, warte ich schon seit drei Jahren auf diesen Satz. Ich bin so überglücklich und Tommy…“
Eine kleine Pause entstand.
„Ich liebe dich Tommy!“
Tommy fiel Pierre um den Hals und zog ihn ganz fest an sich.
„Und wie soll unser gemeinsames Glück in der Zukunft aussehen?“, fragte Pierre.
„Wenn du willst nehmen wir uns eine gemeinsame größere Wohnung.“
„Nein Tommy, das will ich nicht, in deiner Wohnung fühle ich mich so wohl, wenn es dir nichts ausmacht möchte ich zu dir ziehen. Du hast ja schon mal den Gedanken gehegt umzubauen, da könntest du die Speicherkammer hinter deinem Schlafzimmer ausbauen, was hältst du von dem Gedanken?“
„Auf die Idee hätte ich selber kommen können. Wäre ein tolles Schrankzimmer für unser Klamotten und all die anderen Dinge die wir so haben. Wenn wir zurück kommen werde ich gleich den Architekten anrufen, das es so schnell wie möglich umgesetzt wird.“
„Mein Tommy ist am planen. Wenn du jetzt deine Augen sehen könntest, dieses strahlende Blau.“
„Das ist alleine dein Verdienst Pierre.“
„Und du bist dir wirklich sicher, daß ich zu dir ziehen soll?“
„Ja Pierre, so sicher wie noch nie in meinem Leben. Ich will dich bei mir haben, für dich da sein. Will deine Gegenwart spüren, dich spüren. Anders möchte ich jetzt nicht weiterleben. Sonst geh ich den Bach runter, wie du es schon so treffend bemerkt hast. Ich brauche dich Pierre.“
„Ich brauche dich auch Tommy, wollte nie mein Leben ohne dich führen. Meine Liebe zu dir ist in all den Jahren nur noch stärker geworden. Das ist der Grund, warum ich es so lange ausgehalten habe und ich auf diesen Augenblick warten konnte ohne verrückt zu werden.“
Tommy strich Pierre zärtlich über die Wange und zog ihn für einen Kuss zu sich.
„Ich liebe dich auch Pierre, lass mich bitte nie wieder alleine.“
„So schnell wirst du mich jetzt nicht mehr los. Das schwöre ich dir!“
„Wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich morgen Abend einwenig mit den anderen zusammen feiern.
„Nein, habe ich nichts dagegen. Ich denke Christin wird sich freuen uns wieder vereint zu sehen.“
„Das denke ich auch. Und was machen wir mit Marc?“
Pierre sah Tommy fragend an.
„Wie, was machen wir mit Marc.“
„Vielleicht ist dir entgangen, daß der Junge binnen kürzester Zeit, sich in dich verknallt hat.“
„Ach Gottchen, nicht das noch. Ich will ihm doch nicht das Herz brechen.“
„Musst du aber, dein Herz gehört jemandem anderen.“
„Ich weiß es gehört alleine dir!“
„Du, da fällt mir was ein. Deine Wohnung wird doch frei, du könntest ihm sie doch vermieten. Das er weiterhin Lust hat, hier als Stallbursche zu arbeiten, kann ich mir nicht vorstellen. Der Junge war beim Fotografieren so mit Herz und Seele dabei, er ist ein richtiges Naturtalent.“
„Du hast recht, so werden wir es machen, wir haben ja eh gesagt, wir wollen uns um ihn kümmern, da haben wir in London, wenn er in unserer Nähe Wohnt die besten Möglichkeiten dazu. Ich finde, wir sollten ihm den Vorschlag morgen unterbreiten. Ich weiß ja nicht mal, ob er damit einverstanden ist.“
„Da mach ich mir keine Sorgen darüber, bei so einem verlockenden Angebot kann keiner nein sagen.“
„Da muss ich dir recht geben.“
„So lieber Pierre, jetzt kannst du dich hinlegen, ich gehe dann in mein Zimmer.“
„Du Tommy?“
„Ja, was ist ?“
„Bleibe hier, mein Bett ist groß genug für zwei.“
Tommy mittlerweile aufgestanden.
„Wenn du meinst, dann bleibe ich gerne.“
Und Pierre zog Tommy an seiner Gürtelschnalle zu sich aufs Bett.
* *
Zur gleichen Zeit bei Christin und ihrer Mutter.
„Mutter, erzähl mir von Vater, nicht so wie ich ihn kenne sondern vor meiner Zeit. Wie hast du ihn kennengelernt, daß hast du mir all die Jahre nicht erzählt.“
„Oh ist das lange her. Dein Vater war damals schon ein stattlicher Mann, alle sagten wen den mal kriegte, hatte Glück.“
„Die Glückliche warst du!“
„Ja, aber nicht gleich von Anfang an. Es war eines dieser tollen Herbstfeste, die wie jedes Jahr nach der Ernte gefeiert wurden. Entweder es fand direkt in Ballater auf dem großen Platz statt, oder es wurde hier auf dem Grundstück im Park gefeiert, es war das größte gesellschaftliche Ereignis hier.“
„Und da hast du Vater dann kennengelernt?“
„Ja und nein, aber jetzt langsam, alles der Reihe nach. Also wenn die Ballater – Brüder das Fest veranstalteten, wusste vorher niemand, was es geben würde. Dieses Jahr war es dann ein riesiges Kettenkarussell, daß die Brüder gemietet hatten. Es waren auch Verwandte aus der Grafschaft Caithness da, und eine Cousine war ständig mit deinem Vater zusammen. Niemand wusste ob Charles und Mayfloor nun zusammen waren, oder gar verlobt.“
Christin legte das Album zur Seite und lauschte den Worten ihrer Mutter.
„Bis mir das Missgeschick mit dem Essen passierte. Ich war zu den Stallungen gegangen, wo das Zelt mit den Speisen stand. Es war ein riesiges Buffet, mit allem was ein Herz begehrt. Ich nahm mir also einen Teller, und lud mir den Teller randvoll.“
„Heute bist du aber bescheidener“, meinte Christin und lächelte.
„Ja und mit dem Teller und einem Glas Bowle drehte ich mich dann Richtung Ausgang, und dabei stieß ich mit deinem Vater zusammen. Das Essen klatsche an seinen Tweedanzug und fiel auf den Boden und seinen Schuhen. Ich sah hoch errötet in seine tiefbraune Augen, die durch seine wildes, volles Haar fast verdeckt wurden.“
„Was hat er denn gesagt?“
„Gar nichts. Er fing einfach an zu lachen. Ich stand völlig beschämt vor ihm und er hatte nichts besseres zu tun, als lauthals zu lachen. Ich war im ersten Augenblick wie vor den Kopf gestoßen und wusste nicht, was ich sagen wollte. Er meinte darauf ich solle nicht so belämmert schauen, daß könne ja jedem mal passieren.“
Christin musste jetzt ebenfalls lachen, als sie sich diese bildlich vorstellte.
„Er sagte er ziehe sich schnell um, aber ich solle hier auf ihn warten. Die Dienerschaft hatte die Spuren meines Malheurs schnell beseitigt und als er wieder kam konnte man nichts mehr davon mehr sehen.
>So junge Dame sie schulden mir eine Fahrt mit dem Karussell und einen Tanz< sagte er zu mir. Ohne zu antworten ließ ich mich, von ihm aus dem Zelt führen. Ich mußte ihm dauernd in seine Augen schauen, ich war so damit vertieft, daß ich alles um mich herum vergaß. Auf dem Karussell hielt er dann, die ganze Zeit die Hand. Und aus dem Tanz wurden unendlich viele, denn er tanzte mit mir die ganze Nacht, bis die Musiker ihre Instrumente einpacken.“
„Da wäre ich gerne dabei gewesen, Mutter.“
„Glaube ich dir, er brachte mich dann noch nach Hause, wie es sich für einen Gentleman seines gleichen gehörte. Und an der Tür gaben wir uns dann den ersten Kuss. Dann verließ er mich wieder.“
„Ist das romantisch Mutter, daß war Liebe auf den ersten Blick. Das müsste mir auch passieren.“
„Von da ab trafen wir uns jeden Tag, bis wir dann ein Jahr später heirateten. Es folgten die schönsten Jahre meines Lebens, den ich fühlte mich auf dem Anwesen, wie eine Prinzessin. Dein Vater las mir jeden Wunsch von den Augen ab und unser größtes Glück war, als du dann geboren wurdest. Du warst Vaters ganzer Stolz.“
Nach diesen Erzählten wurden Margreth Augen wieder feucht und kleine Tränen rannen an den Wangen hinunter.
„Wir sind doch von blauem Geblüt, hatte Vater eigentlich eine Rangfolge auf den Thron des englischen Königshauses?“
„Ja er kam an siebenundfünfzigster Stelle der Thronfolge.“
Ein lauter Schrei unterbrach ihre Unterhaltung, ein dumpfer Knall folgte. Christin rannte zur Tür und riss sie auf. In der Eingangshalle war es dunkel.
Sie suchte vorsichtig den Lichtschalter an der Wand. Das Licht flammte auf und sie sah Marc vor der offenen Bibliothekstür auf dem Boden liegen. Sie rannte zu ihm, und kniete neben ihm nieder. Blut rann aus einer Wunde an seinem Kopf.
Mittlerweile war Margreth und auch der Rest des Hauses, die ebenfalls durch den Krach aufmerksam wurden, herbei gelaufen.
„Kann mal jemand einen Arzt rufen“, sagte Christin und versuchte die stark blutende Wunde mit ihrer Hand zu zuhalten.
„Gibt es hier denn keinen Verbandkoffer?“, fragte Tommy, der nur mit einer Unterhose und einem geöffneten Hemd dastand.
Christin entglitt ein kurzes Lächeln und schaute Tommy fragend an. Dieser zuckte nur mit den Schultern und kniete sich ebenfalls neben Marc auf den Boden.
„Marc kannst du mich hören, so sag doch was Marc!“
Inzwischen kam Bob, mit einem kleinen Kästchen angerannt und reichte es Tommy.
„Ich habe Doc Harverst angerufen, er ist bereits unterwegs zu uns“, sagte Madge völlig außer Atem.
Tommy versuchte die Blutung mit einer Menge Mull zu stoppen.
„Pierre presse du bitte deine Hand darauf, Christin ist schon ganz weiß im Gesicht. Könnte mir mal jemand ein Kissen und eine Decke holen, dieser Boden ist nicht gerade sehr warm“, rief Tommy.
Und wieder verschwand Bob. Da kam Marc zu sich, der sich mit Stöhnen bemerkbar machte.
„Marc ganz ruhig, nicht bewegen. Weißt du was passiert ist?“, fragte Tommy und drückte Marc vorsichtig auf den Boden zurück, der versuchte auf zustehen.
Bob kam mit der verlangten Decke und dem Kissen. Christin half Tommy, Marc das Kissen vorsichtig unter den Kopf zu legen und Margreth deckte in mit der Decke zu.
„He Leute, was ist den los, warum behandelt ihr mich wie ein kleines Kind?“
„Du blutest stark am Kopf Marc,“ sagte Christin und erst jetzt sah Marc, dass Christins Pullover und Hände mit Blut verschmiert waren.
An der Tür klopfte es, und nachdem Bob sie öffnete, trat ein älterer Herr mit einem Köfferchen herein.
„Oh Doc Harverst, danke daß sie so schnell gekommen, hier auf dem Boden liegt der junge Mann.“
„Ja Madge…. oh Margreth du hier?“
„Ja ich bin es, aber bitte Bill kümmere dich erst um Marc.“
Doc Harverst sah sich die Wunde an.
„Na noch einmal Glück gehabt, genäht muß es nicht werden, aber ich denke sie werden noch ein paar Tage Kopfschmerzen haben.“
Er legte Marc einen Pressverband an und gemeinsam mit Tommy half er ihm auf. Etwas zittrig auf den Beinen führten sie ihn in den Livingroom.
„So junger Mann jetzt erzählen sie mal, was ihnen da passiert ist.“
„Also,“ Marc hob sich den Kopf, „ich hatte noch Durst und lief noch in die Küche, da sah ich, daß die Tür der Bibliothek offen stand und hörte ein Geräusch. Als ich eintreten wollte, wurde ich über den Haufen gerannt und spürte nur noch einen Schlag auf meinen Kopf. An danach kann ich mich nicht mehr erinnern.“
„Das muss wohl dieser Briefbeschwerer vom Schreibtisch gewesen sein,“ sagte Pierre der eben eintrat und eine Kugel in der Hand hielt.
Tommy schaute Christin an.
„Komm wir schauen mal, ob etwas fehlt.“
Christin machte das Licht an und traute ihren Augen nicht. Sämtliche Unterlagen waren auf dem Boden verstreut. Tommy wollte sie gerade aufheben, als ihn Christin daran hinderte.
„Sollen wir nicht vielleicht die Polizei rufen?“
„Meinst du wirklich, fehlt doch anscheinend nichts“, meinte Tommy.
„Doch die Pergamentrollen, ich kann keine davon sehen“, sagte Christin.
„Also gut, dann rufe die Polizei an und ich werde mich anziehen und mit Pierre draußen mich ein wenig umschauen.“
„Ich denke, dass brauchst du nicht Tommy, der, der das hier angerichtet hat, ist schon längst über alle Berge. Aber mit dem Anziehen fände ich ein gute Idee, würde mich nicht wundern, wenn die Polizei später komisch schauen würde, wenn zwei so gutaussehende junge Männer fast nackt vor ihnen stehen würden. Bei euch beiden alles okay?“
„Ja ist es.“
Und zum erstenmal sah Christin, der zufriedenen Gesichtsausdruck bei Tommy, den sie so sehr vermisst hatte.
Die Polizei nahm alles ins Protokoll und verabschiedete sich. Doc Harverst und Margreth hatte sich es in den Sesseln vor dem Kamin bequem gemacht.
„Warum hast du dich in all den Jahren nicht bei mir gemeldet?“
„Ich wollte nicht, ich habe eigentlich mir hier und allem vor langem abgeschlossen. Ich wusste nicht, daß ich noch mal hierher kommen würde, aber das Schicksal hat es anscheinend gut gemeint.“
„Ja hat es, mich hat es schwer getroffen, als ich damals von der Geschichte hörte, aber bevor ich reagieren konnte, wart ihr schon fort. Ist die junge Frau, deine Tochter Christin?“
„Ja ist sie.“
„Ist ja ein richtige Schönheit geworden.“
„Das nutzt sie auch in ihrem Beruf aus, sie ist Fotomodell“, sagte Margreth stolz.
„Ich kann mich nich genau m sie erinnern, als ich sie auf die Welt geholt habe, wie stolz Charles war und sie überall herum trug und jedem zeigte.“
„Ja Charles war sehr stolz auf die kleine, und er wäre es heute immer noch wenn er noch leben würde.“
„Es ist spät, ich werde jetzt gehen, darf ich dich besuchen?“
„Aber natürlich, wann immer du willst.“
„Werde jetzt noch mal nach dem Patienten sehen und dann verschwinden.“
„So junger Mann, ich denke sie sollten sich jetzt ins Bett legen, die zwei Herren können sie ja dorthin begleiten.“
Tommy und Pierre schauten sich verdutzt an.
„Nicht damit sie uns noch irgendwo umfallen.“
Marc versuchte aufzustehen, aber im sackten die Füße weg. Tommy und Pierre griffen unter und halfen ihm unter. Christin sah entsetzt an sich herunter.
„Hoffentlich kriege ich das wieder raus, Mutter.“
„Jetzt gehe erst mal duschen und ich bringe Bill noch zur Tür.“
„Na dann wird ich mal in mein Zimmer gehen, auf Wiedersehen Mister Harverst, leider kann ich ihnen keine Hand geben, wie sie ja sehen.“
„Schon gut Christin.“
„Sie kennen mich?“
„Er hat dich auf die Welt gebracht Christin.“
„So lernt man die Leute kennen.“
Christin nickte Bill noch einmal zu und verließ das Zimmer.
* *
Die drei Herren waren bereits in Marcs Zimmer angelangt.
„Was meinst du sollen wir ihn gleich für das Bett fertig machen, Tommy?“
„Ich weiß nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er das alleine kann, so wie der herum taumelt.“
Marc anscheinend wieder ein bisschen klarer, räusperte sich.
„Ihr wollt mich doch jetzt nicht etwa alleine lassen?“
Pierre sah Tommy verwundert an.
„Was machen wir jetzt, ich will nicht hier in dem kleinen Zimmer übernachten, etwa du?“
„Nein, ich bestimmt auch nicht,“ meinte Tommy und sah zu Marc, der wie ein Betrunkener auf dem Bett lag.
„Ich habe das größte Bett im Zimmer Pierre, also bringen wir ihn zu mir.“
„Und was wird aus mir, ich möchte auch nicht gerne alleine schlafen“, sagte Pierre mit seinem bekannten Grinsen.
„Ich sagte ja, ich habe das größte Bett von uns.“
„Zu dritt? Das könnte interessant werden.“
Nun fingen beide an zu lachen, sie hoben Marc aus seinem Bett, und führten ihn vorsichtig zu Tommys Zimmer. Ab und zu gab er ein Stöhnen von sich, aber er konnte weitgehend fast alleine laufen. Im Zimmer angekommen lies er sich gleich auf das Bett fallen. Piere machte sich daran seine Schuhe auszuziehen. Tommy öffnete die Hose und Pierre zog sie nach unten aus.
Marcs gut behaarte Beine kamen zu Vorschein und Tommy und Pierre lächelten sich an.
„Hast du dir eigentlich schon mal Gedanken über eine WG Gedanken gemacht Tommy.“
„Ich genüge dir wohl nicht mehr du kleiner Schuft“, sagte Tommy und stürzte sich auf Pierre und begann ihn zu kitzeln.
Pierre fing an zu lachen, und versuchte sich aus dieser Lage zu befreien. Da verloren beide das Gleichgewicht und beide fielen zu Boden. Pierre lag auf Tommys Brust, die er auch gleich mit Küssen zu liebkosen begann.
Tommy schloß die Augen, und atmete tief durch. Er spürte Pierres Wärme auf sich, er spürte Pierre auf sich! Er war glücklich, und vor allem ein unendliches Wohlbehagen breitete sich in seinem Körper aus.
„He nicht einschlafen“, sagte Pierre und biss im in die Brustwarze.
„Aua, dir gebe ich`s wart`s nur ab.“
Tommy setzte sich auf Pierre und begann ihn wieder überall zu kitzeln. Pierre wand sich unter Tommy, aber er hatte keinerlei Chance sich zu befreien.
„Hör auf….hör endlich auf, ich kann nicht mehr“, presste Pierre unter lachen heraus.
„Wenn du wieder brav bist, überlege ich mir das noch mal.“
Pierre packte Tommy am Nacken und zog ihn zu sich herunter, ihre Lippen berührten sich und sie verloren sich in einen unendlichen Kuss.
„Also wenn man euch beiden so zuschaut, kann man richtig neidisch werden.“
Das war Marc, er hatte sich ein bisschen aufgerichtet und den beiden zugeschaut.
„Also wenn ich mal auch jemanden finde möchte ich auch so geliebt und lieben wir ihr beide. Man sieht es euch förmlich an, wie sehr ihr euch liebt.“
Tommy schaute liebevoll Pierre an
„Das war bisher nicht immer so Marc. Für so eine Liebe muß man auch kämpfen, entbehren und tolerieren. Du musst den anderen so akzeptieren, wie er ist und darfst nichts an ihm ändern wollen. Viele Gespräche führen, damit keine Missverständnisse entstehen und vor allem gemeinsame Dinge machen und dem anderen trotzdem genug Freiraum lassen. So kann eine langfristige Beziehung entstehen und erhalten werden, es ist also richtige Arbeit.“
Auch Pierre war ganz fasziniert Tommys Worten gefolgt, und war erstaunt, daß sein Freund dies nun gerade gesagt hatte.
„Das ist eine ganze Menge, die man da beachten muß, aber wenn es hilft eine Liebe zu erhalten, dann bin ich alles bereit zu tun“, meinte Marc.
Pierre mischte sich ein.
„Marc vergiss aber nicht, das gilt auch immer für die andere Seite nicht nur für dich selbst“, sagte er und warf Tommy einen flüchtigen Blick zu und schaute zu Boden. Tommy war einwenig beschämt, weil er bemerkte, daß er sich damals nicht an diese Richtlinien gehalten hatte und somit Mitschuld an der ersten Trennung trug.
Er nahm Pierre erneut in den Arm.
„Lieber Pierre ich schwöre dir hier und heute feierlich vor Zeugen, daß ich dich lieben und ehren werde, für dich immer da sein werde, wann immer du mich brauchst. Auf deine Belange achten und dir immer zuhören werde, wann immer du mir etwas zusagen hast. Ich werde dich schützen vor Habgier, Neid und Eifersucht und treu sein mein Leben lang.“
Eine kurze Stille breitete sich aus und nur das Knistern des Feuers war zuhören.
Kleine Tränen liefen über die Wangen von Pierre.
„Das war wohl die schönste Liebeserklärung, die ich je gehört habe“, und drückte Tommy fest an sich.
„Hat mal jemand ein Taschentuch für mich, denn so viel Rührseligkeit ertrag nicht mal ich“, sagte Marc und wischte sich die Tränen aus den Augen.
.
* *
Marc hatte einen Brummschädel, als hätte er die Nacht durch getrunken. Er war aufgestanden, weil er nicht mehr liegen konnte, der Schmerzen wegen. Tommy und Pierre schlummerten noch fest und lagen eng umarmt noch im Bett.
Beide hatten ein Lächeln auf den Gesichtern. Marc zog sich vorsichtig an und verließ leise das Zimmer. Er lief die Treppe hinunter in sein Zimmer um duschen zu gehen. Konnte er das überhaupt? Er mußte sich ja nicht die Haare waschen.
Er zog sich aus und stellte sich unter die Dusche. Er drehte das Wasser auf, und es ergoss sich der heiße Strahl über seinen Körper. Wie gut das tut, dachte Marc und beschloss ein wenig länger unter der Dusche stehen zu bleiben.
„Guten Morgen Kleiner“, meinte Tommy und strich Pierre zärtlich über das Gesicht.
Pierre öffnete seine Augen.
„Zwicke mich, denn ich träum wohl noch.“
„Warum?“
„Weil wohl der geilste Typ in meinen Arm liegt den ich mir wünschen kann.“
„Auf deiner Brust schläft es sich auch gut.“
Pierre richtete sich auf.
„Wo ist denn unser Gast?“
„Der hat sich vor einer viertel Stunde angezogen und hat sich aus unserem Zimmer geschlichen.“
„Unserem? Soll das heißen ich soll zu dir rüber ziehen?“
„Wenn du nichts dagegen hast, wär mir das schon recht, weil ich auf deine Nähe nicht mehr verzichten will.“
„Natürlich bin ich einverstanden, aber meine Sachen lasse ich drüben, sonst wird’s hier zu eng.“
Tommy lachte. Sie standen auf und gingen beide gleichzeitig ins Bad.
„Geh wir zusammen duschen?“
„Baden wäre mir jetzt mit dir lieber, aber wir wollen ja pünktlich beim Frühstück sein“, sagte Tommy und drehte das Wasser an. Marc war inzwischen noch einwenig nackt auf seinem Bett gelegen, weil er sich nicht gleich anziehen wollte nach dem Duschen. Er dachte über die beiden da oben nach. Wie gerne hätte er auf so eine Freundschaft, so geliebt zu werden, daß war sein Traum.
* *
„Reichst du mir mal bitte die Marmelade, Tommy?“
Tommy hob die Schale zu Christin. Die Tür ging auf und Marc kam herein.
„Na wie geht es dir?“, Margreth war auf gestanden und tastete vorsichtig am Verband.
„Ich fühle mich als hätte ein Elefant, Walzer auf mir getanzt.“
„Ja Bill…Doc Harverst meinte, du wirst noch ein paar Tage Kopfschmerzen haben. Aber nun setze dich erst mal und iss was, danach geht es dir bestimmt besser.
Marc setzte sich zwischen Tommy und Pierre und wunderte sich, daß der Stuhl frei war. „Ähm Marc, Tommy und ich hätten dir ein Angebot zu machen. Da wir wissen wie sehr dir das Spass gemacht hat, daß mit dem Modeln, haben wir uns überlegt ob du nicht auf die Modellschule in London gehen willst? Marc sah Tommy entgeistert an.
„Aber wie soll ich mir das leisten, ich habe nicht viel Geld und London ist sicher teuer. Eine Wohnung die Schule, nein das kann ich nicht. Pierre wandte sich ihm zu.“
„Auch darüber haben wir uns Gedanken gemacht, Marc. Wie du weißt ziehe ich zu Tommy und da wir meine Wohnung wird dann frei. Da kannst du wohnen solange du willst. Und wegen der Schule brauchst du dich nicht zu sorgen. Tommy und ich haben beschlossen dich zu fördern und dir die zwei Jahre zu zahlen.“
Marc saß total geistesabwesend da.
„Man ist das ein Angebot Pierre. Und übrigens Tommy, herzliche Glückwunsch zur neuen Liebe!“, sagte Christin, stand auf und umarmte die beiden.
„Das würdet ihr wirklich für mich tun“, sagte Marc noch total durch den Wind.
Tommy legte seine Hand auf Marcs Schulter.
„Weißt du Pierre und ich haben erkannt, was für ein Potential in dir steckt, du bist ein richtiges Naturtalent. Aber ohne Modellschule geht es nun mal nicht, das ist wie eine Visitenkarte. Und ich möchte ja schließlich auch später weiterhin Fotos von dir machen.“
Marc wusste nicht ob er jetzt los heulen soll, oder laut lachen.
„Das verlangt nach einem Glas Champagner“, sagte Margreth und zog an der Glocke.
Nach wenigen Sekunden kam Bob herein.
„Sie wünschen?“
„Bob könnten sie vielleicht uns bitte einen Champagner bringen wir haben etwas zu feiern.“
* *
Tommy stand an den Stallungen und prüfte das Lichtverhältnis. Vor diesem alten Gemäuer ließen sich sicher auch gute Motive finden.
Und dann hatte er, ja auch noch den großen Kasten. Das Herrenhaus aus dem achtzehnten Jahrhundert, wirkte nicht so schwer und klotzig, wie man es von den Häusern seiner Art gewohnt war. Die hellen Farben der Fenster die teilweise fast ganz von grünem Efeu umwachsen waren.
Die Fassade war ein paar Farbnuancen dunkler als das Holz der Fenster und Türen und an den Rändern mit gleichfarbigen Backsteinen abgesetzt. Das Dach hatte schon lange sein kräftiges Rot verloren, da es durch die Witterung stark verblasst und mit Moos überzogen war.
„Wie soll dich Tommy denn fotografieren, solange du den Verband am Kopf hast geht das nicht.“
„Beruhige dich Pierre, dafür habe ich schon eine Lösung gefunden. Ich habe für Marc verschieden Mützen und Hüte bereit gelegt, irgendwie wird das schon gehen. So hört zu, wenn Bob alle Sachen heraus getragen hat, können wir anfangen.“
Tommy drehte sich um und zeigte Richtung Stallungen.
„Da drüben beim Rang Rover habe ich die Kleiderbox aufgestellt, da könnt ihr euch umziehen. Heute mache ich ausschließlich Fotos mit sportlichen Freizeitlook von euch, und außerdem probiere ich etwas Neues. Ich möchte alle Einstellungen mit euch zusammen machen, also alle vier werden zu sehen sein. Ich denke ihr könnt nun euer erstes Outfit anziehen. Für dich Pierre habe ich die dunkelbraune Cordhose raus gesucht, zieh dazu den hellen Trojerpullover an.“
„Dazu passen die Schnurboots recht gut“, meinte Pierre, „und was für eine Jacke hast du mir zugedacht?“
„Diese braune Lederfliegerjacke mit Webpelzbesatz, das bringt auch deine dunklen Augen zur Geltung.“
Pierre nahm die Sachen und begann sich in der Kleiderbox umzuziehen.
„So Marc du bist dran, man könnte meinen, die in Paris wussten was du für einen Beruf du hier ausübst.“
„Wieso, die kennen mich doch gar nicht.“
„Schau mal, sieht doch aus wie ein Reiterlook.“
Tommy hob eine hellbraune Cordjacke in den Händen, dazu passend ein Karohemd, dessen Rücken und Ärmel aus Cord bestanden und eine schmal geschnittene, schwarze Hose dazu.
„So und oben drauf ziehst du diese Mütze auf.“
Tommy zog vorsichtig die Mütze zurecht und versuchte dabei den verband völlig verschwinden zulassen, was ihm natürlich auch gelang.
„Was mir grad einfällt, jetzt sind wir schon vier Tage hier und ich bin noch kein einziges mal ausgeritten.“
„Wenn ihr alle Lust habt, können wir das ja heute Mittag nachholen, ich weiße meinen Kollegen an, die Pferde für nach her zu satteln.“
„Das wäre toll Marc, ich habe das schon lange nicht mehr gemacht.“
Margreth stand ein wenig beklommen da und dachte und ich noch nie.
„Mist ist in dieser Hose Schurwolle drin?,“ wollte Marc wissen, der seine Klamotten schon anhatte.
„Kann sein Marc, ist dir das unangenehm?“
„Ja schon es juckt halt.“
Pierre kam aus der Kleiderbox.
„Daran wirst du dich gewöhnen müssen. Manche Firmen nehmen Materialien, die sich nicht grad mit jedem Hauttyp vertragen. Ist nun mal so, hast das Zeug ja nicht ewig an.“
„Und was hat der Herr edles für uns raus gesucht?“, fragte Christin.
„Abwarten, für dich Margreth habe ich diesen Kurzarmpullover mit Rauten-Muster und dazu passend einen Cardigan. Und für drunter ziehst du bitte diese hochgeschnittene, beige Hose an. Wenn du willst kannst du die farblich abgestimmten Kurz-Stiefeletten anziehen oder diese schwarzen Halbschnürschuhe, kannst du dir dann selber aussuchen. So hier bitte schön.“
Margreth schaute nur noch erstaunt, aber folgte Tommys Anweisungen.
„So jetzt zu dir Christin, ich möchte das du diese Boucle‘ – Kombination anziehst. Drunter das bordeauxfarbene Rollkrageshirt und dazu passend diese Pumps in Farbe schwarz-bordeaux.“
Bob hatte inzwischen einen kleine Bistrotisch mit zwei Stühlen vor der Treppe des Eingangs aufgestellt. Tommy montierte noch zusätzliche Scheinwerfer, weil er mit dem Licht und dem Schattenwurf nicht zufrieden war.
Die zwei Damen setzten sich die Herren stellten sich dahinter. Aus verschiedenen Perspektiven fotografierte Tommy nun die Vier. Danach schickte er Christin und ihre Mutter zum umziehen.
Sie sollten sich dann drinnen am geöffneten Bibliotheksfenster positionieren. Marc und Pierre lehnte sich davor an die Hausmauer.
„Ich finde wir sollten mit der Suche weitermachen Tommy,“ meinte Christin, die sich gerade gegen den Fensterrahmen lehnte und ihr Haar zurückstreifte.
„Du willst weitermachen, obwohl die Polizei gesagt hat, ihr sollt die Finger davon lassen?“
„Ja Mutter, schon alleine deshalb, weil hier im Haus jemand herum läuft, der alles ausgeplaudert und da draußen einen Kumpanen hat.“
„Stimmt, und du hast uns noch nicht erzählt, was auf dem sechsten Pergament stand oder hast du es noch nicht übersetzt?“, fragte Tommy und begann wieder Bilder zu schießen.
„Ja unterhaltet euch weiter, das kommt gut auf den Bildern.“
„Doch ich habe es übersetzt, und als wir das Wort Stone heraus bekommen haben, fiel mir dieses Papier auch gleich wieder ein.“
Pierre schaute zu Christin hinauf.
„Hat das einen bestimmten Grund, oder nur so…?“
„Ja hat es, auf diesem Schriftstück erscheint des öfteren der Titel „Stein des Vergangenen“, und nach dem Wort Stone muß es ja etwas miteinander zu tun haben, oder?“
„Man, gibt das super Bilder, redet weiter“, und Tommy kniete vor ihnen, um ein paar Bilder von unten zumachen.
„Stein des Vergangenen, wusste gar nicht das wir eine Steinesammlung im Haus haben.“
„Haben wir auch nicht Marc, dass muss etwas anderes bedeuten“, sagte Margreth und überlegte fieberhaft über diese Bedeutung nach.
Tommy wechselte einen neuen Film ein, „solange wir nicht den Sinn von Stone und Steine des Vergangenen nicht wissen kommen wir nicht weiter. Ich mach jetzt jedenfalls Schluss, denn ich hab mächtig Hunger bekommen, seit mir der Geruch aus der Küche in die Nase gestiegen ist.“
„Stimmt, Madge ist eine super Köchin, wenn ich so weiter mache nehme ich doch noch zu“, sagte Pierre.
„Hast du doch schon Pierre“, sagte Marc und alle fingen an zu kichern.
„Ist ja schlimmer, als im Hühnerstall bei euch“, meinte Pierre und sammelte seine Sachen ein.
„Ich komm gleich nach“, sagte Marc, „ich sage nur noch kurz Georg Bescheid, wegen den Pferden.“
„Ja tu das, wir treffen uns dann drinnen, ich räume mit Pierre und Christin noch etwas auf.“
Marc bog um die Ecke des alten Hauses und sah wie der Sohn des alten Gärtners in sein Auto stieg und eiligst davon brauste. Er machte sich nicht weiter Gedanken darüber und ging in den Stall.
* *
Madge trug gerade die Suppe auf, als Marc herein stürmte.
„Sorry, aber Georg wusste nicht wem er welches Pferd geben sollte, da mußte ich ein wenig behilflich sein.“
„Das ist kein Grund hier so rein zu stürmen, setz dich und iss jetzt“, sagte Madge ein wenig empört.
