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Normale Version: Uglo der Steinzeitjunge - In der Hand des Zauberers
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Der feuchte Morgennebel stieg vom Fluss in die Höhe, den Gipfeln des Gebirges entgegen. Noch hatte die Sonne die Spitzen der Berge nicht erreicht, bisher erhellte nur ein dämmriges Licht die kleine Waldlichtung, die sich in geschwungenem Bogen zum Flus hin öffnete. An einer Seite des Platzes fand sich ein schmaler Durchgang zu einer weiten Ebene hin, aus der die Sippenältesten die Gruppe hierhergeführt hatten.
Am Rand der Lichtung, dort, wo die Bäume sich in die aufsteigende Felsenwand krallten, schmiegten sich einige tiefe Höhlen in den Felsen.
Die kleine Sippe vom Geschlecht der fliegenden Feder, bestehend aus etwa zehn bis zwölf Familien, alles in allem um die fünfzig oder sechzig Erwachsene und Kinder, hatte hier vor einigen Monden nach einer langen Wanderung einen Platz für ihr neues Zuhause gefunden.
Ursprünglich waren sie Nomaden, hatten schon vor langer Zeit einen guten Siedlungsplatz gefunden, an dem sie schon einige Sommer und Winter gelebt hatten. Nun aber hatten sie ihren geliebten Wohnplatz, nur mit dem Nötigsten beladen, verlassen müssen und hatten beschlossen, weiterzuziehen. Eine starke kriegerische Sippe aus dem Geschlecht der schwarzen Raben hatte sie immer wieder attackiert und auch mehrfach versucht, junge Mädchen aus der Siedlung zu entführen.
Die kleine Gemeinschaft konnte sich der Anfeindungen der Fremden nicht länger erwehren. Sie beschlossen schließlich, nach einem neuen Lagerplatz zu suchen.
Ihr Sippenältester Idam war bei einer Auseinandersetzung mit den Kriegern schwer verletzt worden.
Die Männer trugen ihn auf einer Trage auf der langen Wanderung, die sie aus Holzstangen und geflochtenen Zweigen bauten, mit sich. Sie war mit Moos abgepolstert. Lange pflegten ihn die Frauen. Jedoch war sein Zustand immer schlechter geworden, er verstarb auf dem langen Marsch hierher. An einem sonnigen Platz in der Nähe der heutigen Siedlung war er begraben worden. Sein Grab bedeckten viele große und mächtige Steine. Kein wildes Tier sollte die Ruhe von Idam stören.

Noch für den Abend dieses Tages rief der Schamane alle Männer der Sippe am Grab des Verstorbenen zum Heiligen Rat zusammen. Die Flammen des Orakelfeuers verrieten dem Zauberer den Namen des neuen Sippenältesten. Die erwachsenen Männer wählten dann geheim den Jäger Bogo zu ihrem neuen Anführer. Alle schworen ihm die Treue und bedingungslose Gefolgschaft.
Auf dem weiteren Weg durch die wüste, öde Steppe und dichte Wälder begegneten sie vielen wilden Tieren. Regen und Sturm erschwerten manchmal ihren Weg.
Die Ältesten der Sippe hatte sich gemeinsam mit Bogo für diesen neuen Ort entschieden.
Ein idealer Ort, die Höhlen lagen mit den Öffnungen zum großen Fluss hin. Die Menschen hatten begonnen, die Höhlen im Inneren weiter zu graben, so dass sie geräumiger wurden und ihnen ausreichend Platz boten. Die Eingänge zu ihren Behausungen hatten viele der Bewohner mit großen Matten aus stärkeren Zweigen, die sie mit feineren, weichen Materialien verflochten hatten, vor Wind und Wetter geschützt.

Aus dem Gebirge stürzte schräg gegenüber der Lichtung ein kleiner Wasserfall, der immer für frisches Wasser sorgte. Die Berge ringsherum waren teilweise so hoch, dass die Sonne oft etwas länger brauchte, um tagsüber das Tal zu erwärmen. Sobald aber die Sonne die Spitzen der Berge überkletterte, wurde es hell und angenehm warm. Auch im Sommer wurde es nie zu heiß und wenn, dann spendeten der Luftzug des Wasserfalls und die Kühle des Flusses angenehme Frische. Nachts allerdings fiel die Temperatur im Schatten der Felsen meist recht rasch. Der große Vorteil dieses Platzes war jedoch die geschützte Lage und die Überschaubarkeit des Platzes.
Die Kinder der Sippe konnten sich ohne Gefahren auf dem freien Platz zum Spielen zusammenfinden oder auch am Fluss spielen. Besonders beliebt war bei ihnen der Wettstreit im Steinweitwurf, die Wettfahrt der gebastelten Flöße aus Baumrinde oder das Baden an den seichten Stellen im Fluss.
Die Knaben oder älteren Jünglinge versuchten immer mal wieder im Ringkampf ihre Kräfte zu messen. Oft versuchten sie auch sich in einigen Mutproben zu überbieten, um ihren Rang in der Gruppe zu behaupten.

Aus einer der Höhlen trat an diesem Morgen ein etwa 14 oder15-jähriger Junge in die frühe Dämmerung. Sein Alter konnte man nur schätzen, denn die Menschen der Steinzeit kannten keine Zahlen. Wenn sie sagen wollten, wie viel etwas war, dann reichten ihnen die Finger ihrer Hände, was mehr war, war einfach viel… Der Junge wusste, dass er mehr Sommer erlebt hatte, als er Finger hatte.
Laut gähnend reckte er sich und streckte die Arme in die Luft. Mit beiden Händen strubbelte er sich durch seine feuerroten Haare, die ihm bis auf die Schultern fielen. Über seinen Lippen zeichnete sich ein zarter rötlicher Flaum ab, sein Körper wirkte für sein Alter sehr muskulös. Er trug die typische Kleidung der Knaben der Steinzeit in der Zeit, in der die Sonne von Tag zu Tag immer höher stieg und die Farben der Natur wieder erwachten. Lediglich ein kurzer Fellschurz, der um die Hüfte gebunden war und knapp bis auf die Schenkel reichte, genügte ihnen. Nur in der sehr kalten Jahreszeit trugen die Menschen der Steinzeit noch ein zweites langes Fell als Oberteil. Dazu kam bei einigen eine Mütze aus Waschbärfell. Ihre empfindlichsten Körperteile schützten sie dann mit einem kleinen Fell, das sie mit der Fellseite nach innen zwischen ihren Beinen hindurch zogen. Es wurde mit einer Schnur aus Pflanzenfasern um die Hüfte gehalten. Um die Füße trugen sie im Winter mehrfach gewickelte alte Felle, die sie ebenfalls mit Faserstreifen befestigen.

Uglo, was so viel wie „der Rotschopf“ bedeutete, drehte sich nochmal zur Höhle zurück, in der seine jüngere Schwester Akai noch fest in ihre Rentierfelle gehüllt, schlummerte. Ihre Eltern, Vater Bogo und die Mutter Akana waren an diesem Morgen schon lange vor dem Sonnenaufgang unterwegs. Der Vater war mit den anderen Männern der Sippe in die Berge hinaufgestiegen, sie hatten dort oben eine Gruppe Rentiere entdeckt und wollten ihr Jagdglück versuchen. Die Fleischvorräte der Sippe würden demnächst zu Ende gehen. Auch Akana war schon früh aufgebrochen, um die Vorräte an Pilzen, Beeren und Kräutern zu ergänzen.