Ihr war es nicht recht das der junge Marc mit den Herrschaften an einem Tisch saß. Aber es war der Wunsch des Fotografen gewesen. Und den Wünschen von Christins Gästen hatte auch sie sich zu fügen. Pierre und Christin mussten einwenig grinsen.
Marc legte einen unschuldigen Blick auf, und zuckte mit der Schulter.
„Was für ein Pferd bekomme ich denn?“, fragte Pierre um die Unterhaltung wieder fortzusetzen.
„Einen schwarzen Araber, wild und ungestüm.“
„So wie du“, hauchte Tommy zu Pierre und beide mussten grinsen.
Nach einem zweiten Stück Apfelkuchen schob auch Pierre den Teller von sich,
„Ich kann nicht mehr, noch etwas mehr und ich platzte. Aber der Kuchen schmeckt ja so gut.“
Margreth erhob sich von ihrem Stuhl.
„Ich werde Madge sagen, daß sie dir noch ein Stückchen aufheben soll, damit du nach unserem Ausritt noch etwas bekommst.“
* *
Tommy fühlte sich unwohl in den Reiterhosen, obwohl im Pierre versicherte er sähe richtig forsch in diesen Hosen aus. Ganz besonders drückte es ihm im Schritt und er war versucht es zu richten, doch sein guter Anstand verbot es ihm einfach dahin zulangen.
So zupfte ungeduldig er an der Hose herum, aber ohne merklichen Erfolg damit zu haben.
„Können wir dann los reiten?“, fragte Marc.
Georg half Christin und Margreth aufs Pferd. Langsam trabten alle zum hinteren Ausgang, denselben Weg, den auch Tommy bei seinem ersten Sparziergang genommen hat. Alle waren sehr ausgelassen, und genossen es in vollen Zügen.
Auf dem Pferd hatte man noch einen weitaus besseren Ausblick über das Heidemoorland, als man es zu Fuß hatte. Sie ritten auch an dem See mit dem Wasserfall vorbei und Pierre grinste Tommy zu. Pierre hatte mal wieder eine super Figur auf dem Sattel, es war eigentlich egal was oder wo er etwas machte, er sah immer hinreißend aus.
Tommy war glücklich, obwohl er dieses Glück noch nicht richtig fassen konnte. Die Angst, daß doch etwas sie trennen könnte, war noch zu groß. Er begnügte sich jedenfalls damit hinter Pierre her zureiten und ihn auf dem feurigen Araber zu beobachten.
Die Beiden schienen füreinander geschaffen zu sein, strahlten gemeinsam soviel Eleganz und Würde aus, aber auch Wildheit und Risikobereitschaft.
„Was sind denn das für Mauerreste da drüben?“, wollte Christin wissen.
Tommy ritt zu ihr gleich auf.
„Das ist der Friedhof deiner Urahnen, daß hat mir Emilio euer Gärtner vom Park erzählt.“
„Wusste gar nicht, daß es den gab und ich dachte alle wären auf dem Stadtfriedhof begraben“, meinte Margreth und blieb stehen.
„Komm Mutter lass und rüber reiten und uns in der Vergangenheit schnüffeln, mal sehen wer von uns ersten dort ist.“
Und schon gab Christin ihrer Stute die Sporen. Pierre und Marc ließen sich das nicht nehmen und setzten sofort nach. Nur Tommy und Margreth trabten gemächlich hinter her.
„Ach Tommy, ich bin so froh, daß ihr mitgekommen seid. Ich fühle mich richtig Wohl in eurer Gesellschaft, nur ab und zu seit ihr mich doch einwenig stürmisch für mein Alter.“
Tommy lächelte ihr zu gab aber keine Antwort. Zu sehr war er damit beschäftigt, Pierre zu beobachten.
„Du bist sehr in Pierre verliebt Tommy.“
Tommy wurde aus seinen Träumen gerissen und wurde rot.
„Ähm… ja.“
„Man sieht es ihm an,“ ihre Augen schauten Richtung Pierre.
„Wie glücklich er ist, aber du scheinst noch nicht so richtig überzeugt zusein.“
„Doch schon.“
„Aber? Was macht dich so unsicher, Tommy? Etwas besseres wie Pierre kann dir doch nicht passieren. Er ist so ein lieber netter Junge.“
„Margreth…., es fällt mir schwer darüber zu reden.“
„Wenn du nicht willst, ist es nicht schlimm.“
„Ist schon in Ordnung. Als ich mich vor drei Jahren von Pierre trennte, schwor ich mir, nie wieder eine Beziehung ein zugehen. Dieses auf und ab mit Pierre hat mich so aus der Reihe gebracht, daß ich nur noch ein nervliches Frack war. Ich bin danach erst mal drei Monate ins Ausland um Abstand zu gewinnen. Ich weiß nicht wie es mit Pierre werden wird, aber daß wir uns in den drei Jahren geändert haben, das ist gewiss. Ich habe nur Angst vor diesem Neuanfang, weil ich nicht so enden will, wie damals.“
„Tommy, wenn du genug Vertrauen zu Pierre hast, dann wird es auch in eurer Beziehung gut gehen. Du darfst nicht dauernd schwarz sehen, das ist Vergangenheit und wie du schon sagtest jetzt ist es ein Neuanfang. Du musst alles Vergangene zurück lassen, weiter leben und nicht in der Vergangenheit herum stochern. Tommy ich weiß wovon ich rede, habe das selbst erlebt, und ich bin damit kein bisschen weiter gekommen.“
„He ihr zwei, wollt ihr da Wurzeln schlagen, kommt endlich und schaut euch das hier an“, rief Christin und stieg von ihrem Pferd ab.
Tommy und Margreth lächelten sich an und ritten zu den Anderen. Sie stiegen ebenfalls von den Pferden und mühten sich über die zerfallene Randmauer.
„Ist schon komisch, hier steht kein Stein mehr, alle wurden umgeschmissen,“ sagte Christin, die zwischen den Grabsteinen umher streifte.
Tommy bückte sich und versuche einen Stein von den Überwucherrungen zu befreien, “ Kenny Ballater – Gestorben für seine Familie – Gott sei seiner Seele gnädig. Gestorben… das kann nicht ganz stimmen, da hat sich jemand vermeißelt, schaut mal. Gestorben von 1034-40.“
„Hier schaut, bei diesem Stein auch, Andrew Ballater Gestorben 1057-1286.“
Alle fingen an, die Steine zu befreien. Überall standen Jahreszahlen, auch einige, die wirklich das Todesdatum sein hätten können. Tommy fotografierte jeden Stein einzeln und dann noch den gesamten Platz soweit es noch Möglich war.
Schweigend machten sie sich auf den Rückweg zum Herrenhaus. Margreth durchbrach als erste die Stille.
„Ich denke ihr werdet den Abend sicher wieder in der Bibliothek verbringen, ich werde Madge an heißen, euch wieder Sandwichs zu richten.“
Die Pferde waren schnell versorgt. Alle zogen sich etwas bequemeres an.
„Tommy, weißt du wo mein grüner Pullover liegt, der mit den weißen Streifen?“
„Meinst du den hier?“
Tommy hob den Pullover hoch, der neben dem Stuhl auf dem Boden lag.
„Ja genau der, weiß gar nicht wie er da hin gekommen ist, hatte ihn doch in die Tasche zurückgelegt.“
Pierre ging auf Tommy zu und nahm den Pulli an sich. Tommy griff nach seiner Hand und zog ihn zu sich.
„Ich wollte dir nur noch mal sagen, wie sehr ich dich lieb hab Pierre.“
Pierre sah in die funkelnden Augen von Tommy und gab ihm einen Kuss.
„Will ja nichts sagen, aber das sollten wir vielleicht auf später vertagen, so schwer ich mich jetzt auch von dir trennen kann“, meinte Pierre und zog sich den Pulli über.
Beide liefen die Treppe hinunter und alberten dabei herum. Unten in der Bibliothek wurden sie von Marc und Christin schon erwartet.
„Tommy ich wäre dafür du entwickelst die Bilder, und ich schau mit den Jungs nach, ob wir Bücher finden, in denen wir etwas über die Jahreszahlen heraus finden.“
Tommy ging in seine Dunkelkammer und fing an die Negative zu entwickeln. Die drei anderen machten sich auf Suche nach den besagten Büchern.
„Das ist schwerer als ich dachte, alles voller Geschichte und nirgends eine Jahreszahl, wie sollen wir da weiterkommen“, sagte Pierre und stellte einen dicken Wälzer zurück.
„Wir sollten vielleicht mehr nach Biographien suchen“, meinte Marc.
Alle warteten auf Tommy, damit sie wenigstens die Jahreszahlen der Steine hatten, aber ohne Nachschlagewerk dafür, würde es ihnen ja eh nichts bringen. Also suchten sie weiter und merkten nicht wie Madge das Zimmer betrat und die Sandwichs brachte.
Auch das sie wieder ging nachdem sie das Tablett abgestellt hatte, wurde von den Dreien nicht registriert, so vertieft waren sie mit dem lesen der Bücher. Marc fiel fast von der Leiter, als plötzlich das Regal nachgab und nach innen weg schwang.
Aus dem so entstandenen Gang Margreth und Tommy kamen lachend heraus gelaufen.
„Und solche Geheimgänge gibt es im ganzen Haus.“
„Ja Tommy, aber ich kenne nicht mehr alle, dieser war mir nur noch in guter Erinnerung.“
Erst jetzt merkten die beiden, wie sie von den Anderen total schockiert angeschaut wurden. Christin legte ihr Buch ab.
„Könntet ihr euch vorher vielleicht bemerkbar machen, ohne uns so zu erschrecken.“
„Genau“, meinte Pierre, „ich hätt mir vor Schreck fast in die Hosen gemacht…“
„Jetzt rege dich nicht auf, Margreth hat mir von den Geheimgängen erzählt und ich fragte sie, ob sie mir einen zeigen könnte. Ich wusste doch nicht, daß wir in der Bibliothek raus kommen würden.“
„Ist ja auch jetzt egal Tommy, hast du die Bilder fertig?“, meinte Christin.
„Ja habe ich, sie sind sogar sehr gut geworden, man kann deutlich jeden Stein einzeln lesen. Hier schaut!“
Tommy verteilte die Bilder und Pierre versuchte an Hand der Platzbilder ein Skizze an zulegen
„Also, wenn man sich das alles zusammen nimmt, liegen dir in eine gewissen Reihenfolge.“
„Wie meinst du das?“, fragte Christin.
„Schau her Christin, wenn du dir das genau anschaust, stehen die in einer Reihe im Halbbogen.“
„Naja. versuchen wir erst mal die Bedeutung der Jahreszahlen heraus zu bekommen.“
„Kind komm doch mal her, ich hab hier etwas gefunden.“
Christin lief zu ihrer Mutter.
„Da steht was von Anna Stuart um 1707. Steht das irgendwo drauf?“
„Ja auf dem ersten Stein steht das, wenn ich nach meine Plan jedenfalls gehe“, meinte Pierre.
„Das habe ich dieser Buchreihe gefunden, schau mal in den anderen nach, vielleicht steht ja noch mehr drin.“
„Moment, ja hier 1057-1286 Cammore Dynastie“, sagte Margreth.
Tommy hatte alle Jahreszahlen abgeschrieben und lief die Empore hinauf um die Zahlen zu vergleichen.
Marc war dabei, das nächste Buch zu durchforsten.
„Ich hab hier etwas sogar zwei Zahlen 1531 – Jakob I und 1603- Jakob VII.“
„Das sind alles Zahlen von den Steinen, schreib es auf dem Plan Pierre.“
„Was für eine Jahreszahl hatte Jakob der I.?“, fragte Pierre.
„Moment, das war 1531“, kam es von Marc.
„Gut das wäre dann der neunte Stein, und der andere Jakob der zehnte Stein.“, meinte Pierre wiederum.
Christin nahm das nächste dicke Buch aus dem Regal.
„Die haben vielleicht eine Verwandtschaft, wenn es so viele Bände davon gibt. Da habe ich wieder eine Zahl 1034-1040 Duncun I.“
„Das wäre dann der achte Stein,““ meinte Pierre und zeichnete es auf seinem Plan ein.
„Hier steht was bei 1329-1371, das sind gleich zwei Namen Stuart der I. und Robert II.“, meinte Margreth freudestrahlend, da sie auch etwas gefunden hat.
Am Ende hatten sie sämtlichen Zahlen heraus bekommen.
„Also wenn ich jetzt alle Namen in Reihenfolge untereinander schreibe,“ Pierre schrieb eifrig die Namen auf, „..und was fällt euch auf?“
„Was soll uns auffallen“, meinte Tommy.
„Schaut euch doch mal die Anfangsbuchstaben an….“
Christin nahm sich das Blatt.
„M-A-C-B-R-E-S-D-J-J-, Mac Bresd JJ, wer soll das den sein?“, fragte sie.
„Also wenn es jemand von hier war, dann könnten wir Bill…ähh ich meine Doc Harverst fragen. Er betreibt in seiner Freizeit Historienkunde vom Ort, vielleicht kann er euch weiter helfen.“
„Woher kennst du diesen Bill Mutter?“, sagte Christin frech grinsend.
„Sei nicht so neugierig Christin, aber ich sehe schon, du gibst eh keine Ruhe, bevor ich dir das erzähle. Bill ist mein Jugendfreund, mit ihm war ich vor deinem Vater zusammen. Reicht diese Erklärung?“
„Reicht vollkommen Mutter“, meinte Christin und mußte lachen.
* *
Margreth hatte Bill am Abend eingeladen und ihm die Sachlage am Telefon erklärt. Er erzählte, er kenne den Namen irgendwo her und würde in seinen Bücher nachschauen. Danach wolle er sofort kommen.
Margreth kam wieder ins Zimmer.
„Bill wird gleich kommen, er kennt den Mann. Er will nur noch schnell, in seinen Unterlagen nachschauen. Er hat mir übrigens erzählt, daß die Polizei weiter im Dunkeln tappt, und nach Bills Rat, haben sie die alten Unterlagen von früher heraus geholt. Sie haben einen Hinweis gefunden, daß einer der damaligen Bande noch auf freien Fuß sein muß, er ist nach einer wilden Verfolgungsjagd entwischt. Sie wissen zwar nicht genau wie er aus sah, aber sein ungefähres Alter. Er mußte jetzt so um die fünfzig sein.“
„Na toll, reicht uns nicht dieses schwere Rätsel, müssen wir uns jetzt auch noch mit einem alten Ganoven herum schlagen“, ärgerte sich Pierre und lies sich in den Sessel fallen.
„Also der, der mich zusammen geschlagen hat, der war nicht alt, daß hätte ich gemerkt. So wie der mich von den Füßen gehauen hat, nein das war ein junger Typ, darauf könnte ich schwören“, meinte Marc und nahm sich ein Sandwich.
„Ich habe auch Hunger Kinder, komm wir essen was, bis Bill hier auftaucht.“
Alle nahmen etwas und suchten sich einen Platz, wo sie in Ruhe ihre Sandwichs essen konnten. Die Tür wurde geöffnet und Madge kam herein.
„Da komme ich ja gerade richtig, ich dachte mir, ich mache ein wenig Punsch, da es draußen doch recht kühl geworden ist.“
„Danke Madge, das ist lieb von dir. Ach ja ich wollte dir noch sagen, daß wir noch Doc Harverst erwarten, also wundere nicht wenn es an der Eingangstür läutet.“
Madge verließ das Zimmer.
„Um noch mal auf vorhin zurück zu kommen, das könnte schon noch ein Problem geben, das hier jemand herum schwirrt, der auf den Familienschatz aus ist. Und wenn wirklich hier im Haus jemand alles ausplaudert, dann müssen wir ganz schön acht geben, was wir hier sagen“, sagte Christin.
Tommy schaute aus dem Fenster und glaubte jemand durch den Garten rennen zu sehen. Aber bevor er noch mal richtig hinschaute war diese vermeintliche Person verschwunden.
Er drehte sich wieder zu den anderen aber äußerte sich nicht über das Gesehene.
„Wer arbeitet eigentlich hier alles im Haus genau?“
Margreth überlegte.
„Erst einmal Madge und ihre zwei Zimmermädchen Claire und Phillis, dann die zwei Diener Bob und Gilbert, Georg der Stallbursche und Marc“, sie lächelte zu Marc hinüber, der es erwiderte.
„Und noch der alte Emilio unser Gärtner. Aber das sind alles vertrauenswürdige Personen, die schon lange dem Haus angehören.“
„Und trotzdem spielt einer falsch von ihnen“, meinte Tommy und goss sich ein wenig Punsch ein.
Es läutete an der Tür und Bill kam wie versprochen, mit ein paar Unterlagen unterm Arm.
„Na Marc alles wieder in Ordnung mit dir?“
„Bis auf ein bisschen Kopfweh, geht es Doc.“
„So, jetzt kommt mal alle her. Ich habe ein paar Unterlagen heraus gesucht über diesen Mac Bresd JJ.“
Christin setzte sich neben Bill
„Was bedeutet eigentlich JJ hinter diesem Namen?“
„Mac Bresd war Künstler, und jeder Künstler hat ein Zeichen, daß er für seine Kunstwerke benutzt um sie zu kennzeichnen.“
„Und was hat dieser Künstler gemacht, gemalt?“, wollte Pierre wissen.
„Langsam, ich erzähl euch erst mal wer dieser Mensch war. Er lebte hier in Ballater im 1800 Jahrhundert. Er hatte sein Atelier in der Stadt und verkehrte fast ausschließlich in den vornehmen Kreisen. Seine Statuen und Büsten waren sehr begehrt, und sind noch heute im ganzen Umland auf den Gutsbesitzern zu sehen.“
Tommy nahm sich noch einen Punsch und setzte sich zu den anderen.
„Und bei euch hier hat er auch seine Spuren hinterlassen. Es war ein Großauftrag von Andreas Earl von Ballater.“
„Andreas? Hört sich nach einem Deutschen an“, bemerkte Tommy nebenbei.
„Du hast nicht ganz recht, Andreas wurde hier in England geboren, seine Mutter war eine Deutsche aus dem Hause Arenberg.“
„Blaues Blut zu blauen Blut, die waren ja eh alle miteinander verwandt um tausend Ecken“, meinte Pierre und grill nach einem weiteren Sandwich.
„Ja und eben dieser Andres lies für den hinteren Park fünfzehn Statuen anfertigen, die Großzahl aus der griechischen Mythologie, Götter und so.“
„Das sind wohl die halbstarken Nackten, die hinten im Park stehen?“
Alle schauten Pierre an, und fingen an zu lachen.
„Was denn, schaut sie euch doch mal genau an, alles Muskelpakete und wenn du den Blick tiefer schweifen lässt, dann bekommst du einen Lachanfall. Die Modell mussten sehr gefroren haben, als sie Akt standen.“
Pierre biss herzhaft in sein Sandwich, verschluckte sich aber, weil er dem Gelächter der anderen einstimmte. Bill nahm ein anderes Dokument in die Hand.
„Mac Bresd stellte darauf hin, mehrere Bildhauer ein und machte sich an den Auftrag. Und nach sieben Jahren standen alle Figuren auf ihrem Platz.“
„So schnell?“, warf Margreth ein.
„Ja, er verwendete irgendein weicheres Gestein aus dem Ausland.“
„So langsam kommen wir der Sache schon näher. Stone – Mac Bresd, es fügt sich langsam etwas zusammen.“
Tommy setzte sich zu den anderen, die sich alle einen bequemen Platz in der Bibliothek gesucht hatten. Bill rührte in seinem Punsch umher.
„Was ich noch vergessen habe zu sagen, Mac Bresd ist unmittelbar nach Fertigstellung der Statuen verschwunden und ist auch nie wieder aufgetaucht. Die Arbeiter wurden von dem Earl persönlich ausgezahlt und das Atelier wurde geschlossen. Es stand auf dem Platz, wo heute der neue Supermarkt steht.“
„Also verschwunden, das wird ja immer mysteriöser“, warf Marc ein.
Christin richtete sich auf.
„Also fassen wir zusammen wir haben das Wörtchen Stone, die zehn Grafschaften, Mac Bresd JJ, zehn Grabsteine und jetzt noch fünfzehn Statuen von irgendwelchen griechischen Göttern, seht ihr da den Zusammenhang?“
„Was hast du gemeint Tommy jetzt fügt sich einiges zusammen?“, fragte Marc.
„Na ich würde sagen, wir schauen uns doch mal die Statuen im Park morgen genauer an, vielleicht finden wir ja da was.“
„Und wie sollen wir das bitte schön machen, ohne das es auffällt? Ich meine ja nur, irgend jemand hier spioniert uns nach und nicht zu vergessen, der Typ der draußen noch herum schleicht. Ich weiß nicht wie du das machen möchtest Tommy, wenn unser kleines Date mit den Figuren unentdeckt bleiben soll“, sagte Christin.
„Lass mich mal nur machen, mir ist da schon etwas eingefallen“, erwiderte Tommy und nahm einen kräftigen Schluck von seinem Punsch.
* *
Am nächsten Morgen saßen alle ein wenig müde am Frühstückstisch. Es war doch spät geworden. Bill erzählte noch einige Anekdoten aus der Zeit, als er mit Margreth zusammen war. Es wurde viel gelacht und allen steckte noch der Punsch in den Gliedern.
Pierre saß lustlos auf seinem Stuhl und überlegte ob er ein Marmeladenbrot oder lieber Eier mit Speck essen sollte.
„Ich glaub, ich lege mich wieder in mein Bett.“
„Das könnte dir so passen Pierre, wir haben heute morgen eine Menge Arbeit“, stachelte Tommy.
„Bist du verrückt, Tommy? Arbeit? Was hast du da denn wieder ausgeheckt?“
„Ganz einfach, wir machen unsere nächste Fotoserie über elegante Abendgarderobe an den Statuen. Dazu brauchen wir aber verschiedene Dekorationen, die aufgebaut werden müssen. Und dazu brauche ich euch alle.“
Im Flüsterton sprach Tommy weiter.
„Und außerdem gibt es uns die Gelegenheit die Statuen genau zu untersuchen“, und wieder lauter werdend, „ich habe Bob in die Stadt geschickt, um hier für uns ein paar Sachen zusammen zu suchen. Lampen und ein paar Stoffe …etc. eben alles was ich mir so vorstelle. Und wenn er wieder da ist, können wir mit dem Aufbau beginnen.“
„Du bist ein Sklaventreiber Tommy, das du es weißt, und das noch zu einer unmenschlichen Zeit“, meinte Pierre und griff nach der Silberschale mit Rührei, nachdem er sich entschieden hatte was er essen wollte.
Margreth nahm einen Schluck ihres Kaffees.
„Mich interessiert nur was Tommy für Kleider für uns ausgesucht hat mehr nicht, dich nicht auch Christin?“
„Ich mach mir da keine Gedanken darüber. Ich habe volles Vertrauen in Tommy. Er kennt meinen Geschmack sehr genau. Und bis jetzt hat er mich nie enttäuscht, was das anbetrifft.“
Christin lächelte Tommy flüchtig an.
* *
Bob kam nach einer Stunde zurück und hatte edle Damast- und Brokatstoffen mitgebracht. Mit Gilbert zusammen, befestigte Bob nach den Wünschen von Tommy die Lichterkette entlang der Figuren. Stühle wurden herbei geschafft und auch Tische. Überzogen mit edler Tischwäsche und glänzenden Geschirr gedeckt, sah das Ganze recht festlich aus.
„Und was hast du jetzt mit diesen Stoffen vor Tommy?“, fragte Christin und begann einen davon auseinander zufalten.
„Es sind genau fünfzehn Stück, Christin, na klingelt es schon im Köpfchen.“
„Willst du etwa jede einzelne Statue mit Stoff behängen, sieht ein wenig blöd aus, finde ich.“
„Nicht die Figuren, die Sockel möchte ich einwickeln.“
Gesagt getan. Tommy begann bei Herkules, er sah jedenfalls nach einem aus, den Sockel zu umwickeln. Marc ging ihm zur Hand.
„Du Tommy“, sprach Marc leise, „schau mal, da ist eine Zahl eingeritzt, eine Achtzehn.“
Tommy winkte die anderen herbei, um ihnen den Fund zu zeigen. Nach Außen hin schien es, als würden sie über die Passform und wie der Stoff hängen sollte, zu reden. Sie umwickelten jeden Sockel und es hatte den Anschein, als würde Pierre Anweisungen von Tommy notieren. Dabei schrieb er jede Zahl auf, die sie fanden. Kurz vor dem Mittagessen waren sie fertig.
„Ist ja richtig toll geworden, sich richtig edel aus!“, meinte Christins Mutter.
„Das erinnert mich irgendwie an die Feste die damals hier gefeiert wurden. Bill hat erzählt, nachdem wir damals fortgegangen waren wurde hier nichts mehr gemacht, mein Schwager brach jeglichen gesellschaftlichen Kontakt ab.“
Christin nahm ihre Mutter in den Arm, als sie deren verklärten Blick sah.
„Was hältst du davon Mutter, bevor wir abreisen, hier noch ein kleines Fest zu veranstalten. Du lädst alle Freunde von früher ein, so hast du auch die Möglichkeit, alte Kontakte wieder aufzufrischen.“
Margreth schaute Christin in die Augen.
„Ach Kind, woher nimmst du immer diese phantastischen Ideen?“
Beide fielen sich in die Arm und drückten sich kräftig. Tommy sah auch bei Christin die Tränen in den Augen stehen.
* *
Während dem Essen sprachen sie nur noch über dieses Abschiedsfest und vergaßen beinahe die Zahlen der Sockeln, die Pierre aufgeschrieben hat.
„Also was sollen wir jetzt mit den Zahlen anfangen, die ich aufgeschrieben hab? Ich sehe da überhaupt keinen Sinn drin. Wenn in einem Sockel etwas versteckt sein soll, dann müssen wir alle fünfzehn Sockel aufbrechen“, meinte Piere.
„Ja und jeder sieht was wir machen, es kann aber nur einer sein ich kann mir nicht vorstellen das in allen etwas drin ist“, sprach Christin.
„Hohl sind sie alle, das habe ich gemerkt als ich, als ich mit Tommy die Stoffe befestigt habe. Es könnte also in jedem etwas drin sein, aber welcher… ich weiß auch nicht“, sagte Marc.
„Aber die Zahlen müssen doch irgendwas bedeuten, zähl doch alle einmal zusammen Pierre“, sagte Christin und rückte näher an Pierre heran.
Christins Mutter richtete sich auf.
„Kinder wie wäre es, wenn wir erst mal alles abräumen lassen und dann weiter machen. Ich denke, wenn jemand herein kommt, und sieht was ihr hier macht, wäre das nicht von Vorteil. Ich meine wir wissen ja nicht wer im Haus hier alles ausplaudert.“
„Ich habe eine gute Idee kommt doch in Pierres und mein Zimmer, wir müssen eh noch die Kleider für die Saison heraussuchen. Dann fällt auch nichts auf“, sagte Tommy und stand ebenfalls auf.
Alle waren mit dem Vorschlag einverstanden und begaben sich nach oben. Pierre hatte mittlerweile alles zusammen gerechnet.
„Ich weiß nicht mit 525 kann ich auch nichts anfangen.“
Christin ließ sich aufs Bett fallen.
„Moment ganz langsam, wir haben jetzt das Wort Stone, dann noch Stein der Vergangenen, Mac Bresd JJ, zehn Grafschaften, zehn Grabsteine und fünfzehn Statuen. Stein der Vergangenen, damit können nur die Statuen und ihre Sockel gemeint sein, oder? Und dann diese Zahlen… Pierre teile doch die Zahl 525 durch die Anzahl der Statuen.“
„Das gibt fünfunddreißig“, antwortete Pierre, nachdem er es errechnet hatte.
„Steht die bei den Zahlen dabei?“
„Ja das wäre die viert letzte Statue sie trägt die Nummer fünfunddreißig“, antwortete Piere.
Christin ließ ein kleinen Jauchzer los.
„Das ist es bestimmt und schaut hier, zehn Grafschaften und zehn Grabsteine und dann noch fünfzehn Statuen, nehmt die Zahlen zusammen, das ergibt auch fünfunddreißig. Es muß also diese Statue sein ,oder?“
Alle schauten Christin an, die total aufgewühlt neben Pierre stand.
„Christin, dass muss ich dir lassen, deine Kombinationsgabe ist wahnsinnig“, sagte Pierre und klopfte Christin auf die Schulter.
Tommy hatte verschiedene Abendkleider heraus gelegt, meist doch in schwarz gehalten, schlicht geschnitten und mit kleinen Accessoires versehen. Für Pierre und Marc gab es verschiedene Formen von Anzügen. Den klassischen Westenanzug oder Anzüge mit Stehkragen, von allem war etwas dabei.
Alle hatten sie ihre Sachen heraus gesucht, und liefen gemeinsam hinunter. Dabei überlegten sie eifrig, wie sie unbemerkt an den Sockel überprüfen könnten, ob irgendwelche Öffnungen daran waren. Tommy begann mit seinen Bildern, und jeder schaute ab und zu nach der elften Statue.
Wie immer gab es viel zu lachen, und als Pierre mit Fratzen schneiden nicht mehr aufhörte, mußte sie das Ganze unterbrechen. Madge kam mit einem Korb vom Haus her gelaufen.
„Entschuldigung, hat von Ihnen euch jemand Emilio gesehen, er ist schon den ganzen Mittag verschwunden“, sagte Madge und stellte ihren Korb auf dem Boden ab.
Pierre lief gleich zu dem Korb und schaute neugierig nach was zum Essen.
„Tut mir leid Madge, aber hier bei uns war er nicht, daß hätten wir bemerkt“, erwiderte Margreth.
„Das ist überhaupt nicht seine Art, einfach zu verschwinden, so kenne ich ihn gar nicht“, murmelte Madge.
Tommy und Christin schauten sich an, sollte er derjenige sein, der alles nach draußen trägt? Marc rief Tommy zu sich.
„Tommy hier hat sich was am Sockel gelöst, der Stoff rutscht herunter.“
Er zog am Stoff herum, bis er endgültig zu Boden ging.
„Er hält einfach nicht mehr, kann mir mal jemand helfen“, rief Marc.
Tommy und Christin liefen zur Statue hinüber. Marc hatte sich inzwischen auf den Boden gekniet und tastete den Sockel nach Unebenheiten ab.
„Und schon was gefunden?“, sagte Tommy leise.
Christin nahm den Stoff zu sich und begann ihn an die Befestigungen zu klammern. Marc schaute Tommy an, als ein kleines Stückchen vom Sockel nachgab. Er drückte es fest hinein und die Platte, die der Sockel als Zierte trug, sprang einwenig auf einer Seite auf.
Mittlerweile hatte Christin den Stoff wieder fallen lassen und sich ebenso hinter die Statue begeben. Tommy zog vorsichtig die Platte auf. Ein prall gefüllter Beutel und eine Schatulle kamen zum Vorschein.
Christins Augen begannen zu leuchten.
„Mutter…. Pierre kommt schnell her, wir haben es gefunden.“
Pierre lies augenblicklich seine Tasse mit Tee fallen und lief zu den dreien.
„Was ist es denn zeigt schon her.“
Tommy griff nach dem Beutel und zog ihn aus dem Sockel heraus, Marc tat das selbige mit der Schatulle.
„Mach sie auf ich will sehen was drin ist“, Christin hüpfte unruhig von einem zu anderen Bein.
Tommy zog ein Messer aus der Tasche und machte sich an dem stark verwitterten Schloss zu schaffen. Mit einem leisen Klicken sprang das Schloss auf. Tommy öffnete langsam den Deckel. Es verschlug allen den Atem.
„Der muß ein Vermögen wert sein, schaut mal wie schön der funkelt.“
Ein eigroßer Diamant eingebettet in blauem Samt, entfaltete seine ganze Schönheit, im einfallenden Sonnenlicht.
Tommy nahm ihn heraus und hob ihn gegen das Licht.
„Wie viel Karat der wohl haben mag?“
Marc machte sich am Beutel zu schaffen. Als er ihn öffnete, kullerten verschiedene Edelsteine heraus und fielen auf den Rasen. Margreth bückte sich und hob sie auf.
„Der ganze Beutel ist voll davon“, sagte Marc und griff mit der Hand hinein.
Christin nahm einen Smaragd von Margreths Hand.
„Wisst ihr was wir da gefunden haben, das alles ist bestimmt…den Wert man bestimmt nicht schätzen kann.
„Doch kann man, circa drei Millionen Pfund is das alles wert.“
Alle fuhren erschrocken herum. Ein junger Mann mit gezückter Pistole stand vor ihnen.
„Aber Billy, was soll das, was tust du?“, sagte Madge mit leicht erstickender Stimme.
„Er führt nur das fort, was ich damals nicht zu Ende bringen konnte“, sagte Emilio und trat hinter einem Busch hervor.
* *
Also war Emilio der Entflohene von damals, dachte sich Tommy und auch der, der alles nach draußen trug.
„Das ist mein Sohn Billy, er hilft mir nur dabei, an mein recht mäßiges Erbe zu kommen das mir zu steht.“
Alle schauten Margreth fragend an.
„Ja Lady Ballater, mein Vater war nicht der Stallbursche, wie alle damals dachten, es war ihr Schwiegervater.“
„Also ihr Mann und ich sind Halbbrüder. Kingley nahm meine Mutter nur zur Frau, um ihr aus der Notlage zu helfen. Ich habe lange genug auf diesen Augenblick gewartet. Zu lange.“
Er nahm einen Knüppel und zog seinem Sohn eins über dem Kopf. Dieser brach zusammen und Emilio nahm sich seiner Waffe an.