Uglo trat ganz aus der Höhle. Sein Tag begann fast immer, vom Beginn der Zeit der
höhersteigenden Sonne und der sprießenden Knospen bis weit in die rauen Nebelzeiten hinein, wenn der Wald seine Blätter bunt färbte und manchmal auch schon ein weißer Überzug den Boden bedeckte, mit einem kurzen Bad im kalten Wasser des Flusses. Das hatte er sich von seinem Vater abgeschaut und viele der Knaben, auch die älteren Jungs der Sippe, bewunderten ihn dafür.
Auch heute begab er sich zur Mitte des Platzes an die große Feuerstelle, wo die uralte Sippenälteste Kuchola, die Hüterin des Feuers und wahre Gebieterin des Geschlechts der fliegenden Feder, gerade noch einmal einige Scheite Holz nachlegte.
Um sich etwas zu wärmen, hielt er die Hände über die noch heiße Glut. „Guten Morgen, Großmutter Kuchola “, er verneigte sich ehrfurchtsvoll tief vor der alten Frau. Sie erwiderte seinen Gruß, „Guten Morgen Uglo, so früh schon auf den Beinen? Wirst du heute wieder ein Bad im kalten Wasser nehmen oder was hast du vor?“
„Ja, Großmutter, ich bin auf dem Weg zum Fluss, aber ich möchte den Morgen auch nutzen und bis die Mutter zurückkommt, ein paar Fische fangen.“ „Ah, das ist gut. Sei bitte so gut und hol vorher noch einen Arm voll Holz von hinten, ja?“ Der Junge nickte, rasch begab er sich zum Vorratsstapel an der Rückseite der Lichtung und trug eine große Ladung Holzscheite auf beiden Armen zur Feuerstelle. Die Hüterin des Feuers bedankte sich und wünschte ihm Glück bei der Jagd.
Uglo hatte heute viel Zeit, er war in dem Alter, in dem die Jünglinge noch vorrangig durch Spielen voneinander lernen sollten, miteinander zu leben, aber auch, sich durchzusetzen. Natürlich auch dadurch, dass sie die Erwachsenen beim Alltag beobachteten und ihnen zur Hand gingen. Während die Jungen viel über das Jagen, die Herstellung von Waffen, die Tiere und die Natur lernen mussten, war es die Aufgabe der Mädchen, von den Frauen alles über das Bearbeiten von Fellen zu Kleidung, die Herstellung von Essen und weitere Handarbeiten zu erlernen. Ebenso mussten sie lernen, das Feuer zu hüten. Denn wenn das Feuer verlöschte, war die ganze Sippe in Gefahr. Uglo wird im nächsten Sommer zum Jagdgehilfen werden, er freute sich schon auf die neuen Aufgaben, die er dann bekommen würde. Seine Bestimmung wird es dann sein, zu lernen, wie Pfeilspitzen, Bogen und Speere hergestellt werden. Er sollte lernen, wie man sich anschleicht und die verschiedenen Tiere erlegt. Als Jäger würde er dann auch in die Gemeinschaft der Männer aufgenommen werden. Jedoch er wusste auch, dass er dafür die Rituale der Mannbarkeit ertragen musste. Aber das lag für ihn noch in der Ferne,
Noch einmal kehrte Uglo in die Höhle zurück, um seinen kurzen Fischspeer zu holen. Voller Stolz hatte er ihn zusammen mit seinem Vater erst vor ein paar Tagen fertiggestellt. Heute wollte er ihn zum ersten Mal ausprobieren und seine Familie mit frischem Fisch überraschen.
Mit schnellen Schritten ging er zum Ufer, wo er seinen kurzen Speer und sein Fellschurz ablegte. Er besaß nur dieses eine Kleidungsstück und achtete sorgsam darauf, dass es nicht nass wurde. Ein Fell, das einmal nass geworden war, brauchte viele Tage zum Trocknen.
Es war zwar üblich, dass alle Kinder ohne Kleidung im Fluss badeten, aber ihm war das schon zunehmend peinlich und unangenehm geworden. Er war seit den letzten zwei, drei Monden ein ganzes Stück gewachsen und das Fell reichte ihm gerade noch so über den Hintern. Das fühlte sich manchmal seltsam an…
Er glaubte sich besonders dann beobachtet, wenn die älteren Mädchen oder jüngeren Frauen in der Nähe waren oder er nicht an das kurze Fell dachte und sich ungeschickt bewegte, so dass …