„Bleiben sie stehen junge Herren und es passiert ihnen nichts. Christin nimm den Beutel und Schatulle und bring sie mir rüber!“
Christin machte was ihr gesagt wurde.
„Ich wusste gar nicht, daß wir per Du sind….“, sagte Christin ärgerlich und lief auf Emilio zu.
Weil Mark aufstand, war Emilio einen kleinen Augenblick abgelenkt und Christin nutzte diesen Augenblick aus.
„Das kannst du auch selber tragen“, sagte sie und warf ihm die Sachen zu.
Emilio total überrascht, torkelte rückwärts, von der Wucht des Aufpralls. Er verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Tommy und Pierre nutzen die Gelegenheit und warfen sich auf Emilio um ihm die Waffe abzunehmen.
Bei einem kurzen Handgemenge löste sich dann ein Schuss. Madge schrie auf. Aus Pierres Ärmel rann Blut. Tommy holte aus und schlug mit der Faust in Emilio ´s Gesicht, worauf dieser bewusstlos liegen blieb.
„Pierre…. Schatz, was ist mit dir?“
Pierre lag mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden und hielt sich den Arm.
Tommy lief zu Pierre und nahm ihn in den Arm.
„Mach mir jetzt bloß nicht schlapp Pierre, sag doch was…“
„Keine Sorge, so schnell stirb sich nicht. Es ist nur ein Streifschuss….. es tut nur so höllisch weh…“
Marc war zum Haus gerannt, um die Polizei zu verständigen. Margreth beugte sich herunter und hob die Waffe auf.
„Also dir Mitkerl hab ich zu verdanken, daß ich meinen Mann verloren habe. Wegen dir haben wir hier weg müssen…“
„Mutter nicht!“
Christin nahm Margreth die Waffe ab und streckte sie Madge entgegen, die sie in ihren Korb gleiten lies.
„Er ist es nicht wert auf dumme Gedanken zu kommen Mutter, er wird schon seine gerechte Strafe bekommen.“
Sie nahm ihre Mutter in den Arm, die darauf verbittert zu weinen anfing. Tommy presste ein Tuch auf Pierres Wunde und drückte ihn fest an sich.
„He Kleiner, drück nicht so, oder willst du mich umbringen, ich bekomme ja fast keine Luft mehr.“
Tommy lächelte und lockerte seinen Griff und küsste Pierre auf die Stirn.
* *
Mit lauten Sirenen kamen ein Polizeiwagen und ein Krankenwagen in den Park gefahren. Marc wies die beiden Fahrer ein, wohin sie fahren sollten. Auch Bill kam angebraust. Beide Männer, wieder zu sich gekommen, wurden abgeführt und ins Auto gebracht.
Bill verarztete Pierre und legte ihm einen Verband an. Christin schaute ihre Mutter an.
„Was Hass und Geldgier aus einem Menschen alles machen können, seinen eigenen Sohn hat er zusammen geschlagen, ich fasse es nicht. Er wollte nicht mit ihm teilen.“
„Geldgier und Hass verändern Menschen nachteilig, Kind. Ich kann es ihm nicht mal verdenken, jetzt wo wir wissen wer er wirklich ist.“
„Du glaubst ihm Mutter?“
„Ja tue ich. Es wurde viel gemunkelt damals, aber als Kingley sie heiratete, geriet es in Vergessenheit. Mir wurde das alles später mal alles von deinem Vater erzählt, als ich Emilio hier als Gärtner hier kennen lernte.“
„Und dir geht es gut?“, fragte Bill und kam auf Margreth zu.
Christin lies die Beiden alleine und ging zu Tommy und Pierre. Sie saßen eng umschlungen auf einer Parkbank.
„Wenn ich euch so zusehe, könnte ich richtig neidisch werden.“
„Ach Christin, dich erwischt es auch noch irgendwann“, meinte Tommy und strich Pierre über die Haare.
Christin machte sich auf den Rückweg zum Haus.
„Weißt du eigentlich, daß ich richtig Angst um dich hatte? Da habe ich mich endlich dazu entschlossen, mein Leben mit dir zu teilen und da kommt dieser Idiot und schießt auf dich…“
Tommy standen die Tränen in den Augen.
„He Kleiner, es ist nichts passiert und so ein kleiner Kratzer, wirft mich nicht gleich aus der Bahn. Du hast mich jetzt am Hals und bekommst mich nie mehr los“, entgegnete Pierre und wischte Tommys Tränen weg.
„Ich liebe dich Pierre!“
„Und ich dich Tommy.“
Beide umarmten sich und gaben sich einen Kuss.
* *
Die Vorbereitungen für das Fest liefen auf Hochtouren. Als Überraschung für Margreth hatten Marc und Christin es sogar geschafft, ein Kettenkarussell zu mieten. Tische und Bänke wurden in kleinen Gruppen überall im Park verteilt.
Madge überschlug sich in ihrer Küche und zauberte lauter Leckereien und sie mußte mehrere Male Pierre aus der Küche schmeißen, weil er überall am probieren war. Ein kleines Zelt wurde aufgeschlagen. Später sollten hier die Speisen rein gestellt werden.
Es hatte viele Bekannten aus Margreths früherer Zeit hier zugesagt. Und Christin wollte, das es ein tolles und unvergessenes Erlebnis für Ihre Mutter werden würde. Margreth selbst war wenig zu gegen. Sie verbrachte die meiste Zeit mit Bill, soweit es sein Dienst erlaubte.
Sie machten viele Ausflugstouren. Tommy dagegen, war voll und ganz mit seinen Fotos beschäftigt. Er war nach Ballater gefahren und hatte die Bilderserien per Computer nach Paris gesandt. In Paris war man begeistert.
Es wurde versprochen, daß sein nächster Auftrag ihm sicher wäre. Auch wurde er nach Marc gefragt, wo man dieses begabte Fotomodell her hatte. Es wären schon Aufträge eingegangen, und man wollte wissen, wie Marcs Terminkalender wäre.
Tommy machte denen in Paris klar, daß sein Schützling, noch ein Jahr die Modellschule besuchen wollte, aber für Fotoshottings bestimmt Zeit hätte. Marc war begeistert, und fiel Tommy vor Dankbarkeit um den Hals.
„Nana, wer wird hier denn gleich fremd gehen?“, fragte Pierre ironisch.
Pierre beglückwünschte Marc, und fand sich damit ab einen weiteren gutaussehenden Konkurrenten auf dem Markt zu haben.
Christin hatte sich die während der ganze Zeit, um einen Juwelier bemüht. In Inverness hatte sie einen gefunden. Er wollte die Steine zur Weiterverarbeitung kaufen. Nur der große Diamant sollte im Familienbesitz bleiben.
„Was hast du jetzt mit dem vielen Geld vor Christin?“, wollte Christins Mutter wissen.
„Du hast mir immer vom Traum meines Vaters erzählt. Er wollte nachdem ich auf der Welt war, ein Kinderinternat aufmachen.“
„Ja, er liebte dich über alles. Und dann dachte er an die vielen Kinder, die mittellos oder ohne Eltern aufwachsen mussten. Das war ihm ein großes Anliegen.“
„Deswegen möchte ich das Geld hierfür verwenden Mutter. Ich möchte Vaters Traum verwirklichen. Weißt du ich brauche das Geld nicht für mich, ich verdiene genug. Und das Gut steht in einem tadellosen Zustand, das es genug abwirft. Ich sehe also keinerlei Probleme auf uns zukommen.“
„Dein Vater wäre stolz auf dich gewesen“, sagte Margreth und strich ihrer Tochter zärtlich über die Wange.
Alle waren begeistert von Christins Vorschlag und versprachen, bei jeder Gelegenheit dafür zu werben und Spenden einzusammeln.
* *
Der große Abend kam. Die letzten Vorbereitungen wurden getroffen, das Essen aufgetragen, Laternen und Fackeln entzündet und Lichterketten angeschlossen.
Und sie kamen.
Sie kamen in Scharen auf das Grundstück geströmt. Viele Gesichter erkannte Margreth sofort und es gab eine herzliche Begrüßung. Andere wurden erst durch erzählte Erinnerungen erkannt. Es war ein rauschendes Fest.
Die Überraschung mit dem Kettenkarussell war gelungen. Margreth stand mit feuchten Augen davor.
„Würdest du mir die Ehre erweisen, eine Runde zu drehen?“, wollte Bill wissen und nahm ihre Hand.
„So viele du willst Bill“, lächelte ihm Margreth entgegen.
„Ich denke da bahnt sich was an Christin“, meinte Tommy und nahm Christin in den Arm.
Sie strahlte über das ganze Gesicht, und freute sich für ihre Mutter. Es wurde gesungen, getanzt und fürstlich gespeist. Alle waren glücklich und hatten viel Spass. Erst spät verließen die letzten Gäste die Feier.
Es wurde beschlossen, nach alter Tradition, das fest jetzt jedes Jahr zu veranstalten und sich alle hier wieder trafen. Die Aufräumarbeiten gingen zügig voran. Tommy packte währenddessen, seinen Hänger voll und das Gepäck der anderen ein.
Er einigte sich mit Marc, daß er in einer Woche mit dem Zug folgen würde. Bis dahin hätte er hier alles geregelt. Margreth verabschiedete sich von Bill und versprach ihm in zwei Wochen wieder da zu sein, wenn sie zu Hause alles geregelt hätte. Der Notar der Familie erwies sich hier als sehr hilfsbereit.
Vor der Abfahrt trafen sich alle noch vor dem Haus. Bill war gekommen und schenkte Margreth eine rote Rose. Marc umarmte alle und machte ein Gesicht als würden sie sich nie wieder sehen.
„Marc, ich werde mit Tommy dich am Bahnhof abholen. Also nicht traurig sein, es ist ja nur für eine Woche. Oder willst du jetzt bei jeden Abschied so ein Gesicht auflegen?“, sagte Pierre.
Jeder begann zu lachen, und die vier stiegen in den Rover ein.
Tommy fuhr los, und Christin ließ noch einmal den Blick über das alte Gemäuer wandern.
„Wer hätte gedacht, das die zwei Wochen, die wir hier verlebten, unser ganzes Leben umkrempeln würden.“
* *
In London hatte alle schnell der Alltag eingeholt. Tommy mußte seinem Onkel einwenig zur Seite stehen, denn seit der Bekanntgabe der Steinfunde und dessen Geschichte in der Zeitung, war der kleine Antiquitätenladen bekannt geworden. Täglich strömten mehrere Dutzend Leute in den Laden.
Onkel Henry und Tommy einigten sich darüber, daß sie eine Hilfe einstellen würden. Am besten jemand mit Schreinerwissen, der Henry am besten unterstützen konnte.
Christin hatte wieder Werbeaufträge und Pierre packte alle seine Sachen und zog zu Tommy. Die Möbel wollte er Marc überlassen. Am Freitag kam Christin die Beiden besuchen. Sie schwelgten in Erinnerungen, und Christin beschloss am Sonntag mit zugehen um Marc vom Bahnhof abzuholen.
An der Tür klingelte und Tommy öffnete.
„Sind sie Mister Cummingham?“, Tommy nickte.
„Ich habe hier ein Expressbrief aus Amerika. Würden sie hier unterschreiben.“
Tommy unterschrieb und nahm den Brief in den Empfang. Er schloß die Tür und nahm sich den Brieföffner, der auf der Kommode neben der Tür lag. Tommy öffnete das Couvert, und lass es in aller Ruhe.
„Tja, ich bleibe euch nicht lange erhalten, außer ihr packt wieder eure Koffer und fliegt mit mir nach Amerika. Da hab ich meinen nächsten Auftrag. Und ich möchte eigentlich nicht auf dieses eingeschworene Team verzichten!“
Tommy lachte, als ihm die beiden um den Hals flogen.
Und Amerika….tja, das ist eine andere Geschichte!
* Ende
[*]
null Online
teebo
Administrator
Reaktionen
1
Beiträge
1.382
Bilder
217
Geschlecht
Männlich
Gender
Male
- Offizieller Beitrag
Es holperte ein wenig, als das Flugzeug zur Landung aufsetzte. Der Pilot verstand sein Handwerk, sanft gleitete die Maschine auf die Rollbahn nieder und ließ das Flugzeug ausrollen. Langsam näherte er sich der Gangway.
Tommy war noch immer von der Skyline von Chicago beeindruckt, an der sie gerade vorbei geflogen waren. Als wären die Wolkenkratzer frisch poliert worden, glänzenden sie um die Wette der Sonne entgegen. Er war schon oft in Amerika, weil er hin und wieder hier Aufträge angenommen hatte.
Es waren Aufträge die mehr von den Küsten kamen, wie New York oder San Franzisko. Und Chicago war eben noch nicht dabei gewesen. Und so war es sein erstes Mal, dass er Chicago so hautnah sah.
* *
So wie auch für Pierre und Christin die Tommy auf dieser Reise begleiteten. Pierre, der die ganze Zeit geschlafen hatte verpasst natürlich alles.
Christin war begeistert von dem Anblick der Stadt. Das höchste Bürogebäude der Welt, der Seartower, fand sie sehr beeindruckend. Sie überlegte sich im Stillen, ob sie eine Möglichkeit fände, diesen Wolkenkratzer zu besichtigen.
Nachdem die Drei ausgecheckt hatten, und ihr Handgebäck auf Lebensmittel untersucht worden war, versuchten sie, ihr umfangreiches Gepäck zufinden. Sie machten sich gemeinsam auf den Weg, die Zollbehörde zu suchen.
Im O’Hara International Airport war das nicht so einfach. Mehrere Terminals verbunden mit langen, hellen Gängen, überdacht mit einer Glasholzkonstruktion und jede Menge Shops und Restaurants aller Art. Nach langer Suche und mehreren Informationsschaltern wurden sie endlich fündig.
Tommy kümmerte sich um die Papiere, während Pierre und Christin sich in den umliegenden Läden umschauten.
„He ihr zwei, wollt ihr hier den ganzen Tag verbringen? Ich würde gerne ins Hotel mich frisch machen, danach können wir ruhig noch einwenig die Stadt erkunden.“
Pierre und Christin kamen zu Tommy gelaufen.
„Und ist unser Gepäck vollständig“, wollte Pierre wissen.
„Es ist sogar schon unterwegs zum Hilton.“
„Zum Hilton? Mann, in was für ein Nobelhotel hast du uns da angemeldet?“
„Lass dich überraschen Pierre“, sagte Tommy und gab Pierre einen Kuss.
* *
Seit sie von Schottland zurückgekommen waren, lebten Tommy und Pierre nun zusammen. Sie hatten wie geplant, Tommys Wohnung umgebaut, um genügend Platz für sie beide zu schaffen. Beide benahmen sich immer noch wie zwei frisch verliebte Teenager.
„Langsam, langsam ihr beiden. Könnt ihr nicht warten bis wir im Hotel sind? Die Leute drehen sich schon nach euch um.“
„Christin?“
„Ja Tommy.“
„Es kann jeder sehen, dass ich meinen Pierre liebe, ist mir eigentlich egal, was die Leute darüber denken.“
„Ich will ja nicht drängeln, aber ich bekomme langsam Hunger.“
„Typisch Pierre, hat nur wieder das Essen im Kopf“, sagte Christin und begann zu Lachen.
„Na dann kommt mal, draußen wartet schon eine Limousine auf uns, sie wird uns ins Hilton bringen“, meinte Tommy.
Christin und Pierre schauten sich erstaunt an und fragten sich welche Überraschungen, Tommy noch für sie, auf Lager hätte.
Der Page öffnete die Tür und Pierre trat als erstes in die Suite.
„Jetzt bin ich platt. Das ist ja Luxus vom Feinsten.“
Er lief durch das geräumige Wohnzimmer ans Fenster und konnte sogar von hier aus den Dearborn Park und auch einen Teil des Michigansees sehen.
„Und wo schlafen wir“, wollte Christin wissen.
Der Page öffnete zwei gegenüberliegende Türen, und wies Christin den Weg, sich beide Zimmer anzuschauen.
„Christin ich dachte ein Schlafzimmer für dich und das andere teilen sich Pierre und ich, hoffe es ist dir recht?“
„Aber natürlich Tommy, ich muß ehrlich zugeben, ich hatte noch nie so ein großes Schlafzimmer nicht mal in Ballater.“
„Tommy, komm mal her, hier ist sogar ein Whirlpool, das ist ja Klasse“, rief Pierre aus Richtung Bad.
„Gewöhnt euch beide nicht zu sehr an den Luxus“, Tommy gab dem Pagen ein Trinkgeld und dieser verlies die Suite, „denn wenn alle Vorbereitungen getroffen sind, dann müsst ihr euch auf was anderes einstellen.“
„Mensch Tommy, du könntest uns langsam sagen, was für einen Auftrag du hast, oder welche Pläne du ausgeheckt hast.“
Tommy ließ sich auf die lange Couch fallen, „komm setzt euch her, ich erkläre euch alles.“ Pierre und Christin nahmen auf den gegenüberliegenden Sesseln Platz.
„Habt ihr schon mal von der Route66 gehört?“
„Ja habe ich“, gab Christin zu verstehen, „aber ich dachte die gäbe es nicht mehr, die wurde doch in den Achtziger Jahren aufgelöst.“
„Mann Christin, du überrascht mich immer wieder. Was du alles weißt“, und Pierre stand auf und machte sich an der Bar zuschaffen.
„Du hast recht Christin, aufgelöst wurde der Highway und durch größere ersetzt, aber die Straße gibt es immer noch“, sagte Tommy.
„Und was hat das mit deinem Auftrag zutun?“, wollte Christin wissen.
„Ganz einfach, ich soll für ein neues Bildband über die Route66 die Fotoserie liefern, soweit eben es noch erkennbare Stellen gibt. Und der beste Weg diese Stellen zu finden, es mit dem Wohnmobil abzufahren.“
„Die ganze Strecke? Das sind doch mindestens 2450 Meilen, kann mir vorstellen, dass dies ganz schön anstrengend wird“, meinte Christin.
„Dafür habe ich auch schon gesorgt. Ich habe uns einen Studenten als Fahrer von der University of Art besorgt, er fährt uns die ganze Strecke und dafür darf er einem bekannten Fotografen über die Schulter schauen. Ein Art Praktikum mit freiem Essen und Unterkunft, erwiderte Tommy.
„Also fahren wir zu viert, mal gespannt wen du uns da ausgesucht hast“, meinte Pierre grinsend.
„Was ich da per Netmeeting gesehen habe, war nicht von schlechten Eltern, wenn du das meinst. Diego ist ein Latino und ein wunderschöner junger Mann. Kannst dich ja davon selber überzeugen.“
Tommy nippte am Drink, dem ihn Pierre gereicht hatte.
„Wir treffen uns morgen Mittag im Gourmand Coffeehouse in der Dearborn Street und noch weitere Details zu besprechen. Wenn ihr wollt könnt ihr mich gerne begleiten. Schon allein das Coffeehouse ist sehenswert.“
Pierre setzte sich wieder:
„Es gehört einem Europäer und demnach gibt es auch tollen Kaffee. Die Amerikaner können bis jetzt leider immer noch nicht richtig Kaffee kochen, vom Tee ganz zu schweigen. Und wenn wir mit Diego alles besprochen haben, dann würde der Fahrt in den Westen, nichts mehr im Wege stehen.
Und für euch habe ich auch Arbeit mitgenommen. Von einer kleiner aber renommierten Outdoorfirma haben ich verschiedene Dresses mitgenommen, die könnte wir unterwegs für eine kleine Fotosession verwenden. Zum Beispiel einen Abstecher zum Grand Canon, der halbwegs auf unserer Strecke liegt.“
Pierre begann zu lachen, „ich hab mir unsere Flitterwochen aber anders vorgestellt, als durch die heiße Prärie zu fahren, und mich neben ein paar Kakteen fotografieren zulassen.“
Jetzt mussten alle drei lachen.
„Wenn ihr nichts dagegen habt Jungs, dann gehe ich jetzt mal duschen. Ich würde gerne eine Kleinigkeit danach noch essen.“
Tommy sah auf, „sollen wir runter gehen, oder uns etwas aufs Zimmer kommen lassen?“
„Nein Tommy wir gehen runter, ich will mir es um keinen Preis entgehen lassen, in einem vier Sterne Restaurant zu essen. Ein hübsches Kleid anziehen, eine tolle Frisur, also bis gleich ich beeile mich“, sagte Christin und verschwand in ihrem Schlafzimmer.
„Also wer duscht von uns beiden zu erst?“, wollte Pierre wissen.
„Ich wäre dafür wir gehen zusammen“, sagte Tommy mit einem frechen Lächeln und zog Pierre in das andere Zimmer.
* *
„Den Stoff den du da unten zuwenig hast, wurde oben zuviel im Kleid verarbeitet“, sagte Pierre lächelnd.
Christin hatte ein hautenges Minikleid an, der schwarze Schal dagegen, hing bis fast zum Boden. Mit ihren Pumps wirkte sie viel größer, obwohl deren Absätze wirklich nicht hoch waren.
Die Drei verließen das Zimmer. Christin hängte sich zwischen beiden ein und so liefen sie laut kichernd zum Fahrstuhl. Der Liftboy wusste nicht wo er hinschauen sollte, denn Christin war schon aufreizend, aber immerhin sehr elegant angezogen.
Eine tiefe Röte stieg in sein Gesicht als er die Blicke der dreien auf sich merkte und da fingen sie wieder schallend laut an zu lachen. Bis sie einen Tisch zugewiesen bekamen, machten sie sich es an der Bar bequem.
„Drei Champagner bitte“, sagte Tommy zum Barkeeper. Pierre sah verdutzt Tommy an, „habe ich etwas verpasst, oder was gibt es zu feiern?“
„Wir sind jetzt genau zwei Monate zusammen Pierre falls du es vergessen hast.“
„Oh, doch schon so lange, dass muß natürlich gefeiert werden“, sagte Pierre und nahm sich ein Glas.
„Ach ihr zwei Turteltauben, ich werde immer neidischer auf euch. Ich glaube ich such mir hier in Amerika einen Millionär und ziehe dann auch das große Los.“
Christin wusste nicht wie recht sie damit hatte.
„Meine Herrschaften darf ich sie zu ihrem Tisch führen?“, sagte der Oberkellner und wies mit der Hand zu den Tischen.
Tommy trank aus und folgte den beiden zu ihrem Tisch. Er war glücklich. Lange hatte er sich nach diesem Gefühl gesehnt. Und jetzt mit Pierre hat er das große Los gezogen. Er konnte es immer noch nicht richtig glauben.
Der Zufall hatte ihm Pierre damals in Schottland zu geführt. Nach drei Jahren Trennung waren sie doch wieder zusammen gekommen. Und seit Pierre bei ihm wohnte, hatte Tommy wieder viel mehr Spass am Leben, er konnte wieder jeden Augenblick genießen, und vor allem hatte er wieder Freude an seiner Arbeit.
Der Kellner zog den Stuhl zurück und Tommy konnte sich setzen.
„Möchten die Herrschaften vorne weg eine kleine Vorspeise oder gleich mit dem Menü beginnen?“
„Mit dem Menü würde ich sagen, dass ist euch beiden doch recht?“, fragte Tommy.
Pierre und Christin nickten, und schauten Tommy verdutzt an.
„Das hast du aber schön ausgeklügelt, muß ich dir schon lassen“, sagte Pierre und streichelte Tommy über die Hand.
„Tut mir leid Christin, aber mit deiner Kleinigkeit essen, wirst du wohl verschieben müssen. Ich bin einfach glücklich mit euch beiden hier zu sein und möchte das angemessen feiern“, meinte Tommy.
„Schon gut Tommy, ich bedanke mich auch recht herzlich dafür.“
* *
Nach dem Essen verließen die drei noch ein wenig das Hilton, um im Dearborn Park an achten Strasse spazieren zu gehen.
„Ich finde es einfach himmlisch hier, Chicago ist eine schöne Stadt“ kam es von Christin.
Tommy nahm Pierres Hand, „und vor allem eine interessante Stadt kann man sagen. Wusstet ihr, das Chicago mit seine acht Millionen Einwohnern die drittgrößte Stadt, nach Washington und New York Amerikas ist?“
Beide schüttelten den Kopf.
„Die Stadt wurde als eine Art Schachbrettmuster geplant. Nach und nach bebaute man immer eine Fläche nach der anderen. Zu dem besitzt Chicago durch den Michigansee einen der größten Binnenhäfen auf der Welt, ganz zu schweigen von der Eisenbahn, des Knotenpunkt Amerikas sich hier befindet.“
„Ich muss zu geben, du hast mal wieder deine Hausaufgaben gemacht Tommy, dass einzigste was ich über Chicago weiß, das es berühmt ist für seine großen Viehmärkte und Fleischlagern“, sprach Pierre.
„Das du immer auch ans Essen denken musst, Pierre“, sagte Christin lachend.
Sie schlenderten zu einem großen Brunnen und setzten sich dort auf eine Parkbank.
„Es wird langsam frisch Jungs, also ich wäre für den Rückweg ins Hotel“, meinte Christin.
„Langsam Christin der Abend hat doch erst angefangen“, sagte Tommy und hob den Arm.
Aus einem Seitenweg kam eine Kutsche gefahren und hielt direkt vor ihnen an.
„Darf ich bitten?“, sagte Tommy und half Christin in die Kutsche zu steigen.
Als auch Tommy sich gesetzt hatte, setzte sich die Kutsche in Bewegung. Pierre war sichtlich gerührt, ihm standen die Tränen in den Augen.
„He mein kleiner, was ist mit dir“, fragte Tommy.
„Oh Tommy, du machst mich zu dem glücklichsten Menschen der Welt, du bist der hinreißendste Mann den ich je getroffen habe“, erwiderte Pierre.
„Dann habe ich noch eine Überraschung für dich.“
Tommy zog ein kleine Geschenkbox mit blauen Schleifen aus seiner Jackentasche und reichte sie Pierre. Er nahm sie entgegen und begann sie aufzupacken. Er öffnete das Kästchen und zwei wunderschön geschliffene Goldringe kamen zum Vorschein.
Beide waren mit einem winzigen aber funkelten Brillianten besetzt.
„Tommy, was soll…“
„Pierre das soll ein kleines Zeichen unsere Verbundenheit sein“, sagte Tommy und entnahm einen der beiden Ringe und steckte ihn an Pierres Hand.
„Das ist ja süß, wie bei einer Hochzeit. Leute Entschuldigung, aber jetzt fange ich auch an zu heulen“ meinte Christin.
Tommy reichte Christin ein Taschentuch, die vorsichtig ihre Augen damit tupfte, um nicht ihre Schminke zu verschmieren.
„Tommy ich weiß nicht was ich sagen soll, ich bin sprachlos“, sagte Pierre.
„Dann nimm mein Geschenk an, es kommt von Herzen.“
Tommy entnahm den zweiten Ring und streifte ihn über den Finger der linken Hand. Pierre umarmte Tommy und drückte ihn fest an sich.
* *
Christin schloß die Tür zur Suite hinter sich. Sie traute ihren Augen kaum. Ein Meer roter Rosen stand vor ihren Füßen.
„Übertreibst du nicht einwenig jetzt Tommy?“, rief sie als die beiden nach ihr eintraten.
„Wieso, die Rosen sind nicht von mir, obwohl ich die Idee hinreisend finde. Schau mal auf dem Tisch steht eine Karte.“
Christin nahm die Karte an sich und öffnete den Siegel.
„Ist ja richtig vornehm, von wem der wohl sein mag“, fragte Pierre.
Pierre lugte über Christins Schulter und lass laut vor.
„In ewiger Freundschaft Lady Ballater. Keine Unterschrift.“
„Du hast hier einen Verehrer? Du sagtest doch, du bist das erstemal in Chicago“, meinte Pierre.
„Bin ich ja auch. Ich weiß nicht von wem das sein könnte. Ich kenne keinen Menschen hier“, kam es von Christin.
„Aha, der große Unbekannte. Er hat jedenfalls nicht gespart“, sagte Tommy nahm eine Rose und roch an ihr, „eine werde ich entführen, du hast ja genug davon. Die brauche ich noch für jemand anderen.“
Er gab Pierre ein Kuss und reichte ihm die Rose.
„Du überhäufst mich heute mit Geschenken Tommy, ich bekomme noch ein schlechtes Gewissen. Ich habe überhaupt nichts für dich.“
„Das du bei mir bist, ist mir Geschenk genug“, erwiderte Tommy und zog Pierre ins Schlafzimmer.
„Gute Nacht Christin. Und noch viel Spaß mit deinen Rosen“, rief Pierre.
„Ihr könnt mich doch jetzt nicht allein lassen.“
Aber es war zu spät, Tommy hatte bereits die Tür hinter sich verschlossen.
„Das ist ja wieder echt klasse. Lassen mich einfach alleine hier stehen, in diesem … wundervollen Meer von Rosen.“„
Christin nahm sich ebenfalls eine Rose und verschwand in ihrem Zimmer.
* *
Es klopfte an der Tür.
„Zimmerservice.“
Tommy öffnete die Tür. Ein Zimmerkellner fuhr auf einem Servierwagen ein ordentliches Frühstück herein. Er stellte das Frühstück neben dem Tisch ab und deckte den Tisch ein. Tommy gab ihm Trinkgeld und der Boy verließ das Zimmer.
Tommy lief zurück ins Schlafzimmer. Er ließ sich neben Pierre aufs Bett fallen.
„Na du Schlafmütze, frühstückst du mit mir?“
Pierre zog Tommy zu sich öffnete die Augen, um Tommy einen Kuss zu geben.
„Du bist mein Frühstück“, sagte Pierre mit einem Lächeln auf den Lippen.
„He ihr Langschläfer. Soll ich vielleicht alleine hier am Tisch sitzen? Steht gefälligst auf und leistet mir Gesellschaft“, rief Christin aus dem Nachbarraum.
Christins Frage wurde mit einem Kissen beantwortet, dass Pierre quer durch das Zimmer schleuderte.
„Ich steh ja schon auf du Sklaventreiber.“
Pierre setzte sich nur im Slip an den Tisch und begann zu frühstücken.
„Mensch Pierre, wenn jetzt der Zimmerboy wieder kommt. Was wird der von dir denken“, sagte Christin.
„Gar nichts Christin. Er wird meinen durchtrainierten, braungebrannten Körper bewundern und neidisch das Zimmer verlassen.“
* *
Tommy musste über die Bemerkung Pierres Grinsen. Aber Pierre hatte recht. Er war wirklich eine Augenweide. Die Fotografen überschütteten ihn mit Aufträgen. Mittlerweile konnte Pierre es sich aussuchen, welche er annahm und welche nicht.
Christin goss sich noch ein wenig Kaffee nach und nahm sich noch ein Croissant, „was hast du für heute Abend geplant Tommy?“
„Da ich weiß wie gerne ihr Beiden italienisch esst, habe ich einen netten Italiener für uns gesucht. In der vierzehnten Strasse gibt es ein Restaurant namens Gioco. Da werden wir essen gehen, oder möchtet ihr wo anders hin?“, fragte Tommy.
„Nein, nein ist schon recht bis jetzt sind alle deine Vorschläge wunderbar gewesen. Nur heute morgen möchte ich mal an das berühmte Navy Pier fahren. Es soll dort ein Kinder Museum geben, das würde ich mir gerne anschauen“, sprach Christin.
Durch den unerwarteten Reichtum, der Erbschaft wegen, hatte sich Christin zur Aufgabe gemacht, den Traum ihres verstorbenen Vaters in die tat umzusetzen. Sie wollte auf dem Gut, wo es ja genug Platz gab, ein Internat errichten lassen. Hauptsächlich für Kinder aus minderbemittelten Familien oder Halb und Vollwaisen.
„Okay Christin ich werde unten anrufen, man wird uns sicherlich wieder eine Limousine zur Verfügung stellen. Oder hast du andere Pläne Pierre?“
„Wenn du nichts dagegen hast, würde ich mit dir gerne Shoppen gehen.“
Tommy sah zwischen Pierre und Christin hin und her.
„Tommy nun gehe schon mit Pierre, ich kann mir das auch alleine ansehen. Wir brauchen ja nicht die ganze Zeit, wie Kletten an einander hängen. Ich würde vorschlagen, wir treffen uns gegen Nachmittag dann in diesem Coffeehouse, in Ordnung?“
Tommy und Pierre nickten zustimmend.
* *
Christin wurde an der Navy Pier abgesetzt, und schon ging es weiter. Pierre wandte sich an den Fahrer und sprach leise. Tommy hörte nur etwas von der Michigan Street.
„Wo fahren wir denn hin, ich denke du warst noch nie hier in Chicago.“
„Auch ich habe mich schlau gemacht, und habe an der Rezeption nachgefragt, wo es hier welchen Laden gibt“, antwortete Pierre.
„Ja dann bin ich mal gespannt.“
Der Wagen bog in der Michigan Street ein und blieb vor Tiffany & Co stehen.
„Was willst du denn hier?“, wollte Tommy wissen.
„Jetzt warte doch erst mal ab. Andrew warten sie bitte auf uns, wir sind gleich wieder bei ihnen“, sagte Pierre um Fahrer.
Pierre zog Tommy in das Geschäft. In der Schmuckabteilung ließ Pierre in alleine stehen und unterhielt sich mit einem Verkäufer. Der holte aus verschiedenen Vitrinen mehrere Kästen.
„Komm her Tommy schau dir das an.“
Tommy schaute auf unzählige Armbänder aus Gold, Titan und Sterlingsilber. Verschiedene waren mit Diamanten besetzt oder andere waren besonders geschliffen oder geformt.
„Und was soll ich mir jetzt anschauen?“
„Such dir eins aus, das ist mein Geschenk an dich Tommy.“
„Du bist ja verrückt Pierre. Schau doch mal wie teuer die sind.“
„Für dich ist mir nichts zu teuer“, hauchte Pierre Tommy ins Ohr.