Aufmerksam blickte er sich um, an diesem Morgen aber war er allein am Fluss und stieg nun so wie er war und ohne Scheu vorsichtig, mit den Füßen auf den glitschigen Steinen nach Halt tastend, ins Wasser. Er atmete tief ein und mit einem kühnen Schwung warf er sich in die Fluten und ließ sich ein Stück von der Kraft des Flusses mitziehen. Nach ein paar kräftigen Armzügen gegen die Strömung tauchte er wieder auf und versuchte mit den Füßen Halt zu finden. Rasch richtete er sich auf und schüttelte seine feuchten Haare. Vorsichtig arbeitete er sich wieder ans Ufer heran. Um sich ein wenig aufzuwärmen, hüpfte er ein paar Mal auf und ab, wirbelte mit den Armen herum und atmete tief ein und aus. Immer noch nass stieg er mit dem Speer in der Hand wieder in den Fluss. Er suchte eine Stelle, an der sich das Wasser stärker verwirbelte, er hatte gelernt, dass die Fische hier etwas unaufmerksamer waren und man sie leichter jagen konnte. Ein Geheimnis, dass sein Vater ihm verraten hatte.
Erst als das Wasser ihm über die Knie stieg und bis an die Schenkel reichte, hielt er inne. Aber diese sprudelnden Stellen waren auch die gefährlichsten. Hier wurde die wilde Strömung des Flusses nochmals stärker und man musste besonders gut aufpassen, um nicht mitgerissen zu werden.

Erst bei der letzten großen Hitze war ein kleineres Mädchen beim Baden im Fluss ausgerutscht, gestürzt und dann in die starke Strömung geraten. Die anderen Kinder konnten dem Mädchen nicht mehr helfen, der Fluss hatte es mitgenommen. Die Eltern des Mädchens haben noch lange getrauert und am Ufer gesucht. Noch vor dem einsetzenden Schnee hatten sie die Sippe verlassen und sind am Ufer entlang dem Fluss gefolgt. Sie hatten gehofft, ihr Kind wiederzufinden. Nie kehrten sie wieder zur Sippe zurück.
Aber die reißende Strömung des Flusses war nur eine der Gefahren, die den Bewohnern der Siedlung trotz der guten Lage drohten. Immer wieder versuchten nachts ein paar Säbelzahntiger, Hyänen oder Kojoten sich den Höhlen mit den Schlafenden zu nähern. Ihr Brüllen und Fauchen drang nachts oft unheimlich in die Ohren der Bewohner und riss manchen von ihnen aus dem Schlaf. Die Räuber witterten die Menschen und hofften auf leichte Beute. Auch die eingelagerten Vorräte konnten sie bestimmt riechen. Besonders wenn die Männer mehrere Tage zur Jagd unterwegs waren, waren die Kinder und Frauen in den Behausungen in Gefahr. Schon deshalb war es besonders wichtig, dass die Frauen, die das große Feuer in der Nacht hüteten, aufmerksam waren und nicht einschliefen. Das große Feuer musste nachts ständig lodern. Sie trugen also eine große Verantwortung.