Tommy musste grinsen.
„Was?“, fragte Pierre.
„Mir würde da schon eins gefallen.“
„Und welches?“
„Das in der Form einer Schlange, die sich in den Schwanz beißt. Das Auge wird wohl ein Diamant sein.“
„Du hast recht, würde mir auch sehr gefallen.“
Der Verkäufer entnahm den Armreif und legte es Tommy an.
„Sie haben sich gut entschieden mein Herr. Wie sie richtig gesehen haben, besteht das Auge der Schlange aus einem einkarätigen Diamanten und es ist fünfhundertfünfundachtziger Gold.“
Tommy bestaunte den Reif.
„Soll ich ihn verpacken, oder möchten sie ihn gleich tragen?“, fragte der Verkäufer.
„Er wird ihn gleich tragen, aber das Schmucketui packen sie uns bitte ein“, meinte Pierre zu dem Mann.
Er wandte sich wieder zu Tommy.
„Du ich finde, wir sollten für Christin auch eine Kleinigkeit kaufen. Wie wäre es denn mit ein Paar Ohrringen oder einer Halskette?“
„Warum nicht beides?“, sagte Tommy, „da vorne in der Vitrine habe ich etwas tolles gesehen.“
Der Verkäufer legte die Kette und die Ohrringe in ein passendes Etui.
„Soll ich die Rechnung an das Hotel schicken?“
„Das wäre uns sehr recht“, bejahte Pierre die Frage.
„Dann müssen sie nur noch eine Unterschrift leisten, würden sie mir bitte folgen?“
Der Verkäufer führte Pierre an eine andere Theke, während eine andere Bedienstete Tommy ein Glas Champagner anbot. Pierre kam zurück und nippte an seinem Glas das Tommy ihm entgegen hielt.
„Und wohin wirst du mich jetzt entführen?“
„Alles zu seiner Zeit, trink in Ruhe dein Glas aus, du wirst schon sehen.“
Nach der herzlichen Verabschiedung bei Tiffany, setzte sich der Wagen wieder in Bewegung. Langsam rollte der Wagen durch das Loop. Die imposanten Hochhäuser ragten weit hinauf. Es war zwar irgendwie immer der gleiche Baustil, aber durch die verschiedenen Formen, erhielt jedes Gebäude seinen eigenen Charakter.
* *
In der State Street hielt der Wagen vor der Andrew-Lidgus-Gallery.
„So aussteigen und hinein mit dir“, meinte Pierre und schob Tommy vor sich her.
„Willst du mir jetzt auch noch ein Bild kaufen?“, fragte Tommy erstaunt.
„Nein, ich will dir nur etwas zeigen.“
Ein junger Mann öffnete ihnen die Tür und ein etwas älterer Herr, der sich als Geschäftsführer vorstellte, kam ihnen entgegen.
„Mister Cummingham es ist uns eine Ehre, sie in unserer Galerie zu empfangen.“
Tommy schaute Pierre fragend an und schüttelte dem Herrn die Hand.
„Wir sind stolz einige ihrer Bilder hier ausstellen zu dürfen. Wir haben zwar nicht damit gerechnet, dass der Künstler höchst persönlich vorbei kommt, aber umso mehr freue ich mich sie persönlich kennen zulernen“, kam es zuckersüß von diesem Herrn.
Tommy schaute auf seine Bilder von italienischen Landschaften, die er vor zwei Jahren in der Toskana geschossen hatte. Italien war in Amerika jetzt sehr angesagt.
„Wir haben schon einige Bilder zu guten Preisen verkaufen können. Wenn es ihnen nichts ausmacht, hätte ich eine kleine Bitte an sie“, redete der Mann weiter.
Tommy nickte.
„Wir haben einen Fotografen kommen lassen, der uns gemeinsam aufnehmen würde, wenn es sie nicht stört.“
Widerwillig ließ sich Tommy mit dem Geschäftsführer fotografieren.
„Das Bild bekommt einen Ehrenplatz neben ihren Bildern“, schleimte der Herr.
„So Mister Godsale, wir müssen weiter. Wir haben noch andere Termine“, sagte Pierre und bugsierte, den sich wunderten Tommy, zum Ausgang.
Mister Godsale begleitete die beiden bis zur Limousine und winkte ihnen bei der Abfahrt hinter her.
„Das war ja so peinlich Pierre. Tu so was bitte nie wieder“, meinte Tommy genervt.
„Ich wollte dir doch nur zeigen wie bekannt du bist. Entschuldige bitte, ich wusste nicht das der gleich so ein Theater voll führt“, sagte Pierre traurig.
Tommy nahm ihn in den Arm.
„Ich weiß, es war ja auch nur lieb gemeint von dir“, sagte er und gab Pierre einen Kuss.
„Und was hast du dir jetzt noch peinliches ausgedacht?“, fragte Tommy mit einem frechen Grinsen.
„Nichts peinliches mehr, aber ich verrate Christin bitte trotzdem kein Sterbenswörtchen.“
* *
Andrew fuhr die Strecke zurück, bog in die achte Strasse ein um die Dearborn Street zu erreichen.
„Aber zum Coffeehouse wollen wir doch erst nachher“, sagte Tommy sich umschauend.
„Da möchte ich mit dir auch noch nicht hin Tommy. Da zum Designer Resale möchte ich mit dir.“
An der Eingangstür standen Namen wie Armani, Escada oder Chanel.
„Und was willst du dort?“
„Du sprichst doch die ganze Zeit davon, dass du einen neuen Anzug möchtest. Und da du immer von Armani so schwärmst, dachte ich, dass wir für das schicke Essen heute Abend beim Italiener dir was Neues suchen“, meinte Pierre.
„Du bist so lieb Pierre, du denkst einfach an alles.“
Pierre strahlte wieder. Tommy ließ die Anprobe über sich ergehen und schon nach zwei Stunden stand er in einem maßgeschneiderten Anzug da.
„Du siehst wie immer absolut stark aus. Du hast eben eine tolle Figur im Anzug“, kam es von Pierre, als er sich Tommy im Anzug anschaute.
Er hatte sich noch zwei Jacketts ausgesucht, die aber wegen größere Änderungen direkt an das Hotel geliefert wurden. Sie beglichen die Rechnung und verließen das Resale. Sie überquerten die Strasse und warteten vor dem Coffeehouse auf Christin.
* *
Andrew war in der Zwischenzeit zur Navy Pier gefahren, um Christin wie vereinbart, dort abzuholen.
„Wartet ihr schon lange?“, fragte sie bei ihrer Ankunft.
„Nein wir sind gerade erst gekommen, und hattest du einen angenehmen Morgen?“, wollte Pierre wissen.
„Ja lass uns rein gehen, ich werde es euch drinnen erzählen.“
Sie ließen sich einen Tisch für vier zuweisen und bestellten alle drei einen Cappuccino Crema.
„Ihr habt ja gar nicht viel gekauft, jedenfalls euren Tüten nach zu urteilen“, meinte Christin.
Tommy hielt ihr den Armreif unter die Nase.
„Wow, das ist vielleicht schön.“
„Ein Geschenk von Pierre, wir waren in Tiffany & Co“, sagte Tommy stolz.
„Im Tiffany? Da wäre ich auch gerne dabei gewesen“, sagte Christin, leicht abwesend.
„Aber ich wollte euch ja erzählen, was ich heute morgen unternommen habe. Also ich muß euch sagen, das Childrens Museum of Arts ist sehenswert. Erst mal gibt es hier eine normale Ausstellung für Kinder, so wie wir es von unseren Museen her kennen“, sagte Christin und nippte am Cappuccino.
„Das war aber nur ein kleiner Teil, von dem was ich gesehen habe“, führte Christin ihre Erzählungen weiter.
„Dann haben sie auch einen Aktionsbereich, unterteilt nach Altersstufen. Für die Großen zum Beispiel gibt es verschiedene Workshops. Entweder können sie sich eine eigene besungene CD auf nehmen, oder sie können wie richtige Maler Ölbilder erstellen. Natürlich überall mit professioneller Hilfe.“
„Vielleicht sollt ich da auch hingehen und mich als Sänger probieren,“ meinte Pierre.
Tommy und Christin prusteten laut los, so dass sich andere Gäste nach ihnen umdrehten.
„Was denn?“ nörgelte Pierre.
„Deine Stimme in Ehren mein Schatz, aber überlass das den Kinder“, kam es von Tommy.
Christin setzte ihre Tasse ab und erzählte weiter.
„Dann gab es ein Kochstudio oder Kletterwände, eigentlich alles was ein Kinderherz begehrt. Für die Kleinen gab es ähnliches, nur halt eben auf das Alter angepasst. Es wäre interessant einiges der Ideen in meinem Internat zu übernehmen, soweit es sich umsetzen lässt. Den Kinder einfach die Möglichkeit geben, ihre Kreativität zu schulen und fördern, egal welche Interessengebiete sie haben“, beendete Christin ihre Ausführungen.
„Und wie geht es zu Hause voran?“, wollte Pierre wissen.
„Gut, die Baupläne stehen und die Genehmigungen laufen. Aber es wird sicherlich keine Hindernisse seitens der Verwaltung geben, wie mir der Bürgermeister von Ballater beteuerte. Mutter kümmert sich solange um alles während ich nicht da bin. Sie hat ja tatkräftige Unterstützung von Bill.“
* *
Bill war der Arzt von Ballater und Christins Mutter und er waren sich in der Zwischenzeit sehr Nahe gekommen.
„Und hast du dir schon ein Konzept überlegt?“, fragte Tommy interessiert.
„Ich habe mir gedacht, ich möchte es Gruppenweise machen. Zwei Kinder in einem Zimmer und vier Zimmer pro Leiter und Leiterin, eben wie eine Familie. Nur gegessen wird dann im großen Rahmen mit allen zusammen. Ich habe sogar Unterstützung aus der Region zugesagt bekommen, die uns mit finanziellen Mitteln helfen wollen. Und unser Spendenkonto läuft fast über. Ich habe nicht gedacht, das Vaters Idee so Anklang findet.“
„Das hört sich alles prima an“, Tommy nahm noch einen Schluck Cappuccino.
„Ich denke die Auswahlkriterien werden schwierig sein. Welches Kind geeignet sind und welche nicht. Kein Kind ist gleich“, überlegte Pierre.
„Ja schon, aber ich habe mich schon mit einigen Vertreter der Kinderhilfe und der Kirche zusammen gesetzt, um dieses Problem zu lösen“, erwiderte Christin.
„Da warst du ja richtig fleißig Christin in den letzten Wochen. Ich bin richtig stolz auf dich Christin, dass du dies so ernst nimmst“, meinte Pierre.
„Danke Pierre, es ist mir auch sehr wichtig, schon alleine daher um den Wunsch meines Vaters zu erfüllen.“
„Er wäre sicherlich stolz auf dich gewesen, wenn er noch da wäre“, sagte Tommy und nahm ihre Hand in die seine.
„Ja er fehlt mir, er wäre mir sicherlich ein guter Berater gewesen“, sagte Christin ein wenig traurig.
Tommy stellte seine Tasse ab
„Was ist jetzt eigentlich aus eurem Gärtner Emilio geworden und seinem Sohn?“, fragte er.
„Da wir und auch Marc“, Marc war der Stallbursche vom Gut Ballater, der jetzt mit Hilfe von Tommy und Pierre die Modellschule von London besuchte, „keine Anzeige gegen die beiden angestrengt haben, kommen sie fast ohne Strafe weg. Emilio muß sich einer psychartrischen Untersuchung begeben und sein Sohn wird mit eine paar Stunden öffentliche Arbeit belegt“, erklärte Christin.
„Das ist ja sehr Milde von euch, echt großherzig!“
Die Tür öffnete sich und ein junger Mann betrat das Cafe.
„Ah, da ist Diego.“
Die Köpfe von Christin und Pierre drehten sich gleichzeitig zur Tür. Tommy stand auf und winkte den jungen Mann zu sich. Pierre war auch aufgestanden und mit einem Händeschütteln begrüßten sie sich alle.
„So Diego. Das sind Pierre und Christin, von den ich dir schon erzählt habe.“
„Ich hoffe nur positives“, sagte Pierre lächelnd.
Tommy wurde rot und Diego grinste.
Als Christin und Diego sich die Hand gaben, traf sich für Sekunden ihr Blick. Christin war angetan von dem Gegenüber. Sein angenehmes Äußeres fiel ihr gleich auf.
„Setzt dich doch Diego, und erzähl uns was dich hier her nach Chicago verschlagen hat, oder bist du hier geboren“, wollte Pierre neugierig wissen.
„Nein, ich komme aus Mexiko, hatte aber das Glück durch Beziehungen hier in Chicago zu studieren.“
„Und was hast du als Hauptinteressensgebiet?“, Christin klinkte sich in das Gespräch ein.
„Hauptsächlich Kunst. Hier hast du die Möglichkeit, alle Fächer gemeinsam zu durchlaufen, um dich später dann für das richtige Gebiet entscheiden zu können.“
Christin war von der Art, wie Diego erzählte und dazu seinen ganzen Körper einsetzte sehr fasziniert.
„Im Augenblick hadere ich zwischen Malerei und Fotografie. Deswegen habe ich mich auch freiwillig für eure kleine Exkursion gemeldet. Damit mir die Entscheidung vielleicht leichter fällt.“
„Kann mir vorstellen, das dies ein schwieriger Entschluss ist. Aber malen kannst du doch auch noch neben her, dass macht Tommy auch. Und mittlerweile verkaufen sich sogar seine Bilder“, sagte Pierre.
„Das hört sich gerade so an, als würde ich keine schönen Bilder malen“, sagte Tommy gespielt beleidigt.
Alle fingen an zu lachen, besonders Diego, der ein besonders ansteckendes Lachen hatte. Tommy erklärte noch ein paar Details in der Runde.
„Hättest du etwas dagegen, wenn wir Diego heute Abend ins Gioco einladen?“, meinte Pierre zu Tommy.
„Natürlich nicht, da haben wir noch Gelegenheit uns besser kennen zulernen.“
„Ins Gioco? Da muß ich mir etwas besseres zum Anziehen beschaffen. Ist ja ein gehobener Laden, wo viele Promis verkehren“, sagte Diego.
„Ist das ein Problem für dich Diego?“, wollte Christin wissen.
„Nein, ich kann mir sicherlich etwas leihen.“
Sie verabredeten sich für abends bei Gioco und verabschiedeten sich von einander. Die Drei fuhren mit der Limousine zurück ins Hotel. Diego schwang sich auf sein Fahrrad und fuhr Richtung Universität davon. Christin wunderte sich noch über das teure Rad, mit dem Diego unterwegs war.
* *
„Der Anzug von Armani steht dir wirklich gut Tommy, ich bin wirklich stolz eine so hübschen Freund zu haben“, meinte Pierre.
„Mal gespannt, ob du das in zwanzig Jahren auch noch sagst“, konterte Tommy.
„Du Tommy, ich habe da eine Frage.“
„Schieß los, ich bin ganz Ohr“, sagte Tommy und versuchte seine Krawatte zu richten.
„Ich weiß gar nicht wie ich beginnen soll. Man kann doch… ich meine hier in Amerika… oh Mensch… warum fällt mir das so schwer?“
Pierre hatte begonnen Tommy die Krawatte zu binden, aber irgendwie wollte es auch ihm nicht gelingen, er war jetzt viel zu nervös dazu. Tommy nahm seine Hände und schaute ihm in die Augen.
„Was kann man in Amerika?“, fragte Tommy ruhig.
Pierre flüsterte fast nicht hörbar, „heiraten…“
Tommy Augen wurden klein und er merkte, dass es wieder auf seine Tränendrüsen drückte.
„Du willst mich heiraten…?“, kam es von Tommy, mit fast ertickender Stimme.
„Ich würde schon gerne, aber… ich weiß nicht wie du darüber denkst Tommy.“
„Gedanken habe ich mir noch keine gemacht darüber. Du weißt aber, die Heirat gilt ja nur in Amerika, zurück in England hat das keinerlei Bedeutung.“
„Ich weiß aber es würde mir schon viel bedeuten Tommy, es wäre mir sehr wichtig.“
Eine kleine Pause entstand. Tommy ließ von Pierre ab und wandte sich dem Fenster zu.
„Im Grunde habe ich nichts dagegen, aber findest du nicht das dies jetzt alles ein wenig schnell geht Pierre?“
„Du hast ja recht, ich dachte ja nur,“ Tommy drehte sich wieder zu Pierre zurück.
„Weißt du, das wir nicht verheiratet sind, ändert nichts an der Tatsache, dass ich dich sehr liebe Pierre. Ich möchte ohne dich nicht mehr sein und deine Nähe keine Sekunde missen.“
Tommy nahm Pierre in den Arm und drückte ihn fest an sich.
„Seit ihr da drinnen bald fertig, ich stehe mir hier draußen noch die Beine in den Bauch“, rief es von draußen.
Pierre kam als erster aus dem Schlafzimmer und stand direkt Christin gegenüber. Sie schaute ihn an.
„Ist irgendwas?“, fragte sie.
„Nein es ist alles in Ordnung“, sagte Tommy der ihm folgte.
„Mann Christin, wo hast du denn den scharfen Fummel her“, kam es von Pierre.
Christin stand in einem langen aber Figur betonten roten Kleid da. Die eine Hälfte war mit Pailletten besitzt und es glitzerte in alle Richtungen wenn sich Christin ein wenig bewegte. Die Schultern waren zwar bedeckt aber dafür konnte man in einem weiten Ausschnitt ihren Rücken sehen.
„Also ich finde, da fehlt noch was Tommy“, meinte Pierre und zwinkerte Tommy zu.
Christin schaute verwundert die beiden an. Tommy lief ins Schlafzimmer und kam mit einem Etui wieder. Er entnahm die Kette und legte sie Christin an.
„Stimmt, so siehst du noch viel hübscher aus“, sagte Tommy und verschloss die Kette.
„Und mit den zwei Ohrringen, gibt es ein abgerundetes Bild“, sagte Pierre und hielt sie an die Ohren von Christin.
„Jungs, ihr seid verrückt, dass hätte doch wirklich nicht sein müssen. Das ist so lieb von euch.“
Christin ging zum Spiegel und steckte die Ohrringe an.
„Komm lasst uns endlich gehen, sonst kommen wir noch zu spät“, sprach Tommy und wies zur Tür.
* *
Mit der Limousine wurden sie zum Gioco gefahren, wo Diego schon auf sie wartete. Er hatte einen Anzug von Boss an. Dafür das er geliehen war, passte er ihm hervorragend, dachte Christin.
Von hinten hätte man meinen können Diego und Pierre wären Brüder. Sie hatten ungefähr die gleiche Größe und beide hatten diese schwarzen wilden Locken, was Tommy bei Pierre so betörend fand.
Sie saßen auf der Empore an einem runden Tisch. Man hatte das Gefühl wirklich in Italien zu sein. Das Ambiente war genau abgestimmt.
„Was kann ich den Herrschaften zu trinken bringen?“, fragte ein Kellner.
„Wenn ihr nichts dagegen habt, werde ich diesen Lambrusco für uns bestellen“, sagte Pierre.
Sie bekamen die Karten gebracht und jeder studierte aufmerksam die Auswahl italienischer Gerichte. Der Kellner kam an den Tisch und verteilte die Gläser und schenkte jedem den Rotwein ein.
„Kann ich gleich ihre Bestellung für das Essen aufnehmen?“ kam es vom Kellner.
Tommy machte den Anfang, „also ich habe mich für die Aubergine-Lasagne entschieden.“
„Ich werde das Risotto mit gebackenen Salbei nehmen“, sagte Pierre und reichte dem Kellner seine Karte.
Christin sah auf, „die Kräuternudeln mit einer Sauce aus Tomaten und roten Zwiebeln würden mich interessieren.“
Als letztes bestellte Diego, Pappa al Pomodoro.
Das Essen war sehr gut und sie amüsierten sich über Pierres Anekdoten, die er den ganzen Abend erzählten.
* *
Als sie gingen hatten sie noch keine Lust, zurück zugehen. Christin hatte Lust tanzen zu gehen. So fragten sie Andrew den Fahrer, ob er ihnen einen guten Vorschlag machen konnte. Er konnte. Er fuhr sie in den Circus Nightclub in der Weed Street.
Sie waren sehr angetan, und tanzen tief in die Nacht. Am darauf folgenden Tag wollten sie sich treffen, um die letzten Vorbereitungen zu treffen.
* *
Tommy legte den Hörer auf.
„Soeben wurde unser Wohnmobil gebracht. Ach ja, stellt das Gepäck, das ihr nicht mit nehmen wollt, einfach mitten in den Raum. Es wird dann automatisch nach Los Angeles gesandt. Das habe ich schon geklärt.“
Das Telefon läutete wieder.
„Ja….nein den Hänger gleich anhängen….genau….die Fracht einladen.. die Boys sollen eben einwenig aufpassen… ja alles gemietet… nein die gehört mir… ich bitte um besondere Sorgfalt… ja ich komme sowieso gleich runter… ja… in Ordnung… bis gleich… .“
Tommy hatte wieder aufgelegt.
„Man sind die schwer von Begriff. Leute ich gehe schon mal runter. Ich muß nachsehen ob die alles einpacken. Und schick mir meine schwarze Taschen mit runter, bye“, und schon war er zur Tür draußen.
„Himmel was ist bloß mit Tommy los, so aufgekratzt habe ich ihn schon lange nicht mehr gesehen“, meinte Christin.
„Das ist ganz normal Christin. Wenn irgendetwas ansteht, wird er immer so hektisch. Er gibt es zwar nicht zu aber er will ein Perfektionist sein, und meint immer alles läuft schief. Dabei hat er alles bis auf kleinste ausgearbeitet. Glaub mir, der kennt sogar jede Kilometerzahl auswendig bis Los Angeles“, sagte Piere und nahm sein Gepäck in die Hand.
Christin räumte ihr restliches Gepäck zusammen, und verließ mit Pierre die Suite.
* *
„Hallo Diego, du bist schon da? Schön dich zu sehen“, sagte Tommy, der unten angekommen war.
„Hallo Tommy, ja bin zwar noch ein bisschen müde, aber das vergeht schon noch. Wo soll ich meine Taschen verstauen? Die zwei grünen da, neben dem Hänger.“
„Hier vorne neben der Eingangstür ist eine Klappe, da kommt sämtliches Gepäck rein.“
Tommy öffnete die kleine Tür. Dahinter tat sich ein kleines Zimmer auf, Platz genug um sogar Fahrräder darin verstauen zu können. Mittlerweile waren auch Pierre und Christin gekommen. Ein Page brachte ihr Gepäck mit einem Wagen hinterher.
Die Begrüßung mit Diego viel herzlich aus, besonders Christin.
„Ich glaube, da bahnt sich etwas an“, flüsterte Pierre zu Tommy und begann unweigerlich frech zu grinsen.
Diego wurde von einem Mann noch mal über die Funktionen des Wagens aufgeklärt. Tommy verstaute noch die restlichen Sachen aus der Suite und verschloss dann fest die kleine Tür. Alle nahmen Platz in dem geräumigen Wohnmobil.
„Ich weiß gar nicht was du hast Tommy. Es ist zwar viel enger hier, aber an Luxus fehlt es hier auch nicht“, sagte Pierre.
Tommy setzte sich vorne zu Diego, Christin dahinter. Pierre dagegen machte es sich auf eines der Betten bequem, weil er noch ein bisschen schlafen wollte.
„Also hier auf der Michigan Street begann die Route66. Diego fahr erst mal die Straße runter dann kommst du automatisch auf den Highway 55. Von dort aus sind es dann ungefähr 60 km bis zu unserem ersten Halt“, meinte Tommy und versuchte sein Papierkram zu ordnen.
Pierre musste grinsen, als sich sein und Christins Blick trafen.
„Wie heißt der erste Halt?“, wollte Diego wissen?
„Juliet. Das kleine Städtchen lag früher direkt an der Route66, mal sehen was es da interessantes gibt“, antwortete Tommy.
Diego startete den Motor und das Vehikel setze sich in Bewegung und rollte die Michigan Street hinunter. Es war zwar keine Hauptverkehrszeit aber die Straßen waren doch recht überfüllt. Auf dem Highway ging es dann doch besser.
Je mehr sie sich von Chicago entfernten, umso leerer wurde die Strasse. Vorbei an unzähligen Vororten von Chicago fuhren sie. Juliet erwies sich als Fehlanzeige. Hier waren sämtliche Hinweise auf die berühmte Straße verschwunden.
Also ging es weiter nach Bloomington, wo es angeblich den besten Ahornsirup der Staaten gab. Die weiteren 140 km schienen Diego nichts aus zumachen. Er fuhr sehr ruhig, machte keinerlei hektischen Bewegungen am Lenkrad, und Pierre war bald darauf eingeschlafen.
Ein lauter Knall und das schlingern des Wagens holten ihn aber gleich wieder zum Leben zurück. Diego hat Mühe das Mobil einigermaßen ruhig zu Halten. Am Seitenstreifen konnte er den Wagen zum Stehen bringen.
„So ein Mist, fängt ja gut an“, rief Diego.
„Was ist denn Diego?“, wollte Christin wissen.
„Einer der Hinterreifen ist geplatzt, und dabei sind wir doch erst kurz unterwegs“, meinte Diego ärgerlich.
Tommy und Diego stiegen aus und schauten sich den Schaden an. Es dauerte nicht lange und ein Wagen der Highwaypolice hielt hinter ihnen. Der eine Cop sah sich das Rad an und ging zurück zum Wagen.
Über Funk verständigte er einen Abschleppdienst, der nach geraumer Zeit auch schon auftauchte. Mit vereinten Kräften wurde der wagen aufgebockt.
„Wo sind denn die Ersatzräder?“, wollte Diego wissen.
„Hinten im Hänger“, erwiderte Tommy.
„Ich hole ihn schon“, sagte Pierre und setzte sich in Bewegung.
Doch bevor Tommy ihn aufhalten konnte, hatte Pierre den Hänger schon geöffnet.
„Wow hier steht ja ein Motorrad drin, Tommy davon hast du uns ja gar nichts erzählt.“
„Doch habe ich nur dir nicht. Sollte eine weitere Überraschung für dich sein, weil ich weiß wie gerne du Motorrad fährst.“
„Ich will ja nicht meckern, aber könnte mir jemand vielleicht jetzt mal das Rad bringen?“, sagte Diego verärgert.
„Oh entschuldige. Habe ich vor lauter Bike ganz vergessen“, sagte Pierre und zog das Reserverad heraus.
„Du verwöhnst deinen Pierre ganz schön Tommy“, meinte Christin.
„Es macht mir Spaß ihn zu verwöhnen Christin. Er hat mir ein neues Leben geschenkt wenn du so willst, und ich bin ihm unsagbar dankbar dafür.“
* *
Christin lächelte ich an, und ging dann noch ein paar Schritte um sich die Füße vor der Weiterfahrt ein wenig zu vertreten. Dabei viel ihr Blick laufend auf Diego.
Sein muskulöser Oberkörper zeichnete sich genau ab unter dem enganliegenden T-Shirt. Jede Muskelbewegung riskierte sie. Sie wusste nicht recht was mit ihr los war. Sie kannte Diego gerade mal zwei Tage. Doch schon jetzt hatte sie sich unsterblich in ihn verliebt.
Und schon alleine das machte ihr Gedanken. So etwas war ihr nämlich bis jetzt noch nicht passiert. Aber was brachte es, die Reise dauerte keine Ewigkeit. Dann würden sie zurück nach England fliegen und Diego würde zu seiner Uni zurück kehren.
Und mit dem bisschen Geld was er hatte, wäre es nie möglich, dass er sie in England besuchte. Diego verstaute das Werkzeug und den kaputten Reifen und bedanke sich bei dem Monteur, der anscheinend ein Landsmann von ihm war.
Christin wunderte sich ein wenig, weil der Mann mit seinem Kopf mehrere Verbeugungen machte. Das es Diego sichtlich peinlich war, bemerkte sie sofort. Er sprach in seiner Landessprache, so konnte Christin nicht verstehen, was er zu dem Mann sagte.
Aber ein wenig komisch kam ihr die Sache doch vor.
* *
„Wie viele Überraschungen hast du noch auf Lager, Tommy? Das mit dem Motorrad wäre doch nicht nötig gewesen“, rief Pierre.
„Ich wollte halt… ach ich weiß auch nicht. Es macht mir eben Spaß dich zu verwöhnen. Mir gefällt das Glitzern deiner Augen, wenn du die Überraschung siehst. Ich genieße deine Art, wie du dich benimmst, deine Freude zeigst. Es ist einfach schön dich dabei zu beobachten“, sagte Tommy verlegen.
„So sehr liebst du mich? Ich weiß das du mich liebst. Aber deine Liebe scheint höher unerreichter zu sein. So maßlos, treu, rein… ich weiß nicht wie ich sie noch beschreiben soll. Es ist aber schön von einem Menschen so geliebt zu werden. Es macht mich reich, reicher wie mancher Multimillionär auf dieser Welt.“
Pierre beendete seinen Satz damit, dass er das Gesicht von Tommy zärtlich in die Hände nahm zu sich ran zog, und ihm einen zärtlichen Kuss gab. Tommy war gerührt über soviel Zärtlichkeit.
„Und wenn du mich schon verwöhnen möchtest, dann verwöhne mich heute Nacht“, sagte Pierre und stieg in das Wohnmobil.
Tommy folgte ihm und setzte sich wieder vorne auf seinen Platz. Pierre hatte sich zu Christin gesetzt, die sich sehr angeregt unterhielten. Es schien um Diego zu gehen, aber mehr konnte er im vorbeigehen nicht verstehen.
* *
Diego hatte bereits den Motor gestartet, als die Highwaypolice an ihm vorbei zog.
„Was wird unser nächster Halt sein?“, wollte Diego wissen.
„Naja, dass wäre nach wie vor Bloomington. Werden ja sehen, was es dort interessantes zu sehen gibt“, gab Tommy zur Antwort.
„Und wie weit werden wir heute noch fahren?“, wollte Pierre wissen.
„Bis nach Saint Louis. Ich habe uns für dort ein Hotel gebucht. Und wenn ihr nichts dagegen habt, möchte ich dort auch einen Tag verweilen.“
„Nichts lieber als das. Jeden Tag hier im Wagen verbringen, ist auch nicht so interessant.“
„Naja aber erst mal fahren wir die I 55 hinunter bis Gardner und dort gehen wir auf die Landstraße. Dort ist unsere erste Sehenswürdigkeit. Es handelt sich um die Dwight Marathon Oil Station. Sie wurde 1932 erbaut und soll noch im Original Zustand sein.“
* *
Da war sie, aber leider geschlossen. Sie wurde komplett innen umgebaut. Die Tankstelle sollte als Museum fungieren und aus diesem Grund die ganzen Bauarbeiten. Tommy meinte dennoch ein paar gute Schnappschüsse schießen zu können.
Also stiegen alle aus, und schauten sich einwenig um. Tommy überprüfte das Licht und suchte sich passende Motive aus. Diego hatte er auch eine Kamera gegeben. Dieser versuchte sich an einer Zapfsäule der Trucks.
Tommy meinte, wenn gute Bilder darunter wären, könnte man sie zur Fotoserie dazu nehmen.
„Was ist mit dir Christin, du schaust so nachdenklich“, meinte Pierre und setzte sich zu Christin auf den Baumstamm.
„Ach ich denke an meinen Rosenkavalier. Ich weiß nicht was ich davon halten soll. Man hört ja allerhand Sachen aus Amerika, wegen Nachstellerei und ähnliches. Ich mache mir da schon ein wenig Sorgen.“
„Christin, ich denke, darüber brauchst du dir Gedanken zu machen und außerdem hast du ja noch uns, drei ganz tolle Beschützer“, sagte Pierre und lächelte sie an.
Jetzt fing auch sie an zu lachen.
„Was habt ihr denn wieder lustiges zu erzählen?“ wollte Tommy wissen.
„Das ist unser Geheimnis“, sagte Pierre und streckte eingebildet die Nase übertrieben in die Luft. Tommy begann ebenfalls an zu lachen.
„Können wir dann weiter fahren, du eingebildete Zicke?“, rief Tommy.
„Was Zicke, wart nur ab, das wird ich dir heimzahlen“, sagte Pierre und versuchte Tommy durch zukitzeln.
* *
„Können wir beim nächsten Halt eine Mittagspause mit Essen einplanen, mein Magen knurrt schon…“, wollte Pierre wissen, nach dem sich seine angebliche Zickerei gelegt hatte.
„Ach so, das war dein Magen, ich dachte mit dem Wagen stimmt etwas nicht“, sagte Tommy.
Und alle fingen wieder an zu lachen, außer Pierre der seinen Schmollmund raus drückte. „Natürlich können wir halten um etwas zu essen, in Bloomington gibt es bestimmt was für dich. Wir sind ja bald da“, meinte Tommy und schaute liebevoll zu Pierre.
„Und wie soll ich jetzt weiter fahren?“, wollte Diego wissen, der versuchte am Straßenrand zu parken.
„Wenn wir gleich essen wollen, kannst du auf der I55 weiterfahren, aber wenn wir der Route 66 folgen wollen, musst du da vorne in die Lincoln Street einbiegen.“
„Also, wenn du nichts dagegen hast, würde ich lieber erst essen gehen Tommy. Ich hab wirklich einen Heißhunger“, meinte Pierre und rieb sich über den Magen.
„Also weiter auf der I55 ungefähr noch einen Kilometer, dann müsste das Radison Hotel kommen, da können wir dann zu Mittag essen.“
Diego reihte sich wieder in den Verkehr ein. An jeder Ampel musste er stehen bleiben, weil diese auf Rot stand.
„Wenn das so weiter geht, verhungere ich noch hier hinten.“
„Keine Sorge Pierre, noch drei Ampeln und wir sind da.“
Diego steuerte einen größeren Parkplatz an, und parkte das Mobil auf einen für ihn gekennzeichneten Parknische.
Sie stiegen aus und liefen über die Strasse zum Hotel.
Da das Radison auch gleichzeitig ein Meetingstreff war, gab es keine Schwierigkeiten, einen Tisch fürs Essen zu bekommen.
Alle waren erstaunt über Pierre, mit welcher Gier er sich das Essen rein schob. Es schien als wolle er nicht satt werden. Nach dem Essen gönnten sich alle noch einen Cappuccino. Dann ging es weiter.
Sie fuhren zurück zum Ausgangspunkt und bogen in die Lincoln Street ein.
Schöne Motive von alten Häuser waren für Tommy drin. Er fotografierte sie jedoch aus dem Wagen heraus. Diese verwischte Technik im Vordergrund, dass man keine Personen erkennen konnte, aber das Haus selbst klar und deutlich zu sehen war, ist eine Spezialität von Tommy.
Diese Bilder gingen immer schnell weg.
Diego war bereits in der Main Street, als Tommy fragte, „wie wär es denn mit der Erdnussfabrik „Bear Nuts“, wollen wir da mal rein schauen?“
„Oh bitte nicht. Ich bin so voll, und wenn ich schon ans Essen denke, platze ich gleich.“
Christin konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Also fahren wir weiter auf der I55, dann kommen Shirley, Funks Grove, und Mc Lean. In Mc Lean gibt es das Diexie Trucker Home. War früher ein berühmter Truckertreff an der Route 66 und wird jetzt mehr als Museum genutzt“, meinte Tommy und machte es sich auf seinem Sitz bequem.
Er nahm seine Kamera und blickte durch den Sucher. Falls er was interessantes sah, war es nur durch das Klicken der Kamera zu merken.
Alle Städte hinter sich gelassen, fuhren sie weiter Richtung Springfield.
Springfield war der frühere Wohnort von Abraham Lincoln und auch Hauptstadt von Illinois. Christin fand es aufregend, dass Wohnhaus eines richtigen Präsidenten zu sehen.
Im Heritage In Flight Museum machten sie dann Halt.
Diego bekam wieder seine Kamera und durfte auf eigene Faust los fotografieren.
Pierre und Christin lasen sich durch die Flut von Hinweisschildern mit Bilder.
„He Tommy komm mal her“, sagte Pierre und winkte ihn zu sich.
„Schau mal hier. Hast du gewusst, das dies hier früher nach dem Krieg ein Kriegs-gefangenenlager für Deutsche war?“
„Nein wusste ich nicht. Aber irgendwo mussten sie die Leute ja bringen. Warum nicht hierher. Auf jeden Fall, werde ich ei
ne Fotografie dieser Gedenktafel machen. Man weiß ja nicht wofür man es ja mal brauchen kann.“ „Versuch die Namen drauf zu bekommen, da stehen ja jede Menge“, meinte Christin und lass die Liste weiter.
„Wenn wir heute Abend pünktlich in St. Louis seien wollen, müssen wir jetzt aber aufbrechen“, meinte Diego der Tommys Unterlagen in der Hand hatte.
Alle beeilten sich mit dem Einsteigen, weil Tommy noch ein paar Highlights der Route fotografieren wollte. Diego bog in die Marathon Street ein und plötzlich war Schluss.
Die Strasse war durch eine Schranke gesperrt.
„Das habe ich mir fast gedacht. Die Route 66 läuft hier weiter. Doch wenn der Springfield Lake einen hohen Pegel hat, ist ein größeres Stück der Strasse überflutet. Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als parallel zur 66 auf der I 55 weiter zufahren.“
Sie fuhren auf der Umleitung weiter. Doch Tommy kam doch auf seine Kosten.
In Farmerswill befand sich noch ein Art Motel mit Restaurant aus der früheren Zeit. Bei Litchfield machten sie kurz Stop im Arista Cafe.
Eine riesige Wand mit alten Fotografien, erinnerte an die legendäre Zeit der 66. Tommy versuchte einige ab zu fotografieren, während die anderen an ihrem Kaffee schlurften.
An der Old Shell Stadion in Mount Olive wollte Diego dann tanken. Auch hier wie sonst überall waren alte Bilder ausgestellt, aber auch verschiedene Sachen aus der Zeit ausgestellt. Tommy kam überhaupt nicht mehr nach mit fotografieren.
„So Leute, jetzt sind es noch 190 km. Dann hätte wir unser Reiseziel für heute erreicht.“
„Wenn du nichts dagegen hast lege ich mich ein wenig hin Tommy“, meinte Christin.
„Du Diego, wenn du willst löse ich dich ein wenig ab“, sagte Pierre.
„Hätte nichts dagegen, eine kurze Fahrpause täte mir schon gut, danke Pierre.“
Pierre setzte sich nach vorne zu Tommy und Diego machte sich auf dem oberen Bett breit.
„War das jetzt nicht ein bisschen offensichtlich?“ sagte Tommy zu Pierre.
„Ich weiß gar nicht was du willst, habe ich was falsch gemacht?“
„Nein hast du nicht, aber jetzt haben die beiden Zeit sich ein wenig zu beschnuppern.“
„Glaube ich nicht, denn unser Freund schläft schon tief und fest.“
Tommy wendete sich nach hinten, und sah das Diego in tiefen gleichmäßigen Atemzügen schlief. „Da habe ich ja einen tollen Vorschlag gemacht, dachte nicht das er so müde ist. Naja es waren immerhin 390 km bis jetzt und mit dieser Karre ist ja auch nicht leicht zu fahren.“
„Ich finde, wir haben mit Diego einen Glücksgriff gehabt. Er ist zuverlässig, hilfsbereit und sieht zudem sehr gut aus. Hast du seine Muskeln beim Reifenwechsel gesehen?“
Pierre warf einen vorwurfsvollen Blick zu Tommy.
„Ja habe ich. Und jetzt sehe ich ein Funkeln in deinen Augen.“
„Pierre. Höre ich da einen gewissen Anflug von Eifersucht?“
„Ich eifersüchtig. Nein. Wie kommst du da drauf. Wenn ich jedes Mal, wenn du Bilder von gutaussehenden Jungs machst, die fast nichts oder gar nackt sind, eifersüchtig werden würde, dann hätte ich viel zutun.“
„Sehr interessant. Dir macht es also nichts aus, wenn ich mit diesen Boys alleine bin?“
„Wenn ich ehrlich bin schon ein bisschen. Tommy du siehst so verdammt gut aus, und ich habe schon Angst, das sich einer dich mal krallt.“
„Pierre da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Die Jungs können noch so aufreizend sein, und an denen mangelt es wirklich nicht, doch jedes Mal wenn ich sie fotografiere denke ich an dich und wäre lieber mit dir zusammen.“
„Das ist lieb von dir und tut gut es aus deinem Munde zu hören.“
„Außerdem bin ich ja nicht der einzigste hier der anderen hinterher schaut.“
„Aber mal ehrlich Tommy, findest du nicht, die zwei da hinten würden gut zusammen passen. „ „Darüber möchte ich mir keine Meinung bilden, dazu kenne ich Diego noch zu wenig.“
„Noch? Willst ihn also näher kennen lernen?“, fragte Pierre grinsend.
„Wart du erst mal ab, wenn wir heute Abend ins Bett gehen. Da zeige ich dir dann, was ich will. Darauf kannst du dich verlassen.“
Beide fingen an zu lachen.
* *
Ein paar Kilometer später.
„In was für eine Nobelherberge hast du uns denn diesmal eingemietet?“
„Ins Westin St. Louis. Soll wirklich ein Nobelladen sein. Was ich im Internet gesehen habe, hat mich schon überzeugt.“
„Hast du alles über das Internet abgewickelt?“
„Naja, fast alles. Diego war mir schon ein Hilfe dabei.“
„Ich habe gar nicht gemerkt das du dich so oft mit Diego in Verbindung gesetzt hast.“
„Das habe ich alles nachts gemacht während du schliefst, wegen der Zeitverschiebung, weißt du.“
Pierre musste grinsen.
„Erst heißen Sex mit mir machen und anschließend wenn ich eingeschlafen bin, mit so einem Traumboy im Internet. Jaja, du bist mir der Richtige, du Schlitzohr.“
„Also Traumboy, dann gefällt er dir also auch?“
„Natürlich gefällt er mir, du weißt doch von meiner Schwäche für Latinos.“
„Da werde ich wohl auch ein Auge auf dich werfen müssen.“
Pierre fuhr rechts ran. An einer kleine Tankstelle rannte er auf die Toilette.
„Buh, das war jetzt aber höchste Zeit. Ich hätte es keine Kilometer mehr länger ausgehalten.“
„Sind wir schon da?“
Christin kam mit verschlafenen Augen aus dem Wohnmobil gestiegen.
„Nein noch nicht, aber wir fahren aber gleich weiter. Pierre musste nur mal dringend für kleine Jungs.“
„Oh, das ist eine gute Idee, wartet ich gehe auch noch kurz“, sagte Christin und lief in die Tankstelle.
„Diego scheint einen guten Schlaf zu haben. Schau mal wie fest er schläft.“
Tommy warf einen kurzen Blick auf Diego.
„Und wie er da liegt, mit nackten Oberkörper. Eine richtige Sahneschnitte. Pierre ich verstehe dich langsam warum dir Latinos so magst.“
Pierre zog Tommy zu sich und während er ihn in den Arm nahm gab Pierre ihm einen zärtlichen Kuss.
„Ich finde es ja sehr reizend, das ihr beiden mich so gutaussehend findet, bin auch echt gerührt darüber“, Tommy und Pierre fuhren erschrocken herum, Diego stand in der Tür des Mobils, „aber bezeichnet mich bitte nicht mehr als Sahneschnitte. Irgendwie fühle ich mich dabei unwohl.“
„Tommy, du hättest vielleicht geiles Teil sagen sollen oder scharfes Gerät“, sagte Pierre grinsend. Diego wurde rot.
Tommy strich mit seiner Hand über Diegos Brust, was dieser mit einem tiefen Einatmen quittierte.
„Finde Wahrheiten darf man sagen, und das du sehr gut aussiehst, ist die Wahrheit Diego. Hast du dir nicht mal Gedanken darüber gemacht es vielleicht vor der Kamera zu versuchen“, fragte Tommy.
„Tommy jetzt reicht es aber verwirre doch den Jungen nicht so“, stänkerte Pierre.
„Man darf doch noch fragen? Das war rein geschäftlicher Natur.“
Pierre zog Tommy wieder zu sich heran.
„Komm du mir heut Abend ins Bett, dann zeige ich dir was meine geschäftliche Natur ist.“
Diego hatte mittlerweile sein T-Shirt wieder angezogen und es sich hinter dem Lenkrad wieder bequem gemacht. Christin stieg auch in das Wohnmobil und gesellte sich zu Diego.
„Das find ich aber toll, Tommy. Da kannst du dich zu mir aufs Bett legen“, meinte Pierre.
„Wer sagt denn, dass ich mich überhaupt zu dir legen will?“, meinte Tommy frech.
Durch das Anfahren von Diego und weil Pierre an Tommys Hose zog, kippte Tommy auf Pierre im Bett.
„So will ich dich schon stundenlang bei mir haben.“
„So unbequem auf dir liegend?“
„Ist doch jetzt egal. Hauptsache ich spüre dich an meinem Körper, nur das zählt. Worüber denkst du nach?“
Pierre hatte Tommys starren Blick gemerkt.
„Mir fiel gerade ein, wie toll du doch in deiner schwarzen Motorradkluft aussehen musst.“
„Wie was für Klamotten?“
„Meinst du ich besorge ein Motorrad, und denke nicht an eine Lederkombi.“
„Wo ist sie?“
Tommy stand auf und öffnete einer der Stauraumfächer. Er zog eine schwarze Lederjacke heraus und gab sie Pierre. Pierre zog sein Hemd aus. Auf seine nackte Haut streifte er die Jacke über und zog den Reißverschluss bis zur Hälfte zu. Mit den Jeans und den Cowboystiefeln die er an hatte, und seine Mähne sah er jetzt noch verwegener aus.
Tommy flüsterte ihm ins Ohr.
„Wenn wir jetzt alleine wären, würde ich über dich herfallen. Du siehst so scharf aus. Wenn du jetzt noch die Hose dazu anziehst, glaub ich, vergesse ich mich.“
„Ich kann sie ja nachher mit ins Hotel nehmen, dann kannst du da weitermachen, wo du jetzt nicht anfangen kannst.“
Pierre entledigte sich der Jacke und streifte sein Hemd über.
Tommy konnte es sich nicht verkneifen, kurz über den muskulösen Oberkörper zu streicheln. „Nachher Tommy, die paar Kilometer wirst du ja noch aushalten können“, sagte Pierre keck und setzte sich auf den Sitz.
Tommy nickte zustimmend, und setzte sich neben ihn.
Sie genossen beide den Ausblick an der vorbeiziehenden Landschaft. So weit man schauen konnte gab es Mais und Weizenfelder. Hier und da waren vereinzelt eine Herde Rinder.
„Jetzt fehlen nur noch ein paar rassige Cowboys.“
Tommy mußte lächeln, als er wirklich welche auf Pferden sah, die gerade Rinder in ein Gatter treiben.
„Ich muß dich enttäuschen Pierre schau mal da, dort sitzt eine Frau auf dem Pferd.“
„Die Cowboys von heute sind auch nicht mehr dass was sie mal waren. Dass sich Frauen auch immer in Männerberufe drängen müssen.“
„Wie war das?“, Christin war hellhörig geworden.
„Früher gab es auch nur weibliche Modells, darüber solltest du dir Gedanken machen, wer in welchen Berufszweig eindringt.“
Diego und Tommy fingen laut an zu lachen und Pierre zog wie immer den kürzeren.
„Hoffentlich sind wir bald da, ich muß raus aus dieser Enge.“
„Keine Sorge Pierre. Wir erreichen schon die Vororte von St. Louis“, sagte Diego.
Er bog in die Chain of Rocks Road ein. Er hielt sich genau an Tommys Fahrroute, der bereits seine Kamera zur Hand genommen hatte.
„Willst du dich nicht lieber wieder hier vorne hinsetzen Tommy?“, sagte Christin und stand bereits auf.
Tommy wechselte den Platz mit ihr.
„Biege da in die Naneoki Road ein, dann müsste wir direkt auf die Madison Avenue stoßen. Und dann sind wir auch gleich bei der Old Chain of Rocks Bridge. Ich wäre zwar lieber über die Kingsley Bridge gefahren, doch die ist für den Verkehr gesperrt. Sie ist die einzigste Brücke die noch von der Route 66 stammt.
Aber die Old Chain ist auch interessant. Sie ist nämlich die längste Brücke mit Stahlträger dieser Bauart die es gibt. Von dort aus können wir dann auch das Gateway Arch sehen.“
„Was soll dieser Bogen eigentlich darstellen?“, wollte Diego wissen.
„Es sollte das Tor nach Westen darstellen. Als es gebaut wurde war hinter St. Louis nicht viel, jedenfalls noch keiner größere Ansiedlung, hier war Schluss.“
* *
Pierre beobachtete Tommy von seinem Platz aus. Nein eifersüchtig würde er bei Tommy nie werden. Er war eher stolz, dass Tommy sein Freund war. Er hätte jeden anderen haben können, aber nein, er hatte sich für ihn entschieden.
Und Pierre war froh darüber, denn seinen Entschluss bereute er nie. Zu lange hatte er darauf hin gearbeitet um wieder mit Tommy zusammen sein zu können. Er hatte viel Energie dafür aufgewendet. Und sein Warten hat sich gelohnt.
Nun hatte er Tommy für sich alleine. Er teilte die Wohnung und das Bett mit ihm. Mit ihm wollte er alt werden. Pierre dachte auch noch mal über das Heiratsangebot an, dass er Tommy gemacht hatte und verstand natürlich Tommys Einstellung.
Er war ihm über seine Antwort nicht böse. Zu sehr liebte er Tommy. Sehnsüchtlich schaute er zu Tommy nach vorne.
„Man, du guckst noch genauso verliebt wie am ersten Tag Pierre“, sagte Christin. Pierre wurde aus seinen Gedanken gerissen.
„Bin ich auch Christin, bin ich. Und ich bin der glücklichste Mensch der Welt, das kannst du mir glauben.“
„Du bist echt beneidenswert. Ich glaube, ich werde als alte Jungfer in Rente gehen.“
„Ach Christin, rede doch nicht so einen Unsinn. Die wird es schon erwischen, oder hat es dich schon erwischt und es ist dir nicht bewusst?“
„Wie meinst du das?“
„Ach komm, ich sehe doch, wie du Diego immer anstarrst. Und er ist da auch nicht ganz unbeteiligt.“
„Oh Pierre, was soll das? Da kann doch nie etwas daraus werden. Er kommt aus Mexiko und ich aus England. Und du weißt genau das ich die Hälfte des Jahres unterwegs bin um zu modeln.“ „Sage niemals nie Christin. Du weißt nicht was das Schicksal für dich geplant hat.“
„Wenn du meinst Pierre.“
„Warten wir mal ab. Wir sind ja noch ein paar Tage zusammen.“
Diego fuhr gerade auf die Old Chain.
„He, schaut mal. Da könnt ihr das Gateway Arch sehen“, sagte Tommy und zeigte nach draußen. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so eine Größe hat. Bewundernswert diese Bauart“, sagte Diego. „So musst du alles sehen Diego. Du musst immer mit dem Auge als Kamera schauen. Und vor allem musst du auf dein Herz hören. Was dir wichtig erscheint… fotografiere es. Nur so werden Bilder interessant und für andere gefühlsbetont. Merke dir das immer. Wenn dir etwas nicht passt, sei es auch nur eine kleine Kleinigkeit, so lass es. Das Foto kannst du vergessen, es wird nie den Ausdruck bekommen, wie du dir ihn wünscht.“
„Ja und wenn ich jetzt einen Auftrag hätte so wie du, da wird doch vorgeschrieben, was man fotografieren soll.“
„Das Thema wird vorgeschrieben. Welche Bilder du dafür verwenden möchtest, ist dir überlassen.“
„Also wenn ich jetzt ein Beispiel nehme, hier der Fluss…“
„Ja erzähle mir wie würdest du ihn in Szene setzen?“
„Ich würde den Schaufelraddampfer dort unten fotografieren, wie er langsam seine Bahn zieht an das andere Ufer.“
„Die Idee ist nicht schlecht Diego. Aber du hast doch hier noch viel mehr Elemente am Wasser.“ „Du meinst jetzt die Brücke oder die Skyline von St. Louis?“
„Ja genau. Ich würde mich ein wenig entfernt von der Brücke ans Ufer stellen. Dann kannst du alles auf ein Bild bekommen. Die Stadt, die Brücke, den Fluss und wenn du Glück hast sogar den Dampfer. Damit fängst du die Atmosphäre ein, die diese Stadt auf die Menschen bewirkt. Nur solltest du vermeiden, das an irgendeinem Punkt Personen stehen. Sie gelten als Blickfang und lenken zu stark vom Wesentlichen ab.“
Christin hatte stillschweigend diesen kleinen Vortrag zu gehört.
„Dein Tommy könnte ohne Probleme Fotografen ausbilden. So wie er das jetzt erklärt hat, könnte ich sogar gute Bilder schießen.“
Pierre nickte.
„Die Zeit nehmen wir uns jetzt noch Diego. Biege nach der Brücke einfach rechts ab und versuche einen Weg an das Ufer zu finden.“
Diego steuerte das Mobil von der Brücke und bog bei der nächsten Gelegenheit ab. Tommy lies bewusst Diego eine Stelle aussuchen, die er für eine Fotografie für geeignet hielt.
„So und nun schaue durch den Sucher. Verstehst du jetzt was ich meine?“
Pierre und Christin beobachteten die beiden vom Wohnmobil aus.
„Du hast Recht Tommy. Mit all diesen Elementen auf dem Bild, wird das Foto aussagekräftiger.“ „So, schieß dein Bild und lass uns dann endlich zum Hotel fahren.“
* *
Sie hatten nicht nur gerade den Mississippi überquert, sonder auch die Staatsgrenze nach Missouri passiert. Diego fuhr die Auffahrt zum Westin St. Louis hinauf. Sie entnahmen dem Wagen ihr Handgepäck und liefen zur Rezeption.
Tommy klärte die Formalitäten. Ihr Gepäck aus Chicago war bereits eingetroffen, und auf die Zimmer gebracht worden. Der Portier reichte dem Zimmerpagen die Schlüssel. Tommy hatte ein Doppelzimmer und zwei Einzelzimmer gebucht.
„Misses, die Geschenke haben wir ebenfalls auf ihr Zimmer bringen lassen“, sagte der Page zu Christin.
„Geschenke?“
Christin schaute die Jungs fragend an, die alle unwissend mit den Schultern zuckten.
„Das muß sich um ein Missverständnis handeln. Ich kenne doch hier niemand.“
„Die Geschenke wurden für Lady Ballater abgegeben“, erwiderte der Page.
„Aha, der heimliche Verehrer wieder“, sagte Pierre mit einem Grinsen.
Christin betrat ihr Zimmer mit einem unbehaglichen Gefühl. Auf einem runden Tisch standen ein paar kleine Geschenke aufgebaut und natürlich einen großer roter Rosenstrauß.
„Nun mach schon auf Christin, mache es nicht so spannend“, sagte Pierre und nahm eines der Geschenke in die Hand und hielt es schüttelt an sein Ohr.
„Eine Bombe ist nicht drin.“
„Kannst uns ja später sagen was drin ist, ich gehe jetzt in unser Zimmer und packe erst mal aus und dann geh ich unter die Dusche, die hab ich mir redlich verdient“, meinte Tommy und verlies das Zimmer.
Pierre stellte das Päckchen ab.
„Da werde ich mich wohl anschließen“, meinte Pierre und verlies ebenfalls das Zimmer.
Diego, der die ganze Zeit an der Tür stand gab ein Handzeichen und verschwand ebenfalls.
* *
Tut das gut, das heiße Wasser zu spüren, dachte Tommy. Er hörte wie sich die Tür zum Bad öffnete. Es klopfte an die Duschwand.
„Hier draußen steht ein einsamer, kleiner Junge der sich ein bisschen nach Wärme sehnt.“
„Dann zieh dir was an, dann ist es nicht so kalt“, sagte Tommy lachend zu Pierre.
Pierre öffnete die Tür und trat in die Dusche.
„Ähm, ich meine ja nur, aber hättest du dir die Sachen nicht vielleicht vorher ausziehen sollen?“ Pierre stand vor ihm und hatte seine Shorts, ein T-Shirt und seine Socken noch an. Durch das Wasser aufgeweicht lagen jene eng an der Haut an, was zur Folge hatte, dass man Pierres ausgeprägten Körperbau bewundern konnte.
Tommy zog ihn zu sich heran, und begann Pierre leidenschaftlich zu küssen. Seine Hände wanderten am Rücken herunter, und suchten sich ihren Weg unter das klebende Shirt. Er streichelte an Pierres Rücken hinauf, während die andere Hand über den wohlgeformten Hintern von Pierre fuhr.
Pierre bekundete das mit einem Stöhnen, dass leise über seine Lippen kam. Er entledigte sich seine nassen Klamotten und warf sie vor die Dusche auf den Boden. Eingehüllt im Dampf des heißen Wassers machte er sich über Tommy her.
* *
Christin saß am kleine runden Tisch und besah sich ihre Geschenke. Am besten gefiel ihr die schmale Uhr die sie immer noch in ihren Händen hielt. Wer macht mir solche Geschenke, dachte Christin, die fassungslos die Geschenke eins nach dem Anderen in die Hand nahm und immer wieder anschaute.
Sie warf die Sachen auf Tisch und stand auf. Sie nahm ihre Tasche und stellte sie aufs Bett. Im Bad drehte sie das Wasser auf und zog ihre Kleidung aus. Auch sie wollte sich einwenig frisch machen.
* *
„So jetzt aber raus, sonst kommen die uns noch mit überhöhter Wasserrechnung“, meinte Tommy.
Beide trockneten sich ab und Tommy versorgte Pierres nasse Sachen noch.
„Man war das gut, das sollten wir öfter machen Tommy.“
Pierre hatte sich nackt auf das Bett gelegt.
„Das kannst du haben, in jedem Hotel in dem wir absteigen bis Los Angeles.“
„Das sind ja verlockende Aussichten. Um wie viele Hotels handelt es sich denn?“
„Moment.“
Tommy durchsuchte seine Tasche nach seinen Unterlagen. Pierre stand auf und schmiegte sich an Tommy.
„Hör auf, das war ein Scherz mit der Frage. Komm ich weiß die Zeit viel besser zu nutzen.“
„Schon wieder fit? Hast du eine Ausdauer“, sagte Tommy bewundernd.
„Ich habe ja nichts dagegen, aber wir verschieben das lieber auf später. Die anderen warten sicherlich schon auf uns. Ich habe doch ein Tisch bei Novaks bestellt.
Wenn wir nicht pünktlich kommen, ist er weg und du bekommst heut nichts mehr zu Essen.“
„Warum sagst du das nicht gleich. Ich habe einen Bärenhunger.“
„Kann ich mir vorstellen. Wenn man sich so verausgabt hat, kann man ja nur Hunger haben.“
Pierre lächelte Tommy an.
„Hat es dir nicht gefallen?“
„Doch hat es, und wie. Aber ich spüre jetzt jeden einzelnen Muskel meines Körper, dank deiner.“
„Dann wird ich dich nachher, wenn wir zurückkommen, erst mal einer Massage unterziehen.“
„Das wäre eine tolle Idee, ich nehm dich bei Wort.“
„Kannst du ruhig.“
Pierre gab Tommy einen Kuss und stieg in seine Klamotten.
Er zog die schwarze Lederhose an, die er von Tommy geschenkt bekommen hatte. Darauf ein weites, weißes Hemd.
„Du siehst wie immer sehr verführerisch aus“, gab Tommy zu besten, der gerade einen Pulli über den Kopf zog.
„Das will ich auch schwer hoffen. Man weiß ja nie was einem über den Weg läuft.“
„He, du hast gefälligst nur mir nach zuschauen.“
„Das fällt mir nicht schwer, dein knackiger Hintern kommt in der engen Jeans voll zu Geltung.“ Beide fingen an zu lachen.
„Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, wir wollen heute Abend, noch irgendwelche Weiber aufreißen.“
Die Zwei verließen laut lachend das Zimmer.
* *
„Da seid ihr ja endlich. Ich dachte schon, ihr seid da oben eingeschlafen. Der Wagen wartet bereits draußen auf uns“, sagte Christin.
Diego stand dicht hinter ihr und trat ungeduldig auf der Stelle. Er hatte ebenfalls eine Lederhose angezogen, doch seine war braun. In seinen Klamotten sah er jetzt eher wie ein derber Cowboy aus, als ein friedlicher Student.
Zu viert verließen sie das Hotel und stiegen in die Limousine.
Der Fahrer machte absichtlich einen Umweg. So konnten sie einige Sehenswürdigkeiten bei Nacht von St. Louis sehen.
Bei Novaks Bar & Grill angekommen, drang schon laute Country Musik auf die Straße.
„Was ist den hier am Gange?“, wollte Pierre wissen.
Tommy sah Pierre an.
„Ja ich weiß. Ich soll mich überraschen lassen.“
Tommy nahm ihn in den Arm, und gemeinsam schlenderten sie in den Laden.
Christin und Diego folgten ihnen. Ein buntes Spektakel war im Gange und ein lautes Treiben von der Bühne dröhnte zu den Vieren.
Sie setzten sich an den Tisch und sogleich war eine Bedienung war da. Sie bestellte ihre Getränke und bekamen die Speisekarte gereicht.
„Was essen wir denn, die Auswahl ist ja riesengroß“, meinte Christin und überflog die einzelnen Vorschläge.
„Das hört ja gar nicht mehr auf. Da kann ich mich bestimmt nicht entscheiden, sind ja lauter leckere Sachen.“
„Also mir würde der Eggie Weggie Burger reizen, der hat alles drauf, was mein Herz begehrt“, sagte Pierre und rieb sich hungrig den Magen.
„Ich nehm den Crispy Salad Surpreme der hat einen scharfe Mustard Dressing, genau das richtige für mich“, meinte Diego.
Tommy blätterte in der Speisekarte.
„Ich glaub, ich nehm den Meat Sampler, ich möchte mal wieder richtig viel Fleisch.“
Pierre mußte bei dem Wort Fleisch frech grinsen, was Tommy nicht entgangen war.
„Ja, esst ihr nur eure Fleischberge. Ich halt mich an was vegetarisches. Die frittierten Zucchinisticks mit Ranchsauce machen mich irgendwie an“, sagte Christin.
Jeder gab seine Bestellung auf und nun tranken sie erst mal etwas. Pierre zog kräftig an seinem Bier.
„Du bist ja ein richtiger Schluckspecht“, sagte Tommy frech grinsend.
Pierre konnte sich nicht beherrschen und pruste los.
„Man Pierre, mach doch nicht so eine Sauerei auf unseren Tisch. Die schmeißen uns ja noch vor dem Essen raus. Mit euch Jungs kann man echt nirgends hingehen. Irgendwer macht immer etwas peinliches.“
„Darf ich euch mal etwas fragen?“, warf Diego in die heitere Runde ein.
„Natürlich Diego, wenn es nichts peinliches ist“, entgegnete Pierre.
„Nein nichts peinliches, denke ich jedenfalls.“
„Schieß los, mache es nicht so spannend.“
„Mich würde interessieren wie ihr euch kennen gelernt habt und seit wann du und Tommy zusammen seid.“
Pierre wollte gerade ansetzen, da viel ihm Christin ins Wort.
„Das erzähle ich dir lieber, bin ja schließlich ein Beobachter von außen. Also Tommy und ich haben uns bei meinem dritten Fotoshooting kennen gelernt. Er angagierte mich direkt vom Shooting weg, für einen Auftrag. Und ich wusste damals schon das Tommy ein bekannter und angesagter Fotograf war.“
Christin nippte kurz an ihrem Glas und erzählte dann weiter.
„Für mich war es das Tor zur Welt. Seit die Bilder veröffentlicht wurden kann ich mich vor Angeboten kaum noch retten. Wir wurden richtig gute Freunde, weil wir ja auch beruflich ja viel miteinander zu tun hatten. Auch merkte ich bald das Tommy rein berufliches Interesse an mir zeigte, tja er war eben schwul. So bekam ich auch mit, wie er sich in einen kleinen, damals noch unbekannten Franzosen verliebte.“
„Unbekannt? Klein? Wie beschreibst du denn mich wieder Christin?“, frotzelte Pierre.
Tommy mußte grinsen.
„Und seitdem seit ihr zusammen?“, wollte Diego wissen.
Tommy schüttelte den Kopf.
„Nein Diego“, wieder ließ Christin niemand von den Beiden zu Wort kommen.
„Sie waren eine zeitlang zusammen, aber die Streitigkeiten wurden mehr, und als sie sich in der Öffentlichkeit, also bei Fotosaisons nur noch anschrieen, trennten sich die Beiden.“
„Waren wir damals echt so schlimm?“, fragte Tommy.
„Ja, wart ihr. Ich hätte euch schütteln können. Ihr hattet Streit wegen jeder Kleinigkeit, es war nicht zum aushalten.“
„Aber jetzt seit ihr wieder fest zusammen?“, meinte Diego.
„Ja, und daran ist indirekt Christin schuld. Sie hat uns wieder zusammen gebracht.“
Christin schaute Tommy verblüfft an.
„Christin es ist schön dich auch mal sprachlos zu sehen“, sagte Pierre frech.
„Du musst wissen Diego, wir sind mit Christin zusammen in familiärer Sache nach Schottland gefahren, und da hat es einfach noch mal gefunkt zwischen uns. Und seither sind wir unzertrennlich“, sprach Pierre weiter.
„Nicht ganz“, verbesserte Tommy Pierre, „soweit unser Terminkalender es eben erlaubt.“
„Das hört sich ja richtig romantisch an, so etwas müsste mir auch passieren.“
„Du willst einen Jungen kennen lernen?“, fragte Pierre frech.
„Nein, ein Mädchen, aber wer möchte schon einen Studenten aus Mexiko kennen lernen. Da kommt immer gleich die Bemerkung, der will dich doch nur wegen der Greencard.“
„Och, ich weiß da vielleicht jemanden…“, sagte Pierre frech, „Aua.“
Ein verstörter Blick von Diego fiel auf Pierre. Christin hatte Pierre an Schienbein getreten. Christin wandte sich an Diego.
„Natürlich hab ich schon so was gehört bei uns in England. Aber so wie du das schilderst, war es mir nicht bekannt.“
„Doch es ist so, besonders wenn man aus Mexiko kommt. Tausende versuchen jährlich über die verbotene Grenze zu kommen und fast alle werden sie wieder eingefangen und zurück gebracht. Die es schaffen leben im Verborgenen und nehmen irgendwelche Hungerlöhnerjobs an. Und wenn ich sage, ich komme aus Mexiko, werden gleich sämtliche Papiere von mir verlangt. Ich bin froh, dass Tommy, das alles geregelt hat, dass ich mich hier in den verschiedenen Staaten unbedenklich bewegen kann.“
Tommy setzte ein Lächeln auf. Diego wusste nicht, was Tommy alles in Bewegung hat setzen müssen, dass er ihn mitnehmen konnte. Das Essen wurde gebracht, und sogleich änderte sich das Gesprächsthema zum Essen hin.