Ein anderes Mal tauchte am Fluss gegenüber der Stelle, wo die Kinder gerade badeten, ein Berberlöwe auf. Nachdem er sich durch das Dickicht geschlichen hatte, tauchte er lautlos ins Wasser ein. Uglo hatte das andere Ufer aufmerksam im Blick gehabt und den Löwen zuerst entdeckt. Laut rufend versuchte er, die Kinder auf das Untier aufmerksam zu machen, aber im Lärm ihres Spiels und des tosenden Flusses ohne Erfolg. In seiner Angst versuchte er mit Steinwürfen den Räuber zu vertreiben, aber vergebens. Verzweifelt rannte er so wie er war und so schnell er konnte zur Höhle, vor der sein Vater gerade seinen Bogen prüfte und eine Pfeilspitze schärfte. Noch im Laufen schrie er dem Vater seine Angst entgegen, „Vater…ein Löwe, im Fluss…, die Kinder…!“ Bogo verstand sofort, dass eine schlimme Gefahr für die Kinder an der Badestelle aufgetaucht war. Mit dem Bogen in der einen und einem langen Pfeil in der anderen Hand folgte er seinem Sohn zum Fluss. Der Löwe hatte schon die Mitte des Wassers erreicht, die spielenden und tobenden Kinder hatten ihn immer noch nicht bemerkt.
Ein lauter, gellender Schrei aus Bogos Mund machte die Kinder auf die Gefahr aufmerksam. Alle verstummten vor Schreck, starr vor Angst war keines von ihnen in der Lage sich zu bewegen oder zu fliehen. Der Löwe hatte sie fast erreicht. Schwer atmend vom schnellen Lauf legte Bogo den Pfeil in die Sehne des Bogens ein… Er hatte nur diesen einen Schuss. Er hielt die Luft an und versuchte sich zu konzentrieren, er musste treffen! Der Löwe kam immer näher, tauchte immer wieder ab. Kurz tauchte der Kopf des Räubers aus dem Wasser, auf diesen Moment hatte Bogo gewartet.
Mit einem leisen Zischen verließ der Pfeil die Sehne, einen Augenblick später war das grässliche Gebrüll des Löwen zu hören. Bogos Pfeil hatte ihn genau zwischen den Augen getroffen. Angsterfüllt und immer noch starr vor Schreck schauten die Kinder zu dem im Todeskampf brüllenden und tobenden Tier, das, jetzt immer kraftloser werdend, vom Wasser mitgerissen wurde. Nach und nach lösten sich die Mädchen und Jungen aus ihrer Schreckstarre und warteten ans Ufer. Wortlos nahmen sie ihre Sachen und schlichen ehrfürchtig an ihrem Retter vorbei. Uglo war stolz auf seinen Vater, der einer der besten Jäger des Geschlechts war.

In Gedanken bei diesem Ereignis suchten seine Augen aufmerksam das gegenüberliegende Ufer ab, bis er sich sicher war, dass heute keine Gefahr von dort drohte.
Inzwischen war die Sonne über die Gipfel geklettert, die Sonnenstrahlen zauberten blitzende Reflexe auf das Wasser. Leicht nach vorn gebeugt, den Fischspeer in der Hand, richtete er seinen Blick wieder auf das Wasser und versuchte mit den Augen die glitzernde unruhige Wasseroberfläche zu durchdringen. Langsam kroch die Kälte des strömenden Wassers in Uglos Beinen nach oben. Aber das machte ihm und auch den meisten anderen Jungen der Sippe nichts aus. Ganz still stand er und wartete auf seine Chance. Schon nach kurzer Zeit schwammen die ersten größeren Fische zwischen seinen Waden hindurch. Sie schienen nicht zu bemerken, dass der junge Jäger sie beobachtete. Rasch ließ er seinen Speer ein erstes Mal ins Wasser sausen.
Nichts – die Tiere hatten den Schatten der schnellen Bewegung des Jungen bemerkt. Leise fluchte er über seine Ungeschicktheit.
Uglo erschrak nur ganz kurz, als ein kleiner flacher Stein zwitschernd an ihm vorbei über die Wasseroberfläche sprang. Gleich darauf hörte er vom Ufer aus ein leises, klackendes Geräusch. Augenblicklich wusste er, wer ihn von dort aus beobachtete und ihm ein Zeichen gab.
Vorsichtig, um nicht auszurutschen, drehte er sich nur mit dem Oberkörper zum Ufer hin. Dort stand sein Freund Ango, ein etwa gleichaltriger langhaariger blonder Junge mit breiten Schultern, der seine Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Der machte ihm stumm Zeichen. Er zeigte auf Uglo, dann auf die Sonne, dann wieder auf das Wasser und schüttelte mit dem Kopf. Uglo warf einen Blick auf die Sonne, schaute auf die Wasserfläche vor sich und verstand. Er hatte nicht beachtet, dass die Sonnenstrahlen seinen Schatten auf das Wasser warfen. Kein Wunder, dass die Fische seine Bewegungen bemerkt hatten. Uglo blickte wieder zum Ufer zurück, wo Ango gerade seinen Schurz abgelegt hatte und vorsichtig zu ihm watete. Auch er trug seinen Speer bei sich.

Wortlos begrüßten sich die Knaben, indem sie stumm ihre Stirn aneinanderlegten. Nebeneinander, nun aber so, dass ihre Schatten ihr Vorhaben nicht mehr störten, standen die Freunde regungslos im sprudelnden Wasser und warteten auf den günstigen Moment.
Jetzt - fast gleichzeitig zischten ihre Speere mit leisem Geräusch ins Wasser! Zwei große zappelnde Fische versuchten mit heftigen Bewegungen sich von den Spitzen zu befreien. Aber ohne Zögern griffen die Jungs fest zu und warfen ihre Beute mit kräftigem Schwung an das Ufer. Sie grinsten sich an und wandten sich schweigend wieder ihrer Jagd zu. Mehrere Male noch hatte sie Erfolg, am Ufer waren inzwischen Akai und ein paar andere kleinere Kinder dabei, die Fische in einen großen Korb aus Weidengeflecht zu sammeln.
Zurück am Ufer kleideten sich die Jungs rasch wieder an und begutachteten ihren Fang. Akai kuschelte sich an ihren großen Bruder an und flüsterte ihm zu, „du bist ein guter Jäger.“ Uglo brummte etwas zurück und meinte dann „ja mit Ango zusammen waren wir gut aber ohne ihn wäre ich nicht so erfolgreich gewesen.“ Er nickte Ango dankbar zu, der nur abwinkte und meinte, „komm wir schauen mal, wie viele es sind.“ Sie hatten so viele und auch große Fische gejagt, dass die Finger ihrer beider Hände nicht ausreichten für ihren Fang. Sie beschlossen, den anderen Familien von ihrem Fang abzugeben. Gemeinsam trugen sie den Korb von Höhle zu Höhle. Gerne nahmen einige der Familien ihnen ein paar Fische ab und bedankten sich bei den jungen Jägern.

Es waren schließlich noch ausreichend Fische für die Familien der beiden Jungen übrig. Uglo schickte seine Schwester mit seinem Anteil an der Beute in die Höhle und trug ihr auf, mit dem Säubern der Fische zu beginnen. Er selbst nahm zwei der größten und prächtigsten Exemplare und gemeinsam mit Ango begab er sich an das große Feuer in der Mitte der Lichtung, wo noch immer die Hüterin des Feuers ausharrte. Die Jungen verbeugten sich respektvoll vor der alten Frau, gingen vor ihr auf die Knie und reichten ihr den frischen Fisch.
„Großmutter, hab Dank für deine guten Wünsche von heute früh. Wir hatten Erfolg beim Fischen, wir möchten uns bedanken und dir ein Geschenk machen.“ „Danke, Uglo, danke Ango, ihr habt ein gutes Herz und vergesst nicht, die Alten zu ehren. Der große Federgeist möge euch beschützen und euch zu großen und starken Jägern machen.“
Uglo erbat von der Feuerhüterin noch einen Feuerspan, mit dem er am Eingang seiner Höhle die Glut des kleinen Feuers wieder entfachen wollte, um die Fische zum Frühstück zu braten. Dann bedankten sich die Jungs für die Wünsche und wandten sich zum Gehen.
Als die Jungen sich trennten, verabredeten sie, sich später, wenn die sinkende Nachmittagssonne durch das Loch im großen Felsen scheinen würde, sich zum Baden an der einen Stelle, ein Stück flussaufwärts, zu treffen.
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