* *
Nach dem Essen fuhren sie zurück zum Hotel und setzten sich noch ein wenig an die Bar. Hier spielte dezente Musik und sie konnten sich auch besser unterhalten. Diego erzählte von seinen Plänen, vielleicht sein Glück in Europa zu suchen.
Die Möglichkeit wäre gegeben, wenn ihm die Universität, auf der er war, ihm eine Empfehlung ausstellen würde. Christin hörte fasziniert zu und konnte ihren Blick nicht mehr von Diego lassen.
Tommy beobachtete das Ganze und versank im Gedanken, wäre schon nett, wenn Christin auch jemanden finden würde. Diego war wirklich ein netter Kerl und vor allem zuverlässig.
Pierre stupste ihn an und holte Tommy in die Gegenwart zurück.
„Trinken wir noch einen oder gehen wir schon hoch ins Zimmer?“
„Wenn du willst trinken wir noch einen Pierre, ich wollte morgen nicht so früh losfahren.“
„Was ist unser nächstes Ziel morgen?“, wollte Christin wissen.
„Springfield.“
„Wieso Springfield, da waren wir doch schon.“
„Nein. In Missouri, wie in fast jedem anderen Staat hier, gibt es auch ein Springfield und dort fahren wir hin.“
* *
Pierre hatte Schwierigkeiten mit dem Aufstehen. Sein Kopf fühlte sich an, als wäre er einen Meter breiter als sonst. Aus dem einen Drink waren mehrere geworden. Und nun hatte Pierre die Quittung. Ein Kater, wie er ihn noch nie hatte.
„Was haben die da rein gemixt? Mein Kopf fühlt sich an wie ein riesiger Ameisenhaufen.“
„Es ist nicht die Frage was die da rein gemixt haben, sondern was du alles in dich rein geschüttet hast“, sagte Tommy und setzte sich neben Pierre aufs Bett.
„Ich weiß überhaupt nichts mehr, ich habe den totalen Filmriss.“
„Das habe ich gemerkt. Ich mußte dich ins Bett tragen. Diego hat mir dabei geholfen soweit es ihm möglich war.“
„Möglich?“
„Ja meinst du, du alleine hast soviel getrunken.“
Diego verträgt nur anscheinend mehr. Und Christin, über die möchte ich lieber kein Wort verlieren.“
Tommy grinste bis über beide Ohren.
„Hab… hab ich was schlimmes gemacht?“
„So kann man das auch nennen, …schlimmes.“
Pierre wurde noch blasser im Gesicht.
„Hab ich mich ausgezogen an der Bar, Gäste angemacht… sag es mir bitte?“
„Nein, von dem allem nichts. Muss ich dir ürigends hoch anrechnen, bei dem Alkoholpegel. Es war etwas anderes. Du hast dich an Diego rangemacht.“
„O Gott, wirklich?“
„Ja, aber nicht so wie du es normalerweise tust. Ihr wart so betrunken, dass ich denke Diego hat es nichts ausgemacht, besonders als du plötzlich von einem Extrem ins andere gefallen bist.“
Pierre saß mit weit aufgerissenen Augen in Bett.
„Als erstes bist du ihm immer dichter auf die Pelle gerückt. Dann hast du ihn laufend umarmt. Als du dann angefangen hast ihn ab zuknutschen, wollte ich eingreifen. Aber wie von selbst hast du wie ein Bessener auf Diego eingeredet, wie toll Christin doch als Freundin für ihn wäre.“
„Das habe ich gemacht? Ich kann mich bei Diego und Christin nicht mehr blicken lassen. Ist das peinlich.“
„Peinlich ist gar kein Ausdruck. Aber du brauchst dir keine Sorgen zumachen, Christin war genauso voll wie du. Ich würde mich wundern wenn sie noch etwas von heute Nacht wüsste.“
„Und Diego?“
„Der war von dir angetan. Hin und her gerissen zwischen dir und Christin.“
Tommy mußte laut lachen.
„Ich trink nie wieder einen Tropfen Alkohol, so was darf mir nie wieder passieren.“
„Tolle Einsicht. Aber nun steh auf und geh erst mal duschen. Und das du weißt, die Massage um die du mich heute nacht gebracht hast, werde ich irgendwann einfordern.“
„Wieso hab ich heute nacht denn…“
„Nein kaum was du im Bett, bist du friedlich eingeschlafen.“
Pierre stand auf und lief ins Bad. Nach einer Weile hörte Tommy einen lauten Schrei aus dem Bad. Er mußte grinsen, denn er hatte das Wasser auf kalt gestellt, weil er wusste, dass Pierre bestimmt nicht auf die Einstellung schauen würde.
* *
Ich saß schon unten beim Frühstück und wartete auf die anderen.
„Hallo Freunde. Seid ihr alle fit?“
Christin stand vor unserem Tisch.
„Christin du kannst deine Sonnenbrille ausziehen. Hier scheint keine Sonne. Außerdem bin ich nur da. Pierre kommt gleich und Diego habe ich noch nicht gesehen.“
„Was haben wir nur heute nacht gemacht, ich weiß nichts mehr, besser gesagt ich weiß nicht ob es real war oder ob ich das alles geträumt habe.“
„Was hast du denn geträumt?“, fragte Tommy der sich gerade ein Brötchen schmierte.
„Pierre und Diego haben sich geküsst und ich und Diego haben uns auch geküsst…“
„Also Pierre und Diego haben sich wirklich geküsst und nicht nur einmal.“
„Oh, wirklich?“
Christines Antwort klang einwenig enttäuscht.
„Aber du und Diego, ihr habt euch da schon was geliefert. Als du ihm auch noch das Hemd ausziehen wolltest, hab ich euch hoch geschickt.“
„Ich und Diego?“
„Ja, du und Diego. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte man meinen können ihr zwei wärt schon ewig zusammen.“
Diego und Pierre kamen in den Frühstücksraum. Christines Gesicht verfärbte sich tiefrot.
„Guten Morgen“, kam es leise von Diego.
Pierre nickte nur mit dem Kopf. Still saßen sie da und verloren kein Wort. Sie vermieden es sich an zuschauen. Plötzlich fing Tommy an zu lachen.
„Ihr müsstet euch mal sehen. Sitzt da wie ein Jammerhaufen.“
„Du hast gut reden“, sagte Pierre, „du bist auch der einzigste der nicht betrunken war.“
„Leute hört auf euch zu bemitleiden oder für was von heut nacht zu schämen. Ich fand es gut, dass jetzt endlich klare Linien zwischen uns gezogen sind und wir über die Gefühle der anderen Bescheid wissen.“
Christin schaute Diego in die Augen.
„Guten morgen Diego.“
„Wie Christin, kein Schatz mehr, jedenfalls hast du mich so genannt heute nacht.“
Diego zog Christin zu sich und gab ihr einen kleinen Kuss.
„Ach Pierre, du brauchst dir keine Gedanken machen wegen unserer Knutscherei. Ich habe es genossen, dass muß ich zugeben, auch mal von einem Mann so begehrt zu werden. Aber du verstehst sicherlich, das mir Chris wichtiger ist.“
„Schon gut, schon gut. Ich habe es schon verstanden. Nie trink ich wieder was … nie wieder.“ Tommy nahm ihn lachend in den Arm.
* *
„Und was wird nun aus uns?“, wollte Christin von Diego wissen.
Mittlerweile waren sie schon wieder unterwegs, Richtung Springfield.
Diesmal fuhr Tommy, er hatte am wenigsten getrunken und war so heute als einzigster Fit fürs Fahren.
„In zwei Wochen fliege ich wieder nach Europa zurück. Und für eine Kurzversion einer Liebesgeschichte, bin ich nicht zu haben.“
„Christin mach dir doch keinen Kopf. Ich habe es dir doch gestern erklärt.“
„Du musst entschuldigen, aber davon weiß ich nichts mehr.“
„Also noch mal von vorne. Ich bemühe mich um einen Platz an der Universität Göttingen in Deutschland. Da wären noch Plätze frei bei Kunstwissenschaft. Mit der Empfehlung meiner Uni und der von Tommy wird das kein Problem sein. Und von England nach Deutschland oder anders herum, ist doch ein Katzensprung.“
„Das würdest du machen?“
„Natürlich würde ich das tun. Und jetzt wo ich noch einen Grund mehr dazu habe nach Europa über zusiedeln, habe ich es mir fest vorgenommen.“
Christin legte sich in die Arme von Diego und schloß glücklich die Augen.
Tommy fuhr die Manchester Avenue hinunter, bog in den Kingshighway ein um auf die Interstate 44 zukommen.
„Leute wollt ihr den Unterschlupf von dem berühmt-berüchtigten Jesse James sehen?“
„Den gab es wirklich? Ich dachte, dass war nur ein Western, den sich jemand ausgedacht hatte.“ „Nein den gab es wirklich. In Stanton bei Meramee Caverns gibt es die Höhle in der Jesse lebte, ist bestimm auch ein paar Schnappschüsse wert. Ach Diego, nicht das du jetzt anfängst nur noch deinen Schatz zu fotografieren. Von Christin existieren schon Bilder genug, ich habe jede Menge von ihr.“
„Du hast Bilder von mir?“
„Ja hab ich. Ich archiviere alle meine Bilder von meinen Modells, und da sind deine auch darunter. Und seit der Erfindung des Computer fällt mir das noch leichter und ich brauche kein zusätzliches Archiv mehr.“
„Dann hast du also auch Bilder von mir?“
„Selbstverständlich habe ich Bilder von dir Pierre. Das sind ja auch rein zufällig meine Lieblingssammlung, besonders die Werbungsserie von Davidoff mit Cool Water.“
„Die? Hast du da alle noch? Ich hatte während der Session fast die ganze Zeit nichts an.“
„Ich weiß, deswegen gefallen sie mir ja auch so gut.“
„Tommy, die musst du mir bei Gelegenheit auch mal zeigen“, sagte Christin grinsend.
„Kannste haben, die CD-ROM von Pierre habe ich immer bei mir. Mit dem Lap Top, das ich dabei habe kannst du dir alle anschauen.“
„Gibt es da nicht irgendwelche Urheberrechte die das verbieten das sie jeder angucken kann?“, wollte Pierre wissen.
„Die Rechte habe ich, falls du es schon vergessen hast. Und dem, den ich zeigen möchte, kann ich es zeigen. Aber sei beruhigt, ich hab sie noch niemand gezeigt, ist ja schließlich meine private Sammlung.“
* *
Die Stadtgrenze war passiert, und die Häuser am Rand der I 44 wurden weniger. Schon wie in Illinois vorher, erstreckten sich zahllose Getreidefelder über die ganze Landschaft. Vereinzelt erschienen kleine Ansiedlungen.
Diego und Christin waren eingeschlafen und bei Pierre fehlte auch nicht mehr viel.
„Pierre geh doch nach hinten und leg dich ein wenig hin. Hier vorne sitzt du doch nur unbequem.“ Pierre war aufgestanden und hatte sich nach hinten verzogen, schnell war er eingeschlafen. Tommy fuhr weiter auf der Interstate.
Nach einer Weile wurde auch er müde und beschloss bei der nächsten Möglichkeit zu halten. An einem kleine Rastplatz bewegte er das große Gefährt von der I44.
Er machte den Motor aus und streckte sich erst mal. Die Drei lagen auf den Betten und schliefen den Schlaf der Gerechten.
Tommy stieg aus und genoss die Vormittagssonne in seinem Gesicht. Er lief an einem Stück und nach einem kleinen Wald tat sich ein kleiner See vor ihm auf. Er spielte ein wenig mit der Hand im Wasser.
Es war nicht kalt, obwohl die Sonne noch nicht lange hier scheinen konnte. Tommy schaute sich um. So weit er sehen konnte, weite Felder und kein Mensch weit und breit. Nur von hinten drang ab und zu das Geräusch eines vorbeifahrenden Autos zu ihm.
Kurzerhand zog er sich nackt aus und sprang in den See. Mit langen Zügen schwamm er seine Bahn quer über den See. Das Wasser gab ihm ein angenehmes Gefühl auf seiner Haut. Am Ufer angelangt, legte er sich auf den Rasen um sich in der Sonne um sich trocknen zu lassen.
Er sollte so was öfter machen, dachte er sich. Einfach ausspannen und es sich gut gehen lassen.
„Ich verstehe jetzt Pierre, wenn er sagt du siehst aus wie ein griechischer Gott.“
Tommy schlug die Augen auf und schaute in die Augen von Diego. Er war aufgewacht und den frische Fußspuren im niedergetrampelten Gras gefolgt und Tommy am See nackt liegend vorgefunden. Etwas peinlich gerührt, setzte sich Tommy auf.
„Darf ich mich einwenig zu dir setzten?“ Tommy nickte.
„Ich wollte mich schon lange mal gerne mit dir alleine unterhalten, aber meistens sind die anderen dabei und es geht nicht.“
„Über was willst du mit mir reden?“, fragte Tommy.
„Mich fasziniert euer Zusammenleben. Ich kenne das nicht. Ich hatte nie einen richtigen Freund, ich meine jetzt nicht auf das Sexuelle bezogen.“
Diego wandte seinen Blick zum See.
„Gut ich habe auch schon mit anderen Jungen herum gemacht, aber eigentlich stehe ich doch mehr auf Mädchen.“
Tommy hörte Diego wortlos zu.
„Aber seit ich dich und Pierre kenne, merke ich erst was mir fehlt. Ein Freund. Einen, der mit mir durch dick und dünn geht, der immer für mich da ist und ich auch für ihn. Einfach jemanden zum Reden haben, das fehlt mir doch arg.“
„Ich verstehe dich Diego, mir ist es genauso gegangen. Christin hat dir ja erzählt, dass Pierre und ich erst wieder seit kurzen zusammen sind. Die drei Jahre davor, hatte ich ebenfalls niemanden. Es staut sich alles in dir auf, du versuchst es zu unterdrücken. Aber an manchen Tagen kommt alles heraus und trifft dich hart. Meistens dann, wenn du es gar nicht gebrauchen kannst. Und dann wird es schwer aus allem heraus zu kommen. Immer neue Dinge kommen dazu, es ist wie ein endloser Teufelskreis. Und dann braucht man eine Freund, der einen da raus zieht.“
Tommy stand auf und zog sich wieder an. Diego hatte sich bereits auch erhoben.
Tommy hob die Arme.
„Komm her…“
Tommy zog Diego zu sich und nahm ihn in den Arm.
„Wenn du willst Diego, bin ich für dich da. Komm einfach zu mir wenn du reden willst. Und wenn ich später in Europa bin, gibt es ja auch noch Mails und SMS für Notfälle. Und schließlich willst du ja auch nach Europa, dann wird es leichtes sein mich zu erreichen.“
„Danke Tommy, das ist sehr nett von dir.“
Diego gab Tommy ein flüchtigen Kuss auf die Wange und lief den Weg zurück zum Mobil. Tommy folgte ihm. Christin und Pierre schliefen immer noch, so stiegen beide ein und Tommy lenkte den Wagen zurück auf die Interstate.
„Es ist echt schön hier“, meinte Diego.
„Ich genieße es dieses satte Grün der Wälder und Wiesen. Bei uns daheim gibt es das nicht und vor allem es ist dazu viel zu heiß. Wo werden wir heute nacht schlafen?“
„Ich weiß es nicht so direkt. Wir hätten zwei Möglichkeiten. Entweder machen wir halt zwanzig Meilen vor Springfield, da habe ich eine kleine Pension gefunden. Klein ist gut, es sieht aus wie ein Südstaatenhaus. Habe es im Internet gesehen. Es ist zweistöckig Der Eingang ist von vier großen Säulen umsäumt, umringt von alten Bäumen und im Garten steht noch ein kleines Cottage“, erklärte Tommy.
„Sie haben zwar nur sieben Doppelzimmer, dafür aber mit reichhaltiger Ausstattung. Oder wir fahren nach Springfield in die City. Dort gibt es das Best Western Route 66 Rail Haven. Aber da es nur den Namen der Route hat, ist es auch kein interessantes Objekt zum fotografieren.“
„Also für mich hört sich das vor Springfield besser an. Außerdem sagtest du ja auch, dass wir ja auch mal im Mobil schlafen, oder?“
„Ja stimmt. Heute im Dickey House und morgen verbringen wir den Tag in Springfield. Und am späten Nachmittag fahren wir dann weiter und übernachten unterwegs irgendwo im Mobil.“
„Könntest du da vorne kurz halten, ich möchte gerne telefonieren. Meine Handy ist leer.“
„Du kannst doch meins benutzen.“
„Nein, danke Tommy, es ist ein R-Gespräch nach Mexiko, ich habe versprochen mich daheim zu melden.“
Tommy fuhr an der kleine Stadion von der Interstate und parkte den wagen hinter dem Häuschen.
„Sind wir schon da?“, meldete sich Christin.
„Nein nur ein kurzer Halt, Diego möchte kurz Zuhause anrufen“, erwiderte Tommy.
Pierre streckte sich im Bett.
„Das hat jetzt aber gut getan“, kam es von Pierre.
„Kein Wunder du hast ja auch fast 150 km verschlafen“, sagte Tommy.
„Soviel?“
Pierre stand auf und verlies den Wagen. Tommy nahm seine Kamera, weil er ein Paar Details aus der früheren Zeit der Tankstelle entdeckt hatte. Christin umrundete das Häuschen und fand Diego in der Telefonzelle vor.
„Ja wäre nett, wenn sie es besorgen könnten. Vielen Dank. Auf Wiederhören.“
Diego legte den Hörer auf und wollte sich umdrehen, als Christin ihn ansprach.
„Na hast du deine Familie erreicht?“
„Was? Ach so, das eben. Nein bei mir zu Hause sind alle ausgeflogen. Nur die Kö.. Nachbarsfrau war da.“
Diegos Gesicht färbte sich rot. Er gab Christin schnell eine Kuss und lief zurück zum Mobil. Christin sah ihm verwundert nach, machte sich dann aber doch keine weiteren Gedanken darüber. Alle stiegen ein und Tommy konnte weiterfahren.
„Wollten wir nicht in Stanton anhalten und diese Höhle anschauen?“, wollte Pierre wissen.
„Ich habe sie angeschaut. Ihr habt so fest geschlafen, dass ich euch nicht wecken wollte. Ich habe meine Fotos gemacht, und bin dann weiter gefahren.“
* *
In Lebanon besuchten sie einen Diner und aßen zu Mittag. Christin und Pierre waren von dem Vorschlag am nächsten Tag im Wohnmobil zu schlafen, wie Diego, begeistert. Die Fahrt zog sich dahin.
Da es keine weiteren Sehenswürdigkeiten, die mit der Route 66 zu tun hatte, hier entlang gab, beschlossen sie bis zu Dickey House durch zufahren. Kurz vor Springfield machte ein kleines Schild auf das Haus aufmerksam.
Tommy drosselte das Tempo des Mobils und bog vorsichtig in die enge Seitenstraße ein. Da die Straße ein wenig uneben war, wurden die Vier sehr stark durchgeschüttelt. Aber dann tat sich ein gepflegtes Stück Erde auf.
Es roch nach frisch gemähten Rasen. Eine riesige Blumenfülle zierte kleinere Inselgruppen auf dem satten Grün. Uralte Weiden und Buchen standen verteilt auf dem Grundstück. Nun kam auch das Haus zum Vorschein. Wie Tommy schon erzählt hatte, stachen die vier weiße Säulen, die am Boden begannen und am Dach oben endeten, ins Auge.
„So stelle ich mir richtige Südstaatenhäuser vor“, sagte Christin.
„Du hast Recht, alles blitze blank und in weiß gehalten. Und das Grundstück kann sich sehen lassen. So ein gepflegtes Stück Land kenne ich eigentlich nur von dir Zuhause in Ballater. Dies erinnert mich sehr stark an eure Parkanlage, nur das hier ganz andere Sorten von Blumen wachsen“, meinte Pierre.
„Diese Pracht und Farbenfülle der verschiedenen Sorten, da muß jemand hier ein Händchen dafür haben.“
Tommy stellte das Gefährt auf den großen Parkplatz hinter dem Haus.
„Das scheint das Cottage zu sein, sieht das niedlich aus. Schlafen wir da drin?“, fragte Christin. Tommy drehte sich zu ihr, „du ich weiß es nicht, da ich so kurzfristig gebucht habe, wurden mir nur zwei Doppelzimmer zugesagt.“
Bei dem Wort Doppelzimmer grinste Diego Christin an. Sie erwiderte es mit einem schüchternen Lächeln.
„Ah, sie müssen Mister Cummingham sein.“
Ein kleiner unauffälliger Herr kam um das Haus gelaufen. Er gab jedem die Hand und grüßte freundlich.
„Ihre Zimmer sind bereit. Wir haben für sie zwei wunderschöne Zimmer ausgesucht. Würden sie mir bitte folgen, damit ich ihnen den Weg zeigen kann.“
Der Mann lief ihnen voraus und betrat durch eine kleine Seitentür das Haus.
„So hier wären wir. Hier ist der Fontaine Room und hier direkt daneben liegt der Heritage Room. Beide haben einen Verbindungsraum mit Wintergarten.“
Tommy folgte dem Herrn um die Formalitäten zu erledigen, während die anderen zum Wohnmobil zurück liefen und das Gepäck holten.
„Also wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich gerne den Fontaine Room nehmen. Mir gefällt das Möbel im viktorianischen Stil und zudem finde ich diese Rosentapete und die passenden Vorhänge so süß.“
In ein paar Vasen standen auch kleiner Rosensträuße.
„Ich und Tommy nehmen dann das andere Zimmer. Es ist ein bisschen schlichter gehalten. Vor allem hat es nicht soviel Rosen drin“, sagte Pierre grinsend.
Er trug sein und Tommys Gepäck ins Zimmer und stellte es auf dem Himmelbett artigen Nachtlager ab. Lange dunkelgelbe Stoffbahnen hingen schwerfällig von der Decke herunter. Das dunkle Holz der Möbel machte diesen Raum noch kleiner wirkend. Tommy kam hinzu.
„Oh schau mal, wir haben sogar ein offenes Kamin.“
Pierre legte ein freches Grinsen auf, „da fehlt jetzt nur noch das Bärenfell.“
Tommy, der sich denken konnte, was Pierre damit meinte.
„Och der Orientteppich tut es auch.“
Pierre begann zu lachen und nahm Tommy in den Arm.
„Du ich habe nachgefragt, wie es hier aussieht, mit Motorrad fahren. Hier wäre ein herrliches Gelände zum fahren. Würdest du eine Spritztour machen?“
„Du? Ich dachte du magst die Höllenmaschine nicht.“
„Naja schon, aber wenn ich daran denke, wie ich eng angeschmiegt an dir sitze. Darauf will ich nicht verzichten.“
Tommy hatte zur Überraschung von Pierre eine ähnliche Lederkombi für sich dabei. Er dachte noch bei sich, das hat dieser Hund doch vorher doch alles genau durch geplant. Sie gingen am Wohnzimmer vorbei, wo es sich Christin und Diego zu einem Drink bequem gemacht haben.
„Wo wollt ihr den hin?“, fragte Christin.
„Wir machen noch eine kleine Spritztour vor den Abendessen, also bis gleich. Wir fahren nicht weit.“
Pierre hatte inzwischen das Motorrad aus dem Hänger geholt. Aus einem Koffer holte Tommy zwei identische Helm und gab einen davon Pierre. Mit einem lauten Dröhnen startete Pierre die Maschine und saß auf.
Er schaute zu Tommy. Ihm war wohl doch nicht so Recht bei dem Gedanken, sich da drauf zu setzen.
„Zier dich nicht so Tommy, ich fahre auch ganz vorsichtig. Ich weiß gar nicht was du hast. Ich bin ein sehr guter Fahrer, dir wird schon nichts passieren.“
* *
Diego hatte das Ganze vom Fenster aus beobachtet.
„Warum hat Tommy so eine Angst vor dem Motorrad. Es ist doch so cool mit diesem Bike übers Land zu driven.“
„Da musst du bei Tommy nachsichtig sein. Es hat mit seiner Kindheit zu tun. Ich hab dir doch erzählt, dass Tommy als er jung war, seine Eltern durch ein Verkehrsunfall verloren hatte.“
„Ja hast du.“
„Sein Vater ist damals einem Motorradfahrer ausgewichen und verlor die Kontrolle über den Wagen. Beide also auch seine Mutter starben noch am Unfallort. Der Motorradfahrer kam mit ein Paar Kratzer und einem Schrecken davon. Daher auch die Abneigung, gegen das Teil.“
„Dann ist es nur verständlich, muß schlimm sein für einen Jungen, die Eltern zu verlieren. Wie alt war er?“
„Ich glaube vierzehn.“
Diego sah den beiden nach, wie sie langsam von dem Grundstück fuhren.
* *
Tommy drückte sich eng an Pierre. Sein Unwohlsein hatte er noch nicht überwunden. Pierre gab richtig Gas auf den geraden Strecken. Tommy schloss die Augen und versuchte sich abzulenken. Es gelang ihm aber nicht. Zu stark war der Druck, der von der Maschine ausging.
Immer fester presste er sich an Pierre, bis dieser irgendwann rechts ran fuhr.
„Was ist mit dir Tommy, willst du mir die Rippen brechen?“
„Tut mir leid, es war mir nicht bewusst.“
Pierre zog den Helm ab.
„Ist es so schlimm für dich? Ich spüre wie dein ganzer Körper zittert.“
„Irgendwann muß ich doch mal diese Angst überwinden.“
„Ganz ruhig Tommy!“ Pierre bockte die Maschine auf und nahm Tommy in den Arm.
„Weißt du was, wir fahren jetzt ganz langsam zurück, und“, Pierre schaute auf seine Uhr, „gibt es eh bald Essen. Und mir macht es nichts aus, wenn du dich eng an mich drückst beim Fahren. Nur nicht erdrücken.“
Er gab Tommy einen Kuss, und beide stiegen wieder auf. In langsamer Fahrt setzte er den Rückweg an.
* *
„Und was machen wir zwei. Willst du hier sitzen bleiben, oder wollen wir draußen noch einwenig die Abendluft genießen?“
Christin stand auf und nahm Diego an die Hand.
„Lass uns rausgehen, noch einwenig Appetit holen.“
„Für was? Für das Abendessen oder etwas anderes?“
Christin gab Diego einen Kuss und verließ durch die Verandatür das Zimmer nach draußen. Diego stand im Gedanken versunken und schaute ihr nach. Sie ist in mich verliebt, obwohl sie nichts über mich weiß, rein gar nichts.
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, und er folgte ihr durch die Tür in den Garten.
„Herr Trust, gut das ich sie treffe. Ich wollte mich noch für die wunderschönen Sträuße in unserem Zimmer bedanken. Die Rosen sind herrlich.“
„Es tut mir leid Miss, aber die sind nicht von uns. Kurz vor ihrer Ankunft wurden sie per Express noch zugestellt. Meine Frau verteilte sie dann im Zimmer.“
Christin verlor auf einen Schlag ihre gute Laune.
„Ist ihnen nicht gut Miss?“
„Nein, nein. Es ist alles in Ordnung.“
Christin rannte durch den Vordereingang ins Haus. Sie lief zu ihrem Zimmer. Sie durchsuchte jeden Strauß. Bei der dritten Vase wurde sie fündig. Sie nahm die Karte und öffnete sie.
Die sind alle für dich
„Christin….?“ Christin fuhr herum.
Diego stand im Türrahmen.
„Ich muß dir, glaube ich, etwas erklären. All die Blumen sind von mir, auch die in Chicago und die Geschenke in St. Louis.“
„Von dir?“
Christin lies die Karte fallen.
„Aber warum, du wusstest doch, dass mich das beunruhigt. Warum?“
Sie schaute ihn mit ängstlichen Augen an.
„Ich…wie soll ich das erklären..“
„Am besten von Anfang an“, Christin war über die Festigkeit ihrer Stimme selbst erstaunt.
„Es hat alles damit angefangen, das mir Tommy Bilder von dir und Pierre per Internet geschickt hat. Ich fand dich besonders reizvoll und da habe ich mir vorgenommen, alles über dich heraus zu finden. Ich habe das von deiner Erbschaft mitbekommen…“
Christin wurde laut.
„Bist du auf mein Geld aus?“
„Nein Christin… lass mich doch erklären….mich ausreden.“
Diego war hochrot im Gesicht geworden.
Christin setzte sich auf Bett. Ihr Gesicht war steinern geworden.
Was bildete sich dieser Typ ein? Warum ich? Ich will das er geht.
Tausend Gedanken stürzten auf sie ein.
„Ich bin nicht der, für den du mich hältst.“
„Wie, was soll das heißen, bist du unter falschen Namen hier.“
„Moment Christin, lass mich erzählen unterbrich mich bitte nicht. Bitte vertrauen mir, auch wenn es dir jetzt schwer fällt. Ich heiße… Diego Montenez und ich bin wirklich ein Student aus Chicago. Ich studiere Kunst als Hauptfach. Soweit weißt du Bescheid. Aber… ich komme… nicht aus einer armen Familie, wie du vermutet hast.“
Christin starrte ihn fragend an.
„Ich bin der Sohn eines Großindustriellen in Mexiko. Ich habe mein eigenes Geld und alles was dazu gehört.“
„Und warum …“, Christin mußte dieses Geständnis erst verdauen, „warum spielst du uns allen ein Theater vor.“
Sie stand auf und lief auf Diego zu. Sie wollte schon ausholen, aber der tiefe Blick in Diegos Augen ließ sie inne halten.
„Dass ich dich liebe Chris war nicht gespielt.“
„Ich weiß, war nicht zu übersehen“, stammelte Christin tonlos und zupfte nervös an den Rosen herum.
„Ich wurde von meiner Familie angewiesen, hier so unauffällig wie nur möglich zu sein.“
„Das Fahrrad…der Anzug…“
„Christin was meinst du?“
„Ich habe mich gewundert, wie du als normaler Student in Chicago mit einem so teuren Fahrrad herum fahren hast können. Und der Anzug für den Italiener war nicht geliehen, dazu sah er viel zu maßgeschneidert aus. Und jetzt, was soll jetzt werden. Warum hast du mir das nicht gleich gesagt. Hast du so wenig Vertauen zu mir?“
Diego wandte sich ab.
„Ich weiß ich hätte es dir sagen sollen, wer weiß was mich geritten hat. Bin so erzogen worden aufzupassen, das ich nicht nur wegen meines Geldes Freunde habe.“
„Das müsstest du aber mittlerweile mit bekommen haben, dass ich und weder Tommy und Pierre auf Geld aus sind. Wie kannst du nur auf so beschissene Gedanken kommen, ich versteh dich nicht Diego.“
Christin kochte vor Wut.
„Was ist mit uns?“
Tommy und Pierre waren zurück gekommen. Sie standen im Türrahmen und sahen wie Christin und Diego abgewandt voneinander standen.
„Oh wir kommen wohl ungelegen“, sagte Pierre und wollte Tommy schon mit sich ziehen. „Tommy sagt dir der Name Montenez in Beziehung auf Mexiko etwas?“
Tommy kam ins Zimmer und schaute zwischen Diego und Christin, hin und her.
„Montenez…“, Pierre überlegte angestrengt, „ist das nicht so ein Superreicher da unten?“
„Ja, du hast es erfasst und hier steht sein Sohn.“
Christin wies mit ihrem Kopf Richtung Diego.
„Sein Sohn…?“
„Ja, sein Sohn… und uns spielt er den Bettelstudenten vor.“
Christin war außer sich. Tommy nahm sie in den Arm.
„Christin komm wieder herunter, er wird schon seine Gründe gehabt haben, es uns zu verschweigen.“
Tommy schaute fragend zu Diego. Der stand da und schien nicht voll da zu sein. Er starrte Löcher durch die Wand. Tränen flossen ihm über die Wangen. Er presste die Augen fest zusammen damit niemand sah, das er weinte.
Bloß weg hier dachte er wollte das Zimmer verlassen. Pierre stellte sich ihm in den Weg und nahm ihn ebenfalls in den Arm.
„He Kleiner, man kann doch miteinander reden. Wir sind alle erwachsen und vernünftig. Willst du uns es nicht erzählen, warum?“
* *
Beim Abendessen saßen alle vier schweigend am Tisch. Diego kämpfte mit sich. Ihm war klar, dass dies ein Vertrauensbruch gewesen war. Er hätte ihnen gleich reinen Wein einschenken müssen.
„Ich bin der jüngere Sohn von Rodrigos Montenez. Mein Bruder wird einmal sein Nachfolger werden, dadurch habe ich die Möglichkeit, etwas zu studieren was mir gefällt.“
Alle schauten wortlos zu Diego.
„Ich weiß das ich euch das verschwiegen habe, ist nicht mehr gut zu machen.“
„Gut zumachen?“
Christin wollte aufbrausen aber Tommy hielt sie zurück.
„Christin bitte, lass ihn reden.“
„Danke Tommy…. Ihr müsst mich auch verstehen. Ich….mein Vater hat mir nur erlaubt in Chicago zu studieren, wenn ich mich nicht wie einer diesen superreichen verwöhnten Kids hier aufführe. Und das Fahrrad, Christin, dass habe ich mir durch ehrliche Arbeit verdient. Ich bin wie jeder andere Student jobben gegangen, und hab mir so das Geld gespart. Natürlich laufe ich nicht in billigen Klamotten rum wie du richtig bemerkt hast. Auch wenn ich dazu angeheißen war nicht auf zufallen, achte ich schon auf mein Äußeres.“
Eine kurze Pause entstand. Diego holte tief Lift und redete leise weiter.
„Es ist ja nicht nur wegen des Geldes gewesen, …doch eigentlich schon. Wenn man aus einer so reichen Familie kommt, dann ist die Zahl der Neider groß, ebenfalls die Gefahr… entführt zu werden…“
Die letzten Worte kamen fast geflüstert über die Lippen von Diego.
„Ich hasse dieses Geld. Es zwingt mich in zu diesem goldenen Käfigleben. Am Anfang war es schön. Alles was ich wollte bekam ich auch. Aber zu welchem Preis? Deshalb studiere ich in Chicago um ja weit von dieser Familie weg zu sein.“
Diego war aufgestanden und zum Fenster gelaufen.
„Es ist eine ganz andere Welt für mich. Klar mein Vater zahlt natürlich das Studium, aber alles darüber hinaus habe ich selber finanziert. Meine Mutter sagte, es sei für mich wichtig mit dem Geld umgehen zu können.“
Er dreht sich zu den Dreien um.
„ Und als ich euch kennen lernte, wurde mir bewusst, was Freundschaft bedeutet. Ihr seid immer füreinander da, helft wo Hilfe nötig ist. Manchmal mehr, als es in einer normalen Freundschaft so üblich ist. Gut ich war neidisch, muß ich zugeben. Ich hatte nie richtige Freunde, nur der Geldadel der mich umringte.“
Tommy sah wie Diego zitterte, er gab ihm einen wink sich wieder zu setzten.
„Und als mich Tommy auf die Idee gebracht hat in Europa zu studieren, begann für mich ein Traum in Erfüllung zu gehen. In Europa bin ich niemand, keiner kümmert sich um mich, niemand will wissen wer ich bin. Das wäre für mich wie ein Neuanfang. Vielleicht habe ich deshalb mein Geld verschwiegen. Ich weiß nicht ob ihr das versteht, aber ich habe keine andere Erklärung.“
Eine Pause entstand und jeder schaut bedrückt auf seinen Teller. Christin nahm Diegos Hand und drückte sie. Pierre machte den Anfang und unterbrach die Stille.
„Ich finde Leute, wir sollten noch mal einen Neuanfang starten. Jetzt sind klare Verhältnisse geschaffen, und das ist eine gute Ausgangsposition. Oder findet ihr nicht?
Diego hat jetzt alles gesagt, Punkt …Aus. Da fällt mir ein…. ich bin von einem Millionärssohn geküsst worden.“
Diego schaut auf.
„Du hast mich geküsst.“
Ein Grinsen ging durch die Runde.
* *
Weiter ging es auf den Spuren der Route 66. Am nächsten Morgen in Springfield angekommen, suchte Diego nach einem passenden Parkplatz für ihr langes Gefährt.
„Und was machen wir jetzt?“, wollte Pierre wissen.
„Ich würde sagen, du und ich gehen in das Country Road Collection, die sollen da tolle Antiquitäten haben. Und ich möchte doch etwas für Onkel Henry erstehen“, beantwortete Tommy.
„Und wir werden uns nen stillen Park suchen und uns weiter unterhalten.“
„Mein Gott Christin wie lange denn noch? Redest doch jetzt schon die letzten Meilen mit Diego.“
„Ach Pierre, wann hattest du dein letztes Gespräch mit Tommy?“
„Ich lese alles in den Augen meines Schatzes, da ist jedes Wort unnötig.“
„So?“, sagte Tommy und schaute lange, intensiv in Pierres Augen.
„Und was hab ich dir jetzt gesagt?“
„Ähm…..“
„Ganz einfach, hör mit deinem Geschwafel auf und komm endlich.“
Diego und Christin bogen sich vor Lachen und Tommy nahm Pierre an der Hand und zog ihn mit sich.
* *
„Was wolltest du denn noch mit mir bereden Christin?“
„Ich weiß nicht recht. Du hast mir jetzt schon so viel über deine Familie erzählt. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich sie gerne mal kennen lernen.“
„Gleich?“
„Wie gleich?“
„Eine Überraschung für dich, komm wir fahren zum Flughafen.“
Christin schaute ihn mit großen Augen an, während Diego nach einem Taxi winkte. Sie fuhren quer durch die Stadt. Am Flughafen angekommen, zog Diego sie in die große Halle.
„Warte hier kurz Chris, muß gerade noch was fragen.“
Diego ließ sie stehen und lief zur Information. Die junge Dame am Schalter wies im einen Weg und er kam zurück.
„Komm, bleib nicht stehen, wir haben nicht viel Zeit.“
„Diego, würdest du mir bitte sagen was du vor hast.“
„Gleich, einen Augenblick noch.“
Er zog sie durch eine Tür auf der Vip stand. Dahinter tat sich ein großer Raum auf, ausgestattet mit mehreren Sitzgruppen und einer kleinen Bar. Auf einem Hocker saß ein junger Mann, der an einem Glas Champagner nippte.
„Sandro?“
Der junge Mann drehte sich um.
„Diego, hallo Kleiner.“
Erst jetzt sah Christin eine Ähnlichkeit zwischen den zwei Männern. Diego lief auf Sandro zu und nahm ihn in die Arme.
Sie sagte sich etwas in ihrer Landessprache und Sandro schaut zu Christin.
„Christin darf ich dir meinen älteren Bruder Sandro vorstellen. Er ist unterwegs nach New York und hat extra einen Zwischenstop wegen mir hier in Springfield eingelegt.“
Christin reichte Sandro die Hand.
„Diego du hast völlig untertrieben, Christin ist noch schöner, als du erzählt hast.“
Christin stieg eine leichte Röte ins Gesicht.
„Der Charme hat eure Familie wohl gepachtet“, meinte Christin verlegen.
„Du Diego. Ich soll dir ganz liebe Grüße von Mama und Papa sagen. Sie haben zu gestimmt, dass du in Europa studieren darfst. Ich habe extra ein gutes Wort für dich eingelegt. Mama hatte mal wieder ihre Zweifel.“
Diego warf sich um den Hals seines Bruders.
„Danke Sandro, ich bin dir was schuldig.“
„Das werde ich mir merken, aber jetzt muß ich wieder los. Mein Jet ist aufgetankt und ich muß heut Abend pünktlich bei einer Feier sein.“
Er gab Christin einen flüchtigen Kuss auf die Wange und umarmte dann noch innigst Diego.
„Pass auf dich auf Kleiner, und bring keine Schande über die Familie!“
„Mach ich Sandro, keine Sorge.“
Sandro wuschelte ihm durchs Haar und nahm seinen Aktenkoffer. Sie begleiteten ihn noch nach draußen auf das Flugfeld. An der Jettür drehte sich Sandro noch einmal um und winkte den Beiden zu und verschwand im Innern der Maschine.
Der Jet setzte sich in Bewegung und es dauerte nicht lange, bis er abhob.
„Wow, das war ein Auftritt.“
„Sandro ist immer so, wenn er es eilig hat.“
Beide liefen zurück zum Empfangsgebäude. Ein Bediensteter öffnete ihnen die Tür und überreichte Diego einen Umschlag. Er öffnete ihn sofort.
„Was steht drin?“, wollte Christin wissen.
Diego bekam große Augen.
„Sandro hat für uns hier im Chardonnay, dem besten und elegantesten Restaurants in Springfield einen Tisch für vier bestellt. Acht-Gänge-Menu, Wein nach Wahl……“
„Dein Bruder versteht es zu überraschen.“
* *
„Und was hast du dir so vorgestellt? Ein Bild oder ein Leuchter?“
Pierre schaute sich um. Für ihn war das alles alter Plunder, was hier in diesen Räumen ausgestellt war. Er verstand nicht, wie man damit Geld machen konnte.
„Ich habe mir schon im Internet etwas ausgesucht.“
Tommy blieb vor einem Sekretär stehen. Er war gebaut aus italienischer Walnuß, somit auch der sehr dunkle Farbton des Holzes, wie es in Italien meist üblich war. Pierre nahm das Preisschild in die Hand.
„Der kostet ja auch nur… bist du verrückt Tommy, der kostet fast neuntausend Dollar.“
Tommy schaute Pierre an.
„Ja und dann noch die Frachtkosten nach England, das wird richtig teuer. Aber dies gibt das Geschenk für meinen Onkel der Ende dieses Jahres sechzig wird. Und da ist es mir egal, was es kostet.“
Pierre war verblüfft, bekam kein Wort heraus.
„Hallo Mister Prescom. Mein Name ist Thomas Cummingham, ich habe mich per Mail für den alten italienischen Sekretär interessiert.“
„Ah, Mister Cummingham“, er schüttelte Tommys Hand, „wir hätten nicht gedacht, das sie wirklich persönlich vorbei kommen.“
„Doch habe ich ja versprochen. Haben sie die Frachtpapiere schon fertig?“
„Ja, sie brauchen nur noch zu unterschreiben. Das Geld wurde bereits von ihrer Bank in England überwiesen.“
Pierre riskierte einen Blick auf die Rechnung, während Tommy die Papiere unterschrieb. Sie verabschiedeten sich und verließen den Laden.
„Über Fünfzehntausend Dollar, Tommy du bist verrückt.“
„Wieso , nur weil ich meinen Onkel liebe und ihm einen lang gehegten Wunsch erfülle. Sie mal Pierre, er hat mich als vierzehn jährige Rotzgöre zu sich genommen. Er hat mir meine verlorene Familie ersetzt. Er stand mir immer bei, wenn ich Probleme hatte. Er war und ist immer noch für mich da, wenn ich ihn brauche. Niemand kennt mich so gut wie Onkel Henry. Er ist daran beteiligt, dass aus mir das geworden ist, was ich heute bin. Ich habe ihm so vieles zu verdanken. Da finde ich das dieser Betrag, eine Nichtigkeit dagegen ist.“
„Schon gut Tommy ich verstehe.“
Tommys Handy klingelte.
„Ja? Hi Christin…. was langsam alles der Reihe nach….. gut in Ordnung… wir treffen uns beim Wohnmobil…. ja ….also bis gleich. Bye.“
Tommy schaltete sein Handy aus.
„Was ist?“
„Wir sind gerade in das teuerste Restaurant hier in Springfield eingeladen worden.“
„Von Christin?“
„Nein von Diegos Bruder.“
„Wie ist der hier?“
„War hier, ist weiter unterwegs nach New York.“
„Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr“, sagte Pierre ratlos.
„Lass es dir doch einfach von Christin und Diego nachher erklären, wir treffen sie gleich am Mobil. Wir müssen uns ja noch schließlich umziehen.“
* *
Tommy zahlte das Taxi und folgte Pierre zum Mobil. Christin und Diego waren bereits da. Alle vier zogen sich in Windeseile um. Auch Christin hatte einen Anzug angezogen. Pierre begann zu Lachen.
„Jetzt können wir als die verwegenen Vier durch Springfield ziehen, fehlen nur noch die Mafosihüte.“
An der Tür klopfte es und Tommy öffnete sie. Ein Fahrer stand vor der Tür.
„Bin ich hier richtig bei Diego Montenez?“
„Ja“, rief es aus dem Innern des Gefährtes, „wir kommen.“
Der Fahrer schaute einwenig verwundert drein, dass vier so gut gekleidete Menschen aus dem Mobil stiegen, aber er hielt trotzdem die Türe der Limousine auf.
„Man kann es nicht abstreiten, aber die Vorzüge des Geldadels sind angenehm“, meinte Pierre und lehnte sich zurück.
Der Wagen setzte sich in Bewegung. Christin erzählte den beiden von dem Kurzbesuch von Sandro. Tommy und Pierre hörten aufmerksam zu.
„Und als wir dann zurück gehen wollten bekam Diego ein Umschlag in die Hand gedrückt. Und da stand dann drin, dass wir heute dieses wundervolle Essen genießen werden.“
Christin glühte vor Euphorie. Längst war sie Diego nicht mehr böse, wegen dem Vorfall am vergangenen Tage. Vergessen war die Wut, die sie gestern noch auf ihn hatte. Eng schmiegte sie sich an ihn, und strahlte über das ganze Gesicht.
Das Essen war einzigartig. Nach den acht Gängen rieb sich Pierre den Bauch.
„Wie noch Hunger Pierre“, grinste Tommy.
„Nein. Noch ein bisschen dann platze ich.“
Tommy wandte sich zu Christin und Diego.
„Also ich würde vorschlagen, wir fahren so in zirka einer Stunde weiter, durchqueren Kansas, und suchen uns einen tollen Platz zu übernachten in Oklahoma.“
„Kansas?“
„Ja Kansas, das sind nur dreißig Kilometer, also der letzte Zipfel des Staates.“
„Hört sich gut an, nicht Diego?“ Diego nickte.
„Und wer trägt mich jetzt zurück, ich kann, glaub ich, keine Schritt mehr gehen“, sagte Pierre.
„Du hättest dir keine zweite Portion Omelette Surprice kommen lassen sollen“, sagte Tommy lachend.
„Die Überraschung hast du ja jetzt“, kam es von Christin.
„Ha, ha, ha, wirklich witzig.“
Diego stand auf und zog Christins Stuhl zurück, damit sie besser aufstehen konnte.
„Ich lass das wohl lieber, sonst bricht vielleicht noch der Stuhl unter Pierre zusammen.“
Die Drei fingen an zu lachen und Pierre zog eine Grimasse zu Tommy.
„Ich würde jetzt gerne noch einwenig laufen. Pierre hatte schon recht, das Mahl war schon sehr üppig.“
Sie verließen das Restaurant und schlenderten den Gehweg entlang.
Die entgegenkommenden Leute schauten sie verwundert an. Es war schon ein seltsamer Anblick. Vier gutaussehenden jungen Menschen, alle mit einem schwarzen Anzug begleitet, laufen Hand in Hand die Strasse hinunter. Der Wagen folgte ihnen im gebührenden Abstand.
Die Altstadt von Springfield war noch komplett erhalten, viele im viktorianischen Stil erbaut. Nirgends machten sich die endlos scheinenden Hochhäuser breit. Hier schien die Zeit stehen geblieben zu sein.
* *
„Du musst wieder auf die Interstate 44, Richtung Baxter Springs“, sagte Tommy zu Diego der vor der roten Ampel den Wagen ausrollen lies.
„Du Tommy“, Pierre lehnte sich an Tommy.
„War die beste Idee von dir mich mit zunehmen. Ich bin so glücklich mit dir zusammen zu sein. Dich so zu erleben, wie du bist. Und auf unser Gespräch in Chicago zurück zu kommen, wir brauchen nicht zu heiraten, ich weiß du gehörst zu mir und ich zu dir, und daran ändert ein Formular auch nichts. Ich liebe dich so wie du bist ich möchte das du so bleibst. Lass mich dein Begleiter sein, so lange du willst und kannst. Ich bin immer für dich da, und du kannst dich auch jederzeit dich bei mir fallen lassen.“
Tommy saß die ganze Zeit still da. Er lauschte Pierres Liebeserklärung. Er sah Pierre in die Augen.
„Was hat dich zu dieser Einstellung gebracht, ich meine mit dem Heiraten?“
„Es war einfach ganz plötzlich da. Die letzten drei Tage mit dir waren einfach wunderschön. Du liest mir jeden Wunsch in den Augen. Überrascht mich mit Dingen, die tief in mir ein Wohlbehagen auslösen. Deine Nähe lösen bei mir eine Ruhe aus, die ich vorher nie hatte. Und dann gestern der Vorfall mit Diego.“
Pierre hielt kurz inne schaute zu Boden.
„Ich kann mich erinnern als wir das erstemal zusammen waren, haben wir auch fast nie miteinander geredet und das hat unsere Freundschaft damals zerstört. Diese Wortlosigkeit ist Gift für jede Beziehung. Ich habe das so oft jetzt gesehen. Viele unserer gemeinsamen Freunde sind nicht mehr zusammen. Und warum? Weil sie nicht fähig waren, miteinander ein Gespräch zuführen. Bei uns hat sich das Gott sei Dank geändert. Wir reden jetzt über alles. Teilen unsere Gedanken und unsere Gefühle. Jeder weiß was der andere denkt, seine Sehnsüchte und wie es um einen bestellt ist. Das ist mir wichtig Tommy, das würde ich gerne so bei behalten .“
Tommy saß immer noch ganz ruhig da und schaute weiterhin zu Pierre.
„Und ich wollte dir nur sagen, dass ich jederzeit zu dir ja sagen würde. Ich liebe dich Pierre. Ich genieße die gemeinsame Zeit mit dir genauso. Mir ist es genauso wichtig, zu wissen, was du denkst und fühlst. Unsere langen Unterredungen, ohne die ich eigentlich nicht mehr sein möchte. Ich will gar nicht daran denken, wenn wir wieder zu Hause sind und uns die nächsten Aufträge getrennte Wege gehen lassen.“
„Um so schöner ist doch das Wiedersehen.“
„Ja, da hast du recht.“
Tommy gab Pierre einen kleinen Kuss auf die Stirn.
„Noch fünfzig Meilen bis zur Grenze sollten wir uns nicht irgendwo nach was Essbaren umschauen?“, wollte Diego wissen.
„Wenn du es schaffst, können wir bis Baxter Springs durch fahren.
„Dort gibt es das Murphys Restaurant“, erwiderte Tommy.
Pierre nahm Tommys Unterlagen an sich.
„Du Tommy in Baxter Springs gibt es auch ein Museum.“
„Ja ich weiß, aber es scheint nach Internetangaben nicht interessant zu sein.“
„Ich weiß nicht wie du deine Bilder zusammen bekommen willst.“
„Keine Sorge. Ich habe schon jede Menge aufgenommen. Und wir haben nicht mal die Hälfte der Strecke zurückgelegt.“
„Ist in Ordnung, und wie sehen deine weiteren Pläne aus?“
„Erst mal gehen wir in Baxter Springs essen. Dann sind es noch ungefähr 20 Meilen bis zu Staatsgrenze nach Oklahoma. Und dort würde ich vorschlagen, bei dem kleinen Städtchen Miami uns eine Übernachtungsmöglichkeit mit unserem Mobil zu suchen.“
„Okay, dann mal los.“
* *
Diego fuhr recht zügig. Auch der Verkehr hatte stark nachgelassen und so waren sehr zeitig in Baxter Springs. Das Restaurant erwies sich als reinste Fundgrube. Überall hingen alte Fotografien. In jeder Ecke und Nische standen Souvenirs aus der Blütezeit der Route 66.
Tommy wusste überhaupt nicht, wo er anfangen sollte zu fotografieren. Nach dem Essen fuhren sie dann noch bis zur Staatsgrenze nach Oklahoma. An einer Raststätte fanden sie einen Platz, wo sie übernachten konnten.
„Ich geh noch kurz zur Toilette und suche nach einer Waschgelegenheit. Hier ist es mir doch ein bisschen zu eng. Geht jemand mit?“, fragte Pierre.
Diego hob den Kopf.
„Ja, warte Pierre. Ich such nur noch schnell mein Waschzeug zusammen.“
Beide verließen das Wohnmobil.
„Na Christin, hast du dich wieder beruhigt?“
„Ja schon, Tommy. Obwohl ich mich immer noch ein bisschen ärgere, warum Diego mich nicht gleich einweihte. Aber es ist jetzt egal.“
„Du liebst ihn.“
„Sieht man mir das an? Du hast recht, ja ich gebe es zu. Anfänglich war ich mir nicht sicher und hielt es für eine Schwärmerei. Doch seit dem Dickey House bin ich mir klar darüber.“
„Und wie hast du das bemerkt?“
„Ganz einfach. Ich konnte mir vorstellen mit Diego alt zu werden. Wie er eventuell mit mir zu Hause das Internat führt. Er sagte mir er liebe Kinder über alles. Und als ich ihm von meinen Plänen und Visionen hinsichtlich des Heimes erzählte, war er Feuer und Flamme. Er sprudelte förmlich über vor Ideen und ich zu geben muß, dass da einige sehr gute darunter waren.“
Tommy setzte sich an den Tisch. Christin öffnete die kleine Tür zu der Nasszelle. Sie wusch ihr Gesicht und putzte die Zähne. Die Haare bürstend, kam sie wieder heraus.
„Was für Ideen erzähl mir.“
„Ja hauptsächlich auf Kunst bezogen. Er meinte es wäre gut das Fach Kunst einzubauen. Den Kinder Malunterricht zugeben. Platz zu schaffen, wo sie selber ihre Fotografien entwickeln könnten. Wobei ich denke da kannst du mir vielleicht eher helfen , das zu realisieren.“
„Würde ich sehr gerne machen Christin. Kannst jederzeit mit mir rechnen.“
„Danke Tommy das ist lieb von dir.“
„Und was meint Diego dazu, wenn du weiterhin als Model fungierst?“
Christin lachte.
„Tommy das ist mein Leben. Ich habe ihm gesagt, dass ich wegen ihm nicht meinen Job aufgebe und daheim die brave Hausfrau spiele. Er meinte nur das wolle er überhaupt nicht. Das käme für ihn nicht in Frage. Er würde zwar ein bisschen dran zu knabbern haben, das die halbe Welt meinen Body bestaunen kann, aber daran würde er sich schon gewöhnen.“
„Ich muß ehrlich sein. Immer wenn Pierre einem neuen Auftrag hat, überkommt mich so was wie Neid.“
„Neid?“
„Ja Neid. Ich wäre gerne der Fotograf, der Pierre ins richtige Licht setzt.“
Tommy setzte Kaffeewasser auf und stellte vier Tassen bereit.
Er drehte sich wieder zu Christin.
„Aber ich denke das ist etwas, dass auch ich noch lernen muß. Was ich bestimmt auf keinen Fall will ist, dass ich Pierre in Wege stehe, wenn es um seine Karriere geht.“
„Das ist auch recht so Tommy. In einer Beziehung muß jeder zurückstecken. Man muß dem anderen seine Freiraum lassen, auch wenn das oft schwer fällt. Das heißt aber nicht, das du deine Toleranzgrenze weit absenken musst. Rede mit ihm über alles was dich beschäftigt.“
„Keine Sorge, das machen wir.“
* *
Die Tür ging auf und Pierre und Diego kamen herein.
„Oh, hier riecht es nach Kaffee.“
„Ja Tommy hat gerade einen Kaffe frisch gemacht.“
Tommy goss die Tassen voll und reichte jedem eine davon.
„Gehen wir gleich ins Bett oder reden wir noch ein bisschen“, fragte Pierre und nippte an seiner Tasse.
Christin stellte ihre Tasse ab.
„Also ich würde noch gerne etwas reden.“
Diego nickte ebenfalls.
„Und über was?“, wollte Tommy wissen.
„Reden wir doch gerade da weiter, wo wir aufgehört haben“, meinte Christin.
„Über was hab ihr gerade gesprochen?“, fragte Diego und lehnte sich zurück.
„Über Freundschaften, Bindungen, Vertrauen.“
„Da fällt mir ein, ich habe ein kleines Gedichtband dabei, von einem Deutschen. Ist ins englische übersetzt. Pierre lass mich mal raus, ich will es holen.“
„Bleib doch sitzen ,Schatz. Sag mir wo und ich hole es.“
„Es liegt an meinem Bett neben dem Kopfkissen.“
Pierre stand auf und hüpfte auf das Etagenbett über dem Fahrerhaus.
„Ja da liegt es, Moment ich komme.“
Mit einem riesigen Satz sprang er wieder herunter und gab das Buch Tommy.
„Wo ist es denn?“
Tommy blätterte das Buch durch.
„Ah, da ist es ja, hört zu.“
über freunde kann ich gar nicht genug schreiben
weil sie so präsent sind zum leben dazu gehören
auch wenn sie nicht immer da sind
wegen der entfernjung des wohnrotes
oder einfach weil sie ihrer arbeit nachgehen
umso intensiver werden die gespräche
die folgen wenn man sich trifft
gespräche mit tiefgang
aber auch heiter und gesellig
dankbar bin ich jenen die immer für mich da sind
zwar nicht viele aber genügend
wenn hilfe gebraucht wird
die zahl ist nicht entscheidend ist nicht wichtig
es müssen richtige freunde sein
bei denen jedem einzelnen
das vertrauen wichtig ist und auch das vertrauen wert ist
das wir jenen schenken
die uns so ans herz gewachsen sind
© peter 2003
Tommy schloß das Buch und legte es auf den Tisch um weiter an seinem Kaffee schlürfen zu können. Jeder verarbeitete das gerade gehörte.
„Ich denke, er hängt sehr an seinen Freunden.“
Christin hatte als erstes das Wort ergriffen.
„Er ist bestimmt jemand der seine Freundschaften pflegt, der immer für sie da ist.“
„Denke ich auch. Er schreib fast genauso wie ich darüber denke. Das betrifft übrigens alle Gedichte, die ich von ihm gelesen habe.“
Christin nahm das Buch und lass das Vorwort.
„Da steht, er habe sehr jung damit angefangen die Gedichte zu schreiben, wörtlich: Recht jung wie viele meinen, aber auch in diesem Alter sind Gefühle und Gedanken schon reichlich von der Umwelt geprägt. In seinen Gedichten steht ja auch nichts anderes geschrieben, als Gefühle und Erlebtes seines Alttages.
Tommy du musst mir das mal ausleihen. Scheint ja echt interessant zu sein.“
„Ja mach ich, wenn ich es ausgelesen habe. So Leute ich bin müde, ich gehe jetzt ins Bett.“
Alle schlossen sich an und machten sich fertig fürs Bett.
Eng aneinander gekuschelt schiefen Diego und Christin bald darauf ein.
* *
Tommy hörte Pierres tiefes gleichmäßiges Atmen. Er war auf seinem Arm eingeschlafen. Er lauschte in die nacht hinaus. Das Rauschen der Bäume, das Brummen der Motoren der Autos, die am Highway vorbei fuhren.
Mit diesen Geräuschen dank Tommy dann langsam in einen tiefen Schlaf. Das laute Hupen eines Trucks lies alle aufschrecken.
„O Gott, was soll das denn. Wie viel Uhr haben wir denn?“, wollte Christin wissen.
Diego schaute auf seine Uhr.
„Halb sechs morgens. Ich drehe mich noch mal um und versuch noch ein wenig zu schlafen.“
Tommy schaute zu Pierre. Er war längst, eng angeschmiegt, wieder eingeschlafen. Er fuhr Pierre durch das Haar und beobachtete sein Gesicht. Das erste Licht des Morgens warf seine Schatten darauf.
Er strich das Haar nach hinten. Das wäre jetzt ein tolles Foto, dachte sich Tommy und überlegte sich wie er an die Kamera ran kommen könnte, ohne Pierre zu wecken. Er verwarf den Gedanken. Er schloß die Augen.
„He du Schlafmütze, wie lange willst du denn noch schlafen?“
Tommy öffnete seine Augen und schaute in Pierres strahlendes Gesicht.
„Christin und Diego sind schon frühstücken, und du liegst immer noch….“, Pierre begann zu grinsen, „verführerisch im Bett.“
„Lass mich doch erst mal zu mir kommen.“
Tommy stützte sich mit den Händen ab und setzte sich auf. Er rieb seine Augen bevor er sich zu strecken begann.
„Willst du mich verführen?“
„Ich verführen, dich? Wie kommst du da rauf?“
„Sitzt hier fast nackt auf dem Bett und lässt deine Muskeln spielen, meinst du das lässt mich kalt?“
Tommy mußte lächeln und gab seine Pierre einen Kuss.
„Nein habe ich nicht vor. Ich werde jetzt aufstehen mich frisch machen und dann anziehen. Ich hab nämlich einen Bärenhunger, will endlich frühstücken gehen.“
Fertig angezogen lief Tommy über den Platz zur Station. Er öffnete die Tür. Der Geruch von frischen Kaffee stieg im in die Nase.
„Morgen Tommy.“
Christin saß neben Diego auf einem Barhocker vor der Decke. Ist ja fast wie ein kleiner Diner, dachte sich Tommy. Er setzte sich auf den noch freien Hocker neben Diego. Eine ältere Dame kam und wischte über die Theke.
„Morgen, was darf dir bringen?“
Tommy schaute auf die handgeschriebene Tafel.
„Ich nehme das große Frühstück bitte.“
„Mit Brombeerkuchen oder ohne?“
„Mit natürlich, den berühmten Brombeerkuchen kann ich mir nicht entgehen lassen.“
„Ja den backen wir schon seit Generationen selber, ist sehr beliebt bei uns.“
Die alte Dame verschwand durch die Tür nach hinten. Tommy wandte sich zu Christin und Diego.
„Und, habt ihr gut geschlafen?“
Diego nickte. Er hatte sich gerade das letzte Stück vom Kuchen rein geschoben.
„Ja Tommy“, sagte Christin, „also wenn du nichts dagegen hast sollten wir das auf der Fahrt noch mal machen. Wir brauchen nicht immer in einem Hotel absteigen.“
Die Frau kam wieder aus der Küche und stellte Tommy sein Frühstück hin.
„Das willst du alles essen?“ fragte Christin.
„Wieso denn, ich hab einen schrecklichen Hunger.“
„Schon gut, Diego und ich werden dann schon mal raus gehen.“
Sie standen auf und verließen die Oilstation. Ein anderer Gast stand von Tisch auf und setzte sich neben Tommy.
„Sie scheinen Europäer zu sein, nach ihrer Aussprache nach?“
Tommy schaute den Mann neben sich an. Er schätze ihn um die sechzig. Graues schütteres Haar nicht sehr groß und die typische Holzfällerkleidung. Latzhose und kariertes Hemd.
„Ja, ich stamme aus London, wieso fragen sie?“
„Ich stamme aus Glasgow, bin aber als Kind mit meinen Eltern hier her ausgewandert.“
„Also ein Landsmann.“
„Ja kann man so sagen.“
„Und was machen sie hier?“
„Ich habe in der Nähe eine kleine Farm, die ich von meinen Eltern übernommen habe. Früher hatten wir noch Gästezimmer, aber seit die 66 nicht mehr existiert, habe ich das aufgegeben. „Prubert, erzählst du wieder alte Geschichten?“, die alte Dame hatte sich zu ihm gedreht.
„Oh Miss, ich höre gerne alte Geschichten, besonders über die Route 66“, sagte Tommy.
Die Frau goss sich einen Kaffee ein.
„Ja, das waren noch schöne Zeiten, unser kleiner Laden war immer gerammelt voll. Und es gab auch viele kleine Läden in der Nachbarschaft. Aber wie sie sehen es verfällt langsam alles. Einer nach dem anderen zieht weg in die nächste Stadt. Von uns Alten sind nur noch ganz wenige da. Und die jungen haben kein Interesse hier irgendetwas aufrecht zu erhalten.“
„Doris, du darfst nicht so traurig sein uns war allen klar, als sie den Highway zumachten, dass hier alles dem Ruin geweiht ist“, sagte der Mann neben Tommy.
„Und seit es die Interstate gibt, verirrt sich nur noch selten jemand hier her.“
Tommy hob seine leere Tasse zu der Frau, die gleich darauf sie wieder mit frischem Kaffee füllte.
„Und hat die Regierung nichts dagegen getan, damit hier nichts verfällt?“, wollte Tommy wissen. Prubert machte einen Fingerzeig nach einer Tasse Kaffee.
„Doch natürlich, wir sollten sogar eine Abfahrt von der I 40 bekommen. Es wurde im alten Coleman Theater sogar eine Ausstellung von der 66 eingerichtet. Aber es blieb bei den Versprechen. Getan hat sich bis heute nichts.“
„Und da kann man überhaupt nichts dran ändern?“
„Doch schon, wenn man den Tourismus ein wenig ankurbeln würde. Aber daran, scheint mir, haben die Stadtväter kein Interesse.“
„Ich bin Fotograf, und bin unterwegs um die Überreste der Route 66 für einen neuen Bildband zu fotografieren, wäre doch gelacht, wenn man ihr Städtchen dadurch ein bisschen bekannter machen könnte.“
„Mit Fotos kann man heutzutage noch Geld verdienen?“, fragte Doris hinter der Theke.
„Ja kann man, besonders wenn man so bekannt ist, wie der junge Herr da“, sagte Pierre der gerade zur Tür herein kam.
„Bist du fertig Tommy, wir möchten gerne weiter fahren.“
„Oh, wir haben Prominenz hier.“
Doris kramte in einer Schublade und holte eine Polaroid heraus. Tommy schaute interessiert.
„So eine alte Sofortbildkamera habe ich schon lange nicht mehr gesehen.“
„Junger Mann bleibe nicht an der Tür stehen. Mach einfach ein Bild von Prubert und mir mit eurem Tommy.“
Pierre machte das wie ihm geheißen. Er schoss ein Foto von den Dreien. Doris schrieb mit einem Stift das Datum darunter und Tommys vollen Namen.
Dann nahm sie einen Pin und heftete das Bild an die große Fotowand.
Dann verschwand sie in der Küche.
„Ich muß nur noch zahlen, dann können wir los.“
Doris kam mit einem großen Stück verpackten Kuchen zurück.
„So für euch damit ihr unterwegs was zum Essen habt.“
„Oh vielen Dank, auf Wiedersehen.“
Tommy schüttelte Prubert und Doris die Hand und verließ dann mit Pierre die Station.
Zu jeder Stadt ein kleine Geschichte. So auch die nächste Stadt, die sie durchfuhren.
Vinity.
* *
Eigentlich hieß die Stadt mal Dowingwill, aber wurde wegen einer ortsansässigen Bildhauerin unbenannt. Sie hatte die große Statue von Abraham Lincoln im Washington Kapitol erschaffen. Pierre war immer wieder erstaunt, was Tommy alles über die an der Strecke befindlichen Städte herausgefunden hatte.
Kurz vor Tulsa hielten sie an einem Rastplatz. Tommy wollte unbedingt die Twin Brigde fotografieren. Es war eine wunderschöne alte Zwillingsbrücke, und wie Tommy sagte allemal eine Aufnahme wert.
Tulsa wurde auch später noch bekann weil dort die berühmten Boygroup Henson wohnten. In Foyil stand ein dreißig Meter hoher Totenpfahl aus Beton, dabei war ein frisch restaurierter Phantasierastplatz, der auch noch aus der Zeit der Route 66 stammte.
In Tulsa selbst machten sie Rast. Tommy nahm ein paar Bilder der hiesigen Straßenbahn auf, die schon bereits seit 1907 existierte.
„Hast du gesehen Tommy, die Bahnen haben keine fortlaufenden Nummern, sondern sind in fünfer Schritten gehalten.“
Pierre hatte sich einen Fahrplan angesehen. Nach einem Kaffee fuhren sie dann über die elfte Strasse zurück auf die SR 66 und konnten so auf die Interstate 44 gelangen.
„Wie weit fahren wir heute?“, fragte Diego.
„Ich würde sagen, ein bisschen weiter wie Oklahoma City. Nach El Reno. Dort befindet sich der Lake el Reno. Dort hat es wunderschöne Plätze zum Campen. El Reno war früher ein Kavallerieaussenposten gegen die Aufstände der Chayenne. Und wenn wir wollen können wir dort auch schwimmen gehen.“
„Nackt?“, fragte Diego grinsend.
„Diego, das war eine einmalige Sache. Wird nicht mehr vorkommen“, erwiderte Tommy.
Christin sah Pierre fragend an.
Er zuckte mit den Schultern.
„Haben Pierre und ich irgendetwas verpasst?“
„Nein Schatz. Ganz einfache Erklärung. Tommy ist doch gefahren als wir St. Louis verließen. Wir drei schliefen ja. Und da ist er an einem Rastplatz angehalten, weil auch er müde wurde. Er ging etwas spazieren, während wir weiter schliefen. Nun ja, er fand einen See und beschloss darin zu baden.“
Pierre hob die Augenbrauen.
„Ich war in der Zwischenzeit aufgewacht und schaute nach, wo Tommy geblieben wäre. Ich bin seinem Trampelpfad gefolgt, und fand ihn dann auch. Er lag nackt wie ihn Gott schuf in der Morgensonne und ließ sich trocknen.“
„Kaum lässt man dich mal aus den Augen, strippst du für andere“, sagte Pierre und seine gespielte Eifersucht war fast überzeugend.
„Tja, man muß kriegen was man bekommt“, konterte Tommy.
„Na warte, wenn wir wieder alleine sind, wirst du schon sehen, was du davon hast, für andere zu strippen.“
Diego und Christin mussten lachen.
* *
„Die nächste Stadion ist Stroud, da würde ich gerne länger halt machen. Die historische Innenstadt ist übersät mit Antiquitätenläden“, meinte Tommy zu Diego.
Sie fuhren schon eine Weile an kleineren Bohrtürmen vorbei. Hier gab es nur wenige Cowboys, dafür eben mehr Monteure die auf den Ölfeldern arbeiteten.
„Noch zwanzig Meilen bis Stroud. Endlich. Da letzte Stück empfand ich doch sehr anstrengend.“
„Legt dich doch ein bisschen hin. Ich bleibe bei dir, wenn Tommy und Pierre ein bisschen die Stadt besichtigen.“
„Und du meinst, Diego könnte sich dann ausruhen?“, warf Pierre ein.
„Spotte du ruhig, ich kann mich auch ganz ruhig verhalten.“
Pierre fing laut an zu lachen.
„Das will ich sehen, dass kenne ich gar nicht bei dir.“
„Du Ekel, du kennst viele meiner guten Seiten nicht.“
„Gute Seiten, dass ich nicht lache, du bist eine Frau. Und es ist bekannt das Frauen keine gute Seiten haben.“
Nun mussten auch Diego und Tommy grinsen.
„Ja verschwört euch ruhig gegen mich, ihr werdet schon sehen, was euch erwartet.“
Diego blickte kurz zu Christin rüber.
„Du kannst ruhig dableiben Chris, du störst mich nicht.“
Pierre blähte sich gekünstelt auf.
„Du Verräter, fällst mir in den Rücken.
So fuhr die fröhliche Runde weiter nach Stroud.
* *
Diego parkte das Mobil an einem großen Platz für Trucks. Tommy und Pierre machten sich sofort auf den Weg in die Innenstadt.
„Willst du eigentlich wieder etwas kaufen, oder nur so schauen?“, fragte Pierre.
„Eigentlich nur schauen, aber wenn etwas interessantes dabei ist, was auch dir gefallen würde, auch kaufen. Für unsere Wohnung zum Beispiel, die könnte noch ein paar kleine Accessoires vertragen. Einen alten Stoff, irgendwelche Gegenstände, müssen ja nicht groß wie ein italienischer Sekretär sein.“
Pierre grinste bei der letzten Bemerkung von Tommy.
„Und wenn mir etwas gefällt, kaufen wir es dann auch?“
„Pierre es ist unsere Wohnung, natürlich!“
Der Reiseführer mit all seinen Beschreibungen hatte nicht zu viel versprochen. Es reihte sich ein Antiquitätenladen neben dem anderen.
„Tommy schau mal, da gibt es sogar Weihnachtsschmuck.“
„Lass uns reingehen. Es ist zwar erst August, aber solchen Schmuck bekommt man bei uns zu Hause nicht.“
Edle Kugeln reich verziert in alle Farbnuancen hingen von der Decke, Kerzen in verschiedenen Formen und Größen standen in den Regalen.
„Mann, da weiß man ja nicht, wo man als erstes hinschauen soll.“
„Doch ich weiß es“, erwiderte Tommy, er hatte bereits etwas gefunden, das ihm ins Augen stach. „Pierre schau einmal, die wunderschönen royalblauen Kugeln verziert mit Schneelandschaften und Glitter.“
„Ob der Glitter echt ist?“
„Wie, echt ist?“
„Ob das echter Goldglitter ist, weil wenn ich mir den Preis anschaue, kann man das Gefühl schon bekommen.“
„Pierre das ist alte Handwerkskunst. Alle Kugeln sind aus Glas und handbemalt. Das hat seinen Preis, nicht wie diese bunten Plastikkugeln, die sich überall breit machen. Ich glaube wir beide fliegen mal nach Deutschland, in eine Glasmanufaktur, da siehst du erst, wie teuer mundgeblasene Kugeln sein können.“
„Bei Blasen fällt mir etwas ein.“
Pierre grinste frech.
„Pierre nicht hier. Der Verkäufer schaut schon komisch.“
„Okay Tommy. Aber wie wär es den mit dieser Putte, man ist die schwer.“
Pierre hatte eine mittelgroße, goldene Engelsgestalt aus dem Regal genommen.
„Auf dem schmiedereisernen Regal im Eck zu Hause, würde der sich garantiert gut machen.“ „Du hast recht und schau mal auf den Preis, er ist nicht mal so teuer.“
„Kann ich den Herren helfen?“
Der Verkäufer war herangetreten.
„Ja wir hätten gerne diesen Engel und dieses Kugelset. Könnten sie es uns stabil und sicher einpacken? Wir sind mit einem Wohnmobil unterwegs und ich möchte nicht, dass auf der langen Fahrt irgendetwas zu Bruch geht.“
„Ja werde ich machen. Mit der Putte haben sie Glück, die habe ich erst neu herein bekommen.“ „Du hast recht bis LA ist es noch ein ganzes Stück zu fahren“, meinte Pierre zu Tommy.
Tommy zahlte und sie verließen den Laden.
* *
Sie stöberten noch in den anderen Läden, aber wurden nicht mehr fündig. So liefen sie mit ihrem Neuerstandenem zurück zu Mobil.
„Da seid ihr ja wieder“, begrüßte Christin beide.
„Und habt ihr etwas gefunden.“
„Ja Tommy hat sich Weihnachtssachen gekauft.“
„Weihnachtssachen? Ist es dazu nicht ein bisschen früh?“
„Christin so ein Angebot konnte ich mir nicht entgehen lassen. So etwas bekomme ich nicht in England. Ist Diego wach, können wir weiter fahren?“
„Ja sicher, aber Diego traut sich nicht zu fragen, ob er mit Pierre ein paar Kilometer mit dem Motorrad voraus fahren dürfte.“
„Also ich habe nichts dagegen, wollte eh schon fragen, wann ich dazu die Gelegenheit wieder habe. Und Tommy, Diego hat doch ungefähr deine Größe. Ihm müssten eigentlich deine Sachen passen, obwohl….“, Pierre legte wieder sein unverschämtes Lächeln auf, „um den Bauch rum wird es etwas weit sein.“
„He, was soll das heißen?“
Tommy gab Pierre einen Boxhieb auf die Schulter.
„Aua, war doch nur ein Spass….“
„Ich weiß.“
„Und warum hast du mich dann geboxt?“
„War auch nur Spass.“
Christin verschwand lachend im Mobil. Diego und Pierre zogen sich um, während Tommy die schwere Maschine aus dem Hänger rollte.
„Also wenn ihr nichts dagegen habt, es sind jetzt noch hundert Kilometer bis Oklahoma City. Ihr könnt die ganze Strecke mit dem Bike fahren.“
„Du bist ein Schatz Tommy“, sagte Pierre und gab Tommy einen Kuss.
„Pass auf dich auf mein Kleiner und fahr nicht so schnell, ich will dich am Stück wieder haben.“
„Stück ist gut“, grinste Pierre.“
Sie saßen auf und fuhren los.
„Da haben wir uns was süßes eingefangen Christin.“
„Du hast recht, süß sind sie. Aber ich weiß nicht wer wen eingefangen hat.“
Beide stiegen in das Mobil um den beiden zu folgen.
* *
Nach Stroud wurde es wieder auf der Interstate ruhig. Ab und zu ließen die Zwei auf dem Motorrad zurückfallen um zu sehen wo sie waren.
„Ich denke, wir werden in Oklahoma City nur zu Abend essen und dann weiter fahren.“
„Wieso Tommy gibt es in der Stadt nichts interessantes?“
„Nicht mehr viel Christin. Seit dem Bombenattentat 1995 auf das Albert P. Murray Building, läuft der Tourismus nicht mehr so recht. Viele Läden haben seither geschlossen.“
„Wie viel Personen sind damals eigentlich umgekommen?“
„Ungefähr 170 Personen.“
„Wie schnell man so etwas vergisst. Es kommen so viele Schreckensnachrichten im Fernseh, da stumpft man mit der zeit ab und verdrängt es sehr schnell. Schau mal da vorne fahren die Beiden. Wie Diego so eng angeschmiegt an Pierre hängt. Ich glaub ich muß mir den Herrn mal nachher zur Brust nehmen.“
„Du wirst doch jetzt nicht eifersüchtig werden, auf die beiden. Aber ich kann dich beruhigen Christin. Bei Pierres Fahrstil, würdest du dich auch festklammern. Ich weiß wovon ich rede.“ Beide grinsten sich an. Im Radio spielte der Sender das neue Lied von LeAnn Rimes. Can`t fight the Moonlight. Beide trällerten leise die Melodie mit.
„Hast du den Film dazu gesehen?“
„Ja ich war mit Pierre im Kino, vor unserer Abreise.“
„Ich habe ihn mit einer Freundin angeschaut. Beide schmachteten wir diesem jungen Typen hinter her.“
„Versteh ich voll und ganz, uns hat er auch gefallen. Besonders als er so verführerisch im Bett liegend aufwachte. Pierre blamierte uns natürlich wieder. Er rief laut, runter mit der Decke.“ „Das ist Pierre live.“
Beide lachten.
* *
Vorbei an kleinen Hainen und weiten Wiesen wurde es immer ruhig auf der I 44. Die kleinen Siedlungen wurden immer seltener, bis sie auch auf dem Highway fast alleine fuhren. Ab und zu wurden sie von einem Truck überholt.
Von Tommy und Diego hatten sie schon eine Weile nichts mehr gesehen.
„Wie sieht es aus zwischen dir und Diego, wie ich feststellen konnte habt ihr euch wieder zusammen gerauft.“
„Ja, haben wir. Diego und ich haben beschlossen, wenn wir hier fertig sind, werde ich nicht gleich mit euch zurück fliegen. Er will mich seinen Eltern vorstellen. Wir haben vor zwei oder drei tage noch nach Mexiko zu fliegen.“
„Das hört sich jetzt aber wirklich ernst an.“
„Ja Tommy. Ich liebe Diego über alles, trotz seines holperigen Anfangs.“
„Und wann ist die Hochzeit?“
„Tommy!“
„Darüber haben wir uns noch keine Gedanken gemacht. Genauso gut könnte ich dich das fragen.“
„Das könnte eher sein, als du denkst.“
„Wie eher?“
„Ganz einfach. Pierre hat mich in Chicago gefragt ob ich ihn heiraten möchte.“
„Ist das romantisch“, sagte Christin mit verklärten Augen.
„Und?“
„Ich hab mir Bedenkzeit erbeten.“
„Wieso das denn? Du bist in deinen Pierre richtig vernarrt. Ich kann mir nicht vorstellen, wenn wir wieder zu Hause sind, und ihr wegen verschiedener Aufträge getrennt seid, wie du ohne ihn auskommen willst.“
„Na, na, so schlimm wird es schon nicht werden. Aber du hast recht. Ich liebe Pierre über alles. Ich möchte die Zeit mit ihm nicht mehr wissen.“
„Und warum sagst du dann nicht ja?“
„Hab ich ja bereits. In St. Louis.”
„Ich glaub jetzt brauche ich ein Taschentuch. Ihr seid wohl das romantischste Pärchen das ich kenne. Und wer trägt dann weiß von euch?“
Tommy sah Christin an, die ihn frech angrinste. Auch er begann zu grinsen.
Christins Handy klingelte.
„Ja?…..Was ihr seid schon dort, seid ihr geflogen?….. Ja wir treffen uns dort…….Naja, noch ungefähr so eine Stunde werden wir brauchen, bis wir bei euch sind……….Okay……Ja ich liebe dich auch Diego.“
Christin drückte die Austaste.
„Die sind schon in Oklahoma City. Diego sagte sie warten genau hinter der Abfahrt vom Interstate auf einem kleinen Parkplatz.“
„Die müssen wirklich geflogen sein. Wobei ich kann mit dem Vehikel nicht so schnell fahren, obwohl das Motorrad im Gepäck fehlt. Aber du hast recht noch eine Stunde, dann werden wir auch da sein.“
Wie besprochen, fuhren wir bei dem kleinen Rastplatz, wo die zwei auf und warten wollten heraus.
„Siehst du sie irgendwo?“ fragte Christin.
„Nein, ich kann sie nicht entdecken.“
„Komisch.“
Tommy brachte den Wagen zu Stehen, und schaltete den Motor aus. Christin stieg als erstes aus.
„Und du bist sicher, dass Diego diesen Rastplatz gemeint hat?“ fragte Tommy Christin, die sich weiter umschaute.
„Welchen denn sonst, dahinten ist die Stadtgrenze, da gibt’s keinen anderen mehr.“
„Was liegt denn dahinten?“
„Wo?“
„Da neben dem Mühleimer.“
Tommy lief hin und ließ einen Entsetzensschrei los.
„Tommy was ist?“
„Das ist die Jacke von Pierre und… sie ist blutverschmiert.“
Christin kam zu ihm gerannt.
„Was ist hier nur passiert, wo sind die beiden…. Tommy schau da unten, glänzt etwas.“
Beide liefen sie den Hang hinunter und fanden das Motorrad der beiden.
„Was machen wir jetzt?“ fragte Christin, die stark zitterte.
„Wir rufen die Polizei und zwar gleich.“
„Nein Diego hat gesagt, wenn ihm mal was zu stoßen würde, sollte ich seinen Bruder Sandro anrufen.“
„Hast du die Nummer?“
„Ja im Wagen..“
„Dann komm, rufen wir an.“
Beide stiegen hastig den Hang wieder hinauf. Tommy nahm Pierres Jacke an sich. Am Wagen angekommen, holte Christin ihr Handy und die Nummer heraus. Sie wählte.
* *
„Ja hier Sandro.“
„Hallo Sandro…hier ist Christin…“
„Christin ist irgendetwas passiert?“
Christin war viel zu aufgeregt um klar sprechen zu können, deshalb nahm Tommy das Handy an sich.
„Hallo Sandro hier ist Tommy ein Freund von Diego und Christin.“
Tommy erzählte ihm ausführlich, was sich zu getragen hatte.
„Das hört sich nach einer Entführung an, irgendwann musste das ja mal passieren. Tommy hör mir zu, versucht das Motorrad, wieder in den Hänger zu verladen, dann kommt so schnell wie möglich an den Flugplatz. Ich selber werde so schnell wie möglich versuchen zu euch zu fliegen.“
„Ja machen wir Sandro.“
„Und eins noch, pass mir auf die Kleine auf, Diego liebt sie wirklich, also wir sehen uns. Ich meld mich sobald ich im Anflug auf Oklahoma City bin.“
„Okay Sandro, bye.“
„Also Christin, tue mir den Gefallen und setze dich ins Mobil und fahre rüber an die Stelle wo das Motorrad liegt. Sandro meint wir sollen es einladen. Schaffst du das?“
„Ja, zumindest versuche ich es.“
„Gut, ich werde inzwischen versuchen, das Bike in Gang zu bekommen und den Hang hochzufahren.“
„Du willst dich selber draufsetzen?“
„Was bleibt mir anderes übrig?“
„Danke Tommy.“
„Für was?“
„Dass du so einen kühlen Kopf behältst.“
„Schon in Ordnung.“
* *
Wie mit Sandro abgemacht, fuhren die beiden zum Flughafen von Oklahoma City. Dort wurden sie bereits schon von einem Mann und einer Frau erwartet.
„Hallo wir sind Freunde von Sandro, ich heiße Phil und das ist Angela.“
„Wisst ihr beiden, was wir jetzt tun sollen?“ fragte Christin schon mit einer weinerlichen Stimme.
Angela nahm sie in den Arm und lief mit ihr ein paar Schritte. Tommy erzählte Phil noch mal, was sie vorgefunden hatten.
„Ihr habt keine Mitteilung oder ähnliches gefunden?“ fragte Phil.
„Nein, wir haben extra noch mal alles abgesucht,“ antwortete ihm Tommy.
„Gut, dann heißt es warten, bei wem sie sich zuerst melden.“
„Wer meldet sich?“ fragte Tommy verwirrt.
„Tommy, wir haben dies schon öfter mitgemacht. Dein Pierre und Diego sind mit Garantie entführt worden. Aber keine Sorge, wir sind ein eingespieltes Team. Wir müssen nur noch auf Sandro warten.“
Total aufgelöst kam Christin mit Angela zurückgerannt.
„Da hat jemand eine SMS auf mein Handy geschickt,“ sagte Christin und gab es zitternd Tommy.
Wir haben Diego ,ihm passiert nichts solange keine Polizei auftaucht. Wir ver-langen die Herausgabe des Goldengel und der Kugeln. Übergabeort schicken wir an diese Nummer.
„Also ist er entführt worden, wie wir vermuteten,“ sagte Phil.
„Und was ist mit Pierre, hier steht nichts von meinem Pierre,“ sagte Tommy langsam panisch werdend.
„Tommy ruhig, deinem Pierre wird schon nichts passieren,“ sagte Angela.
„Wie kannst du dir da so sicher sein, er kann schon irgendwo ….,“ Tommy fing an zu weinen.
„Tommy ist gut, es ist gut..,“ sagte Christin und nahm Tommy in den Arm.
Angelas Handy klingelte.
„Ja…. ja keine Lösegeldforderung……. Christins Handy…… irgendwelchen Goldengel und Kugeln.. ja geht in Ordnung… bye Sandro.
Sandro wird in einer halben Stunde hier landen, bis dahin versuchen wir ruhig zu bleiben. Wir wäre es mit einer Tasse Kaffee?“
„Wäre vielleicht eine gute Idee, lasst uns reingehen,“ sagte Phil und schob Tommy langsam vor sich her.
„Was ist mit den Goldengel und den Kugeln gemeint weiß das jemand von euch?“
„Stimmt, das sind die Sachen die ich und Piere in dem kleinen Trödlerladen gekauft haben.“
* *
Die Zeit schien zu kriechen, bis Sandro mit seinem Privatjet endlich in Oklahoma City eintraf. Als erstes nahm Sandro Christin in den Arm und drückte sie eine Weile.
„Wir bekommen unseren Kleinen da schon heil raus,“ sagte er um Christin zu beruhigen, „und deinen Pierre auch Tommy, keine Sorge!“
„Und was machen wir jetzt?“ fragte Tommy ungeduldig.
„Erst mal abwarten wann der Übergabeort bekannt gegeben wird. Habt ihr schon heraus bekommen was es mit den Gegenständen auf sich hat?“ fragte Sandro.
„Ja sie sind hier im Mobil, Tommy hat sie sich als Mitbringsel für Europa gekauft,“ sagte Angela.
„Wir gehen erst mal ins Hotel, und machen uns ein wenig frisch, dass wird euch beiden auch gut tun,“ meinte Angela und drängte zum Ausgang.
„Dort können wir die Sachen auch unter Augenschein nehmen.“
Angela hatte mehrere Zimmer im Marriott in Oklahoma City gebucht. Mit einer großen Limousine fuhren sie dort hin. Tommy und Christin folgten ihnen mit dem Wohnmobil. Die beiden konnten sich kaum auf den Verkehr konzentrieren, so waren sie mit den Gedanken wo anderst.
Eine SMS wurde auf Christins Handy gesandt. Tommy und Christin schauten sich an. Er gab mit der Lichthupe Lichtzeichen, an die vor ihnen fahrende Limousine und fuhr rechts ran. Die Limousine ebenso.
Sandro und Phil kamen nach hinten gerannt und Christin gab ihnen ihr Handy.
Übergabe im Grand Canyon, in drei Tagen, genauere Position wird durchgegeben!
„Grand Canyon also und drei Tage, dass gibt uns ein wenig Zeit zum Planen,“ sagte Phil.
„Das ist doch ein unheimlich großes Gebiet, wie soll man da denn was planen?“ fragte Christin.
Beim Hotel eingecheckt, trafen sie sich alle, nach dem sie sich frisch gemacht hatten bei Sandro. Tommy brachte die zwei gekauften Weihnachtssachen mit.
„Das hier ist der Engel, und das sind die Kugeln,“ meinte Tommy.
Ein Mann, der mit Sandro kam, schaute sich die Kugeln genauer an.
„Also wenn ihr mich fragt, sind die Halterungen mit echten Diamanten besetzt und ebenfalls die Kugeln, dass ist keine Glitzersteine, sondern reine Diamanten,“ sagte darauf hin der Mann.
Dann nahm er sich die Putte vor. Er drehte den Engel in alle Richtungen und bemerkte an der unteren Seite, eine versteckte Öffnung.
Mit einem kleinen Messer bekam er den Deckel ab, und herausgekullert kam ein kleiner Beutel. Er griff hinein und zog einen weiteren Diamanten heraus.“
„Die Rose des Orient,“ meinte Sandro.
„Der sieht aus, wie der den wir bei dir gefunden haben, Christine,“ sagte Tommy.
„Du hast den Zweiten?“ fragte Sandro.
„Wieso den Zweiten?“
„Die Rose des Orients, sind zwei absolut gleiche Diamanten gewesen, bisher dachte man immer, mindestens einer davon sei verloren, denn es tauchte in der Vergangenheit immer nur einer der Beiden auf. Also existieren noch beide,“ sagte der Mann.
„Sie gehörten beide zu einer sehr großen Halskette eines Kalifen.“
„Von dem Zweiten, der bei uns im Familienbesitz ist, weiß so gut wie keiner etwas, es wurde der Presse damals verschwiegen,“ meinte Christin.
„Das ist auch besser so,“ meinte Sandro.
Der Mann tat den Diamanten wieder in den Engel und verschloss ihn vorsichtig.
„Dann ist der Entführungsgrund, wohl nicht Diego,“ meinte Sandro erleichtert.
„Die wollen nur ihren Schmuck wieder haben. Das mindert mal etwas die Gefahr für beide, auch für Pierre.“
Dabei sah er Tommy an, der ebenfalls etwas erleichtert schien.
* *
Sechsunddreißig Stunden später.
„Und welchen Platz sollen wir nehmen?“, fragte Christin.
Sie und Tommy waren weiter der Route66 gefolgt und wie geplant auf den Campingplatz der Ölland Südkante ihren bestellten Platz bezogen. Tommy drehte die Stützachsen herunter. Christin stand ein wenig Gedanken verloren am Rand des Platzes und ließ ihren Blick über die Berge schweifen.
„Christin hör auf dir Gedanken zu machen und hilf mir lieber, es ändert auch nichts an der ganzen Sache.“
„Du hast ja recht , aber ich muss unentwegt an die beiden denken.“
„Geht mit genauso, aber wir können nur auf Sandro bauen und abwarten.“
Tommy und Christin bauten ein kleines Vorzelt auf trugen Tisch und Stühle hinein, so wie es ohnehin geplant war. Denn eigentlich war ja eine Fotosaison angesagt. Der Zeitpunkt der Übergabe am späten Mittag rückte näher.
Beide waren sie sehr nervös. Tommy packte das notwendigste in den Rucksack. Ebenso die Engelsfigur und die Kugeln.
„Hätte ich diesen Schwachsinn doch bloß nicht gekauft“, meinte Tommy leise.
„Ach Tommy, hör auf. Was –Wäre –Wenn ist hier jetzt nicht angebracht.“
Christin schloss das Wohnmobil ab, und sie liefen beide los. Sie hatten einen genauen Plan von Sandro bekommen, wie sie laufen mussten. Am Anfang war der Weg noch leicht gewesen, aber bei der Mittagsonne, wurde der Einstieg in den Canyon schwieriger.
Tommy musste Christin des öfteren helfen, über größer Steine weg zu kommen. Auch die Nervosität zerrte an den beiden und deshalb kamen sie auch total geschafft an dem vereinbarten Punkt an.
Sie waren alleine, keine Spur von den Unbekannten oder Pierre und Diego. Doch ganz alleine waren sie auch wieder nicht, denn sie wussten das Sandro und seine Leute hier irgendwo ebenfalls versteckt auf die Kidnapper warteten.
Christin schreckte auf, als etwas Geröll den Hang herunter kam. Tommy hörte Stimmen, er konnte nur nicht herausfinden aus welcher Richtung sie kamen. Christin hatte sie ebenso vernommen und schaute auch in alle Richtungen.
Auf dem gleichen Weg, wie sie gekommen waren kam ein einzelner Mann auf sie zu.
„Haben sie es dabei?“ fragte er in einem schlechten Englisch.
Tommy nickte und packte den Engel und die Kugeln aus. Der Mann kam näher und nahm sich die beiden Sachen genau in Beschau. Ein breites Grinsen zierte sein Gesicht. Er lies einen Pfiff los, grell und laut, so das Christin abermals zusammen fuhr.
„Wenn sie keine Scheiße bauen, passiert ihnen nichts und sie bekommen ihre zwei Helden zurück.“
Eine kleine Gruppe kam des Weges und Tommy erkannte, das auch Pierre und Diego unter ihnen waren. Christin klammerte sich ängstlich an Tommy, denn keiner von beiden wusste, was jetzt kommen sollte.
Tommy wartete die ganze Zeit darauf, das jetzt Sandros Leute eingriffen, aber nichts tat sich. Der einzelne Mann entfernte sich von ihnen und lief der Gruppe entgegen. Und plötzlich ging alles sehr schnell.
Aus jedem Winkel, kam jemand hervorgesprungen. Ein Schuss viel. Tommy drückte Christin nach unten. Er selber versuchte etwas zu erkennen. Das einzigste was er klar sehen konnte, war, dass der Fremde, mit der Ware die Flucht ergreifen wollte.
Genau als er in Tommys Höhe angekommen war, stürzte sich Tommy auf ihn. Mit einem lauten Schrei ging der Fremde zusammen mit Tommy zu Boden. Die Kiste mit den Kugeln flog zu Boden und der Engel durch die Luft.
Christin verfolgte die Flugbahn des Engels. Mit einem lauten Knall zerbrach er auf einem Felsen. Heraus gerollt kam der große Diamant. Sie setzte sich in Bewegung und versuchte den Stein aufzufangen, der ungebremst auf den Abgrund zu rollte.
„Christin nicht“, schrie jemand.
Sie stolperte und verfehlte nur um Haaresbreite den Stein. Mit schmerzverzerrten Gesicht musste sie mit ansehen, wie der Diamant über den Rand hinwegrollte und auf Nimmer Wiedersehen verschwand.
Inzwischen waren Sandro und Phil bei Tommy und hatten den Fremden kampfunfähig gemacht. Sandro kam und half Christin auf.
„Er ist einfach über den Rand gerollt, ich konnte ihn nicht mehr erreichen“, sagte Christin immer noch fassungslos.
„Christin?“ schrie jemand.
„Diego?“ murmelte Christin und drehte sich herum.
Sie konnte ihn erblicken und rannte los. Vorbei an Tommy und Phil, den schmalen Weg hinunter. Ungefähr in der Mitte trafen sie auf einander und fielen sich um den Hals. Tommy, der dem Schrecken immer noch in den Gliedern steckte, wurde so langsam bewusst was passiert war.
Langsam lief er den selben Weg hinunter vorbei an Christin und Diego.
„Pierre?“ rief er laut.
„Pierre?“
„Ja Tommy, hier bin ich.“
Ein ganzes Stück weiter unten saß Tommy auf einem Stein. Er wurde gerade von Angela am Arm verbunden. Als er Tommy sah, gab es kein halten mehr. Sie fielen sich in die Arme, küssten sich und drückten einander fest an sich.
„Oh Pierre, ich hatte so Angst um dich“, sagte Tommy.
Die ersten Tränen rannen über sein Gesicht.
„Es ist alles vorbei Tommy, du hast mich wieder und ich dich….“
Wieder drückten sie sich fest aneinander.
* *
Bis auf eine Schnittwunde am Arm hatten Pierre nichts abbekommen. Ebenso Diego, der ohne Blessuren davon gekommen war. Nach einer heißen Dusche und einem guten Mahl, fühlten die zwei sich fast wie Neugeboren.
In kleiner Runde saßen sie mit Sandro, Phil und Angela in der Hotelbar.
„Was wird jetzt aus diesen Idioten?“ fragte Pierre.
„Sie sind bereits der Polizei übergeben worden“, kam es von Sandro.
Christin schmiegte sich noch enger an Diego.
„Ich ärgere mich noch immer, dass ich den Stein nicht mehr erwischen konnte“, sagte Christin.
„Es wäre ja auch unnötig gewesen, hättest du ihn bekommen“, meinte Phil.
Christin schaute ihn fragend an.
„Für die Polizei und die Öffentlichkeit, ist der Stein für immer verloren. Denn es braucht niemand zu wissen, das der echte Stein immer noch in unserem Besitz ist und ich ihn dir hiermit in dieser kleinen Runde übergeben kann.“
Diese Überraschung war gelungen. Phil reichte Christin einen kleinen Beutel.
„Im Engel war ein Duplikat?“, fragte Pierre.
„Ja Bruderherz“, kam es von Sandro.
Christin öffnete den Beutel und lies vorsichtig den Stein heraus rollen. Im Kerzenschein entfachte er seinen ganzen, wunderschönen Schein.
„Wir dachten, die zwei Steine sollten wieder zusammen geführt werden und wären bei dir in England gut aufgehoben, Christin“, sagte Phil.
„Ich weiß nicht was ich sagen soll“, meinte Christin immer noch total überrascht.
„Sag einfach danke“, sprach Tommy und lächelte ihr zu.
„Wir werden uns mit unseren Leuten in England in Verbindung setzten, damit der Transport auch gesichert ist“, meinte Sandro.
Pierre grinste.
Mit so einem Klunker an Bord, würde ich mich auch nicht wohl fühlen, mir reicht die eine Perle die ich habe“, sagte Pierre und schaute liebevoll zu Tommy.
* *
Sandro und seine Leute waren abgereist und trotz Einwände von Tommy, hatten sie sogar das Fotoshooting am Grand Canyon hinter sich gebracht. Recht Fröhlich waren sie auf den letzten Kilometer der Route 66 unterwegs.
„So noch ein paar Meilen und wir erreichen Los Angeles“, sagte Diego.
„Wollen wir in Los Angeles einen Stopp machen oder bis zum Endpunkt nach Santa Monika durchfahren?“, fragte Tommy.
Einstimmig wurde sich für Santa Monika entschieden. Eine Stunde später standen sie irgendwie ergriffen alle vier vor dem Bronzeschild.
Will Rogers Highway
dedicated 1952
to
Will Rogers
this Main Street of Amerika
Highway 66
Pierre zog Tommy zum Santa Monica Peer. Arm in Arm schlenderten sie hinaus bis zum Ende. Christin und Diego folgten ihnen.
„Es ist herrlich hier“, meinte Pierre und genoss die frische Seeluft.
„Stimmt ich hätte jetzt regelrecht Lust in die Fluten zuspringen“, sagte Diego.
„Dafür haben wir noch ausführlich die nächsten Tage Zeit, unser Rückflug ist erst in sechs Tagen gebucht“, kam es von Tommy.
„Gut lass uns im Hotel einchecken, das Wohnmobil ausräumen und zu einem geruhsamen Abend übergehen“, sagte Pierre
„Woher so plötzliche Eile?“, fragte Christin.
„Weil ich mich auf den heutigen Abend ganz besonders gefreut habe und ihn ohne euch mit Tommy verbringen will“, antwortete Pierre keck.
„Das stört uns überhaupt nicht, sagte Diego und zog Christin enger an sich.
Alle schauten auf das Meer hinauf, das an diesem Mittag besonders ruhig dalag.
„Von was träumst du, Tommy?“, fragte Pierre und schaute Tommy in die Augen.
„Von unseren nächsten Reise….“
„Und wo soll die hingehen?“
„Lass dich überraschen, ich werde bestimmt etwas spannendes finden.“
„Das glaube ich dir gerne…“
Tommy zog Pierre an sich und sie ergaben sich einem langen Kuss.
* * Ende * *